Textatelier
BLOG vom: 18.10.2014

Mohntorte: Eine Köstlichkeit ohne einschläfernde Wirkung

Autor: Heinz Scholz, Wissenschaftspublizist, Schopfheim
 
 
Früher galt Mohn als Einschlafmittel. Die alten Griechen stellten ihre Götter der Träume und des Schlafes Morpheus und Hypnos mit Mohnkapseln dar.
 
In etlichen Gegenden von Österreich und Deutschland gab man früher unruhigen Kindern einen Mohnlutscher. Manche waren überzeugt, auch die Platzierung von Mohnsamen unter dem Kopfkissen würde eine schlafberuhigende Wirkung entfalten.
 
Weltweit gibt es zwischen 50 und 120 Mohnsorten. Die wichtigste ist der Garten- oder Schlafmohn. Dieser wird als Lebensmittel für die Herstellung von Mohnöl genutzt.
 
Mohn war bei meiner Grossmutter und Mutter eine beliebte Zutat für Backwaren. Die Verwendung von Mohn war gerade in unserer Heimat (Mähren, das zum Sudetenland gehörte) und auch in Schlesien weit verbreitet. Heute ist diese Zutat in Österreich sehr beliebt.
 
Eine Köstlichkeit sind auch Germknödel. Das sind Hefeknödel, die mit Pflaumenmus gefüllt sind und mit einer Mohn-Zucker-Mischung bestreut werden. Wer Lust hat, kann die Germknödel mit zerlassener Butter oder Vanillesosse servieren. Germknödel mit einer Mohn-Zuckermischung gibt es auch tiefgefroren im Supermarkt.
 
Ich erinnere mich noch sehr gut an den beliebten Hefekuchen mit Mohn, Quark und Streusel oder eine Mohnrolle meiner Mutter. Diese Köstlichkeiten gab es nur an Sonntagen. Unter der Woche gab es jedoch ab und zu Mohn-Nudeln oder Mohn-Schupfnudeln („Bubenspitzle“). Das waren breite Nudeln oder eben die „Bubenspitzle“, die nach dem Garen in zerlassener Butter, gemahlenem Mohn und Zucker gewälzt wurden. Es war eine einfache, aber schmackhafte Kost.
 
Auch wurde in unserem Garten Mohn angebaut. Wir Kinder hatten damals eine Freude, die Kapseln zu schütteln und dann den Mohn einzusammeln. In jeder Kapselfrucht sollen 30 000 Körner sein. Nun, gezählt haben wir nicht!
 
Ich wollte von Walter Hess wissen, ob die lieben Schweizer auch gerne Gebäck mit Mohn verzehren. Er schrieb mir in einer E-Mail vom 11.10.2014 dies: „ Mohn wird in der Schweiz eher wenig verwendet. Ich kaufe immer gern opulentes Mohngebäck in Deutschland – für mich eine Besonderheit!“
 
Vielleicht werden sich nach Publikation dieses Blogs so manche Schweizer Hausfrau oder mancher Hausmann aufraffen, eine solche Köstlichkeit zu backen.
 
Wertvolle Inhaltsstoffe
Und das Beste habe ich noch gar nicht vorgestellt: Der Mohnsamen hat viele gesunde Inhaltsstoffe. Besonders reichlich sind folgende Mineralstoffe im Samen (je 100 g trockener Samen): Kalium (705 mg), Magnesium (335 mg), Kalzium (1460 mg), Eisen (9,5 mg), Zink (8,1 mg).
 
Der Vitamingehalt ist gering (Mengen an B-Vitaminen 0,2‒1 mg/100 g Samen). Der Mohn enthält auch jede Menge Fettsäuren. Einige davon sind essentiell. Hier eine Auswahl (je 100 g trockener Samen): Palmitinsäure (4 g), Stearinsäure (0,8 g), Ölsäure (4,5 g), Linolsäure (30,7 g), Linolensäure (0,4 g).
 
Keine Berauschung
Der Schlafmohn hat Substanzen, die als Drogen genutzt werden können. Diese haben eine berauschende und teilweise einschläfernde Wirkung.
 
Laut www.essen-und-trinken.de brauchen wir keine Angst zu haben, wenn wir ein oder zwei Stücke Mohnkuchen verzehren. Der Mohn ist nämlich völlig harmlos. Die berauschenden Substanzen befinden sich in den unreifen Kapseln.
 
Sie werden sich fragen, wieso ich gerade jetzt auf den Mohn komme. Ich entdeckte im Internet unter http://derstandard.at ein österreichisches Rezept für eine Mohntorte von Helga Gartner. Dadurch wurde meine Experimentierfreude im Kuchenbacken geweckt. Am 11.10.2014 buk ich diese Torte in einem etwas abgewandelten Rezept.
 
Das Tortenrezept
 
Zutaten für eine Torte mit 26 cm Durchmesser:
6 Eier
150 g weiche Butter
150 g Vollrohrzucker
1 P. Vanillezucker
2 mittelgrosse Äpfel
Saft von ½ Zitrone
2 EL Rum
100 g Walnüsse oder Haselnüsse (gemahlen)
200 g Mohn gemahlen*
½ TL Zimt (Zimt Ceylon, z. B. von Brecht, aus ökologischem Landbau)
Rosinen (nur wer diese mag; ich verwendete keine Rosinen)
Johannisbeermarmelade.
 
* Ich verwendete den gemahlenen Mohn aus dem Reformhaus (auserlesene Qualität, schonend gemahlen, lichtgeschützt verpackt). Wer eine entsprechende Mühle hat, kann die Mohnsamen selber mahlen bzw. quetschen.
 
Zutaten für die Glasur
50 g Halbbitterschokolade + 100 g Zartbitterschokolade Konfitüre (laut österreichischem Rezept: 150 g Kochschokolade + 100 g Butter).
 
Zubereitung
Vorbemerkung: Ich wunderte mich, dass die Mohntorte keinen Boden aus Teig hat. Aber das ist nicht nötig!
Vorbereitung: Backofen auf 170° C vorheizen, Tortenform mit Butter fetten und mit Mehl bestäuben.
 
Butter, Vollrohrzucker und die 6 Dotter mit einem Handmixer cremig rühren. Äpfel schälen und reiben, mit Zitronensaft beträufeln und Rum hinzufügen. Die Apfelmischung mit der Butter-Zucker-Dotter-Mischung verrühren.
 
Mohn und Zimt mit geriebenen Nüssen (ich verwendete Walnüsse) mischen und langsam in die obige Mischung einrieseln lassen, gut umrühren.
 
Eiweiss mit Vanillezucker und eine Prise Salz zu einem festen Schnee schlagen.
Eischnee behutsam unter die Masse heben.
 
Die Mohn-Apfel-Nussmasse in die Tortenform füllen und in den vorgeheizten Backofen ca. 40 Minuten backen (Ober- und Unterhitze). Bevor man den Kuchen herausnimmt, sollte man mit einer Nadel prüfen, ob er durchgebacken ist.
 
Nach Abkühlung wird der Kuchen mit der Johannisbeermarmelade bestrichen und die im Wasserbad geschmolzene dickflüssige Schokolade darauf verteilt. Dann kommt die Torte in den Kühlschrank. Mit oder ohne Schlagsahne servieren.
 
Danach folgt der Genusstest. Es ist immer gut, wenn der „Hobbybäcker“ zuerst probiert. Man kann ja nie wissen, ob der Kuchen schmeckt. Ich war sehr zufrieden. Auch habe ich keine Zutat vergessen; auch bin ich nicht eingeschlafen und war nicht berauscht, hatte aber das Gefühl, etwas Gesundes gebacken zu haben.
 
 
Internet
www.essen-und-trinken.de (hier gibt es Rezepte mit Mohn)
 
Hinweis auf weitere Blogs zum Thema Backen von Heinz Scholz
 
Hinweis auf weitere Blogs über Mohn
 
Hinweis auf weitere Blogs von Scholz Heinz
Auf Pilzpirsch: Essbare von giftigen Pilzen erkennen
Ein bärenstarkes Museum in Gersbach
Barfuss über die Alpen
Foto-Blog: Auf geht`s zur Hohen Möhr
Foto-Blog: Vom Kleinen Rhein zum Altrhein
Fotoblog über den Schönauer Philosophenweg
Rote Bete (Rande), eines der gesündesten Gemüse
Hermann-Löns-Grab im Wacholderhain
Lüneburger Heide: Salzsau und Heidschnucken
Kutschenmuseum in Wiechs ist ein Schmuckstück
Canna verleihen einen Hauch karibisches Flair
Artenreiche Streuobstwiesen stark gefährdet
Liebe zu den Kräutern in die Wiege gelegt
Eine Hütte mit Fleischsuppe im Namen
Rätsel um die Russenbänke in Präg gelöst