Textatelier
BLOG vom: 29.09.2005

Bürgenstock: Bekam hier James Bond das grosse Zittern?

Autor: Heinz Scholz, Wissenschaftspublizist, Schopfheim D

„Trotz erstklassiger Hotels, trotz Drahtseilbahn, Golfplatz und Schwimmbad behält der Bürgenstock den Charakter von etwas ganz Eigenartigem. Dieser Berg, der wie der schwarze struppige Rücken eines Ungeheuers aus der Fläche des Sees aufsteigt, wird immer das Staunen der Reisenden erwecken.“ So beschrieb André Beerli den auffälligen Berg unweit von Luzern in seinem Buch „Unbekannte Schweiz – Zentralschweiz“ im Jahr 1973.

Auch ich wollte einmal den „struppigen Rücken“ erkunden. Am 23. September 2005 war es so weit. Bei sehr schönem Wetter fuhren wir – mit den Wanderfreunden Günter und Toni – an Luzern vorbei nach Ennetbürgen. Hier waren 1315 die tapferen Frauen der Gemeinde im Einsatz gewesen. Da ihre Männer nach Morgarten abkommandiert waren, wehrten sie den Angriff eines österreichischen Trupps gleich selber ab. Wir verliessen den Ort der mutigen Frauen und fuhren bergwärts und suchten einen Parkplatz.

Wir starteten unsere Wanderung in der Nähe des grossen Parkplatzes beim Restaurant Trogen und wanderten über die Honegg in Richtung Mattgrat. Von dort ging es über Hammetschwand (1128 m ü. M.) zur Hotelanlage Bürgenstock.

Während einer Rast auf einer Bank mit der Inschrift „Unserem lieben Wanderweg-Chef Toni Odermatt, Weihnachten 1978“ kam eine Schulklasse vorbei. Die Mädchen stöhnten und ächzten. Ich fragte sie, ob ihnen die Wanderung denn Freude bereite. Ein vielstimmiges „Nein!“ schallte an unsere Ohrmuscheln. Ich dachte mir, die wären wohl lieber an ihren Computern gesessen oder hätten ganz was anderes gemacht.

Später holten wir die Mädchen, die etwa 12 Jahre alt waren, wieder an einem schönen Aussichtspunkt ein. Ein Lehrer, der vorher bemerkt hatte, dass wir nicht aus der Schweiz kamen, forderte sie auf: „Erklärt den Männern doch einmal die Berge.“ Kaum gesagt, verschwand der Lehrer und gesellte sich zu einer anderen Gruppe. Die Mädchen wurden neugierig und wollten wissen, woher wir kommen. Toni entgegnete: „Aus dem grossen Kanton.“ Ungläubiges Staunen, dann wurden sie aufgeklärt. Der grosse Kanton ist nichts anderes als Deutschland. Die sehr freundlichen Heranwachsenden konnten uns nur die Rigi mit Namen nennen, die wir auch von einer früheren Wanderung her kannten. Die anderen Berge waren den Mädchen unbekannt.

Leider war der Felsenweg durch einen Felssturz als Folge des Sturms „Lothar“ seit dem Jahr 2001 gesperrt. Felsstürze hatte es schon 1972 und 1999 gegeben. Dieser Weg wird jetzt mit einem Aufwand von 2,1 Millionen CHF saniert. Zur Sanierung gehören ein neuer Tunnel, neue Galerien, Kopfschutzmassnahmen durch Teilausbruch auf einer Länge von 150 Metern, ein 150 Meter langes und 4 Meter hohes Steinschlagschutznetz, eine intensive Felsräumung und Überwachungsmassnahmen beim Felskopf. Der Felsenweg wird voraussichtlich im Juni 2006 eröffnet, wie uns die Wirtin des Berggasthofs Hammetschwand bekannt gab.

Die ganze Sanierung wird mit Spendengeldern realisiert. Gönner, die 10 000 CHF und mehr spenden, bekommen einen Eintrag auf der Ehrentafel, Gönner ab 1000 CHF werden auf der Gönnertafel aufgeführt (Kontakt: Guerino.Riva@StadtLuzern.ch).

Der Felsenweg von der anderen Seite, also von der Hotelanlage zum Hammetschwandlift, ist begehbar! Der französische Aussenminister Louis Barthou (1862–1934) bezeichnete den Weg als „die schönste Höhenpromenade der Welt“.

Höhepunkte unserer Wanderung waren die Aussichtsterrasse am Berggasthof Hammetschwand (1114 m ü. M.) und der 100 Jahre alte Hammetschwandlift. Von der Terrasse und von der Brücke zum Lift hatten wir einen unglaublich schönen Blick auf den Pilatus, auf den Vierwaldstättersee, auf Weggis und Luzern. Für mich war dies der schönste Ausblick, den ich je hatte. Das Panorama war überwältigend.

Der Lift, der vom Felsenweg 152 Meter senkrecht in die Höhe saust, ist der schnellste Aufzug Europas. Er bewegt sich mit einer Geschwindigkeit von 3,5 Meter in der Sekunde.

Nach der Eröffnung schrieb eine begeisterte „Schweizer Familie“ am 26. August 1905: „Der herrliche Vierwaldstättersee bietet seit kurzem eine neue Sehenswürdigkeit. Eine neue, kühne Erfindung befördert die Besucher unserer schönsten Landesgegend mühelos und absolut sicher auf einen prächtigen Punkt, von dem sie die Wunder unvergesslicher Schönheit geniessen können, es ist dies der elektrisch betriebene Fahrstuhl auf den Bürgenstock ... Man hat das Gefühl, frei in der Luft zu schweben. Unten, in unendlicher Tiefe, liegt der vielbuchtige See ausgebreitet da, in saftigem Grün die prangenden Ufergelände, Staffeln und Höhen voll Urwüchsigkeit und Pracht.“

Mit diesem Lift fuhr übrigens auch Sean Connery, alias James Bond 007, in die Höhe. In diesem Lift soll der „Unerschrockene“ das „Muffensausen“ bekommen haben. An der Decke eines Durchgangs der Hotelanlage Bürgenstock sind viele Sprüche angebracht. Eine davon lautete: „007 ohne Nerven: James Bond zitterte im Hammenschwandlift.“ Dann folgten weitere „Schlagzeilen“: „Millionen-Coup: Dreiste Räuber – tolle Polizei“, „Schürzenjäger Simenon sucht Erholung beim Birchermüesli“. Ob es sich um wahre Schlagzeilen aus Zeitungen handelte, konnte ich nicht erfahren. Neugierig, wie ich bin, wollte ich von einem Schweizer wissen, warum die Sprüche dort angebracht wurden. Er meinte, es handle sich um einen Werbegag bei der Eröffnung (ich vermute, es wurden tatsächliche Ereignisse schlagzeilenträchtig verarbeitet).

Ronald Joho-Schuhmacher von „akomag“ Kommunikation & Medienmanagement AG in Stans (rjoho@akomag.ch), der mit der genannten Agentur für das Projekt Felsenweg wie auch das Jubiläum Hammetschwandlift kommunikativ verantwortlich zeichnet, teilte mir per E-Mail am 26. September 2005 mit, dass die „schlagzeilenträchtigen“ Zitate tatsächlich eine Werbeaktion des Hotels vor etwa 10 Jahren war.

Abschliessend flanierten wir in der Hotelanlage Bürgenstock und bewunderten die schön angelegten Gärten und die prachtvollen 5-Sterne-Hotels. „Der Bürgenstock steht aber auch für Pioniertaten, für Mut, Entschlossenheit und Unternehmertum. Er steht für Tourismus und Hotellerie – und damit für einen der wichtigsten Wirtschaftszweige der Region“; las ich in einer Beschreibung über den „Mythos Bürgenstock“ im Internet (http://www.felsenweg.ch/geschichte-01.html).

Berühmte Persönlichkeiten aus Politik, Kultur und Wirtschaft waren und sind hier zu Gast. Hier einige Persönlichkeiten aus der Gästeliste: Konrad Adenauer, der 1. Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland, Charlie Chaplin, Georges Simenon, Jimmy Carter, Kofi Annan, Golda Meir, Henry Kissinger, Shirley MacLaine, Wernher von Braun, Yul Brynner, Audrey Hepburn, Sophia Loren und der bereits erwähnte Sean Connery.

Nach einer Vesperpause verliessen wir diesen geschichtsträchtigen Ort und wanderten zu unserem Parkplatz zurück. Wir vereinbarten, dass wir nach der Wiedereröffnung des Felsenweges wiederkommen werden, um auf der „schönsten Höhenpromenade der Welt“ zu wandeln.

Informationen

Bürgenstockbahn & Hammetschwandlift

CH-6363 Bürgenstock

information@buergenstock-bahn.ch 

www.buergenstock-bahn.ch

im Betrieb: jeweils April bis Oktober

Bürgenstock Hotels & Ressort

CH-6363 Bürgenstock

information@buergenstock-hotels.ch 

www.buergenstock-hotels.ch

 

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15.05.2005: Bözberg Linn: Bei Linden, Eichen und Pimpernuss

08.05.2005: Wege und Übergänge. Um Freunde zu finden

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