Als Besitzer und Pfleger eines grossen Grundstückes (in Frankreich) hören wir immer wieder von Nachbarn, von Landwirten, dass diese das Mittel "Roundup" gegen Unkraut usw. einsetzen. Dabei wird gesagt, dass dies ökologisch unbedenklich sei. Ich möchte Sie höflich um eine Beurteilung bitten. Vielen Dank im Voraus!
Walter Fischer, CH-5406 Rütihof
Antwort: Roundup-Herbizide sind (nicht-selektive) Pflanzenabtötungsmittel, die vor nichts Halt machen, vor keiner Pflanze. Dadurch schädigen zumindest indirekt auch Kleinlebewesen, welche auf die abgetöteten Pflanzen angewiesen wären; aber es ist anzunehmen, dass diese von den Giften auch direkt betroffen werden. Diese Killerbrühen kamen Mitte der 70er-Jahre auf den Markt und sind leider noch immer nicht verboten.
Wenn diese Universalgifte aus dem C-Arsenal als "ökologisch unbedenklich" angepriesen werden, ist das Lug und Trug. Denn deren Sinn ist ja gerade ein ökologischer Eingriff, eine Störung ökologischer Abläufe. Und die Beurteilung der ökologischen "Unbedenklichkeit" darf nicht einfach mit eingeengtem Blick auf einen allfälligen direkten Schaden für den Menschen erfolgen. 1997 musste die Roundup-Herstellerin Monsanto nach fünfjährigem Seilziehen mit der Staatsanwaltschaft von New York die irreführende Werbung stoppen. Darin war behauptet worden, Roundup sei "biologisch abbaubar" und sogar "umweltfreundlich".
Moderne Totalherbizide (Breitbandherbizide) wie 'Liberty' (Glufosinat), das zu genetisch veränderten Sorten passt, und 'Roundup' (Glyphosat), diese weltweit am meisten verkauften Pflanzengifte, die sich besonders in den USA grösster Wertschätzung erfreuen, verschonen bei ihren Kahlschlagmethoden selbstverständlich auch die Kulturpflanzen nicht, so dass spezielle herbizidtolerante und manchmal eben transgene Sorten verwendet werden müssen wie die Roundup Ready Sojabohnen, Roundup Ready Mais, Baumwolle, Raps, Zuckerrüben bis zur Monsanto-Anti-Matsch-Tomate. Die Gefahr besteht, dass sie ihre Transgene an Wildpflanzen weitergeben. Der Rückgang der Biodiversität (der ökologischen Vielfalt), d.h. die Ausrottung von Wildpflanzen, interessiert beim ausgesprochen tiefen US-Bildungsniveau kaum; ecology ist dort wahrscheinlich ein weitgehend unbekannter Ausdruck. In Kalifornien gehören Roundup-Vergiftungen zu den häufigsten Krankheitsursachen von Landarbeitern. Das hartnäckige Gift und seine Abbauprodukte sind auch schon in Grundwässern nachgewiesen worden.
Solche Herbizide sind in Verbindung mit den dazu passenden Sorten ein gutes Mittel, die Landwirtschaft auch ausserhalb der USA via Anbauverträge unter Monsanto-Kontrolle zu bringen. Die Landwirte müssen jährlich neues Saatgut kaufen und Lizenzgebühren zahlen, da das Saatgut als "Leihgabe" betrachtet wird.
Es gibt unzählige Herbizidarten, die weltweit gedankenlos ausgebreitet werden, auch in der Schweiz. Sie gefährden insbesondere die Insektenwelt, inklusive Bienen, die Tiere im Wasser und das Grundwasser, eine ökologische Seuche. Die Gesetzgebungen sind viel zu tolerant. Die Eidgenössische Fachkommission für biologische Sicherheit EFBS hat schon in ihrem Jahresbericht 1997/98 gefordert, dass der Schutz der biologischen Vielfalt ohne Bezug zu Nutzungsinteressen begründbar und gesetzlich umzusetzen sei. Und die entsprechenden Vorschriften müssten endlich geändert werden. Aber noch immer hat die Natur das Nachsehen. Gedankenlosigkeit, Bequemlichkeit und wirtschaftliche Interessen gehen vor grundfalsche Prioritäten.
Um die Verirrungen allmählich zu beseitigen, müsste die ökologische Bildung der Menschen verbessert werden. Ende März 2001 gab der Rat der Schweizerischen Wissenschaftlichen Akademien einen Bericht heraus zum Thema: "Durch Bildung und Forschung die Zukunft gestalten". Darin steht, etwas holperig formuliert zwar: "Die Studierenden aus der Schweiz bekunden zunehmend Schwierigkeiten in den Bereichen von Sprachkenntnissen, natur- und sozialwissenschaftlichen Kenntnissen." Wir nähern uns amerikanischen Zuständen an.
Der Satzbau, der auf ein gewisses Legasthenikertalent hindeutet, geht noch an. Schlimmer ist die hier nachgewiesene Erkenntnis, dass das ökologische Wissen ebenso von Schwächeanfällen gezeichnet ist wie die Lesefähigkeit. Wer die Wechselwirkungen in der Natur einigermassen kennt, weiss, dass abwertend so genannte Unkräuter keine Un-Gewächse sind, sondern wildwachsende Pflanzen, die auf gewisse Eigenschaften des betreffenden Bodens und Standortes hinweisen, zum Beispiel auf Bodenverdichtungen (wie die Blacken), auf Überdüngungen (Löwenzahn), kaputtes Bodenleben (wenn nur noch Disteln wachsen) usf. Sie alle haben ihre Funktion im ökologischen Gefüge.
Die biologische Landwirtschaft lehrt, dass es ohne Agrochemie geht. Dort werden Pflanzen (inklusive das Bodenleben) nicht mit teuren Chemikalien umgebracht und das Grundwasser nicht in eine Giftbrühe verwandelt, sondern unerwünschtem die Nutzpflanzen konkurrenzierende Beikräuter werden im Idealfall durch ein handwerkliches Hacken entfernt. Das muss auch beim Ginsenganbau geschehen, weil die Wurzeln sonst unbrauchbar wären. Man kann die entwurzelten Pflanzen auch gleich auf dem Ackerboden liegen lassen (Flächenkompostierung). Dieses Hacken ist die schonendste und präziseste Methode der Beipflanzenregulierung, die von keiner Maschine erreicht werden kann.
Es war ein Schwachsinn erster Güte, einen grossen Teil der Handarbeit auf Bauernhöfen den Chemiegiften zu übertragen, dadurch irreversible Schäden an der Biosphäre anzurichten und durch diese Verirrung gleich auch noch Arbeitslose zu produzieren sowie die Sozialkosten zu erhöhen, alles im Interesse der Agrochemiegewinne. Genau wie man jetzt wieder kanalisierte Gewässer aus ihren Betongerinnen befreien muss, um Überschwemmungen abzufedern, so ist es auch zwingend, landwirtschaftliche Arbeiten den Menschen zurückzugeben. Die Arbeiten auf Bauernhöfen sind nicht minderwertig; Bewegung an der frischen Luft im Interesse einer sinnvollen Nahrungsproduktion bringt Befriedigung. Auch Altersheime müssten als Bauernhöfe ausgestaltet sein. Vielleicht würden die Lebensmittel dadurch etwas teurer (immerhin spart der Bauer Chemikalienkosten ein und bewahrt seine Unabhängigkeit); aber die Gesamtrechnung unter Einbezug der Krankheitskosten aus den vergifteten Nahrungsmitteln und Gewässern wäre zweifellos günstig.
Bei der gegenwärtigen Arbeitsmarktlage ist es ein Gebot der Stunde, arbeitslose Menschen jeden Alters zu ökologisch sinnvollen Arbeiten wie beispielsweise eben zum Hacken und Jäten herbeizuziehen und anständig zu entlöhnen, statt Arbeitslosengelder auszuzahlen und Millionen an einen US-Konzern zu senden, der immer mehr Landwirte unter seine Kontrolle bringt. Es geht um die Rückkehr zu den ehemaligen intelligenten Anbaumethoden, geboren aus dem Verständnis für ökologische (und soziale) Zusammenhänge, und es geht um differenzierte und möglichst umfassende Betrachtungsweisen.
Das dilettantische, verkürzte Gut-und-Böse-Schema, das auch die Weltpolitik vergiftet hat, ist draussen in der Natur ebenso fehl am Platze. Das nuancierte Denken dürfte nicht länger ausgeschaltet bleiben. Vielleicht muss man zufrieden sein, wenn es nur schon Menschen gibt, die wieder nachzudenken beginnen. Und genau dazu wollte dieser Ratgeber-Text anregen.
Walter Hess
Monsanto-Genweizen gebremst Monsanto hat laut "New York Times" Ende Juli 2002 die Aussage, den ersten gentechnisch veränderten Weizen ("Roundup Ready wheat") 2005 auf den Markt zu bringen, zurückgezogen, d.h. der Markteintritt wurde verschoben. Vermutlich ist das ein Ausdruck von fehlender Akzeptanz für dieses Gentechprodukt; denn sowohl europäische als auch japanische Weizenmühlen haben sich gegen einen Import der Ware entschieden. Auch einige US-Farmer befürchten mit Recht, dass sich der Genweizen mit herkömmlichen Weizen vermischen könnte. Bereits wenige Tage vorher hatte der Leiter eines grossen italienischen Weizenverarbeitungsbetriebes erklärt, dass "das Unternehmen sofort den Kauf von US- oder kanadischem Weizen stoppen wird, wenn er genetisch manipuliert ist". Andere genetisch veränderte Saaten wie Gen-Sojabohnen und Gen-Baumwolle sind bereits auf dem Markt. |
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