Basler Geiz
„Ein Lump, der seine Zinsen verzehrt!“ Diese Lebensregel wahrscheinlich vom Basler Jacob Burckhardt in die Welt gesetzt nahmen sich viele Basler zu Herzen. Kein Wunder, dass 1887 in Basel 111 Millionäre im Steuerregister aufgeführt waren.
Die Sparsamkeit der Basler wurde von einem Ausländer 1834 wie folgt beschrieben: „Die Herren kümmern sich sehr wenig um die Frauen; die Geschäfte füllen ihre ganze Zeit aus, und sie gehen ihnen mit solchem Eifer nach, dass es durchaus nichts Seltenes ist, einen mehrfachen Millionär inmitten der Angestellten vom Morgen bis zum Abend in seinem Kontor arbeiten zu sehen. Sie geniessen ihr Leben nicht. Ihr Genuss besteht darin, durch Sparsamkeit und Fleiss grosse Reichtümer anzuhäufen. Sie haben keinen andern Ehrgeiz als möglichst lange zu leben, um von Vater zu Sohn die riesigen Vermögen zu mehren und zu erhalten.“
Eine weitere Eigentümlichkeit der Basler: Sie lebten zurückgezogen, sie gestatteten Aussenstehenden keinen Einblick in ihre Angelegenheiten. Sie zeichneten sich durch ihre anonymen wohltätigen und gemeinnützigen Handlungen aus.
Der Geiz trieb seine krankhaften Blüten. Wie E. Forcart-Respinger berichtet, gab es Geizige, die sich ein Vermögen erarbeiteten, aber in ärmlichen Verhältnissen lebten. In einem der schönsten Häuser wohnten beispielsweise 3 Schwestern frierend um einen dürftig geheizten Ofen. Auf dem Ofen standen eine zerbeulte Kaffeekanne und ein zersprungener Milchtopf. In den Schränken glänzten dagegen die herrlichsten Silberschätze. Es ging sogar das Gerücht um, die Schwestern hätten nur ein einziges Gebiss besessen, das sie abwechselnd gebrauchten… Auf dem Markt schnorrten Sie Musterkartoffeln, Rüben zum Probieren und so manchen Krautkopf zusammen. Sie lebten asketisch, aber für eine Schenkung in Höhe von mehreren tausend Franken gaben sie bereitwillig Geld.
Als 2 Grossnichten ihre geizige Grosstante auf einem Landgut besuchten, erlebten sie eine Überraschung. Die kleine, hagere Frau mit schneeweissem Haar und stahlblauen Augen empfing die Mädchen und meinte: „So, ihr seid die Töchter von Wilhelm. Ja, da habt ihr einen weiten Weg gemacht, da wollt ihr wohl gleich wieder weiter. Diese Tür führt durch den Garten direkt hinaus.“ Ehe sie sich versahen, standen die beiden hungrig, durstig und grimmig bei ihren Rädern im Garten.
Heinz Scholz
Quelle: „Basel Stadt und Land Solothurn“ von Hans Wälti, Verlag H. R. Sauerländer & Co, Aarau 1951.
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