Textatelier
BLOG vom: 01.02.2007

Globalisierung, Klimaerwärmung: Das Elend als Chance ...

Autor: Walter Hess, Biberstein CH
 
„Wir müssen den Leuten Globalisierung erklären“, sagte Patrick Cescau, Chef des Konsumgüterherstellers Unilever. Für „Zürich“-Chef James Schiro beruht die diffuse Globalisierungsangst auf den Elementen Verunsicherung und Wandel (St. Galler Tagblatt, 26.01.2007).
 
„Ich bin jedoch überzeugt: Das, was Globalisierung ausmacht, bietet der Welt heute sehr viel mehr Chancen als Risiken“, betonte die deutsche Bundeskanzlerin und EU-Ratspräsidentin Angela Merkel am Weltwirtschaftsforum in Davos. „Sie bietet die grosse Chance zu mehr Frieden, zu mehr Freiheit und zu mehr Wohlstand für die Menschen“ (Hamburger Abendblatt, 31.01.2007).
 
Das Spiel mit Wörtern: „Für die meisten Teilnehmer geht es da (am Weltwirtschaftsgipfel in Davos) doch um Selbstdarstellung“, meinte Dirk Schaper, Inhaber eines kleinen Spielzeug-Fachgeschäfts in der Düsseldorfer Altstadt. Er sieht im Weltwirtschaftsgipfel vor allem ein grosses „Medienspektakel ohne konkrete Ergebnisse“. Selbstständige wie Schaper haben ihre eigenen Erfahrungen mit der Globalisierung. Sie sei eine Chance vor allem für die ärmeren Länder, sagt er, „die können vom weltweiten Handel profitieren.“ (Alle bisherigen Erfahrungen haben zwar das Gegenteil gelehrt.) Deutsche dagegen hätten keine Vorteile mehr: „Wir waren mal Hauptlieferant für den Spielzeughandel der ganzen Welt, heute kommt das meiste aus Asien“ (Quelle: wiwo.de 31.01.2007).
 
So weit ein paar willkürlich aus der politischen und wirtschaftlichen Trickkiste herausgefischte aktuelle Zitate.
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In der letzten Zeit taucht der Begriff Globalisierung für die Veränderungsmanie in der vernetzten und auch verletzten Welt vermehrt auf; sie wird allmählich wahrgenommen. Diese Vereinheitlichung im Interesse eines schnellen Gewinns für die Menschen, die ohnehin auf der Sonnenseite braten, bei Inkaufnahme der Kultur- und Naturzerstörung wird wie ein unabwendbares Naturereignis akzeptiert, erlitten. Und wenn die Natur schon brutal zuschlägt, ohne dass man angeblich dagegen etwas tun kann, dann muss man eben das Beste daraus machen, wie es zum Beispiel eine Rückversicherung tut, die ihre Bedeutung und auch die Prämien erhöhen kann, wenn die Naturkatastrophen überhand nehmen.
 
Die Frage aber, ob es nicht gescheiter wäre, die künstlich herbei geführte exzessive Globalisierung (die sich jetzt gerade anschickt, selbst die Gemeindeautonomie zu vernichten, siehe Kantone Glarus und Luzern) einzufrieren und die Exzesse, die sich daraus ergeben haben und noch ergeben werden, rückgängig zu machen, wird weder gestellt noch beantwortet. (Eine löbliche Ausnahme sind ausgerechnet die Rückversicherungen.) Bremseinwirkungen auf die Globalisierung würden ja keine Abschottung oder Unterbindung des Welthandels bedeuten, sondern einfach das Regionalbewusstsein und das Individuelle höher bewerten.
 
Positiv (statt kritisch) denken, bitte: Statt sich um ein umweltverträgliches Verhalten zu bemühen, kann man auch die von Menschen gemachte Klimaerwärmung als Chance sehen: Wir in den kühleren Zonen verbrauchen deutlich weniger Heizenergie. Wir brauchen weniger Schnee wegzuräumen und Verkehrswege weniger zu salzen. Wir können Pflanzen anbauen, die früher den Subtropen vorbehalten waren. Selbst die Vögel können auf ihre weiten Winterreisen nach Süden verzichten und bei uns rund ums Jahr balzen, zwitschern und singen. Hört sich gut an. Eine tolle Sache also. Die Chancen nutzen! Und die negativen Folgen sind nach dem Vorbild der US-Regierung strikte zu unterdrücken. Was der Mensch nicht weiss, macht ihn (nicht) heiss.
 
Das US-Muster: Wie die Medien gestern, 31. Januar 2007, meldeten, haben US-Wissenschaftler bekannt gegeben, sie seien von der Regierung im Weissen Haus gedrängt worden, aus ihren Berichten Begriffe wie Erderwärmung und Klimawandel zu entfernen; entsprechende Nachrichten gab es schon früher. Die Organisationen Union of Concerned Scientists und das Government Accountability Project legten einem Kongressausschuss soeben eine entsprechende Schrift vor. Lug und Trug statt Verantwortungsbewusstsein prägen das neokonservative Verhalten.
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Die Diskussion über fundamentale Themen, wie sie gerade verläuft, war leicht auf den Punkt zu bringen, wie die geneigten Leser gesehen haben. Eine besondere Anstrengung im Hinblick auf eine Vereinfachung war unnötig, denn die Politik scheint im Moment nach ganz simplen Grundsätzen zu funktionieren, etwa auf dem abgrundtiefen Niveau unserer Weltregierung. Somit können alle, auch die garantiert Bildungslosen, mithalten. Die Gedanken werden also massentauglich. Und darauf, auf diese Massentauglichkeit von Massenproduktionen eben, läuft in der neoliberalen Globalisierung alles hinaus.
 
Alles ist simpel, schlicht und einfach. Denken Sie positiv (oder noch besser: überhaupt nicht) und wittern Sie überall Chancen, neue Möglichkeiten! Wenn es Ihnen gelungen ist, ganz tief ins Elend zu versinken, bietet sich Ihnen die einzigartige Chance, vielleicht wieder daraus heraus zu kommen. Und wenn nicht, sind sie halt selber schuld. Dann haben Sie eine einzigartige Chance nicht wahrgenommen.
 
Wie kann man nur!
 
Literatur zum Thema
Hess, Walter: „Kontrapunkte zur Einheitswelt. Wie man sich vor der Globalisierung retten kann“ (ISBN 3-9523015-0-7), Verlag Textatelier.com, CH-5023 Biberstein 2005. (ISBN 3-9523015-0-7).
 
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