Bioweine in Bestform
Ursprünglich haben Weinkenner von Bioweinen nicht viel gehalten, zu sehr waren sie mit den Ausprägungen der industrialisierten Weinbereitung verhaftet, die Eigenheiten der vergorenen Traubensäfte auszubügeln versteht und auch aus schlechten Jahrgängen Spitzenweine hervorzaubert. Inzwischen ist bei ihnen ein gewisser Respekt eingekehrt, der wohl mit der zunehmenden Wein-Nivellierung sowie mit einem Umdenken hin zum naturnah gewachsenen Produkt zusammenhängt. Peter Kropf vom Bioweinhaus Delinat in 9326 Horn brachte es auf den Tropfen: „Wer vom Terroir (Boden, Red.) spricht und gleichzeitig den Boden mit Fungiziden, Pestiziden und Herbiziden malträtiert, ist heute je länger je weniger glaubwürdig.“
Die ursprüngliche Verachtung von Bioweinen durch Weinkenner (oder solche, die sich dafür hielten) und -liebhaber gründete auf dem Umstand, dass diese Tropfen so urtümlich und ungehobelt daherkamen und sich in ihrer Komplettheit nicht scheuten, ein Depot mitzubringen, wie das früher allenthalben gang und gäbe gewesen war. Das verhalf zudem zum schönen Brauch des Dekantierens (Umgiessen in eine Karaffe, so dass die Flüssigkeit vom Bodensatz, Depot genannt, befreit ist).
Musste man unter diesen Voraussetzungen den Biowein oder aber die Kriterien für die degustative Beurteilung ändern? Wahrscheinlich müssen sich beide in einem vernünftigen Rahmen vervollkommnen. Dieser Gärprozess scheint im Gange zu sein. Jedenfalls ergab eine Blindprobe mit einer hochkarätig besetzten Jury in Zürich Ende 2003, dass biologisch angebaute Weine aus Südeuropa den Kultgewächsen aus denselben Regionen (Toskana, Rhône und Nordspanien) mindestens ebenbürtig sind; in 2 Fällen erwiesen sie sich sogar als überlegen. Die höchste Note (17 von 20 Punkten) erzielte der biologisch angebaute „Clos des Grives“ (Crozes-Hermitage der Domaine Combier).
„Hoch stehende Bioweine versprechen mehr als nur Weingenuss, denn sie sind immer auch ein Beitrag zu einem intakten Ökosystem Rebberg“, heisst es in einer von berechtigtem Stolz erfüllten Medieninformation aus dem Hause Delinat. Und zudem zeigte ein Preisvergleich, dass biologisch angebaute Spitzenweine in der Regel sogar weniger kosten; im übrigen Biobereich ist es sonst gerade umgekehrt.
Dadurch ist das Terrain für die Ausbreitung des ökologischen Gedankengutes im Weinbau rundum besser denn je bereitet. Das ist erfreulich, auch für wahre Weinfreunde: Denn was im Rebberg passiert, muss für sie ebenso wichtig sein wie die Tierhaltung für einen Fleischesser.
wh.
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