Textatelier
BLOG vom: 06.06.2014

Die BVB Biberstein in den Tiefenschichten des Erdölhandels

Autor: Walter Hess, Publizist (Textatelier.com), Biberstein AG/CH
 
So gut wie Milch aus dem Tetrapack kommt, hat Benzin seinen Ursprung in der Tankstelle. Was zuvor geschah, braucht uns Milchtrinker und Autofahren weniger zu interessieren. Wir schauen immerhin noch auf die Räpplerei an den Tankstellen, fahren mehrere Kilometer, wenn der Benzinpreis anderswo 1.5 Rappen billiger ist. Die Geilheit des Geizes lassen wir uns also etwas kosten. Und übers Benzin leisten wir vor allem staatliche Abgaben – etwa 1.00 bis 1.10 CHF pro Liter (Bundesrätin Doris Leuthard plant schon wieder einen Aufschlag um bis zu 20 Rp.). Für das eigentliche Produkt bucht uns die mit Elektronik beladene Tankstelle nur etwa 50 bis 60 oder 70 Rappen/l von unserem Bankkartenkonto ab. Schlimmer ist es, wenn wir zum Beispiel an der Höhenluft des Engadins zu tanken genötigt sind: Dort ist der Benzinpreis gut und gern 13 bis 16 Rappen höher, was dann mit höheren Transportkosten und dem Einschrumpfen des Benzinvolumens begründet wird, obschon beides zusammen nur einen Aufschlag von etwa 2 Rappen/l rechtfertigen würde. Preise bilden sich in der Regel auch aus der Konkurrenzsituation der Tankstellen heraus.
 
Solche Erkenntnisse habe ich aus dem Oel-Pool-Neubau am Spittelweg 1 in CH-5034 Suhr gewonnen (www.oel-pool.com), wo Verwaltungratspräsident Daniel Sieber etwa 3 Dutzend Mitglieder der weiterbildungsbeflissenen Bürgerlichen Vereinigung Biberstein (BVB) auf lockere Art insbesondere in die Geheimnisse des Handels mit Erdölderivaten einführte. Da gerade beim Benzin ungeheure Mengen umgeschlagen werden, wirken sich kleine Preisänderungen bald einmal in Millionenbeträgen aus. Das wiederum hatte die Rückwirkung, dass die Kosten für die Ölbeschaffung und -verteilung minimiert werden mussten. Und das hiess im Klartext: Zusammenschlüsse. Auf diese Weise entstand die Oel-Pool AG im Jahr 2002, die Vereinigung einiger etablierter Schweizer Ölhändler. Unter dem neuen Label deckte das junge Unternehmen bald einmal sämtliche Dienstleistungen des Energiehandels ab, von der Lieferung von Brenn- und Treibstoffen über den Betrieb von eigenen Tankstellen und Tanklagern bis hin zu Tankrevisionen.
 
Die Oel-Pool, die 36 Firmen und damit 340 Tankstellen („Ruedi Rüssel“, Miniprix BP, Flamol und andere) übernahm, wurde inzwischen zum grössten Ölhändler der Schweiz. Die grossen Volumina (etwa 1.6 Milliarden Liter werden pro Jahr gehandelt) ermöglichen einen billigeren Einkauf bei rationalisierten Betriebsstrukturen. Der Umsatz beläuft sich jährlich auf rund 1.9 Milliarden CHF; die Zahl der Mitarbeiter beträgt 150.
 
Im Grossen spielt sich der Erdölhandel heute ebenfalls in einem stärker zentralisierten Rahmen ab. Die Preisbildung entsteht bei der ICE Futures (früher „International Petroleum Exchange“, IPE), mit Sitz in London. Und so habe man keine Ahnung, wohin sich er Ölpreis entwickeln werde, sagte Daniel Sieber: „Ich weiss nur, dass ich davon keine Ahnung habe.“
 
Die Rheinschiffe, deren Betrieb pro Tag etwa 5000 CHF kostet, wurden verkauft; man beschafft sich das Schwarze Gold heute günstiger bei Grosshändlern in der Nähe. Doch ist Rohöl nicht = Rohöl, beispielsweise ist der Schwefelgehalt des libyschen Öls sehr klein; es hat also eine hohe Qualität. Demgegenüber ist saudiarabisches Öl eher dem Bereich des Minderwertigen zuzuordnen (hoher Schwefelgehalt). Diese Brühe kann aus Gründen des Umweltschutzes in Europa kaum abgesetzt werden und geht hauptsächlich in die USA, in dessen Energiebereich die Sorge für den Lebensraum kaum eine Rolle spielt, abgesehen von ein paar rhetorischen Ergüssen, wie ich persönlich beifügen möchte. Das relativ reine Öl wird über US-Sanktionen verhindert, der Dreck gefördert.
 
Da der Duft des Erdöls nicht eben an einen Blumengarten erinnert, sahen sich die Verantwortlichen des Oel-Pools zu Geschäftserweiterungen animiert, die besser duften und gleichzeitig eine absichernde Diversifikation bedeuten. So wurde dem Unternehmen auch ein Holz-Pool angegliedert, der sich mit dem Sägen, Hobeln und Handeln befasst. Eine seiner Tätigkeiten ist der Export von Weisstannenholz, das kein Harz enthält und geruchlich neutral ist, aus Emmentaler Wäldern nach Japan. Dort benützt man es fürs Servieren von Fischcakes, die so etwas wie Fischfrikadellen in Wurstform sind und auf dem hellen Holz serviert werden. Überdies verwendet man das Holz für Grabstecken; man beschriftet sie und stellt sie zu den Gräbern.
 
Zum Oel-Pool gehört auch die Immobilien-Pool AG, 2012 entstanden. Der Ursprung für diesen Geschäftszweig liegt im Kauf von Tankstellen und Garagen im Zusammenhang mit Nachfolgeregelungen oder einem Treibstoff-Markenwechsel. Mit der Zeit wurde diese Immobilien-Tätigkeit für Tankstellen kontinuierlich auch auf Geschäftshäuser, Büroräume, Wohnhäuser und Industriebauten ausgeweitet. Hier werden auch Dienstleistungen im Immobilienbereich an externe Kunden angeboten.
 
Und schliesslich wäre noch der Sports-Pool zu nennen. Hier entwerfen Designer neue Kleider, die anschliessend meist in der Türkei und Asien hergestellt werden und die Marken Belowzero und Zimtstern betreuen. Man spürt dem Zimtduft, der einem orientalischen Liebesgarten zu entweichen scheint. „Kleider handeln macht Spass“, sagte Daniel Sieber, ein Bibersteiner Mitbewohner übrigens, und der Erfolg liess nicht auf sich warten. In dieser Art gross dimensionierten Gemischtwarenladen läuft alles wie geschmiert.
 
Deshalb liess dieses jugendfrische Unternehmen auch einen Neubau auf dem Gemäuer des 1840 erbauten Spittels in Suhr seinen Hauptsitz als Kombination von Büro- und Gewerbebaukörpern errichten. Der so weit als möglich einbezogene Spittel-Altbau ist ein bemerkenswertes Zeugnis eines frühen Sozialbaus. Er wurde in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts von der Gemeinde Suhr als Armenhaus genutzt.
 
Die Bibersteiner Bürgerlichen konnten als Erste einen Abend in diesem Gebäude verbringen, wenige Stunden nach der Fertigstellung der Kellerräume. Alte Mauern sind in einen gepflegt hergerichteten Vortragssaal integriert: gewölbte Nischen lassen das Tageslicht von oben eintreten.
 
Orientierung über Bibersteiner Traktanden
Der Anlass, von Markus Schlienger (BVB-Präsident) und Peter Leutwyler organisiert, befasste sich auch mit den unspektakulären Geschäften der Bibersteiner Gemeindeversammlung vom 20.06.2014. Vizeammann Markus Siegrist stellte die Gemeinderechnungen 2013 vor, die mit einem Überschuss von 892 000 CHF abgeschlossen haben (bei einem Steuerfuss von 88 Prozent), ohne dass das ausschliesslich positiv besetzte Wort „Steuersenkung“ fiel. Biberstein hat inzwischen 1495 Einwohner und gibt 7 % für die Sozialhilfe aus (72 600 CHF), mehr als für Gemeindestrassen (5.25 %).
 
Unzufrieden zeigten sich mehrere Versammlungsteilnehmer mit der Linienführung des Busses nach Aarau, der in Rombach (Gemeinde Küttigen) die Bibersteinerstrasse verlässt, in die Aarenau abtaucht. Das Zentrum des Ortsteils Rombach wird so nicht erreicht, und der Umweg in die Aare-Nähe frisst Zeit, nagt an der Attraktion der im Übrigen erfreulich häufig zirkulierenden Busse. Da müsse Druck gemacht werden – da müsse etwas gehen, wurde gesagt.
 
Im Restaurant „Zur Burestube“ in CH-5033 Buchs stärkte man sich abschliessend mit Speisen, die mit besser duftenden Ölen als mit Erdöl in Kontakt gekommen waren. Dies geschah im stolzen Bewusstsein, etwas für die Fortentwicklung in Verkehrs-, Wirtschafts- und Finanzfragen getan zu haben.
 
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