Textatelier
BLOG vom: 22.01.2008

Klonen für den Metzger: Essen aus Frankensteins Küche?

Autor: Heinz Scholz, Wissenschaftspublizist, Schopfheim D
 
Die US-Amerikaner haben uns schon mit genmanipulierten Pflanzen und Hormonfleisch beglückt. Insbesondere sollen nun die Fast-Food-Verzehrer weltweit profitieren. Die Gentechniker sind dabei, Schweine genetisch so zu manipulieren, dass sie nur noch gesunden Bauchspeck produzieren (siehe Blog vom 30.03.2006: „Die Gentechniker wollen gesunden Bauchspeck erzwingen“). Endlich ist dann Fast Food gesund! Die Folge wäre, dass dann noch mehr Fleisch verzehrt würde.
 
Es sind zudem Bestrebungen im Gange, Änderungen im Erbgut von Tieren zu verändern, um einen Hormonzusatz überflüssig zu machen. Die US-Forscher haben nämlich schon 1997 Gene entdeckt, die bei Rindern und Mäusen das Wachstum der Muskeln steuern. Mit derselben Futtermenge können Rinderzüchter, die natürlich sehr erfreut sind, ein Fünftel mehr mageres Fleisch erzeugen. Scherzhaft sprach man in diesem Zusammenhang von einem „Schwarzenegger-Gen“. Schon Jahre vorher züchteten belgische Züchter den „Blauweissen Belgier“, der 20 % mehr muskulöse Fleischmasse auf die Rippen brachte. Aber einen Nachteil hatten die vierbeinigen Muskelpakete. Sie konnten vor Muskeln nicht mehr schnell genug laufen. Ob das den Tieren gefällt?
 
Wie wir sehen, es kommt noch viel auf uns zu. Der Verbraucher muss unheimlich wachsam sein. In meinem Buch Richtig gut einkaufen. Die moderne Lebensmittelkunde für den Alltag“, das in der Verlag Textatelier.com GmbH erschienen ist, ging ich ausführlich auf die Machenschaften der Gentechniker ein und brachte auch Fakten zu den negativen Auswirkungen der Gentechnik.
 
Unbedenkliches Fleisch?
In Zukunft sollen auch die Europäer Fleisch und Milch von genetisch kopierten Rindern essen. Die sonst so strenge FDA (streng deshalb, weil Produkte, die aus dem Ausland in die USA kommen, sehr pingelig untersucht werden!) hat nichts gegen Produkte aus der Zucht von Klontieren, weil diese angeblich ungefährlich seien. Bei ihrer Hörigkeit gegenüber den Gentechnikern sind sie vollkommen überzeugt, dass sich das Fleisch und die Milch nicht von konventionell gezüchteten Tieren unterscheiden würden. Aus diesem Grund gaben sie am 15.01.2008 die Erlaubnis für den Verkauf der umstrittenen Produkte für den menschlichen Verzehr. Auch Produkte von den Nachfahren geklonter Rinder, Schweine und Ziegen dürfen verkauft werden. Dies gilt nur noch nicht für Schafe und andere Tiere, da noch nicht genügend Untersuchungsergebnisse vorliegen. Die Europäische Lebensmittelsicherheitsbehörde (EFSA) erklärte in einem 1. Gutachten die Unbedenklichkeit von Fleisch und Milch von den Nachfahren geklonter Tiere. Denn was aus Amerika kommt, muss ja gut und unbedenklich sein.
 
Auch in Deutschland wurde das Fleisch genauestens untersucht. Dazu Heiner Niemann vom Friedrich Loeffler Institut für Tiergesundheit: „Wir haben Fett, Proteine und Mineralstoffe überprüft; in mehreren 1000 Untersuchungspunkten lagen die Laborwerte bei den geklonten Tieren vollständig im Normalbereich.“
 
Die US-Behörden halten auch wenig von einer Kennzeichnungspflicht. Sie wollen den Verbraucher zwingen, das zu essen, was die FDA als nicht schädlich einstuft. Ich finde das pervers. Wenn schon Gentechnik, dann sollte alles lückenlos deklariert werden. Das sehen zum Glück die Europäer ebenfalls so. Sie haben bisher ein gesundes Misstrauen gegenüber Fleischprodukten aus den USA entwickelt. So stammte 2006 nur eine von 4000 verkauften Tonnen Rindfleisch aus dem gelobten Bush-Land.
 
Schreckensvision für Verbraucher
Für viele Verbraucher hierzulande ist die Zulassung und Nichtdeklarierung eine Schreckensvision, weil eben die langfristigen Auswirkungen auf die Gesundheit nicht eindeutig geklärt sind. Michael Hansen von der Organisation Consumer`s Union kritisierte, dass sich die FDA auf zu kleine Stichproben stützte. Interessant ist Folgendes: Mindestens 50 % der Verbraucher in den USA lehnen Nahrungsmittel von den Nachfahren der geklonten Tiere ab. Kritiker bezeichneten solche Produkte als „Frankensteinfood“. Sie sind überzeugt, dass diverse Nahrungsmittel erst in einigen Jahren in den Kühltheken der Supermärkte landen werden, da das Klonen von Zuchttieren sehr teuer ist.
 
„Essen aus Frankensteins Küche?“ Dies schrieb ein Autor in einem Bericht von T-Online (http://lifestyle.t-online.de). Bei dem „Klonfleisch“ handelt es sich nicht um ein genverändertes Nahrungsmittel, sondern um die Nachkommen eines geklonten Tieres. Beim Klonen wird aus dem Erbgut eines Tieres eine genetisch identische Kopie gezüchtet.
 
Aber etwas passiert mit den Tieren, wie die Erfahrung lehrt: Die genmanipulierten Wesen kommen häufiger missgebildet zur Welt, sind häufiger krank und haben eine geringere Lebenserwartung. Diese Fakten sind den US-Wissenschaftlern völlig egal. Es wird ja immer wieder behauptet, kranke Tiere würden vorher ausgesondert, und deren Produkte kämen gar nicht in die Läden. Aber wer weiss, ob das wirklich geschieht. Wenn nämlich finanzielle Verluste drohen, wird geschlampt und das Fleisch trotzdem verkauft.
 
Die Forscher des US-Unternehmens Advance Cell Technologies in Worcester haben jetzt beim Klonen Anzeichen einer Zell-Verjüngung entdeckt. Es war also das Gegenteil, was beim Klon-Schaf Dolly festgestellt wurde. Vielleicht versuchen demnächst die Gentechniker, auch menschliche Zellen zur Lebensverlängerung zu züchten. Vielleicht gibt es dann auch mehr missgebildete Kinder und Erwachsene mit eingeschränkter Gehirnkapazität (das bemerkt man leider auch schon heute bei bestimmten Menschen und Präsidenten).
 
Die Verbraucher entschieden sich laut einer kleinen Umfrage von t-online (98 Meldungen) gegen das Fleisch von Nachfahren geklonter Tiere. Etwa 90 % halten nichts davon. Hier einige der Äusserungen:
 
„In den USA wurde 6 Jahre lang untersucht. Man sollte ein weiteres Jahr die Experten ausschliesslich Klonfleisch essen lassen. Wenn alle mitmachen und nichts Gesundheitsschädliches auftritt, sollte man es freigeben.“ Aber die Experten werden sich hüten, solches Fleisch zu essen. Davon bin ich felsenfest überzeugt.
 
Ein anderer meinte, man habe wohl keine andere Wahl, wenn das Fleisch zu uns kommen sollte. Sollte dies der Fall sein, würde er zum Vegetarier werden. Wörtlich schrieb er dies: „Ich glaube, langsam dreht die Menschheit durch. Und überhaupt – muss man eigentlich jeden Mist aus den USA übernehmen?“ Anmerkung: Ja, man muss. Dafür sorgt die Welthandelsorganisation WTO.
 
Ein weiterer Schreiber teilte mit, er würde niemals Klonfleisch essen. Er ist überzeugt, „dass die Leute wieder ihr eigenes Schwein halten und die Hausschlachtung wieder üblich wird“.
Alle Familienangehörigen, Bekannte und Freunde von mir würden Nahrungsmittel von solchen Tieren ablehnen. Ich bin auch strikte dagegen, auch weil die Tiere oft das ausbaden müssen, was die Menschen ihnen angetan haben.
 
Teures Klonen
Heiner Niemann ist der Meinung, das Klonen von Nutztieren lohne sich momentan nicht. Weltweit soll es zurzeit 4000 geklonte Rinder geben (davon etwa 50 in D und 600 in den USA). Die Herstellung einer genetischen Kopie schlägt heute noch mit 12 000 Euro zu Buche. Nur jeder 4. Kopierversuch ist erfolgreich. Für die Züchter ist das Klonen natürlich sehr interessant, könnten sie doch aus den Nachfahren von Hochleistungsmilchkühen und kraftvollen, edlen Zuchtbullen viel Milch und angeblich zarteres und mageres Fleisch erzeugen.
 
Der Schätzpreis für die Superkuh Dundee Paradise (genetische Kopie 2006, in England hergestellt) wird auf etwa 50 000 Euro geschätzt. Und wer eine genetische Kopie eines kraftvollen Zuchtbullen hat, könnte den Samen zwecks künstlicher Befruchtung lizenzieren und teuer verkaufen. So winkt das grosse Geld für die Züchter.
 
Seehofer lehnte ab
Deutschlands Bundesagrarminister Horst Seehofer lehnt eine Zulassung von „Klonfleisch“ aus ethischen Gründen ab. Bis Ende Februar läuft eine öffentliche Anhörung. Im Mai oder Juni dieses Jahres wird entschieden, ob die Handelszulassung erfolgt oder nicht.
 
Die Amerikaner sind natürlich auf eine Zulassung erpicht. Sie bekamen ja in der Vergangenheit Alpträume mit ihren genetisch modifizierten Pflanzen, die im Ausland nur geringe Resonanz fanden.
 
„Sollte die EU Milch und Fleisch von geklonten Tieren nicht zulassen oder eine strenge Kennzeichnung einfordern, dann ist ein Streit mit den USA wahrscheinlich, wie er auch schon bei genveränderten Lebensmitteln geführt wurde“, schrieb Florian Rötzer am 18.01.2008 in „Telepolis“ (www.heise.de). Auf einen solchen Streit lassen wir es ankommen, zumal die Unbedenklichkeit von den erwähnten Produkten auf wackligen Füssen steht. Es ist ein Unding, wenn wir nach der Pfeife eines anderen Staates tanzen müssen oder sollen. Die haben uns ja schon viele andere unglückselige Dinge aufgehalst.
 
Hinweise auf weitere Blogs zum Klonen
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