Textatelier
BLOG vom: 21.12.2006

Schulmedizin-Exzesse: Abgewandelte Hexenverfolgungen

Autor: Walter Hess, Biberstein AG
 
Nicht jede Werbung ist schlecht. Sie kann ja auch auf sinnvolle, nützliche Produkte oder Veranstaltungen aufmerksam machen, und auch auf dem Arbeitsmarkt leistet sie beste Dienste. Vorsicht ist immer angesagt, denn „Jeder Kramer lobt sei’ War’“, lautet ein österreichisches Sprichwort: Jeder Krämer lobt seine Ware. Gerade auch in der Werbung existieren deshalb Auswüchse, etwa wenn versucht wird, das Volk mit Werbetricks inklusive Fehlinformationen über den Tisch zu ziehen.
 
Besonders unsympathisch ist die Werbung im Krankheitsbereich, insbesondere wenn versucht wird, die Gesundheit abzuschaffen und durch die Erfindung ständig neuer Krankheiten, die meistens normale Erscheinungen im Lebenslauf sind (Schwangerschaft, Pubertät und Trotzalter, Wechseljahre, Alter) zu schweren Krankheiten umzufunktionieren oder durch die überbordete Impferei die Menschheit flächendeckend einer Immunschwäche zuzuführen. Auch die Manipulationen der gesundheitlichen Normwerte gehören dazu. Im Moment wird gerade die Internetsucht erfunden, nachdem die Cholesterin-Psychose nicht mehr so richtig zieht. Damit wird gewährleistet, dass das Patientengut in genügender Menge zur Verfügung steht und die Arztpraxen und die in wohlhabenden Ländern in einer Überzahl vorhandenen Spitäler ständig gefüllt sind und gewinnbringend betrieben werden können. Die neokonservative Globalisierung unter WHO-Leitung zeigt hier ihre hässlichsten Seiten.
 
Die nationalen Behörden lassen sich oft ins Medizingeschäft einspannen, so etwa das Schweizer Bundesamt für Gesundheit (BAG), das hinterherum viel öffentliches Geld (angeblich 300 000 CHF) ausgab, um die Volksinitiative „Ja zur Komplementärmedizin“ zu bekämpfen. Diese zielt darauf ab, 5 naturheilkundliche Behandlungsformen (Homöopathie, Neuraltherapie, Phytotherapie sowie anthroposophische und chinesische Medizin) wieder anzuerkennen (und damit krankenkassentauglich zu machen), die Bundesrat Pascal Couchepin 2005 aus dem Katalog der anerkannten Gesundheitsleistungen gestrichen hatte. Der BAG-Skandal flog auf, weil eine engagierte BAG-Mitarbeiterin den Medien interne Informationen übermittelt hatte. Die Frau wurde fristlos entlassen. Sie kommentierte dies wie folgt: „Lieber putze ich in Zukunft Toiletten als für ein Bundesamt zu arbeiten, das gegen die Komplementärmedizin mit einer derartigen Kampagne ins Feld zieht.“
 
Zum etablierten Krankheitsgeschäft gehört die Ausschaltung der Konkurrenz, das heisst der Naturheilkunde im weitesten Sinne. Dieser Kampf gegen traditionelle Heiler hat eine jahrhundertelange Tradition; auch die Hexenverfolgungen durch die katholische Kirche im Mittelalter gehörten dazu – die „Hexen“ waren meistens naturheilkundlich tätige Frauen. Die Kirche vertrat die Auffassung, dass alles Heil nur von oben kommen könne – eine therapiebedürftige Konkurrenzangst also auch hier. Aus Lebens- und Todesängsten wurde von allerhand Göttern, auch von solchen in Weiss, schon immer Kapital geschlagen.
 
Bis zum heutigen Tage ist es der Schulmedizin trotz all der Verteufelungen und Verdrehungen nicht gelungen, die naturheilkundliche Konkurrenz aus dem Weg zu schaffen, schlicht und einfach, weil viele Menschen spüren, dass die Natur die komplexesten, am sanftesten wirksamsten und mit nebenwirkungsärmsten Medikamente bereithält. Solche Gedanken tauchten mir beim Lesen des Buchs „Die Zwei-Klassen-Medizin. Ein Wegweiser durch den Supermarkt der Heilsysteme“ auf, das mir Bruno E. Prowaznik aus Wien zugestellt hat. Der Autor meint mit den 2 Klassen die Naturheilkunde einerseits und die moderne Schulmedizin anderseits. Den Unterschied verdeutlicht dieses Zitat von Ulrich Abele, Naturheiler: „Während in der modernen Schulmedizin ein mächtiger Arzt-Apparat dem kranken Menschen gegenübersteht und ihn zum duldenden Objekt macht, misst der alternativ denkende Arzt der körpereigenen Weisheit und Regenerationskraft des Patienten grössten Wert bei und versucht, dessen Heilbestrebungen und Abwehrsystem mit geeigneten Massnahmen zu aktivieren, um so die Krankheit – soweit möglich – selbst zu überwinden.“
 
Selbstverständlich ist die Naturheilkunde der Schulmedizin in diesen Bereichen haushoch überlegen, und das spüren immer mehr erkrankte Menschen. Denn die Natur und ganze Völker mit brachialer Gewalt in Griff zu bekommen scheitert überall, auch im Irak. An allen Orten ginge es darum, Zustände herbeizuführen, die ein beschwerdefreies Leben überhaupt ermöglichen; dazu würde auch eine verbesserte Eigenverantwortung gehören, die ebenfalls gerade abgeschafft wird; selbst die Medien mit ihrem ständig absinkenden Niveau helfen bei der Vertrottelung der Menschheit aktiv und an vorderster Front mit. Den heutigen Generationen wird das Erwachsenwerden förmlich verbarrikadiert. Die meisten Menschen begeben sich in ihrer Hilflosigkeit in eine Abhängigkeit von anderen, lassen über sich bestimmen und bezahlen dafür auch noch. Die Psychiatrisierung der Gesellschaft hat jedes vernünftige Mass überschritten. Diese aktiv geförderte Unselbstständigkeit wird anschliessend oft schamlos ausgenützt. Die geistreichere Lösung wäre, sich selber zu beobachten, aus Erfahrungen zu lernen und sich dadurch weiterzuentwickeln, mündig zu werden und Verkaufstricks zu durchschauen.
 
Mit vollem Recht weist Dr. Prowaznik in seinem auf die österreichischen Verhältnisse zugeschnittenen, aber dennoch allgemein gültigen Buch darauf hin, dass die richtige Prävention in einer Krankheitsverhinderung statt deren frühzeitiger Erkennung bestünde. Denn Krankheiten werden ohnehin meist erst dann erkannt, wenn sie schon offensichtlich sind und der Zeitpunkt für eine echte Heilung zu spät ist – aber zum einträglichen Therapieren reicht es noch immer, wie ich beifügen möchte. Dr. Thomas Kroiss hat, was heute unter Diagnose verstanden wird, einmal Onomasie = Namensgebung genannt. Noch schlimmer ist es, wenn ohne Diagnose auf gut Glück herumgedoktert wird.
 
Bruno Prowaznik beschreibt nach seiner allgemeinen Einführung dann die einzelnen naturheilkundlichen Methoden von der Akupunktur bis zur Geistheilung und den kaum zu überschätzenden Möglichkeiten, die das Internet dank leistungsfähiger Suchmaschinen wie Google leistet. Der Autor vertritt die Auffassung, dass zu jeder Erkrankung auch eine psychische Komponente kommt, und schwere Erkrankungen werden oft als unbewusster Suizidversuch gedeutet. Die Geistheilung hat deshalb durchaus auch ihren Stellenwert, und mag sie sich noch so sehr der auf Messbarkeit eingeengten Schulwissenschaftlichkeit entziehen. Auch ins Vermarktungssystem eingebundene Konsumentenschutz-Zeitschriften finden hier immer ein willkommenes Tummelfeld, um ihre Zuneigung zum Pharma- und Medizin-Establishment zu bekunden und ihre Kritikbereitschaft dort zu beweisen, wo es ihnen und ihren Verlagshäusern wirtschaftlich nicht weh tut.
 
Wenn sich jemand den Tod herbeiwünschen kann, so müsste logischerweise auch das Gegenteil davon möglich sein: Warum sollte man sich nicht auch die Gesundheit mental wiederbeschaffen können?
 
Buchhinweis
Prowaznik, Bruno E.: „Die Zwei-Klassen-Medizin“, Infothek, Verlag und Literaturwerkstatt, A-1160 Wien 2004.
 
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