Textatelier
BLOG vom: 05.04.2016

Massliebchen wirkt auch gegen die Frühjahrsmüdigkeit

Autor: Heinz Scholz, Wissenschaftspublizist, Schopfheim D

 


Gänseblümchen (Bellis perennis)
 

Das Gänseblümchen (Bellis perennis), das auch liebevoll Massliebchen genannt wird, ist nicht nur schön anzusehen, es kommt auch als Heilpflanze und in der Küche zu Ehren. In diesem Blog können Sie etwas über Sagen, die Namensgebung und die Wirkungen lesen, ein Rezept gegen die Frühjahrsmüdigkeit  ausprobieren und eine Suppe mit Gänseblümchen  auf den Tisch bringen.

Da sich der Blütenkopf nach der Sonne dreht und sich bei Regen schliesst, wurden etliche Namen geboren. So kennen wir diese Bezeichnungen: Morgenblume, Regenblume, Sonnenblümchen. Die Bezeichnungen  Massliebchen, Massleben, Masslieben, Masslieblin wurden ab dem 14. Jahrhundert wahrscheinlich vom mittelniederländischen „Matelieve“ ins Deutsche entlehnt.
Weitere Bezeichnung sind Tausendschön, Himmelsblume, Geissblümchen, Gänseliese, Mondscheinblume, Morgenblume. Der Name Gänseblümchen kam wohl dadurch zustande, weil die Pflanze auf Arealen wächst, die früher gerne von Gänsen aufgesucht wurden.

Drei Gänseblümchen
In unserer Jugendzeit pflückten wir Gänseblümchen und Margeriten (die „grosse Schwester“ des Gänseblümchens). Wir nahmen die Blüten in die Hand, stellten die Frage: „Liebt sie  mich oder liebt sie mich nicht?“ Dabei wurde jedes Mal eine weisse Strahlenblüte ausgerissen. Die Spannung wuchs ins Unerträgliche, je weniger Blüten übrig waren. Hocherfreut waren die Mädchen oder Burschen, wenn das letzte Blatt verhiess „Sie liebt mich!“ Enttäuscht warfen diejenigen den kläglichen Rest von dannen, die erfuhren „Sie liebt mich nicht!“ Dann wurde eine neue Pflanze gesucht, und von neuem begann das Auszupfen.
Auch sollte dieser Brauch die Antwort geben auf die Frage: „Wen werde ich einmal heiraten?“ War es ein Edelmann, Bauer, Soldat oder Bettelmann? Heute suchen sich unsere Kinder und Enkelkinder natürlich ganz andere Berufe aus.
Die Blüten mit Stielen wurden miteinander verbunden und als Halskette getragen.

In der Bieler Gegend war ein anderer Brauch üblich. Die Kinder zupften die gelben Röhrenblüten des Gänseblümchens aus, warfen diese in die Luft und fingen sie mit dem Handrücken auf. Die Röhrenblüten, die darauf liegen blieben, wurden gezählt und man war überzeugt, so viele Kinder würde die Betreffende später bekommen.

Wie Wurzel des Gänseblümchens wurde früher um den Hals gehängt. Das Volk glaubte, das Glück würde einkehren und man würde Verstand bekommen.

Frank Hiepe erwähnte in seiner Serie „Achtung Pflanze“ Fakten zum Aberglauben. Wer die 3 ersten Gänseblümchen im Frühjahr isst, wird das restliche Jahr von Zahnschmerzen, Augenleiden und Fieber verschont.
Es wäre schon, wenn man an den folgenden Brauch glaubt: Wer am Johannistag mittags zwischen 12 und 13 Uhr ein Gänseblümchen pflückt und bei sich trägt, dem geht keine wichtige Arbeit schief.

 


Gänseblümchen (Bellis perennis)
 

Hilfreich nicht  nur bei Hauterkrankungen
Kräuterpfarrer Johannes Künzle (1857-1945) verordnete den Tee bei inneren Verletzungen, bei Brustfell- und Lungenentzündung, bei Ausschlägen und Durchfall.
Auflagen von frischen zerquetschten Massliebchenblättern und –blüten empfahl er bei Wunden, Ausschlägen, Krätze. „Gegen gichtische Schmerzen in den Füssen hilft eine Einlage von Massliebchenkraut.“

Heute verwendet man das Gänseblümchen nur noch vereinzelt für Heilzwecke. Die folgenden Anwendungen empfiehlt Frank Hiepe:

Anwendung innerlich: Die oberirdischen Teile der Pflanze als Tee bei Hauterkrankungen, Rheuma, Leberleiden. Beliebt ist auch eine Frühjahrskur zur Entschlackung und in Kombination mit anderen Heilpflanzen zur Verhinderung der Frühjahrsmüdigkeit.
Teebereitung: 1 bis 2 Teelöffel frisches oder getrocknetes Kraut mit 150 ml kochendem Wasser übergiessen, 10 Minuten ziehen lassen, abgiessen und täglich 1 bis 3 Tassen möglichst 6 Wochen lang trinken.

Anwendung äusserlich (Tee oder verdünnte Tinktur):  Auflagen zur Linderung von Schwellungen, Prellungen, Verstauchungen.

Tinkturzubereitung: Die ganze Pflanze einschliesslich der Wurzel in ein verschliessbares Gefäss geben, dann mit Weingeist übergiessen und im verschlossenen Glas 2 bis 6 Wochen lang ziehen lassen. Anschliessend abgiessen und in einer dunklen Flasche aufbewahren.

Homöopathie: Innerlich als D3-D6 bei Beschwerden der Haut, des Stützgewebes und Bewegungsapparates, äusserlich die Urtinktur bei Verletzungen des Bewegungsapparates.

Trifloris-Essenz (Trituration und Blütendynamik): Bruno Vonarburg bezeichnet das Gänseblümchen als wirkstoffaktivierte und dynamisierte Naturarznei (Trituration der Blüten).Vonarburg: „Unübertrefflich ist die Wirkung bei Prellungen, Quetschungen, Verrenkungen, Verstauchungen, Folgen von Stürzen und Schlägen, Beulen, Hämatomen, Muskelkater, verbunden mit Wund- und Zerschlagenheitsgefühl, sowie bleierner Müdigkeit und Lahmheit der Extremitäten.“ Vonarburg gibt noch weitere Indikationen an, so z.B. Ischias, Rheuma, Gicht.

In Vonarburgs Buch „Energetisierte Heilpflanzen“ wird die Kombination zweier Techniken vorgestellt. Es sind dies die Trituration oder Milchzuckerverreibung und die Blütenessenz, in welcher der feinstoffliche Anteil der Blüten eingefangen wird. „Zusammen ergeben sie eine Arznei, welche die organischen und psychischen Bereiche des Menschen gleichermassen zu erreichen vermag“, so der Autor.

Rezept gegen die Frühjahrsmüdigkeit
Frank Hiepe hat in der Serie „Achtung Pflanze“ der „Badischen Zeitung“ (www.badische-zeitung.de) in einem Video das folgende Rezept gegen die Frühjahrsmüdigkeit vorgestellt:

Zutaten: Brennnessel, Löwenzahnblätter, Giersch, Gänseblümchen, Milch, Banane, Orangensaft.
Zubereitung: Frische junge Brennnesselblätter, Löwenzahnblätter, Gierschblätter und Gänseblümchen mit einem Messer vorzerkleinern, dann in einen Mixer geben, die Blätter weiter zerkleinern, dann Milch, Orangensaft und Bananenschnitze hinzufügen und kurz mixen.

Gänseblümchensuppe
Rezept vom leider schon sehr früh verstorbenen Bernd Roser („Sonnhalde“, Bürchau).

Zutaten für 4 Personen: 1 Schalotte, 60 g Butter, 1 Esslöffel Mehl, 0,3 l Gemüsebrühe (am besten vom Spargel), 1/8 l Sahne, 10 Esslöffel Gänseblümchen, 1  Esslöffel Créme fraiche.

Zubereitung: 20  g Butter erhitzen, das Mehl darin anschwitzen und mit der gewürzten Brühe angiessen. Das Ganze 10 Minuten durchkochen und Sahne dazugeben.

Die frisch gepflückten Gänseblümchen (ohne Stiele) mit der fein gewürfelten Schalotte in Butter anschwenken und im Mixer pürieren. Das ausgekochte Süppchen dazugeben und alles zusammen mit Creme fraiche und 40 g kalten Butterwürfeln sämig aufmixen. Das Ganze in einem Topf mit etwas geschlagener Sahen kurz aufwallen lassen und in Tellern anrichten.

Mit Gänseblümchen sowie frischen Kräutern garnieren und sofort servieren. Als Einlage passen frischer Spargel oder angebratene Champignons.

Dasselbe Rezept kann auch für ein Löwenzahnsüppchen angewandt werden.

Hinweis für Fotofreunde: Die Nahaufnahmen vom Gänseblümchen machte ich mit meiner neuen Digitalkamera Panasonic Lumix DMC-TZ61 (mit Leica-Objektiv). Bei Nahaufnahmen sieht man die wunderbaren Details einer Blüte.


Internet
http://blogs.badische-zeitung.de/achtungpflanze/

Literatur
Hiepe, Frank: „Schon kleine Kinder kennen und lieben das Gänseblümchen“, „Achtung Pflanze“, „Badische Zeitung“ vom 07.10.2009.
Scholz, Heinz; Hiepe, Frank: „Arnika und Frauenwohl“, Ipa-Verlag,Vaihingen 2013.
Storl, Wolf-Dieter: „Heilkräuter und Zauberpflanzen zwischen Haustür und Gartentor“, AT-Verlag, Aarau 1996.
Vonarburg, Bruno: „Energetisierte Heilpflanzen“, AT-Verlag, Baden und München 2010.

Hinweis auf Heilpflanzen-Blogs von Heinz Scholz 
27.01.2016: Arzneipflanze 2016: Kümmel gegen das Rumoren im Darm
03.02.2015: Arzneipflanze 2015: Johanniskraut hilft bei Depressionen 
27.01.2015: Die Heilpflanze 2015: Die Zwiebel hilft gegen manches Übel  
13.09.2014: Neue EU-Direktive bringt die Lavendel-Anbauer in Aufruhr 
06.09.2014: Der Biblische Garten in Beuggen D ist eine Oase der Ruhe 
30.08.2014: Recherchen 15: Vertreibt Schwarzkümmelöl die Zecken? 
25.08.2014: Kein Streit dank Holunder, und die Liebe wird immer toller 
21.08.2014: Recherchen 14: Sind die rohen Holunderbeeren giftig? 
10.08.2014: Rätsel 2: Pfaffenröhrlein, Gummilieferant und ein Diuretikum 
01.08.2014: Rätsel 1: Gesucht wird ein Heiler, Dichter und Gelehrter 
30.07.2014: Bauerngarten-Tag: Von Mädchenaugen und Sinnsprüchen 
22.03.2014: Frühblüher: Ungleiche Schwestern und die Männerblume 
31.01.2014: Paradiesische Pflanzen: Judasbaum, Zahnbürstenbaum 
05.07.2013: Kräutertag im Glottertal: Schicken Sie Ihre Organe zur Kur 
20.04.2013: Zauberkräuter: „Bettseicher“, Schutz- und Wundermittel 
05.01.2013: Erkältung: Pflanzen und Hausmittel gegen Viren, Bakterien 
11.07.2012: Heilpflanzen in der Stadt 3: Nachtkerze fürs Wohlbefinden 
28.06.2012: Heilpflanzen in der Stadt 2: Wegwarte und Zichorienkaffee 
27.06.2012: Heilpflanzen in der Stadt 1: Königskerze bei Heiserkeit usw. 
20.04.2012: Wie wirksam ist der Frauenmantel bei Frauenkrankheiten? 
13.08.2011: Kräuterexkursion: Guter Heinrich und die Jungfer im Grünen 
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Hinweis auf einen „Glanzpunkte-Artikel“ 
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