Missbrauch des Internet-Materials?
Sie haben im Internet Hunderte von ausgezeichneten Texten. Ist das nicht auch ein wenig unheimlich, da Sie ja nicht wissen können, wer diese Textatelier-Texte eventuell gebraucht oder missbraucht. Haben Sie gar keine Bedenken?
L. B, CH-4410 Liestal
Antwort
Ich bin vollkommen überzeugt davon, dass vieles von dem, was im Internet aufzutreiben ist, auf irgendeine Weise „missbraucht“ wird, wie Sie zutreffend schreiben. Diese Vermutung wird zum Beispiel dadurch bestärkt, dass wir auffallend viele Zugriffe von Universitäten auf unsere Textatelier-Webseite haben; wir sind offenbar eine begehrte Anlaufstelle für Studenten, die im Internet recherchieren und nach abweichenden Ansichten und Erkenntnissen fahnden. Zitieren mit genauer Quellenangabe ist immer erwünscht, der Copyright-Schutz besteht auf jeden Fall.
Werden ganze Texte oder auch grössere Passagen kopiert und unter einem fremden Namen publiziert, handelt es sich um Plagiate, um einen Diebstahl geistigen Eigentums also, der geahndet werden kann; schon Johann Wolfgang von Goethe hat sich über das Plagiatwesen empört. Zweifellos ist dieses „Abschreiben“ im Internet noch einfacher als bei der herkömmlichen Drucktechnik: Kopieren – Einfügen. Solche Diebstähle können zu Schadenersatzforderungen führen und rechtlich geahndet werden; es sind Verletzungen des Urheberrechts, die besonders bei literarischen Texten gravierend sind. Allerdings macht es das Internet (dank der ausgeklügelten Suchmaschinentechnik) auch einfach, Plagiate aufzuspüren.
Am Fusse unserer Webseiten findet sich der Vermerk: © 2002-2004 Textatelier.
© hin oder her: Es bleibt zu berücksichtigen, dass das Internet ein offenes Medium ist: Was man hineinstellt, wird genutzt, auf irgendeine Weise, auf beliebige Art. Was ist Gebrauch, was ist Missbrauch? Ich bin selber auch ein intensiver Internet-Nutzer, lese jede Menge Zeitungs- und Zeitschriftenartikel im Netz, habe mich schon von vielen Kochrezepten inspirieren lassen, die von talentierten Köchen und Hausfrauen elektronisch verbreitet worden sind. Und manchmal finde ich in Foren wesentlichere und nützlichere Informationen als in wissenschaftlichen Artikeln, die ebenfalls interpretationsbedürftig sind und keinen Anspruch auf die letzte, endgültige Wahrheit haben. Erfahrungen sind gleichwertig wie „wissenschaftliche“ Erkenntnisse, diesen manchmal überlegen.
Ich konnte noch nie so effizient und mit Tiefenschärfe recherchieren und benötigte Fakten finden wie dank dieses blitzartig funktionierenden Internets, in dem keine abklemmenden und manchmal arroganten, aufgeblasenen Redaktionen, die Sinn für Wesentliches vermissen lassen, den Informationsfluss auf dilettantische Weise zum Mainstream hin kanalisieren. Ich fühle mich verpflichtet, diesem Netzwerk auch eigene Leistungen zurückzugeben und anderen interessierten Menschen zu dienen.
Bei Recherchen ist gegenüber dem Herumstöbern in Bibliotheken, Archiven usf. die Zeitersparnis enorm, und Reisekosten zu Bibliotheken und Nutzungsgebühren entfallen weitgehend oder sind bescheiden. Man spürt ja selber, was Spreu und was Weizen ist - und manchmal hat auch die Spreu einen Nutzen. Jeder Netz-Nutzer ist auch sein eigener Redaktor. Das Internet ist nicht besser und nicht schlechter als die Menschen, die es gestalten; es ist ein Spiegel der Gesellschaft, aus der es hervorgegangen ist. In gewissem Sinne sind das alle Medien, immer bei gegenseitiger Beeinflussung.
Warum stellen Firmen, Medien, Privatpersonen usf. ihr Schaffen (teilweise) gratis ins Netz? Es geht um die Netzpräsenz , ums Wahrgenommenwerden . Bei einem Internetauftritt handelt es sich um einen elektronischen Prospekt, der weit mehr als ein handelsübliches Faltblatt bieten kann, wenn er gut gemacht ist. Man will und muss sich bemerkbar machen; doch der Nutzen ist in der Regel ein indirekter und steht im Umfeld anderer Massnahmen, die auf dasselbe Ziel ausgerichtet sind. Die Tageszeitungen wetteifern um die Beachtung ihrer Internetauftritte und vermelden Zunahmen in der Nutzung mit gleichem Stolz wie Auflagesteigerungen; die Schweizer Zeitungen registrierten 2003 durchschnittlich 10% mehr Nutzer als im Jahr zuvor, wie die Wemf-Internetstudie ergeben hat [1]. Mit der Netzpräsenz sind zwar auch Geschäfte verbunden: Werbung fürs eigene Unternehmen und bezahlte Werbung im Auftrag; zum Teil werden publizierte Artikel hier ebenfalls verkauft. Doch im Wesentlichen geht es darum, in diesem noch immer jungen, neuen Medium dabei zu sein. Viele Unternehmen lassen sich den Internetauftritt Millionen kosten, mag kommen, was kommen mag.
Beflügeln Netzauftritte die Geschäfte? Die meisten Aufträge kommen bei kleineren Unternehmen durch Weiterempfehlung von zufriedenen Kunden und bestehende persönliche Kontakte zustande. Wenn jemand aufs Textatelier.com aufmerksam gemacht wird, kann er im Internet nachsehen, was das ist und sich sein Urteil bilden, da ein massgeschneidertes virtuelles Erscheinungsbild auf den Charakter (inklusive Denkweise, Bildungsstand und Sorgfalt) schliessen lässt. Unser starker, engagierter Auftritt im Netz bringt uns zunehmend Beachtung. Das kann verschiedene Auswirkungen haben. Wenn ein Name (als Marke, die auch ein Autorenname sein kann) häufig auftaucht, wird sich das auf den Absatz allmählich stimulierend auswirken. Im Umfeld des geschriebenen Wortes bedeutet das: Man liest etwas, ist begeistert, möchte mehr lesen, spricht unter Bekannten davon, empfiehlt die Institution weiter . Das sind alles Vorgänge, die man schwer belegen kann; doch man weiss aus eigener Erfahrung, dass das auch in anderen Branchen genau so abläuft.
Das Textatelier ist seit Mitte 2002 im Netz, und wir versuchen ständig, unseren Auftritt zu verbessern, gehaltvoller und technisch perfekter zu machen, ein permanenter Lern- und Entwicklungsprozess. Eine neue, modernisierte, unter dem Leitmotiv der Ganzheitlichkeit sorgfältig durchgeplante und mit Hilfe von Rolf Walter grafisch gestaltete Textatelier-Homepage ist seit Mitte 2004 im Netz aufgeschaltet. Unser von Urs Walter konzeptionell und technisch gestalteter Internetauftritt ist an der Spitze der Technik, auf der Höhe der Zeit, ein Aushängeschild für die Leistungsfähigkeit der Textatelier-Fachkräfte auch in diesem Bereich.
Wir werden in allen Sparten unseres Wirkens an der Spitze bleiben und auf der Basis des Bewährten sowie einer soliden Arbeitsweise in mancherlei Beziehung dieser Zeit in selbst bestimmten Richtungen vorauseilen. Dies geschieht im Wissen, dass das Fundament als solches wesentlicher als alle Erneuerungen ist. Erneuerungen auf der Grundlage von Erfahrungen, wie das in der heuristischen Methode üblich ist, sind nur angezeigt und akzeptabel, wenn sie das Bewährte eindeutig zu verbessern vermögen. Sonst lässt man sie besser bleiben. Erst wenn eine Zukunft Herkunft hat, wird sie besser.
Walter Hess
[1] Die beliebteste Website der Pressetitel war 2003 blick.ch (340 000 regelmässige Nutzer), gefolgt von 20minuten.ch (212 000) und nzz.ch (200 000). tagesanzeiger.ch lag mit 163 000 Nutzern auf dem 4. Platz.
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