Textatelier
BLOG vom: 25.01.2006

Warum will denn der Gentechkonzern Amgen ins Grüne?

Autor: Walter Hess
 
Galmiz im Schweizer Kanton Freiburg hat Glück gehabt: Der weltweit grösste Gentechkonzern („Biotechkonzern“) Amgen lässt sich in Irland nieder. Jetzt herrscht in der Schweiz ein grosses Wehklagen über Arbeitsplätze, die nun nicht eingerichtet werden. Aber welche Gefahren sind wohl an uns vorbeigegangen? Man weiss nichts Genaueres.
 
Mir ist nur eines aufgefallen: Das US-Unternehmen Amgen wollte in der Schweiz im „Grossen Moos“, dem umfangreichsten Landwirtschaftsgebiet bauen, also draussen im freien Feld auf moorigem Untergrund, obschon schweizweit noch etwa 17 Millionen Quadratmeter nutzbares und vollständig erschlossenes Industrieland zur Verfügung stehen – auch zahllose Industriebrachen sind vorhanden. Wenn hier Traxe auffahren und Platz für neue und hoffentlich architektonisch ansprechende Industriebauten schaffen würden, wäre das ein ästhetischer Gewinn. Im Grossen Moos (Untergrund aus Torf, Seekreide) am Murtensee hätte im bautechnisch schlechten, weichen Baugrund noch die gesamte Infrastruktur versenkt werden müssen.
 
Somit bestand also aus Platzgründen überhaupt keinerlei Zwang, die Raumplanung, die noch einen gewissen Umwelt- und Landschaftsschutz gewährleisten sollte, auszuhebeln. Dennoch zeigten sich die Behörden äusserst servil und wandelten 55 Hektaren Landwirtschaftsland planerisch voreilig in Industrieland ohne Anbindung an eine Bauzone um.
 
Aber die Amgen-Frage ist für uns jetzt glücklicherweise vom Tisch. Der riesige Gentech-Konzern Amgen baut das neue Werk für rund 1000 Mitarbeiter definitiv im irischen Cork, wo ein industriefreundliches Klima herrscht und die Entscheidungswege kurz und problemlos sind. Klartext: Industrie ist wichtiger als Umweltschutz; sie hat das Sagen. Und das ergibt dann zusammen mit einem niedrigen Steuerfuss (einheitlich 12,5 % für Unternehmen) die irische Wirtschaftserfolgsgeschichte. Ob sie auch eine Erfolgsgeschichte mit Bezug auf die Lebensqualität ist, bleibe dahingestellt.
 
Als ich auf dem Fernsehschirm (SF DRS) das vorgesehene Cork-Gelände abgebildet sah, hatte ich zuerst das Gefühl, das könnte im Grossen Moos sein: Eine verbuschende stillgelegte Bahnlinie, ein offenes Feld, eine Baumgruppe im Hintergrund.
 
In Cork gibt es bereits grosse Industrieareale, die auch mit Pharmaunternehmen bestückt sind. Doch wiederum wird offenbar nicht die Nähe zu bestehenden Fabriken oder anderen überbauten Gebieten gesucht, sondern das freie Feld. Wieso das? Ich erlaube mir einfach, diese Frage zu stellen.
 
Ist dies eine Vorsichtsmassnahme wegen noch unbekannter Gentech-Risiken? Eine Umweltverträglichkeitsprüfung gab es für das Chemiefabrik-Projekt in der Schweiz nicht. Und Amgen gab anfänglich nicht einmal ihren Namen preis, obschon die Firma den Europa-Hauptsitz in der Schweiz (im Steuerparadies Zug) hat. Das Projekt lief unter dem Decknamen „Redwood“.
 
Die Schweiz will nun „vom Galmiz-Fiasko lernen“. Ich kann mir vorstellen, wie diese Lehre ausfallen wird: Noch tiefere Kniefälle vor der Industrie, noch mehr Ausverkauf des Landes zu Schleuderpreisen.
 
Ich selber aber freue mich darüber, dass man weiterhin Bio-Gemüse aus dem Raum Galmiz essen kann. Und ich hoffe, dass sich die dortigen Bauern in Zukunft stärker für ihr Land einsetzen werden.
 
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