Textatelier
BLOG vom: 08.11.2006

Grösstes Marktversagen: Klima benötigt grüne Wellen

Autor: Emil Baschnonga, London
 
Auch in England überfliessen die Medien mit höchst besorgniserregenden Meldungen zum „Klimawandel”, der ganze Eisberge zum Schmelzen bringt. Die ökologische Zeitbombe tickt unbarmherzig. Die Welt versinkt im Abfall. Der Tag des Jüngsten Gerichts rückt näher. Die Kohlensäure (Kohlendioxid) und ihre Auswirkungen sind grässlich.
 
Die Gaia-Hypothese
James Lovelock, Klimaforscher (atmospheric chemist) und Verfasser von „The Ages Gaia“, 1969 veröffentlicht, schrieb: Die Meisten von uns empfinden, dass die Welt mehr ist als eine Masse Gestein mit einem dünnen Luftmantel, mit Meer und Leben beschickt. Wir fühlen uns auf diesem Planet zu Hause und ihm zugehörig. Schon die Griechen dachten so und nannte die Erde „Gaia”.
 
In seiner „Gaia-Hypothese“ schlug er vor, dass die Erde eine selbstregulierende und selbsterhaltende Einheit sein sollte, die sich fortwährend Veränderungen anpasst, um das Leben zu erhalten. Inzwischen hat auch Lovelock eingesehen, dass dieses Gleichgewicht nicht nur gestört,, sondern dem Zusammenbruch nahe ist und die Erde einer Katastrophe zutreibt.
 
Der Stern-Report
Sir Nicholas Stern, Chief Economist der britischen Regierung, hat eben einen 700-seitigen Bericht vorgelegt. Trocken bezeichnete Stern darin die Umweltskrise als „the greatest market failure the world has ever seen“ (Das grösste Marktversagen, dass die Welt jemals gesehen hat).
 
Die englische Bevölkerung ist alarmiert. Das Zeitalter der Billigflüge ist bald vorbei, mitsamt der Jahrhundertpest: das vielgeliebte Auto. Die grüne Steuer wird Einzug halten. Unsere Kehrichtkübel werden elektronisch überwacht. Wer nicht sauber die Plastikflaschen vom Papier und Glas trennt, wird gebüsst. Recht so. Ich bin ganz dafür, innerhalb des Rahmens des gesunden Menschenverstands, doch bitte ohne Elektronik, die mich fortzu bespitzelt.
 
Beispielhafte Abfallentsorgung einer Familie
Einer Familie gelang es, den gesamten Wochenabfall ihres Haushalts in ein Glas zu füllen. Der Rest, wie etwa die Küchenabfälle, kam auf den Komposthaufen. Wie diese Familie benütze ich alte Zahnbürsten zum Putzen, Polieren und Verstreichen von Wachs auf alte Kerzenständer usf., bis zuletzt nur noch der schwer zu entsorgende Griff aus Plastik überbleibt.
 
Haushaltgeräte usf., die laufend ersetzt werden müssen
Was aber tun, wenn der Staubsauger nach kaum 2 Jahren versagt? Den früheren hatten wir einige Male reparieren lassen – und er hat 12 Jahre lang seine Dienste geleistet. Jetzt schämt sich bald jeder, der ein altes, noch gut funktionierendes Handy nicht mit dem allerletzten Modell ersetzt. Jeden erdenklichen Schlich setzten die Hersteller ein, damit wir als degradierte Konsumenten am Kaufsrummel mithalten.
 
Altmodische Sparmassnahmen
Jetzt, wo die Tage kürzer und kälter werden, zögere ich, ehe ich mich auf den Sattel meines Velos schwinge. Dabei fällt mir der Kinderreim ein: „D’Meitli leged d’Händsche a, und d’Buebe laufe g’schwind“ (Die Mädchen ziehen die Handschuhe an, und die Kaben laufen geschwind ...denn das gibt warm). Also wechsle ich auf Schusters Rappen über.
 
Die Zentralheizung wird bei uns tagsüber ausgeschaltet. Der Computer und der Fernseher bleiben bei Nichtgebrauch nicht mehr länger auf „Standby“ geschaltet. Alte Glühbirnen werden gegen die energiesparenden ausgewechselt, wiewohl sie viel mehr kosten. Warum? Wir benutzen weder die Geschirrspülmaschine noch den Wäschetrockner in unserem 2-Personen-Haushalt. Wir erhitzen nur so viel Wasser, wie wir zum Kaffee- oder Tee-Zubereiten brauchen, keinen Tropfen mehr.
 
Heute bin ich verschnupft und ziehe mir einen 2. Pullover über. Eine hausgemachte Rüben- oder Kartoffelsuppe wärmt mich auf, so gut wie ein 2. Glas Wein. Immerhin das. Ich schäme mich ob solcher Selbstgefälligkeit. Mein langes Sündenregister hinterlässt noch viel zu viele „carbon footprints“, worüber ich mich hier nicht auslasse. So ein Feigling ...
 
Solarzellen
Heute erhielt ich eine Broschüre, die zur Installation von Sonnenenergie rät. Das Produkt stammt aus Deutschland. England hinkt Deutschland hintendrein. Vermutlich sind die Solarzellen in England abschreckend teuer, ebenso die damit verbundene Installation. Die Firma verspricht einen befristeten Kostenbeitrag, sogar eine kostenlose Installation, verbunden mit staatlicher Subvention. Ich traue diesem Angebot keineswegs, habe aber die Antwortkarte für eine kostenlose Beratung ausgefüllt. Man kann nie wissen.
 
Vergangene Schreckensbotschaft: Neues Eiszeitalter
In den 1970er-Jahren waren die Aussichten für diese Welt noch viel düsterer: die Erdoberfläche kühle sich ab, ein neues Eiszeitalter stehe uns bevor, hiess es. Der Ausstoss von Dieselpartikeln verhülle die Sonne wie einst der Londoner Smog. Jetzt schloten die Kamine nicht mehr, wiewohl sie immer noch viel Schadstoffe in die Luft pusten.
 
China und Indien: Neue Umweltsverschmutzer
Jetzt verpesten die neu erstellten Industrieanlagen in China und Indien die Luft und mehr als nur sie. China importiert Bäume sogar aus Afrika, um die Kahlschlagflächen der Wälder aufforsten zu können und nicht noch neue hinzufügen zu müssen. Das habe ich gelesen, aber ob das stimmt, weiss ich nicht. Diese Länder haben sich natürlich Amerika zum Vorbild genommen und unbestreitbar das Recht, ihre Industrie aufzubauen. Produkte aus China werden beinahe zu Spottpreisen exportiert, dank der billigen Arbeitskräfte. Ein überlanger Frachter ist eben mit einer Riesenladung von „Fast Moving Consumer Goods“ in England eingetroffen. Weitere gigantische Frachter werden in den Schiffswerften gebaut. Englands Beitrag zum Umweltschutz ist ein Tropfen auf den heissen Stein, weil die neuen Industriestaaten den irdischen Luftmantel ihrerseits gewaltig versauen.
 
Das Wissen um den Wert der Dinge
Unsere Eltern wussten um den Wert der Dinge: sparten, reparierten Schuhsohlen, stopften Hosen, ersetzten Hemdkragen, kochten eine 2. Mahlzeit aus Speiseresten, pflanzten eigenes Gemüse und kauften keine Erdbeeren im Januar. Nur wenige hatten damals ein Auto. Sie kauften an Esswaren in lokalen Läden genau so viel wie sie brauchten und nicht mehr, denn sie hatten keinen Eisschrank, geschweige denn eine Tiefkühltruhe. Selten liessen sie sich zu Impulskäufen hinreissen. Schulden zu machen, war verpönt. Nun hatten unsere Eltern keine andere Wahl als sich nach dem bescheidenen Haushaltsbudget zu strecken. Sie hatten keine Ahnung, welchen Dienst sie der Umwelt erwiesen. Das waren harte Zeiten. Ich erinnere mich an die Grosswäsche im Waschhaus: Eine gewaltige „Büetz“ (Arbeit), bis die Wäsche sauber und ausgewrungen an der Waschleine hing.
 
Würden wir uns heute als eingefleischte Konsumenten so verhalten, käme es zur Wirtschaftskrise. Aber die grüne Welle rollt nach und nach, vom eigenen Willen der Bevölkerung zunehmend unterstützt. Wer seinen Beitrag leistet, sollte belohnt statt mit grünen Steuern zusätzlich zu den vielen anderen Steuern belastet zu werden.
 
Schön wäre es, wenn sich die masslosen Konsumtreiber etwas einschränken und vermehrt das Gütesiegel zur Lebensqualität beachten würden. Dazu braucht es gewiss keine Energie verschleissende Patiowärmer.
 
Jetzt ziehe ich die Vorhänge, damit die Wärme im Haus bleibt. Gelüftet wird, bevor ich ins Bett tauche. „So much for global warming“ …
 
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