Textatelier
BLOG vom: 17.03.2014

Todtnauberg: Im Schnee auf der Feldberg-Sonnenseite

Autor: Heinz Scholz, Wissenschaftspublizist, Schopfheim D
 
„Himmel und Erde befolgt ewiges, festes Gesetz: Jahre folgen auf Jahre, dem Frühling reichet der Sommer und dem reichlichen Herbst traulich der Winter die Hand.“
Johann Wolfgang von Goethe
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Nun, von einem traulichen Winter spürten wir 2013/2014 kaum etwas. Er soll der Viertwärmste seit den Wetteraufzeichnungen der letzten Jahrzehnte gewesen sein. Den Schnee sahen wir nur aus der Ferne, so auf Bergeshöhen über 900 m  ü. M. Im Februar blühten schon bei uns Krokusse, Huflattiche und andere Blümchen. Die Erle und Hasel verstreuten frühzeitig ihre Pollen. Es gab Schniefnasen und vorzeitige Frühlingsgefühle.
 
Das kann doch nicht sein, dass wir in diesem Winter keinen Schnee gesehen und auch keine Schneewanderung unternommen haben. Das sollte sich ändern, als unser Wanderführer Toni von Lörrach eine Tour von Todtnauberg zur Todtnauerhütte vorschlug. Am 07.03.2014 war es soweit. Toni fuhr uns mit seinem geräumigen Opel (6 Mann) nach Todtnauberg und steuerte den Parkplatz Radschert, der sich oberhalb des Ortes befindet, an.
 
Todtnauberg ist ein Höhenluftkurort (1021 bis 1388 m ü. M.). In Prospekten und im Internet wird der Ort, der an der Sonnenseite des Feldbergs liegt, als ein Ort, wo der Schwarzwald am schönsten ist, gepriesen. Das stimmt in der Tat. Wir kannten den Ort von diversen Sommer- und Herbstwanderungen. Eine Premiere für uns alle war das Winterwandern von diesem Ort aus. Wie ich mir sagen liess, gibt es hier 60 km Wanderwege im Winter, die gewalzt sind. Auch soll die Aussicht auf den Panoramawegen fantastisch sein.
 
Für Langläufer, Ski- und Snowboardfahrer ist Todtnauberg ein Winterparadies. 5 Lifte stehen zur Verfügung. Ein Highlight ist die Fahrt mit dem Pferdeschlitten.
 
Auf der Hompage des Höhenkurortes sind die aktuellen Schneehöhen zu erfahren. An unserem Wandertag waren 60 cm (Berg) bzw. 10 cm (Tal) Schnee vorhanden. Im unteren Bereich der Abfahrtsstrecke war schon an einigen Stellen der erdige Untergrund zu sehen.
 
Hier ein kleiner Rückblick: Eine Winterwanderung unternahmen wir am 16.03.2009, jedoch vom „Haus der Natur“ (Feldberg) ausgehend, auf dem Winterwanderweg zur Todtnauer Hütte (siehe Blog vom 21.03.2009; „Der Feldberg im März: Schneewanderung mit Hindernissen“). Damals schrieb ich, der Frühling habe wohl 2009 Verspätung, gab es doch nur einen Anflug von Frühling.
 
Riesiger Hochstuhl
Wir starteten im Glanz der Wintersonne (besser: Frühjahrsonne), stapften über einen gewalzten Weg, wanderten entlang des Heidegger-Rundwegs zum Hochstuhl. Dieser Stuhl war für uns eine Neuigkeit. Der robuste überdimensionierte Stuhl wurde aus Douglasienholz geschaffen. Er ist so riesig, dass eine ganze Familie darauf Platz findet. Mittels einer Leiter gelangt der Aussichthungrige auf die Plattform. Von hier oben hat man einen Blick auf Todtnauberg, das Wiesental und bei guter Wetterlage auf das Bergpanorama des Berner Oberlands. Wir konnten uns an einem solchen Panorama nicht erfreuen. Der Dunst versperrte die Sicht in die schöne Schweiz.
 
Das Projekt „Hochstuhl“ und andere Einrichtungen wurden gefördert durch den Naturpark Südschwarzwald mit Mitteln des Landes Baden-Württemberg, der Lotterie Glücksspirale und der Europäischen Union. Es ist ein Projekt vom Verein „Liebenswertes Todtnauberg“ (www.liebenswertes-todtnauberg.de).
 
Dann ging es weiter, am Vogelhäuschen vorbei, zur Fis-Rieselslalom-Strecke. Die Strecke liegt an einem Steilhang. Der Wanderweg (Weg Nr. 4) überquert diesen Steilhang. Während der Überquerung mussten wir sehr aufpassen, dass uns kein Skifahrer in die Quere kam und uns „mitnahm“ oder zu Boden schleuderte. An diesem Freitag hatten die Schüler Fastnachtsferien – es war viel los. Etwas seitlich der Abfahrtsstrecke befand sich der Stübenwasenlift. Auch hier mussten wir die aufwärtsfahrenden Wintergäste passieren lassen.
 
Der nächste Höhepunkt war die Kapelle Bergerhöhe. Hier und auch auf dem Panoramaweg hatten wir einen Superblick auf Todtmoos und auf den schneebedeckten Belchen.
 
Dann verfehlten wir den obligatorischen Winterwanderweg Feldbergsträssle zur Hämmerhütte (Weg Nr. 8) und von dort zur Todtnauer Hütte. Wir gingen nicht weiter, sondern kehrten bei der Kapelle um und wanderten neben einem gespurten Weg, den etliche Skifahrer als Abfahrtstrecke benutzten, weiter. Wir hielten uns scharf rechts, damit wir nicht mit einem Abfahrenden kollidierten. Dann ging es eine kurze Strecke in einem Wäldchen steil bergauf. Der gespurte Weg hörte plötzlich auf, so dass wir uns durch den Tiefschnee quälen mussten. Aber wir schafften den Durchmarsch dank der guten Profilsohlen und Wanderstöcken und erreichten die Gipfelliftstation am Stübenwasen etwas ausser Puste nach nicht ganz 2 Stunden. Danach ging es auf einem bequemen, gespurten breiten Weg (Weg Nr. 3) innert 30 Minuten zur Todtnauerhütte (1319 m ü. M.). Insgesamt erklommen wir 300 Höhenmeter.
 
Warum keine Schneeschuhe?
Während des mühevollen Aufstiegs dachte ich mir dies: „Warum hast Du keine Schneeschuhe ausgeliehen!“ Ich wollte nämlich unbedingt eine Schneeschuhtour machen. Aber leider hatte kein Wanderfreund dazu Interesse.
 
Dazu eine Erläuterung: Die Indianer im Norden Amerikas benutzen Schneeschuhe schon lange als Fortbewegungsmittel. Früher waren Schneeschuhläufer auch im Schwarzwald zu sehen. Damals war das Schneeschuhlaufen mühsam. Die Läufer mussten durch metertiefen Schnee laufen. Die Schuhe bestanden aus Hanf und Leder.
 
An der Todtnauerhütte sah ich einige Schneeschuhläufer, die hier Pause machten. Ich erkundigte mich bei einem Läufer, wie er mit den Schneeschuhen zufrieden sei. Er sagte, er habe bisher keine Schwierigkeiten gehabt, und es sei leicht, die Schneeschuhe über normale Wanderstiefel anzuschnallen. Dank der Spikes an der Unterseite der Plastik- oder Aluminiumschuhe könne man bei Steilstrecken nicht zurück rutschen. Auch könne man als erster eine Spur im Schnee ziehen, abseits der gebahnten Wege und Pisten. Das mache ihm am meisten Freude. Er geniesse die Ruhe, und er könne sich gut vom Alltagsstress erholen.
 
Heute fasziniert das Schneeschuhlaufen immer mehr Wintersportler. Das Schneeschuhwandern ist für Gross und Klein ein Erlebnis. Man muss jedoch eine gewisse Kondition mitbringen. Man sollte im Wald die offenen Wege benutzen. Auf Freiflächen gibt es keine Einschränkungen.
 
Schneeschuhe mit den dazugehörigen Stöcken sind übrigens im „Haus der Natur“ (Feldberg) und in Todtnauberg zwischen 8.50 bis 10 Euro pro Tag zu mieten.
 
Pilgerkreuz und Viscope
Nach einer Rast mit Speisung (Kartoffelsuppe, Reibekuchen) in der Todtnauerhütte waren wir wieder fit und wanderten Richtung Stübenwasen (1386 m ü. M.) auf dem Lachenwasenweg bis zum Radschert. Oberhalb unseres Parkplatzes machten wir am Jakob-Pilgerkreuze noch eine kurze Rast. Warum gerade ein solches Kreuz? Todtnauberg steht nämlich seit über 500 Jahre unter dem Schutz des heiliggesprochenen Jakobus. Die Pfarrgemeinde errichtete das Pilgerkreuz 1988 „ als eine Stätte der Besinnung und des Gebetes. Hier mögen viele in der Glaubensnot der Zeit zu neuer Hoffnung finden: Hoffnung für Todtnauberg, für Europa, für die Menschen der Welt“ (Info an einer Tafel vor dem Kreuz).
 
In der Nähe befand sich eine Besonderheit, nämlich das Viscope Outdoor. Dieses wird als intelligentes Aussichtsfernrohr bezeichnet. Wenn man durchblickt und dieses Viscope dreht, ist das ganze Alpenpanorama sichtbar und nahe. Es gibt Informationen wie Berg- und Ortsnamen, Weg- und Flurbezeichnungen und die Höhe der Berge. Die Einblendung geschieht rein mechanisch.
 
Nun hatten wir auch Zeit, die Infotafel in der Nähe des Viscopes über Martin Heidegger (1889−1976)zu lesen. Der Philosoph verbrachte mit seiner Familie einen Grossteil des Jahres in Todtnauberg in der „Heideggerhütte“. „Da die 2 Söhne oft zu laut waren, mietete Heidegger ein Zimmer im Altenteil des Bühlhofes unterhalb der Hütte. Er brauchte die Ruhe zum Schreiben. In Todtnauberg entstanden grösstenteils die Schriften ,Beiträge zur Philosophie’ und ,Sein und Zeit’“.
 
Hier noch ein Heidegger-Spruch, den ich auf einer älteren Holztafel entdeckte. Er lautet: „Im Denken wird jeglich Ding einsam und langsam.“
 
Es war eine wunderbare Wanderung. Sie war zwar anstrengend, aber wir genossen besonders auf dem Rückweg ohne Skiläufer das Winterparadies, die Ruhe und frische Luft. Der Schnee war in den sonnenbeschienenen Abschnitten des Weges schon etwas sulzig, und von den Bäumen tropfte es herunter. Bald wird die weisse Pracht vorbei sein und der Frühling wird einziehen.
 
 
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