Textatelier
BLOG vom: 09.06.2011

Überreaktionen und Schnellschüsse: EHEC und Atomstrom

Autor: Walter Hess, Publizist, Biberstein AG/CH (Textatelier.com)
 
Allmählich wird zur Regel, dass hektische Reaktionen nach einem dramatischen Ereignis mehr Schaden als dieses selber herbeiführen.
 
So haben die meisten Staaten eine Behörde eingerichtet, welche die Bevölkerung von Gesundheitsgefahren schützen soll. In der Schweiz ist dies das Bundesamt für Gesundheit (BAG), in Deutschland das Bundesgesundheitsamt (BGA) mit dem Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL), dem das Robert-Koch-Institut angegliedert ist, in Österreich das Bundesministerium für Gesundheit (BMG oder „Gesundheitsministerium“). Alle die Gesundheitsämter vollziehen (frei-)willig Direktiven der Weltgesundheitsorganisation (engl. World Health Organization, WHO), eine Sonderorganisation der Uno, die in Genf ansässig ist – sozusagen der globalisierte Überbau. Wie alle Erfahrungen lehren, bestimmen diese gleichgeschalteten Behörden, vor welchen Gesundheitsgefahren wir in Panik zu geraten haben. Sie sind zudem die Einfallstore der Pharmalobbyisten, unter deren Fuchtel auch die Universitäten sind, die in den entsprechenden Sektoren weitgehend von Pharmageldern leben und mit diesen Spenden forschen.
 
Affentheater
Was von solchen Allianzen an Nonsens und Täuschungen zu erwarten ist, haben zum Beispiel die Vogelgrippe (H5N1-Infektion) in den Jahren 2005/06 und die Schweinegrippe (Porzine Influenza) im Jahr 2009 gelehrt – furchtbare Pandemien, an denen wir längst gestorben sein müssten, wären alle die behördlichen Angstmachereien berechtigt gewesen. Das Impfgeschäft florierte glänzend, und dazu gehörte, dass Impfstoffe, die Abermillionen gekostet hatten, vernichtet werden mussten. Weil die Verblödung der Menschheit noch nicht flächendeckend gelungen ist, gab es mehr Impfverweigerer als erwartet, selbstverständlich auch im medizinischen Personal, was die Selbstimpfungen anbelangte. Die Impfstoffvernichtung hat wenigstens bewirkt, dass die Impfschäden nicht noch grösser wurden.
 
Dasselbe Affen- beziehungsweise Menschentheater (ich möchte ja die Affen nicht beleidigen) spielt sich im Moment rund um das EHEC-Bakterium aus der Escherichia coli-Familie ab, die unser Gedärm bewohnt. Wie beim Ausstieg aus der Kernenergie zeigten sich die deutschen Gesundheitsbehörden in Bezug auf Warnungen vor dem Verzehr von Salat, spanischen Gurken, Tomaten und Sprossen (Keimlinge, die besonders gesund sind) übereifrig; alle diese vermeintlichen Spuren haben sich als grundfalsch herausgestellt.
 
Medien posaunten den von ihnen nicht überprüften (und wohl auch nicht überprüfbaren) Blödsinn in alle Welt hinaus, förderten als behördliche Sprachrohre eine eigentliche Hysterie. In all diesen Fällen ist der Ablauf immer derselbe: Irgendwelche Warnungen sind schneller als gesicherte Erkenntnisse zu haben und bringen ganze Märkte zum Erliegen. Korrekt arbeitende Produzenten, Transporteure und Händler haben ohne jedes Verschulden riesige Schäden hinzunehmen, auch wenn sich bald einmal herausstellt, dass die angeprangerten Frischprodukte unschuldig sind. Würden die Behörden aber gesicherte Erkenntnisse abwarten (was im Sinne einer korrekten Arbeitsweise selbstverständlich sein sollte) und würde es inzwischen das eine oder andere Todesopfer geben, würde man ihnen Pflichtvernachlässigung verworfen.
 
Das System schaukelt sich in Krisenlagen selbsttätig empor, gebiert ständig neuen Unsinn, wie zum Beispiel die Warnung vor Bio-Gemüse des industriehörigen Immunologen Prof. Beda M. Stadler von der Universität Bern in der „Weltwoche“ vom 01.06.2011: „Seit mehr als 15 Jahren behaupte ich, dass an Gentechnik noch niemand gestorben ist, an Biogemüse hingegen sterben jährlich Menschen. Das war und ist keine Provokation.“ Na gut, dann ist es einfach ein hanebüchener Blödsinn. Man weiss inzwischen, dass auf Gentechpflanzenäckern zunehmend hochgiftige, alte Pestizide oder Pestizid-Cocktails eingesetzt werden müssen, die ganz sicher weniger gesund als einigermassen chemiefreies Biogemüse sind.
 
In Pharma- und Agrogeschäfte eingebundene Behörden und Forscher vertreten ihre Interessen – und die Medien tun dies auch. Ihnen geht es um Einschaltquoten und Auflage – in Bezug auf EHEC spracht das führende deutsche Boulevardblatt „Bild“ von einer „Killer-Seuche“ – und schon „schien“ es eine erste Übertragung von Mensch zu Mensch via Schmier-Infektion gegeben zu haben. Aus dem Kollektiv der Interessierten aus Behörden, Wissenschaftlern und Medienleuten, die zu willfährigen Vollstreckern der rücksichtslosen Marktwirtschaft wurden, wächst eine wirksame, kampagnenhafte Gehirnwäsche heraus, welche wiederum die Behörden zum Handeln im luftleeren Raum zwingt.
 
Für Schäden aufkommen
So werden enorme Schäden verursacht. Selbst der deutsche Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP), der noch immer eine Warnlampe vor Gemüse mit sich herumträgt, musste zugeben, dass bei der Information der Öffentlichkeit Fehler passiert sind. Es sei zu viel spekuliert worden, was zu einer Verunsicherung in der Bevölkerung geführt habe. Das ist noch vorsichtig gesagt. Und es ist nach allem, was an Unsinn in die Welt gesetzt wurde, nicht mehr und nicht weniger als ein Akt des Anstands, dass den unschuldigen Gemüsebauern Europas für die millionenschweren Umsatzausfälle wegen der Fehlinformationen über das Darmbakterium EHEC zunächst mit 150 Millionen Euro aus EU-Mitteln zufliessen sollen, ein Anfang.
 
In den USA kennt man das EHEC-Bakterium ebenfalls, das starke Zellgifte (Shiga -Toxin und blutzellenzerstörendes Toxin bzw. Verotoxin produziert) und dessen Produkt auf STEC (Shiga toxin [syn. verotoxin])-producing E. coli) abgekürzt ist. Doch fehlt es an Mitteln und Interesse, einen Skandal daraus zu machen und unqualifizierte Warnungen zu erlassen. Laut der New York Times gibt es in den USA Zehntausende STEC-Fälle im Jahr, über die nicht berichtet werde.
 
Das wirkt allerdings schon wieder verdächtig. Möglicherweise ist das E.coli-Bakterium eine Neukonstruktion aus einem Forschungslabor. Darüber wird auch in Europa geschwiegen, und vielleicht waren die spanischen Gurken bloss ein Ablenkungsmanöver.
 
Wie bei der durch die Verbreitung von Seuchenängsten geförderten, möglichst flächendeckenden Impferei, bezahlt auch jetzt wieder das Volk der Steuerzahler die Folgen der unseligen Interessenverflechtungen von Behörden, Politik, Forschung und Medien, und auch das kann so nicht hingenommen werden. Die schmuddeligen Verantwortlichkeiten im Seuchenpolizei-Bereich sind offenzulegen, und wer sich vor irgendwelchen Karren spannen lässt, sollte für die von ihm verursachten Schäden haftbar gemacht werden. Das gilt auch für die liederlich arbeitenden, aufbauschenden Medien, die unbelegte Vermutungen aus irgendwelchen Labors und Amtsstuben unkritisch übernehmen, gross aufmachen und sich damit der Irreführung des Volks mitschuldig machen, um sich an den Geschäften auf ihrer Art zu beteiligen. Dabei hat allein schon die Erfahrung aus den letzten Jahren gelehrt, was von den Warnungen der Gesundheitsbehörden und den inszenierten Katastrophengefühlen, welche von den Medien nach bewährter Manier zur Horrorshow aufgeblasen werden, zu halten ist. Für finanzielle Wiedergutmachungsaktionen müssten also auch die an der Skandalisierung beteiligten Medien beigezogen werden. Zudem könnten wir in diesem Fall auf qualifiziertere Berichterstattungen hoffen.
 
Die Schnellaussteiger
Ein kühler Kopf gegenüber möglichen und tatsächlichen Bedrohungen führt zu besseren Resultaten als Hysterien. Das trifft vollumfänglich auch die Energiepolitik im Jahr 1 nach Fukushima zu. Zweifellos haben die Japaner bei der Risikoeinschätzung hinsichtlich der KKW-Gefahren in einem extrem erdbebengefährdeten Gebiet unterschätzt; aber es geht wohl nicht an, die traurigen Erfahrungen aus der Kombination von Erdbeben, Tsunami und AKW-Katastrophe auf alle Atomstromerzeugungsanlagen zu übertragen und Ausstiege zu beschliessen, ohne abgeklärt zu haben, was das ökologisch und ökonomisch bedeutet: sicher wesentlich teureren Strom und damit eine verminderte Konkurrenzfähigkeit. Sollen wir noch das letzte Bächlein zur Stromgewinnung aufstauen? Weitere Berggebiete unter Wasser setzen? Unsere Hügel mit Tausenden von wenig ergiebigen Windrädern verschandeln? (Deutschland stellt solche vorwiegend im Norden des Landes auf und muss den Strom dann durch Milliarden verschlingende neue Leitungen nach Süden transportieren.) Selbst Ortsbilder mit schönen Ziegeldächern durch Solarzellen verschandeln? Öl-, Gas- und Kohlekraftwerke in die Landschaft stellen und die Klimaziele opfern? Einsprachemöglichkeiten gegen Naturverschandelungen reduzieren, wenn es nur der Alternativenergieszene dient, wie der Nationalrat gerade beschlossen hat? Usf. Ein bisschen Nachdenken könnte nicht schaden.
 
Spitzenreiter in unbedachten Schnellschüssen sind Deutschland und (zum Glück mit etwas Abstand) die Schweiz, die offenbar bereit sind, sich in eine energetische Auslandabhängigkeit wie Österreich zu begeben, den Atom- und Kohlestrom aus dem Ausland zukaufend. Der Nationalrat in Bern hat am 08.06.2011, dem Bundesrat folgend, den allmählichen, schrittweisen Ausstieg aus der Atomenergie beschlossen – auch wenn dieser Beschluss nicht endgültig ist und eigentlich nichts bedeutet, lässt er doch auch hier eindeutig auf eine liederliche Arbeitsweise schliessen.
 
Die Schweizerische Volkspartei (SVP) hatte mit guten Gründen daran erinnert, dass es sinnvoller wäre, über solch einen Entscheid später zu diskutieren, denn zuerst einmal sollte der Bundesrat aufzeigen, wie er die zukünftige Energieversorgung sicherstellen wolle; der Rat solle auf voreilige Schnellschüsse verzichten und der SVP-Mann Bruno Zuppiger aus dem Kanton Zürich sprach von einem „wahltaktisch motivierten Geplänkel“, eine Warnung, die aber gleich in den Wind geschlagen wurde.
 
Die Schweizer Umweltministerin Doris Leuthard griff einmal mehr tief in ihre Plattitüdenkiste und sprach also: „Es ist ein langer, ambitiöser Weg. Natürlich sind noch viele Fragen offen, gerade was die Auswirkungen (des Atomausstiegs) auf die Volkswirtschaft im Detail betreffen.“ So forderte den Mut, den Grundsatzentscheid zu fällen; die Details dazu würden in einem Jahr nachgeliefert ...
 
Zuerst wird, wie man sieht, aus einer Laune heraus gehandelt und dann nachgedacht. Es ist, als ob einer zum Hausverkäufer sagen würde: „Ich kaufe das Haus. Jetzt brauchen wir bloss noch über den Preis und die Zahlungsmodalitäten zu verhandeln.“ Die Politik lebt nicht mehr vom Denken in Zusammenhängen und von seriösen Abklärungen, sondern lässt sich von diffusen Stimmungen leiten, die mehrheitsfähig zu sein scheinen und mögen sie noch so abstrus sein. Dabei müsste doch auch die Option einer verbesserten Kernenergietechnologie offenbleiben, wie von der Freisinnig-demokratischen Partei der Schweiz (FDP) angetönt, die wegen ihrer Orientierungsinsuffizienz bei der Abstimmung im Nationalrat über den Ausstieg nicht wagte, Stellung zu beziehen und das Feld der Linken überliess.
*
Wenn dann das Debakel da ist, werden jeweils die Köpfe ausgewechselt. Das Volk aber, das die Kosten dafür aufbringen muss, bleibt. Und unsere Nachkommen müssen halt dann die kaputte Biosphäre reparieren, so weit das überhaupt noch möglich sein wird.
 
Was für ein Stil! Manchmal stellen sich schwere Zweifel an den Vollzurechnungsfähigkeiten ein.
 
 
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