Schon einige Male habe ich gehört, es sei ein Salomonisches Urteil gefällt worden. Ist das ein besonders gescheites Urteil? Was bedeutet das Wort?
E.M., CH-3270 Aarberg
Antwort: Der biblische König Salomon hatte es (in 1. Könige 3, 16) mit 2 Huren zu tun, die nacheinander im gleichen Haus je einen Sohn geboren hatten, wovon einer während des Schlafs erdrückt wurde und starb. Beide Mütter wandten nun alle Tricks an; beide wollten die Mutter des überlebenden Kindes sein. Der König entschied den Streit auf seine weise Art. Er bestellte ein Schwert und sprach: "Teilt das lebendige Kind in 2 Teile und gebt dieser die Hälfte und jener die Hälfte."
Der Sinn dieses Halbierungsbefehls, der glücklicherweise nicht zur Ausführung kam, war die Beobachtung der Reaktionen der beiden Mütter; denn damit würden sie ihre wirklichen Beziehungen zum Kind entlarven. Die wirkliche Mutter, deren Herz für ihren Sohn in Liebe entbrannte, sagte: "Ach, mein Herr, gebt ihr das Kind lebendig und tötet es nicht". Da stand somit das Überleben des Kleinkindes im Vordergrund. Die falsche Mutter ihrerseits hatte da weniger Skrupel: Das Kind "sei weder mein noch dein; lasst es teilen." Der König wusste nun genau, welches die leibliche Mutter war und sprach es dieser zu.
Nach der "Duden"-Definition bedeutet salomonisch "einem Wesen entsprechend ausgewogen, Einsicht zeigend, klug, weise". Man spricht von einem "salomonischen Urteil" und einer "salomonischen Entscheidung". Das Adjektiv wird häufig falsch verwendet, indem man eine unklare Aussage, die so oder anders gedeutet werden kann, als salomonisch bezeichnet es sei denn, ein solches Verhalten sei in einer bestimmten Situation weise. Hingegen ist der Begriff dann zweckmässig, wenn in einem Streitfall eine Lösung gefunden worden ist, die alle Beteiligten zufrieden stellt.
Und so wünscht man sich denn auf dieser Erde mehr Salomonisches.
Wer war Salomo? Salomo (auch: Salomon) war um 965 bis 926 vor unserer Zeitrechnung König von Israel und Judäa. Dieser 3. und glanzvollste König Israels verstand es, das von seinem Vater David geschaffene israelitische Grossreich im Wesentlichen ohne kriegerische Auseinandersetzungen zu erhalten; er war also eine durch seine Weisheit hoch geachtete Persönlichkeit, wie sie das heutige Israel (und auch andere Länder) dringend benötigen würde. Friedliche Beziehungen zu den benachbarten Grossmächten (Syrien und Ägypten) sicherte sich Salomo durch Heirat und weitläufige Handelsbeziehungen. Nach der Legende sollen seine Schätze unermesslich gewesen sein[1]. Nach seinem Tod zerfiel dann das Königreich Davids. |
Kostproben aus der Sprüche-Sammlung
Allgemein bekannt sind die Sprüche Salomos, von denen ein grosser Teil Salomo zugeschrieben wird. Es handelt sich um eine Sammlung sprichwortartiger Sätze und Anweisungen für das tägliche Leben. Längere Ausführungen betreffen Themen wie Weisheit, Ehe und Ehebruch, Geduld, Fleiss u.a. Dabei werden Weisheit und Torheit, Gottesfürchtige und Gottlose, Gerechtigkeit und Sünde einander gegenübergestellt. Einige Beispiele aus der umfangreichen Sammlung:
"Die Furcht des Herrn ist der Anfang der Erkenntnis. Die Toren verachten Weisheit und Zucht."
"Mein Sohn, verwirf die Zucht des Herrn nicht und sei nicht ungeduldig, wenn er dich zurechtweist; denn wen der Herr liebt, den weist er zurecht und hat doch Wohlgefallen an ihm wie ein Vater am Sohn."
"Trachte nicht nach Bösem gegen deinen Nächsten, der arglos bei dir wohnt."
"Höret, meine Söhne, die Mahnung eures Vaters; merkt auf, dass ihr lernet und klug werdet!"
"Tu von dir die Falschheit des Mundes und sei kein Lästermaul."
"Trinke Wasser aus Deiner Zisterne und was quillt aus deinem Brunnen."
"Geh hin zur Ameise, du Fauler, sieh an ihr Tun und lerne von ihr."
"Ja, schlafe noch ein wenig, schlummre ein wenig, schlage die Hände ineinander ein wenig, dass du schlafest, so wird dich die Armut übereilen wie ein Räuber und der Mangel wie ein gewappneter Mann."
"Denn Weisheit ist besser als Perlen, und alles, was man wünschen mag, kann ihr nicht gleichen."
"Verlasset die Torheit, so werdet ihr leben, und geht auf dem Wege der Klugheit."
"Wo man arbeitet, da ist Gewinn; wo man aber nur mit Worten umgeht, da ist Mangel."
"Die Pläne werden zunichte, wo man nicht miteinander berät; wo aber viele Ratgeber sind, gelingen sie."
"Wer unrechtem Gewinn nachgeht, zerstört sein Haus, wer aber Bestechung hasst, der wird leben."
"Ein freundliches Antlitz erfreut das Herz; eine gute Botschaft labt das Gebein."
"Das Ohr, das da hört auf heilsame Weisung, wird unter den Weisen wohnen."
"Wer zugrunde gehen soll, der wird zuvor stolz; und Hochmut kommt vor dem Fall."
"Graue Haare sind eine Krone der Ehre; auf dem Weg der Gerechtigkeit wird sie gefunden."
"Besser einer Bärin zu begegnen, der die Jungen geraubt sind, als einem Toren in seiner Torheit."
"Ein Vernünftiger mässigt seine Rede, und ein verständiger Mann wird nicht hitzig."
"Auch ein Tor, wenn er schwiege, würde für weise gehalten und für verständig, wenn er den Mund hielte."
"Ein törichter Sohn ist seines Vaters Herzeleid, und ein zänkisches Weib wie ein ständig triefendes Dach."
"Besser in der Wüste wohnen als bei einem zänkischen und zornigen Weibe."
"Verrücke nicht die uralten Grenzen, die deine Väter gemacht haben."
"Wer sich vornimmt, Böses zu tun, den nennt man einen Erzbösewicht."
"Ein Wort, geredet zur rechten Zeit, ist wie goldene Äpfel auf silbernen Schalen."
"Antworte dem Toren nicht nach seiner Torheit, auf dass du ihm nicht gleich werdest."
"Rühme dich nicht des morgigen Tages; denn du weisst nicht, was der Tag bringt."
"Gebt starkes Getränk denen, die am Umkommen sind, und Wein den betrübten Seelen, dass sie trinken und ihres Elends vergessen und ihres Unglücks nicht mehr gedenken."
"Wem eine tüchtige Frau beschert ist, die ist viel edler als die köstlichsten Perlen."
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[1] Das kostbarste Kleinod, das Salomon besessen haben soll, war ein Siegelring, von dem man behauptete, er stamme aus dem Paradies: "Als Gott den ersten Menschen erschaffen wollte, liess er sich von einem Engel feinsten Staub aus den 7 Schichten der jungfräulichen Erde reichen, des Menschen Leib daraus zu bilden. Und als er sein Werk vollendet und ihm seinen lebendigen Odem eingehaucht hatte, da waren noch ein paar Staubkörner übrig geblieben. Daraus erwuchs ein Fels von Edelsteinen, der wunderbare Kräfte in sich barg. Nach dem Sündenfall Adams zersprang der Fels in 1000 Splitter, die wurden zerstreut im weiten Weltenraum. In alten Zeiten ward ein solcher Splitter gefunden und daraus Salomons Siegelring geschmiedet."
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