Persische Miniaturen
Bei der Knüpfarbeit wird gesungen. Aus dem Lied entsteht das Farbmuster: einmal rot, zweimal blau, dreimal braun; einmal rot, zweimal... Die Knüpfer zählen, erzählen von unzähligen Händen, die durch Teppiche gingen, bis die Finger starr und hart wurden.
In der Wallfahrtsmoschee von Meschhed kämpfen sich die Gläubigen zum Schrein vor. Gegen Trinkgeld bahnt der Wegbereiter eine Schneise durch die Menschentraube.
Der Stadtrundgang führt an Mauern in doppelter Mannshöhe vorbei. Der Richtspruch eines alten Armeniers: ‚Il ne faut pas s'extérioriser.' Dahinter sind die Oasen.
Jalousien sind fürwahr dafür da. ‚Persiennes' auch nennt sie der Franzose.
Blüte aus Saadis „Rosengarten“: Prahlte der reiche Waise auf der Grabstätte seines Vaters hockend: „Schau dir den Marmor an und die kunstvoll gemeisselte Inschrift. Das nimmt sich doch ganz anders aus als die gebrannten Ziegel auf dem Erdhügel deines Vaters. Lange schwieg der Derwischsohn und sagte endlich leise: „Bis sich dein Vater aus diesem Steinhaufen befreit hat, ist meiner längst im Himmel.“
Im Land der Katzen nähert sich nur die anerkannte Hauskatze dem Tisch der Herrschaft. Die anderen warten im Innenhof versteckt, bis Mahmoud abräumt. Dieser füttert sie alle, ausser der Hauskatze. Verglichen mit ihren Geschwistern ist sie eigentlich mager.
Als Mann vom Volk verkleidet mengte sich Schah Abbas der Grosse wieder einmal unter die Gäste eines Teehauses beim Basar. Der Lastenträger dachte gut von der Regierung und schlecht von Ali. „Schon wieder will er die Miete erhöhen und droht mir mit der Pfändung“, klagte er. „Bleiben mir zuletzt nur noch Weib und Kinder.“ Gott werde das schon einrenken, verlasse er sich darauf, tröstete ihn Schah Abbas. Anderntags stellte sich wirklich heraus, dass Ali Mietwucher betrieb. „So viele Kürbisse wie der Lastenträger auf einmal tragen kann, jährlich einmal zu entrichten“, verfügte Schah Abbas als Mietzins.
Emil Baschnonga
emil@art-deco-nouveau.com
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