Textatelier
BLOG vom: 28.09.2012

Schülerleben (1): Stink-Käse, Lachverbot und Hosespannis

Autor: Heinz Scholz, Wissenschaftspublizist, Schopfheim D
 
Da kürzlich die Einschulung anstand und Rita Lorenzetti ein Blog über dieses wichtige Ereignis schrieb (24.09.2012: Reminiszenzen: Eintritt in Kindergarten und Primarschule), kamen mir diverse Schulstreiche und andere Erlebnisse in den Sinn. Am 10. und 11.09.2005 waren die Streiche schon einmal Thema von Blogs. Nun ist es wieder an der Zeit, Streiche und Witze aus dem Schulleben aufs Tapet zu bringen. Einige Blogger teilten mir freundlicherweise ihre Erlebnisse mit. Dafür herzlichen Dank.
 
Er heizte, bis der Ofen glühte
Diesen Streich übermittelte mir G. Richard Bernardy. Im Klassenzimmer war ein Ofen, der mit Holz beheizt wurde. Einige Jungen schütteten Wasser auf die Glut, es entstand ein gehöriger Dampf, der sich im Klassenzimmer verteilte. An diesem Tag war kein Unterricht mehr möglich.
 
Da hatte ich ein ganz anderes Erlebnis: Anfang der 1950er-Jahre standen in den Klassenzimmern der Grundschule Buchdorf (Bayern) Kohleöfen. Schon vor Unterrichtsbeginn musste ein Schüler Feuer machen und Kohlen nachlegen. Eines Tages hatte ein witziger Schulfreund von mir Dienst. Er feuerte so viel Kohle nach, dass die Herdplatte und der untere Teil des Ofenrohrs zu glühen anfingen. Es wurde mächtig warm im Klassenzimmer. Der Verursacher der Befeuerung wollte, dass der Lehrer gehörig ins Schwitzen kommen sollte. Aber wir machten die Rechnung ohne den Wirt. Der Lehrer tat so, als bemerkte er nichts. Er liess uns in der Hitze schmoren. Kein Fenster durfte geöffnet werden.
 
Käse hinter der Wandtafel
Primo, der Mann von Rita Lorenzetti, berichtete von einem Mitschüler, der sich einen ungewöhnlichen Streich ausdachte. Er befestigte hinter der Wandtafel einen Limburger-Käse. Der intensive Geruch entfaltete sich nach einigen Tagen und konnte durch normales Lüften nicht beseitigt werden.
 
Die Tochter Letizia von Rita Lorenzetti wusste zu berichten, dass der Lehrer einmal überlistet wurde, als eine Französisch-Prüfung anstand. Die neuen Wörter wurden auf Kartonkärtchen aufgeschrieben und oberhalb der Wandtafel, also leicht zurückversetzt und für den Lehrer nicht sichtbar, aufgehängt. Die Prüfung verlief tadellos. Der Lehrer wunderte sich, warum seine Schüler plötzlich viel wussten und er gute Noten verteilen musste.
 
Stockschläge auf Hand und Hosenboden
G. Richard Bernardy teilte mir in einer E-Mail am 21.09.2012 dies mit: „Stockschläge waren noch erlaubt. Es gab Stockschläge auf die Hände, die man geöffnet nach vorne strecken musste. Irgendwann kam jemand auf die Idee, den Rohrstock mit einer Zwiebel einzureiben. Nach 3 ,Anwendungen’ brach der Stock entzwei.“
 
Auch ich hatte diverse Erlebnisse mit „Tatzen“ (Schläge auf die Handinnenfläche) und „Hosespannis“ (= Schläge auf dem Hosenboden). Der gestrenge Lehrer oder die Lehrerin in der Grundschule verteilten an ungehörige Schüler (meistens waren es Schüler, die Mädchen waren eher brav) diese Stockschläge auf eine Handinnenfläche oder dem Hosenboden. Manche sorgten vor und verstecken ein Kissen auf dem Po. Dann taten die Rutenschläge nicht mehr weh.
 
Als ich mich einmal mit einem Schüler, der neben mir sass, unterhielt, holte mich die gestrenge Lehrerin nach vorne und haute mir 2 oder 3 Rutenschläge (Tatzen) auf die Hand. Da ich demonstrieren wollte, dass ein Indianer keinen Schmerz zeigt, ging ich pfeifend zurück auf meinen Platz. Da schrie die Lehrerin: „Komm sofort nach vorne. Du wirst mir nimmer pfeifen.“ Ich gehorchte dem Befehl und wanderte langsam in Richtung Pult. Dann bekam ich noch einige Tatzen auf die andere Hand. Die Folge waren rote Striemen, die sich auf der Hand abzeichneten. Von Schmerzen übermannt, konnte ich nicht mehr pfeifen und lachen.
 
In der Knaben-Mittelschule Hl. Kreuz in Donauwörth (Bayern) hatten wir einen aggressiven Lehrer, der auch ab und zu den Stock aus dem Spind holte. Eines Tages war uns das zu bunt. Wir schnitten eine Kerbe in den Stock. Als wieder ein Delinquent bestraft werden sollte, brach der Stock beim ersten Schlag entzwei. Das löste beim Lehrer einen fürchterlichen Schreikrampf aus. Später wurde der Lehrer zu Recht entlassen. Dieser Lehrer war ein „Scheinheiliger“. Er wollte an uns Schüler geweihte Medaillons vom Wallfahrtsort Altötting verkaufen. Da hatte er aber Pech gehabt. Keiner wollte diese Medaillons von einem Gewalttätigen.
 
Lehrer begeisterte sich für Musik
G. Richard Bernardy erzählte von einem Lehrer, der sich für Musik von Richard Wagner begeisterte. Er spielte im Musikunterricht Schallplatten mit „Lohengrin“ ab. „Wir vertrieben uns die Zeit mit Erledigung von Hausaufgaben unter der Bank oder träumten vor uns hin! Sein Versuch, uns diese Musik nahe zu bringen, ist ziemlich misslungen.“
 
Wir lasen beim Religionsunterricht, der von einem älteren Pater in Hl. Kreuz gehalten wurde, immer Karl-May-Bücher oder andere Abenteuergeschichten. Wir hielten die Bücher immer auf dem Schoss. Da der erfahrene Schwarzgekleidete die unaufmerksamen Burschen kannte, rief er immer wieder den einen oder anderen Lesewilligen plötzlich auf und er musste den Text aus dem Katechismus weiter lesen. Wir sprachen uns immer mit dem Nachbarschüler ab, der uns dann die Stelle zum Weiterlesen zeigte. Ich wundere mich noch heute, dass ich trotz dieser Abschweifungen in Religion eine sehr gute Note bekam.
 
Lachen nicht immer erlaubt
Von Walter Hess erhielt ich folgende Geschichte zum Thema:
 
„Jedermann kennt das Phänomen: Wenn man weiss, dass man etwa in einem Konzert, dem die Massen andächtig lauschen und jeden Ton einzeln in sich aufsaugen, nicht husten darf, stellt sich der Hustenreiz mit aller Wucht ein. Der Konzerthusten ist ein bekanntes Phänomen, das manchmal auf die zu trockene Luft in den Konzertsälen zurückgeführt wird. In New York musste Kurt Masur eine Aufführung seiner Philharmoniker unterbrechen, als das Husten im Publikum nicht aufhören wollte und die Harmonie gestört war.
 
Ähnlich ist es mit dem Lachen, wenn man es krampfhaft zu unterdrücken sucht.. Natürlich wusste ich schon als Kind, dass man niemand auslachen darf, und selbstverständlich wollte ich das auch nie tun. Dass sich so etwas, das dem Verspotten gleichkommt, nicht gehört, hätte mir niemand sagen müssen. Das war ja klar.
 
In der Schule durfte man das schon gar nicht tun. Doch ist der Unterschied zwischen dem Lachen und dem Auslachen manchmal derart klein, dass man diese Äusserungen nicht genau unterscheiden kann. So bemühte ich mich immer sehr, das verdächtige Lachen zu unterdrücken. Und je mehr ich mich diesbezüglich anstrengte, desto lustiger kam mir alles vor. 2 solche Erlebnisse sind im Blog vom 30.09.2010 (Lachanfälle: Emotionen von Leuthard, Merz und Wetterfee) beschrieben. Wenn ein befreiendes Lachen (oder Husten) nicht gestattet ist, wird das zur Qual.
 
Fast kriminalisiert worden wäre ich wegen eines unpassenden Lachens während meiner Sekundarschulzeit in St. Peterzell (im Toggenburg SG). Einige Schulkollegen und ich fuhren an jedem Schultag mit alten Militärvelos vom Stafel in Wald-Schönengrund (gehörte zu St. Peterzell, heute in die Sammelgemeinde Neckertal eingemeindet) hinunter ins Dorf ,Peterzell', wie wir sagten; obschon dort die klosterähnliche, viel zu gross geratene Kirche St. Peter und Paul aus den Jahren 1721/23 steht, verzichteten wir auf den Namenszusatz „Sankt“. Das alte Sekundarschulhaus befand sich gleich neben der Kirche. Die steilste Strassenstrecke befindet sich direkt oberhalb des Dorfs, wobei das Gefälle von Wald aus 135 Höhenmeter ausmacht. Wir hatten ein unwahrscheinliches radfahrerisches Können entwickelt, bis hin zum akrobatischen. Ich konnte, rückwärts auf der Lenkstange sitzend, sicher fahren. Die Strecke nach Peterzell kannten wir aus dem Effeff. Und bei der Abwärtsfahrt legten wir uns noch in die Pedalen, um das Tempo zusätzlich zu beschleunigen. Mit einem Geschwindigkeitsanzeiger aber waren unsere Fahrräder nicht ausgerüstet.
 
Der Ortspolizist Paul Stöckli, eine Respektperson, wusste um unsere Exzesse, und er sah sich zum Einschreiten gezwungen. Da er ein rechtschaffener Mann war, habe ich allen Grund, anzunehmen, dass es ihm darum ging, uns vor einer blödsinnigen Gefährdung unseres jungen Lebens zu beschützen.
 
Er kannte unseren Stundenplan, da seine Tochter Margrit in der gleichen Klasse wie wir unterrichtet wurde. Er passte uns an einem schönen Morgen ab und folgte uns mit seinem Töff der Marke Motosacoche, Jahrgang um 1940. Wir hatten das beobachtet, wollte ihm unbedingt entkommen, beschleunigten die Fahrt ins Neckertal zusätzlich, legten uns fast flach aufs Velo, um den Luftwiderstand zu minimieren. Beim Schulhaus versorgten wir die Velos sofort im Ständer, und dann kam der Polizist mit Lederhaube in der Wolke aus Lärm und Abgas endlich an. Wir schauten unschuldig drein, grüssten freundlich. Als er uns die wohlverdiente Predigt hielt, kam mir die Situation, dass wir das Rennen gewonnen hatten, derart komisch vor, dass ich lachen musste. Es war nicht zu verhindern. Zum Glück habe ich ihn nicht gefragt, ob wir für ihn sammeln sollten, damit er sich ein schnelleres Motorrad leisten könne. Solch ein Schabernack geht einem manchmal durch den Kopf und bleibt nicht ohne Wirkungen auf den Gemütszustand.
 
Wir kamen mit der Rüge davon. Aber auch wenn uns Polizist Stöckli so hart angefasst hätte, dass uns jedes Lachen vergangen wäre – ich würde es ihm nicht nachtragen, im Gegenteil. Sein Eingreifen erfolgte im Interesse einer Heilung, einer Sanktion. Das lateinische Wort sanctus bedeutete ursprünglich bannen, festsetzen. Zu einer Festnahme kam es in Sankt Peterzell, an das ich mich gern erinnere, aber nicht.“
 
Der rollende Bleistift
Unsere Gemüsefrau erzählte mir folgende Geschichte aus ihrer Schulzeit. Die Episode spielte sich Anfang der 1950er-Jahre ab.
 
In der Dorfschule in Wollbach (Kreis Lörrach D) waren 9 Mädchen und 4 Jungs in der Klasse. Die Knaben sassen vorne und hatten einen guten Blick durch ein Fenster auf die Kirchturmuhr. Die Mädchen schauten in die Röhre, denn sie sassen im hinteren Teil des Klassenzimmers, das keine Fenster hatte.
 
Die Mädchen wurden nach einiger Zeit des Unterrichts unruhig, weil sie auf die Pause warteten. Aber wie konnten die agilen Mädels die Uhrzeit erfahren? Da kam eine Schülerin auf eine glorreiche Idee. Sie liess einen Bleistift so fallen, dass er im Gang zwischen den Bänken nach vorne rollte. Das Mädchen folgte dem Bleistift, hob ihn auf und blickte auf die Kirchturmuhr. Die Uhrzeit teilte sie dann ihren Kameradinnen mit. Der Lehrer merkte nichts davon. Ein Junge, der die Szenerie beobachtete, musste lauthals lachen. Er lachte auch in den nächsten Tagen, obwohl er immer Stockschläge auf die Hände vom schlagkräftigen Klassenlehrer erhielt. Beim vierten Lachen wurde es dem Lehrer zu bunt. Er forderte den Burschen auf, nach vorne zu kommen, um sich etwas Schmerzhaftes abzuholen. Der Pädagoge schlug nicht mehr auf eine Hand, sondern auf den Hosenboden des Lachers. Die Schläge waren anscheinend so kräftig, dass dem Burschen das Lachen verging. Ich weiss nicht, ob es Pädagogen gab, die Schläge auf  einen nackten Hintern verteilten. So hätten sie sehen können, ob der Bestrafte ein Polster auf dem Po platziert hatte.
 
Der stinkende Schüler
In dem amüsanten Buch „Riss dir ke Bein erüs!“ von Otfried von Zeltingen fand ich eine amüsante Geschichte:
 
In einer Klasse war ein Schüler, der immer penetrant roch. Dieser Geruch stieg auch der Lehrerin ins Näschen. Eines Tage war ihr das zu viel. Sie schickten den Jungen mit einem Brief nach Hause. Im Brief forderte die Lehrerin die Eltern auf, den Jungen doch öfters zu waschen, bevor er in die Schule komme.
 
Der Vater, der im Räsonieren besser als in der Rechtschreibung war, antwortete in einem Schreiben: „Cher Madmasell, unser Charles ischt keine Rose. Sie solln ihn ebs lehren und nicht an ihm riechen.“
 
Wenn die Kinder die Schule schwänzten, mussten die Eltern geradestehen. Zunächst kam der Gendarm, führte die Kinder zur Schule. Dann wurden die Eltern wegen Nachlässigkeit 48 Stunden eingesperrt. Waren die Kinder unsauber, wurden sie in Gegenwart des Gendarms geschrubbt. Wiederholte sich die Vernachlässigung, bekamen die Eltern Arrest. Das waren harte Zeiten – auch für Eltern.
 
Quelle:Der Hinterhag – zur Geschichte der Gemeinde Häg-Ehrsberg“ von Ernst Rümmele, 1977.
 
Witz von Rolf Hess
Die Szene spielte sich am Ende des 1. Schultags, Primarschule, ab. Hansli kommt nach Hause, und seine besorgten Eltern fragten ihn gespannt, wie der Tag so abgelaufen sei. Seine Antwort war sehr positiv: Toller Lehrer, angenehme Klassenkameraden, viel Spass habe er gehabt. Darauf fragten seine Eltern, ob denn wirklich alles nur positiv gewesen sei. Nach einigem Überlegen sagte Hansli, ein kleines Problem sei schon aufgekommen, sie seien nämlich mit der Arbeit nicht ganz fertig geworden, und so müssten sie morgen nochmals in die Schule …
 
Sprüche von Eberhard Puntsch
Und hier noch einige witzige Ergüsse von Eberhard Puntsch:
 
Das Töchterchen weigert sich, in die Schule zu gehen: Sie fühle sich unwohl.
„Wo denn, mein Kind?“
„In der Schule.“
 
Egon Neureich kommt unzufrieden vom 1. Schultag heim. „Erste Klasse und alles
Holzbänke!“
 
„… und bitte ich, meinen Sohn vom heutigen Lateinunterricht befreien zu wollen. Er ist so heiser, dass ihm sogar Deutsch schwerfällt.“
 
Fritzchen hat das Zeugnis bekommen. Der Lehrer tadelt sein allgemeines Verhalten.
 
„Schämst du dich nicht!“ fragt die Mutter. „Nimm dir ein Beispiel an deinem Vater! Eben schreibt er mir, dass ihm wegen guter Führung ein Jahr erlassen wurde.“
 
Karlchen legt das Zeugnis vor. „Schwätzt zu viel“, steht drin. Der Vater unterschreibt und fügt unter PS hinzu: „Seine Mutter sollten Sie hören!“
 
Aus einem Inernat-Schüleraufsatz: „Schüler, die auszutreten wünschen, haben zuvor auf dem Direktorat sich die notwendigen Papiere zu holen.“
 
Literatur
Puntsch, Eberhard: „Witze, Fabeln, Anekdoten“, Moderne Verlags-GmbH, München 1968.
Zeltingen, Otfried von: „Riss dir ke Bein erüs!“, Selbstverlag, Taenheim (Elsass) 1972.
 
 
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