BLOG vom: 12.04.2006
Paulo und Francesca: Auktionsfieber einst, eBay heute
Autor: Emil Baschnonga
Kaum habe ich mich am 9. April 2006 übers Spielfieber ausgelassen, stelle ich fest, dass auch ich ein Spieler bin. Unterwegs in der Zürcher Altstadt bewunderte ich vor Jahren im Vorübergehen immer wieder in der Auslage eines Antiquitätengeschäfts ein anmutig geschnitztes Paar aus Elfenbein. Auf hohem, schwarzem Sockel standen „Paulo und Francesca“ (aus Dante Alighieris „Inferno“), in ewiger Umarmung vereint, ihre Leiber vom Schwert durchbohrt. Für einen Jungverheirateten wie mich war der Verkaufspreis von 1300 Franken damals unerschwinglich hoch angesetzt.
Der liebe Zufall aber sprang mir bei. Eines Tages zeigte ich in der Galerie Koller ein altes Ölbild von der „bussfertigen Magdalena”. „Kopie eines Werks aus der italienischen Renaissance“, fertigte mich der Experte hochnäsig ab. Da entdeckte ich unverhofft in einer Vitrine ausgerechnet mein Liebespaar „Paulo und Francesca“, und ich erfuhr, dass dieses Paar demnächst ohne Reserve versteigert werde.
An einem sonnigen Nachmittag im Jahr 1969 verliess ich heimlich das Büro und suchte die Auktion auf. Allerlei Elfenbeinplastiken lagen auf. Ein alter Mann ging bei jedem Ausruf im Mittelgang auf das Objekt zu. Das bedeute, wie mir bald aufging, dass er mitbot. Drehte er sich um, stieg er aus. Mein Herz pochte, als „Paulo und Francesca“ an die Reihe kamen. Würde sich der Alte wiederum vom Stuhl erheben?
Nein, er blieb diesmal sitzen! So gewann ich das Paar für 300 Franken. Ich konnte eine Mitarbeiterin der Galerie dafür gewinnen, dass sie mir „Paulo und Francesca“ gegen Barbezahlung sofort aushändigte, damit ich den „Zug nicht verpasse“. Das war ungewöhnlich, denn die Auktion war noch im vollen Gang. Ich kehrte wieder in mein Büro zurück, ohne dass mein Fernbleiben bemerkt worden war.
Bis auf den heutigen Tag hat die Elfenbeinplastik ihren Ehrenplatz in der guten Stube – übrigens das alte Ölbild auch. Jahre später las ich im „Berenson“ („The Italian Painters of the Renaissance“) nach, und war froh, dass ich das Bild, eine gute Kopie, um 1750, nicht verkauft hatte. Seither habe ich etwas gegen die so genannten Experten, die sich überall breit machen und wichtig tun, besonders in den Auktionshäusern.
Wenn ich zum Zahnarzt gehen muss, suche ich nach der Behandlung gern gleich um die Ecke in South Kensington das Auktionshaus Sotheby’s auf. Ich lerne dabei immer etwas und staune immer wieder über die schandbar hohen Preisvorstellungen. Hin und wieder verkaufe ich dort etwas, woran ich nicht besonders hänge, einfach, um etwas Reserve für neue und hoffentlich bessere Käufe in der Tasche zu haben, wohlgemerkt nicht auf Auktionen.
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Nach diesem Vorspiel wende ich mich nun dem eBay zu. Es kostete mir leidlich viel Zeit und Mühe, um dieses Online-System halbwegs zu meistern. Zuerst musste ich lernen, mit der Digitalkamera umzugehen. Ohne gutes Foto kommt man dort nicht aus. Nachher musste ich zuerst das PC-Programm „iPhoto Plus 4“ erlernen, ehe ich das Foto zuschneiden konnte. Für gute Aufnahmen sind 5000 Pixel notwendig.
Wichtiger noch als das Bild ist ein zugkräftiger Titel mitsamt klarem Begleittext. Im letzteren vermeide ich den oft gepflegten Schreistil in der Anpreisung, denn es geht bei mir meistens um Druckgrafik, illustrierte Bücher oder Objets d’Art aus meinem „Hort der Vergessenheit“, wiederum um etwas Geld zu haben, um gewisse Lücken in meiner Sammlung zu stopfen.
Potenzielle Käufer in dieser Gattung erwarten meistens eine seriöse Beschreibung, inbegriffen Hinweise auf altersbedingte und andere Schäden. Beim Titel ist es wichtig, die geeigneten Kennwörter einzugeben, etwa den Namen des Graphikers oder Buchillustrators wie zum Beispiel „Christian Bérard“, und worum es geht – in diesem Fall: „A rare set of original gouaches“. Im Begleittext zur Foto nützt es, das Leben und Werk des Künstlers kurz zu würdigen (sofern er bekannt ist). Knappe und präzise Angaben über das Verkaufsobjekt werden von potenziellen Käufern immer geschätzt, worunter das Entstehungsdatum (selbst ungefähr) oder die Epoche (etwa Art Déco), Dimensionen, Zustand usf.
Natürlich ist jedermann, auch ich, auf ein Häppchen aus. Schnippchen schlagen uns jedoch jene, die sich in der Materie auskennen. Manchmal wird etwas übersehen, einfach weil zum Beispiel eine Lithographie in eine falsche Kategorie eingewiesen oder falsch bezeichnet wurde. Um als Verkäufer solche Fehler zu vermeiden, muss, wie gesagt, der Titel stimmen und sitzen.
Viele Verkäufer wollen mit einem billigen Einstiegspreis die Kauflust anfachen. In England stelle ich fest, dass viele unter ihnen einen Niedrigstpreis von £ 0,99 einsetzen. Ich selbst ziehe vernünftige Preisangaben vor, denn Verlustgeschäfte sind deprimierend.
Es stimmt, im eBay kann man einfach alles loswerden. Jemand kaufte meinen alten Rasenmäher einfach für die Ersatzteile, und holte sogar das schwere, ausgediente Ungetüm persönlich ab.
Bemerkenswert auch: Die Anzeige geht in alle Welt. Aber öfters kommt es vor, dass der „Gewinner“ ganz in der Nähe wohnt und seinen Kauf gegen Barzahlung abholt. Bei solchen Zufällen stelle ich immer wieder fest, wie viele kenntnisreiche Sammler es gibt. Bei solchem Gedankenaustausch lerne ich immer wieder hinzu.
Zugegeben: Im eBay liegt sehr viel Ramsch auf. Es wimmelt auch von bewusst irreführenden Einträgen. Aber damit ist kein 1. „gelber Stern“ zu gewinnen. Der für beide Teile gute Handel beruht auf Ehrlichkeit. Beide Parteien gewinnen beim Austausch vom „feedback“ Pluspunkte. So lohnt es sich vorsichtshalber, die Rubrik der „feedbacks“ vor dem Kauf einzusehen.
Punkto PC oder eBay habe ich noch viel zu lernen. Eben jetzt musste ich dieses Blog nochmals schreiben, weil ich irrtümlich (es kommt jetzt seltener vor) den Text gelöscht habe. Manchmal schadet das nicht, denn beim 2. Anlauf schreibt man mitunter besser als auf Anhieb.
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Vielleicht haben Sie, lieber Leser, liebe Leserin, aus ihrem Erfahrungsschatz im eBay-Umgang oder auf Auktionen einige Winke, die uns allen weiterhelfen?
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