Textatelier
BLOG vom: 18.01.2007

Schwamendingen ZH zeigt Auswege aus der Schuldenfalle

Autorin: Rita Lorenzetti, Zürich
 
Wenn eine Schuldenberaterin (Frau Susanne Johannsen) und ein Stadtammann und Betreibungsbeamter aus dem Zürcher Kreis 4 (Herr Bruno Crestani) aus ihrer Praxis erzählen, geht das unter die Haut.
 
In Schwamendingen beschäftigt man sich diese Woche ausführlich mit der Verschuldung. Die Veranstaltungen, die von 4 Kirchgemeinden aus diesem Quartier organisiert worden sind, wollen Wege aus Armut und Resignation aufzeigen. Hier der Bericht über die 1. Abendveranstaltung.
 
Die Zahlen sind alarmierend. Innert 10 Jahren haben sich die Betreibungen verdoppelt. Waren es früher 2 von 10 Einwohnern dieses Stadtkreises, sind es in der Statistik von 2005 bereits 4 von 10 und heute vermutlich noch mehr.
 
Weiter hörten wir, dass ein Drittel aller Schweizerinnen und Schweizer zu unkontollierbarem Kaufverhalten neigen. Und die Hälfte unseres Volks will oder kann nicht sparen.
 
Wer seine Mittel aufgebraucht hat, zahlt heute einfach keine Steuern mehr oder schiebt die Mahnung der Krankenkasse beiseite. Die schweizerischen Krankenkassen bezifferten die Prämien-Ausstände pro Jahr auf 400 Millionen Franken. Diese müssen über Betreibungen hereingeholt werden.
 
Werbung und Kreditkarte gehören zu den Verführern. Werbung, weil sie uns bei den Sehnsüchten abholt und auf dieser Ebene permanent beeinflusst, und die Kreditkarte, weil sie die Übersicht vernebeln kann. Wer seine Auslagen bar bezahlt, merkt im richtigen Moment, wenn das Portemonnaie leer wird. Mit der Kreditkarte ist Überziehen aber möglich.
 
Es ist auch eine Sache des Selbstbewusstseins. Wer es nötig hat, andere zu beeindrucken, alles haben muss, um sicher auftreten zu können, tritt früher oder später in die Schuldenfalle. Man muss einteilen können und lernen, sich an einen Plan zu halten. Und man muss vor allem die Realität erkennen. So viel und nicht mehr steht mir zur Verfügung. Und ich muss wissen, wie viel das Leben kostet. Nach einer Faustregel soll die Miete höchstens ein Drittel des Monatslohns ausmachen, besser sogar nur ein Viertel. Eine Budget-Beratung kann einen Teufelskreis durchbrechen. Und Eltern sollten ihren heranwachsenden Kindern die Möglichkeit geben, sich im Einteilen zu üben. Frau Johannsen rät auch zu Spaziergängen in die Stadt, mit der festen Absicht, kein Geld auszugeben. Es geht darum, zu erfahren, dass Konsum nicht das ganze Leben ist. Eine solche Übung gelingt aber nur, wenn Väter oder Mütter selbst fähig sind, nicht jeder Verlockung zu erliegen.
 
Der klassische Schuldner sei übrigens männlich und geschieden, war zu hören.
 
Gut kommt die Kampagne der Stadtammänner an. Diese besuchen die Schulabgänger in der 3. Oberstufe und erzählen aus der Praxis. Lehrer und Schüler müssen ein Budget erstellen, und dieses wird mit den Fachleuten besprochen. Ähnlich wie Polizisten den Erstklässlern beibringen, wie sie die Strasse richtig überqueren, zeigt ein Stadtammann auf, wie wichtig es ist, die eigenen Mittel und deren Grenzen zu kennen. Diese realitätsnahe Orientierungshilfe durch eine Autorität beeindruckt. Die Schüler seien aufmerksam. Das Thema betrifft ihr Leben, sie selbst. Es wird ihnen auch aufgezeigt, wie eine Betreibung abläuft und dass diese registriert wird. Will nämlich jemand wissen, ob eine Person zahlungsfähig ist, kann im Betreibungsamt ihres Wohnortes nachgefragt werden. Jedermann, der das Interesse begründen kann, bekommt diese Auskunft. Für eine Wohnungsmiete kann die Antwort von einer solchen Stelle entscheidend sein. Im Jahr 2005 seien 88 000 solcher Anfragen beantwortet worden.
 
Alle wollen frei sein, wollen tun und lassen, was ihnen wichtig ist. Wenn aber Vernunft ausgeblendet wird, Alarmglocken unbekannt sind, wird diese Freiheit trügerisch. Sie macht unfrei. Ohne Vernunft und Übersicht kann sie ins Schuldengefängnis führen. Lebenslänglich.
 
Die Veranstalter wiesen auf folgende Internetadressen zum Thema Budget und Verschuldung hin:
www.budgetberatung.ch                     
Erhebungsblätter für die persönliche Budgetplanung und Ausgabenkontrolle.
 
Lern- und Arbeitshilfen zum Thema Jugend und Geld
„Der Schuldentilger“ – ein Spiel zu Geld und knappen Finanzen
 
Viele praktische Tipps rund um das Thema Schulden
 
Zeigt das praktische Vorgehen im Schuldenfall auf
 
Tipps rund um das Thema Schulden. Informationen zum Betreibungsrecht.
 
Hinweis auf weitere Blogs zum Thema Verschuldung
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