BLOG vom: 16.02.2006
Vom „asymmetrischen Krieg“ zurück zum Stellungskrieg
Autor: Emil Baschnonga
Zuerst dachte ich mir, die Bezeichnung „asymmetrischer Krieg” deute auf einen weiteren Euphemismus hin (siehe Blog vom 8. 2. 2006: „0-Toleranz – oder: Kampf den gemeinen Euphemismen!“). Als friedfertiger Mensch kenne ich mich in der Kriegssprache nicht aus.
David gegen Goliath, Palästina gegen Israel; Vietnam, Afghanistan und Irak gegen die „Koalition der Willigen“ veranschaulichen, wie die Widerstandskämpfer zum Terrorismus aus dem Hinterhalt getrieben werden.
David hatte bloss eine Steinschleuder. Umzingelt von den militärisch hochgerüsteten Befreiungsmächten, die darauf aus sind, die Herzen mit Bomben zu gewinnen, halten ihnen Terroristen unüberwindbar stand. Sie kennen ihr Land weitaus besser als die jungen Soldaten aus dem Westen und nutzen jeden Schlupfwinkel, um den Feind zu treffen. Sie tragen keine Uniformen und verlieren sich unter der zivilen Bevölkerung.
Wie britische Soldaten in Bagdad einige jugendliche Demonstranten aufgriffen und hinter einer Mauer verprügelten, nein: brutal zusammenschlugen, wurde auf Bildschirmen weltweit gezeigt. Der Video-Kameramann verhöhnte diese Jugendlichen, die zuvor auf der Strasse vorwiegend ohne Schleuder Steine auf die Soldaten geworfen hatten. Dieser nachweisbare Vorfall hat den Aufständischen einen Triumph in die Hand gespielt.
Spät am Samstagabend, 11. Februar 2006, hatte ich dieses Video in den Fernseh-Nachrichten gesehen. Ich dachte: „Schon wieder“ – und wurde mir erst anderntags beim Lesen der Zeitung bewusst, dass dieser brutale Akt schon vor 2 Jahren geschehen war.
Im Gegenzug muss die Frage gestellt werden: Gehen Muslim-Fanatiker anders vor? Dies beschwört eine weitere Frage herauf: Trifft die Schuld an solchen Grausamkeiten die Krieg-Anzettler und Zerstörer stärker als die Widerstandskämpfer? Wie immer geantwortet wird, ist damit kein einziger Schritt zum Frieden gewonnen. Vorderhand scheint es auf beiden Seiten keinen Durchschlupf für die Vernunft zu geben. Nur die Tatsache, dass solche Übeltaten früher oder später an die Weltöffentlichkeit gelangen, lässt wenigstens ein Gran Hoffnung aufflackern.
Die Taliban-Partisanen stärkten Al Kaida und verhalfen dieser Organisation zur weltumspannenden Macht, wogegen der Westen wenig ausrichten kann. Ihre Waffe ist der Dschihad.
Somit ist aus dem ungleichgewichtigen „asymmetrischen Krieg“ wiederum ein Stellungskrieg zwischen krass entgegengesetzten Weltanschauungen geworden.
Es gab Zeiten, als Christen, Mohammedaner und Juden friedlich nebeneinander, wenn nicht miteinander auskamen. Diese Religionen sind geschichtlich tief ineinander verflochten.
Der arabische Nachrichtensender „Al-Dschasira“ (Al Jazeera) wurde bis vor kurzem als Sprachrohr von „Al-Kaida“ und Osama Bin Laden angegriffen und in Kabul und Bagdad von den Amerikanern bombardiert. Der amerikanische Verteidigungsminister Donald Rumsfeld bezeichnete im Jahr 2004 diesen Sender als „vicious, inaccurate and inexcusable" (bösartig, falsch und unentschuldbar).
Heute unterhält „Al-Dschasira“ eine offizielle Präsenz sogar in Israel und wird demnächst Nachrichten auf Englisch ausstrahlen. Gegenwärtig sendet „Al-Dschasira“ auf Arabisch, Urdu (Amtssprache in Pakistan), Französisch, Spanisch und Türkisch, und er soll ein Publikum von über 150 Millionen erreichen. Der Sender beschäftigt etwa 250 Journalisten aus 30 Ländern. Bewusst meidet „Al-Dschasira“ Politiker, Diplomaten und Analysten, was die Aussagekraft dieses Senders erhöht.
Der Westen ist auf diesen Sender angewiesen, um an zuverlässigere Nachrichten zu kommen; die willigen Tatsachenverdreher sind allmählich entlarvt. Ob daraus eine Brücke zur besseren Verständigung wird, bleibt abzuwarten.
Hinweis auf ein weiteres Blog zu Al Dschasira
13. 02. 2005: „Journalisten-Freiwild im Irak und die CNN“
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