Textatelier
BLOG vom: 16.05.2006

Bad Säckinger Messe: „Wieder auf dem Damm, Lieschen?“

Autor: Heinz Scholz
„Leichter Leben in Deutschland“ war das Motto einer kleinen Gesundheitsmesse in Bad Säckingen am 14. Mai 2006. Damit war nicht das Kontra eines beschwerlichen Lebens in unserem Land gemeint, sondern eine Gesundheits- und Abnehmaktion ausgewählter deutscher Apotheken. Die Aktion, die nach Ostern gestartet wurde, basiert auf 4 Bausteinen, nämlich die Fettreduktion, Beachtung des glykämischen Indexes, der Bewegung und die Gruppendynamik.
 
In den Jahren vorher, so konnte ich mich informieren, wurden schon ähnliche Aktionen durchgeführt. Insgesamt nahmen 200 000 Menschen mit zu viel Pfunden auf den Rippen daran teil. „Vernünftiges Abnehmen unter richtiger Anleitung ist leichter, erfolgreicher und intelligenter als stupides und letztlich meist sinnloses Fasten und Hungern“, so die Verantwortlichen von „Leichter Leben in Deutschland“ (www.llid.de). Die Bad Säckinger Veranstaltung wurde von einheimischen Apotheken zusammen mit Einzelhändlern, Gastronomen und Fitnessanbietern durchgeführt.
 
Die Abnehmversuche bzw. die Anleitungen dazu nützten mir wenig, da ich ja keine überflüssigen Pfunde mit mir herumschleppe. Vielmehr interessierten mich die anderen Anbieter und der optisch sehr ansprechende Stand des „Bunds für Umwelt und Naturschutz Deutschlands“ (BUND).
 
Gehirn-Parcours
Von der Stadt-Apotheke Bad Säckingen wurde ein Gehirn-Parcours aufgebaut. Es war eine Initiative der Arzneimittelfirma Dr. Willmar Schwabe, Karlsruhe, die auch mit exzellenten kostenlosen Schriften aufwartete. Die einzelnen Übungen waren nach ihrem Schweregrad gekennzeichnet (1 = leicht, 2 = mittelschwer, 3 = schwer). Auf einem Lösungsbogen konnte man die Ergebnisse eintragen. Hier bot sich die Möglichkeit, ganz persönlich und spielerisch verschiedene Teilfunktionen des Gehirns zu testen. Es gab ein Geräusch-Spiel, Duft-Rätsel, einen Bilder-Wald, eine Gedächtnis-Box, ein Gedächtnis-Pfad, Gedächtnis- und Erkennübungen, ein Ginkgo-Puzzle und ein Hör-Rätsel. Beispielsweise musste man beim Geräusch-Spiel 2 übereinstimmende Geräusche erkennen, beim Duft-Rätsel musste man nach Öffnen der Aroma-Flaschen Fichtennadel, Vanille, Minze, Zimt und Zitrone identifizieren.
 
Die Aufgaben waren so angelegt, dass jedermann seine Konzentration, Gedächtnisleistung, sein Hörvermögen und seine gestalterischen Fähigkeiten testen konnte. Da merkte wohl so mancher, dass beispielsweise das Kurzzeitgedächtnis im Alter nicht mehr so ausgeprägt ist, obwohl auch viele Jüngeren heute schon Schwierigkeiten damit haben. Gerade beim Gedächtnis-Pfad hatte ich so meine Probleme. Bei diesem Test musste man auf einem Band entlang gehen, den aufgedruckten Text lesen und dann auf den Lösungsbogen notieren. Hier wurde der Gleichgewichtssinn getestet (bei mir hervorragend) und das Kurzzeitgedächtnis trainiert. Es ist nur eine Frage der Konzentration. Wer natürlich an etwas anderes denkt, so wie ich, der wird hier wohl nicht alles zusammenbringen. Nach erneutem Durchlaufen des Pfades und konzentriertem Lesen erinnerte ich mich wieder gut an den Spruch.
 
Die Firma machte dann Werbung für Ginkgo-biloba-Präparate. Ginkgo verbessert nämlich die geistige Leistungsfähigkeit, stärkt das Erinnerungs- und Konzentrationsvermögen. Mit diesem Naturmittel kann dann – falls nötig – jeder seinem Gedächtnis auf die Sprünge helfen.
 
„Wir backen Schnitzer“
So warb der Pfeiffer-Beck aus Bad Säckingen in einer Schrift für ihre Brotspezialitäten und im besonderen Masse für das Bio-Vollwert-Amaranth-Brot mit Dinkel. Raten Sie einmal, wie viel Amaranthsamen in 500 g Amaranthbrot mit Dinkel sind? Es sind etwa 300 000 winzige Samen. Die alte Kulturpflanze wurde wegen ihres Ursprungs und der gesundheitlichen Bedeutung „Wunderkorn der Inkas“ genannt. Amaranth hat viele Mineralstoffe und Spurenelemente zu bieten. Besonders hoch ist der Kalium-, Kalzium-, Magnesium- und Eisengehalt. In 220 g Brot ist beispielsweise die empfohlene Tagesmenge an Magnesium (330 mg) enthalten.
 
Interessant für mich war das Studium der Zutatenliste des Amaranth-Brots mit Dinkel. Hier ist sie: Betriebseigener Sauerteig (Roggen, Wasser), Amaranth, Dinkel, Wasser, ungeschälter Sesam, Sonnenblumenkerne, Hefe, Vollmeersalz oder jodiertes Meersalz. Die pflanzlichen Zutaten stammen übrigens aus kontrolliert biologischem Anbau. Das Brot wird ohne Weizen gebacken und kann somit allen Weizenallergikern empfohlen werden.
 
Am Stand des Pfeiffer-Becks konnte ich mir aus den zahlreichen Brotsorten Kostproben einverleiben. Wer solche Bio-Vollwert-Brote einmal gegessen hat, will kein herkömmliches, vitalstoffarmes Brot mehr zu sich nehmen.
 
Der BUND tut etwas
Am Infostand des Bunds für Umwelt und Naturschutz Deutschland stand mir Dr. Ruth Noack von der BUND-Ortsgruppe Schopfheim Rede und Antwort auf meine Fragen bezüglich Initiativen und Veranstaltungen der Organisation. Die Vorsitzende hat sich freundlicherweise bereit erklärt, mein Buch „Richtig gut einkaufen“ zu präsentieren. Sehr interessant waren die zahlreichen Infoschriften über den BUND, ein Faltblatt über den BUND in der Region Hochrhein und einige Schriften des Forschungsinstituts für biologischen Landbau (FiBL) aus Frick AG (Schweiz).
 
So konnte ich mich besonders informieren, was die Mitglieder der regionalen BUND-Gruppen so leisten. Es wurden folgende Aktionen durchgeführt: Mäh- und Pflegeaktionen, Apfelsaftverkauf zur Unterstützung der heimischen Streuobstwiesen, Flussrenaturierung „Lebendiger Hochrhein“, Artenschutz, Informationsarbeit zu Umweltthemen, ökologische Kinder- und Jugendarbeit und Stellungnahmen zu umweltgefährdeten Planungen. Denn Umweltprobleme gibt es zur Genüge auch vor unserer Haustüre. Der BUND setzt sich auch für eine artgerechte Tierhaltung und gesunde Ernährung ein.
 
Am BUND-Stand konnte ich den herrlich erfrischenden Apfelsaft aus ungespritzten Äpfeln der Region zum Erhalt wertvoller Streuobstwiesen geniessen.
 
Die Streuobstwiesen mit den meist überalterten Baumbeständen prägen das Landschaftsbild des Dinkelbergs besonders. Die Nutzung über den Eigenbedarf hinaus lohnt sich für die Landwirte nicht mehr. Man befürchtet, dass immer mehr dieser hochstämmigen Bäume verschwinden. Der BUND hat sich hier sehr engagiert und rief bereits 1990 ein Apfelsaftprojekt ins Leben. Die Ortsgruppen Rheinfelden, Schopfheim und Wehr kaufen im Herbst Streuobstbestände zu einem guten Preis. In der Laufenburger Kelterei Bernd Matt wird daraus der köstliche Apfelsaft gepresst.
 
Kein Ei mit der 3
Auf dem BUND-Tisch entdeckte ich in einem Korb Eier, die unterschiedlich gekennzeichnet waren. Wie ich von Dr. Ruth Noack erfuhr, kommt es beim Eierkauf auf die 1. Zahl an. Das Ei mit der O ist Genuss pur (Eier aus ökologischer Erzeugung). Das Ei mit der 1 ist auch zu empfehlen (Eier stammen aus Freilandhaltung). Das Ei mit der 2 geht noch (Eier aus Bodenhaltung in Grossställen), während das Ei mit der Nummer 3 abzulehnen ist. Die 3 bedeutet nämlich „Käfighaltung“. Diese Eier sind das Ergebnis von Tierquälerei, so der BUND.
 
Dr. Ruth Noack betonte, dass viele Konsumenten gar nicht wissen, was die aufgedruckten Zahlen und Buchstaben auf den Eiern bedeuten. In meinem Buch „Richtig gut einkaufen“, das im Verlag Textatelier com., Biberstein, erschienen ist, habe ich unter den Tips für den Einkauf von Eiern die Kennzeichnung entschlüsselt. Die 1. Stelle gibt das Haltungssystem wieder, die 2. und 3. Stelle (Buchstaben) das Herkunftsland (DE = Deutschland, CH = Schweiz) und die 4. bis 10. Stelle weist auf den Legebetrieb mit Stallnummer hin.
 
Neue Wege in der Massentierhaltung
Die oben erwähnten Hinweise entdeckte ich auch auf einer Info-Karte. Auf der Rückseite war eine Karikatur mit dem Titel „Neue Wege bei der Massentierhaltung“ aufgedruckt. Da inspiziert ein grinsender Bauer seine Hühner, die in engen Käfigen ihr Leben fristen. Er erkundigt sich „liebevoll“ nach dem Wohlbefinden seiner Hühner. Zu der einen sagte er: „Hallo, Braunfleckchen, ausgeschlafen?“, zu der anderen: „Wieder auf dem Damm, Lieschen?“ und zu wieder einer anderen: „Na, wie läuft´s, Miss Picky?“
 
Dabei kommt Freude auf. Die Hühner fühlen sich wohl, und der Bauer ist zufrieden mit seinem Geldsegen aus dem Eierverkauf. Er kann dann behaupten, seine Eier seien von glücklichen Hühnern gelegt worden.
 
Wie engagiere ich mich gegen die Gentechnik?
Ulrich Faigle, Regionalgeschäftsführer BUND Hochrhein aus Rheinfelden, legte ein Schreiben aus mit einer Handlungsanleitung, wie man sich gegen gentechnisch veränderte Lebensmittel zur Wehr setzt. Die Anleitung stammt von Thomas Lindenthal, der sich schon in der Vergangenheit stark mit den Themen Landwirtschaft und Lebensmittel ohne Gentechnik befasst und auch etliche Vortragsveranstaltungen in Rheinfelden ins Leben gerufen hat. Er betonte, dass Gentechnik in der Landwirtschaft nicht funktioniere. Das bewiesen die „traurigen“ Erfahrungen in Kanada, Indien, Rumänien, Argentinien, Nord- und Südamerika und Ländern der so genannten „Dritten Welt“ (Armutsländer). Ich erfuhr aus dem Schreiben auch, dass es inzwischen in Baden-Württemberg 27 Organisationen gibt, die den Kampf um die Reinheit der Nahrung aufgenommen haben. „Jeder Bürger, der sich jetzt nicht aktiv für den Schutz unserer Heimat einsetzt, trägt Mitverantwortung, wenn unsere Landwirtschaft von Gentechnik verseucht wird. Bio-Produkte wird es dann nicht mehr geben“, so Thomas Lindenthal.
 
In der Schrift sind dann Punkte aufgeführt, die von „leicht“ über „mittel“ bis zu „schwer“ aufgeteilt sind. Es sind wichtige Punkte, die aufzeigen, wie sich jeder Bürger engagieren kann. Es gibt ein breites Spektrum an Möglichkeiten mit niedrigem oder hohem Zeiteinsatz.
 
 „Leicht“ bedeutet Folgendes: Besorgen eines Einkaufberaters mit Lebensmittellisten, welche über den Gentechnikanteil in den Produkten informieren (Greenpeace), Einkaufen im Reformhaus oder Bio-Laden und das Einwerfen der Handlungsanleitung bei Nachbarn.
 „Mittel“ bedeutet eine gründliche Informierung über die Gentechnik im Internet und diversen Büchern. Die Infos sollte man dann seinen Freunden und Bekannten vortragen.
 „Schwer“ bedeutet das Sammeln von Infomaterial (BUND, Greenpeace), Auslegen dieser Schriften in Arztpraxen, Kindergärten, Volkshochschulen oder in den Foyers der Ratshäuser. Auch sollte man Gastronomen, Kantinenköchen, Stadt- und Krankenhausverwaltungen, Schulleitungen, Filialleiter von Supermärkten überzeugen. Eigene Aktionen (Infostand in der Fussgängerzone, Sammeln von Unterschriften usw.) runden den „schweren“ persönlichen Einsatz ab. Am besten sucht man Rat bei einer Umweltschutzgruppe vor Ort.
 
Wir können froh sein, dass es solch engagierte Menschen gibt. Sie tragen dazu bei, dass unsere schöne Landschaft erhalten bleibt und unsere Nahrungsmittel nicht verseucht werden.
 
Hinweise auf Informationen:
 
Buchhinweis
Scholz, Heinz: „Richtig gut einkaufen. Die moderne Lebensmittelkunde für den Alltag“, Verlag Textatelier.com, CH-5023 Biberstein 2005, ISBN 3-9523013-1-5.
 
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