Von der Wiege bis zur Bahre: Formulare, Formulare...Wie kann ich das Ausfüllen von Formularen umgehen?
E. B.- Sch., CH-4410 Liestal
Antwort: Ihre Frage ist nicht nur auf höchstem Niveau, sondern auch von allgemeinem Interesse, weshalb sich eine verhältnismässig ausführliche Beantwortung geradezu aufdrängt.
Sie beziehen sich offensichtlich auf den Begleittext zum Textatelier-Angebot Formulare, worin das leidige Formularwesen mit den damit verbundenen Unlustgefühlen angetönt ist. Wahrscheinlich müssten die Textatelier-Autoren nicht einfach das Entwerfen und Formulieren von Formularen anbieten, der grössere Schlager wäre wohl das pfannenfertige Ausfüllen von solchen leidigen Fragebögen. Doch weil beim Formular-Ausfüllen in der Regel die grösste Mühe darauf verwendet wird, die gefragten Daten zusammenzukratzen (beispielsweise in Bezug auf Steuererklärungen in der Schweiz), oder aber bei individuellen Antworten ohnehin nur der Befragte antworten kann, lässt sich dieser Teil der Formularmisere kaum delegieren. Es gibt zwar Anbieter, die das Ausfüllen von Steuererklärungen übernehmen (vorläufig noch nicht beim Textatelier), aber wenn man die Daten schon anliefern muss, kann man sie ja auch gleich selber eintragen. Ich lasse mich gern vom Gegenteil überzeugen, falls ich mich irren sollte.
Mit diesen Ausführungen ist Ihre spezifische Frage noch nicht exakt genug beantwortet. Die naheliegende Lösung besteht darin, Formulare gleich nach deren Eintreffen wegzuwerfen, darauf nicht zu antworten. Punkt. Aber es kann ja Formulare geben, deren Sinn einleuchtet; doch auch in solchen Fällen kann man sich verweigern (nach dem Muster der sympathischen Fernseh-, Flug- oder Fleischverweigerer).
Auch Steuererklärungen kann man selbst in der wohlorganisierten Schweiz schlicht und einfach vergessen. Man erhält dann Mahnungen in Serie. Und wenn das Mahnen nichts gefruchtet hat, spielen die Steuerbehörden ihren für diesen Fall etablierten grausamen Trick aus, den ich noch von meiner seinerzeitigen Mitwirkung als Mitglied der Steuerkommission Biberstein im Aargau kenne: Sie schätzen das steuerbare Einkommen des Formularverweigerers selber ein. Und zwar wird die Einschätzung so hoch angesetzt, dass der Steuerzahler entweder zu viel bezahlen oder aber unter dem Druck der Verhältnisse mit seinen belegten Angaben herausrücken muss, eine traurige Sache.
Sie sehen also, Formularverweigerer haben zwar ein schönes, gemütliches Leben, aber hohe Lebenshaltungskosten... Die angemessene Lösung ist also, für Formulare, die wegen widriger Begleitumstände im eigenen Interesse ausgefüllt werden müssen, Lustgefühle zu entwickeln. Dass Sie, sehr geehrte Frau B., dazu durchaus fähig sind, haben Sie durch das perfekte und komplette Ausfüllen unseres Ratgeber-Formulars hervorragend bewiesen. Ich möchte es nicht unterlassen, Ihnen dazu meine herzlichen Glückwünsche zu übermitteln. Vielleicht ist es Ihnen soeben gelungen, die entsprechende Hemmschwelle ein für allemal zu überwinden.
Damit der Übergang vom Formular-Frust zur Formular-Lust gelingt, braucht es natürlich originell gestaltete Formulare. Sie sollten den Befragten nicht nur ausquetschen, sondern so beschaffen sein, dass das Ausfüllen zur bereichernden, unterhaltsamen Freizeitbeschäftigung wird. Die kreative Textatelier-Gruppe ist ohne weiteres in der Lage, Farbe, Anregungen, schlicht: neue Dimensionen in die Formulare zu bringen.
Es kann also nicht allein darum gehen, das Formularopfer nicht unnötig auszufragen, ihm also keine überflüssigen Fragen zu stellen, sondern ihm während des Ausfüllens etwas zu bieten, eine kleine Aufmunterung, etwas zur Erheiterung, vielleicht einen kleinen Tip von persönlichem Nutzen. Selbstverständlich werden wir uns hüten müssen, solche Aufgaben allzu gut zu lösen, ansonsten eine eigentliche Sucht im Formular-Ausfüllen entstehen könnte. Und das wäre dann auch wieder etwas übertrieben.
PS: Dass sich das Formular-Ausfüllen lohnen kann wissen Sie jetzt nach der Lektüre dieser Antwort.
Walter Hess
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