BLOG vom: 26.03.2009
Obama-Stilbruch 16: Mit Billionen hin zum Staatskapitalismus
Autor: Walter Hess, Publizist, Biberstein CH (Textatelier.com)
Mit masslosen Beträgen, die jedes Vorstellungsvermögen sprengen, eine noch nie da gewesene Schuldenkrise heraufbeschwören und zur Vergrösserung des sozialen Elends beitragen werden, bedankt sich Barack Obama bei der Wallstreet und den Banken für die Wahlkampfunterstützung. Gleichzeitig kann er damit den Staatskapitalismus einführen.
Für die vom neuen US-Präsidenten versprochenen Sozialprogramme im Krankheitswesen, bei der Ausbildung, im Ersatz von Baracken durch menschenwürdige Wohnungen und dem weiten Feld der sozialen Sicherheit, die ihren Anteil vorerst noch erhalten sollen, wird bald nichts mehr zur Verfügung stehen, es sei denn der 3,6 Billionen Dollar umfassende neue Haushaltsplan werde in Nachfolgeplänen noch weiter emporgeschraubt. Eine weitere, noch furchterregendere Schuldenblase ist bereits aufgeblasen.
Als Sprachregelung, welche all die Milliardenzuschüsse an die Banken weltweit begleiten, dient der Vorwand, das Leiden des Volks, das ja all die Milliarden verzinsen und irgendwann zurückzahlen muss, wäre noch grösser, wenn die Banken nicht unterstützt würden. Als Paradebeispiel dient der aktiv geförderte Zusammenbruch der Lehmann-Brüder, mit dem es möglich war, einen stattlichen Teil der Resultate der exzessiven US-Schuldenwirtschaft auf andere Länder zu verteilen, ähnlich wie dies mit dem sich kontinuierlich entwertenden Dollar seit Jahrzehnten geschieht.
Die standhaften Herren des Dollars
Deshalb hält Obama denn auch am Dollar als Leitwährung, welche die US-Finanzelite manipulieren kann, fest. Dem weisen Vorschlag des chinesischen Zentralbank-Präsidenten Zhou Xiaochuan, sich endlich von diesem übel wuchernden Überbein zu lösen und eine internationale, von einzelnen Staaten unabhängige Reservewährung zu schaffen, erteilte Obama spontan eine klare Absage. Wahrscheinlich machte er die Rechnung ohne den chinesischen (und wohl auch indischen) Dollar-Wirt. Mit ihrer verfluchten Lotterwirtschaft haben es die US-Amerikaner erfolgreich geschafft, die gesamte dollarbasierte Weltwirtschaft an den Rand des Abgrunds – oder sogar darüber hinaus – zu treiben. Der Dollar ist eine Trumpfkarte in diesem üblen Spiel. Sie wird weiterhin erlauben, die amerikanischen Schachzüge und Schuldenabschiebungen durchzusetzen.
Die Versager als Krisenmanager
Der politisch wenig erfahrene Obama mit seinem Heilsbringer-Charisma spielt auf Zeit und verbreitet nach wie vor verbale Zuversicht, auf welche die Menschen schon im Wahlkampf hereingefallen sind. (Ausgerechnet) Amerika werde die „historische Krise“ meistern, sagte er, von überzeugender Mimik und Gestik untermauert, eine weitere Wolke absondernd, die sich bald aufgelöst haben wird. Der Geldverschleuderung, die gleichzeitig eine Aufblähung der Geldmenge bei all den Inflationsgefahren ist, münzte Obama in eine „Strategie zur Schaffung von Jobs, zur Hilfe an verantwortungsbewusste Hausbesitzer“ und gar zum „Grundstein für sicheren und andauernden Wohlstand“ um, auch wenn jede Vernunft genau das Gegenteil erwarten lässt.
Bei der Obama-Pressekonferenz vom 25.03.2009 fragten West-Wing-Reporter, ob der Mammut-Haushalt nicht „das unverantwortlichste Budget in der US-Geschichte“ sei. Ehrlicherweise hätte die Frage mit Ja beantwortet werden müssen.
Das Weltfinanzsystem hat kollabiert, die freie Marktwirtschaft ist im Eimer. Nur von der neoliberalen Globalisierung bleibt das Hauptziel intakt: die masslose Bereicherung einer kleinen Finanzelite, die am Ende als Siegerin auf einer weltweiten Müllhalde ihre Villen bauen kann.
Die ersten Auswirkungen
Die gigantischen Staatsverschuldungen in aller Welt als Folge der masslosen US-Schuldenwirtschaft, die gerade einen weiteren Exzess erlebt, zeitigt ihre Folgen: Raubzüge auf andere Länder, die sich allmählich zu regelrechten Wirtschaftskriegen ausweiten, Protektionismus (Handelshemmnisse zum Schutz inländischer Produzenten), Kurzarbeit und Firmenschliessungen, Arbeitslosigkeit, Zwang zu brutalen Einsparungen in allen Sektoren – in der wohlhabenden Schweiz demonstrieren bereits die wohlhabenden Allgemeinärzte. Krankenkassen werden aufschlagen müssen, weil sich einige ihrer Geldverwalter mit den US-Schrottpapieren verspekuliert haben, und viele Pensionskassen sind aus dem gleichen Grund ebenfalls angeschlagen. Der Volkszorn heizt sich in vielen Ländern auf und beginnt zu kochen.
Demonstrationen und Strassenschlachten (wie in Frankreich) sind an der Tagesordnung. So wird langsam alles so faul wie die US-Wertpapiere, die Kriminelle mit Lügen und falschen Deklarationen der Welt angedreht haben. Und wieder wird gelogen, dass sich die Dollarnoten biegen: Der aktuelle Dollarkurs ist laut Obama „ein Zeichen des Investorenvertrauens in die stärkste, politisch stabilste Wirtschaft der Erde“. Sie haben richtig gehört bzw. gelesen. Dennoch beginnt alles aus dem Ruder zu laufen, und die Lösung des Debakels wird ausgerechnet von jenen erwartet, die es herbeigeführt haben.
Die eingebetteten Mainstream-Medien, denen Leser und Zuschauer langsam, aber sicher davonlaufen, machen noch unverdrossen mit, verzögern die Entladung des sich aufstauenden Frusts und unterstützen die Durchhalteparolen der Regenten. Hier gelten die gleichen Gesetze wie bei einem Vulkan oder in einem Kochtopf: Je mehr Druck aufgebaut wird, desto intensiver wird am bitteren Ende die Eruption sein. Die PR-Inszenierung zur Volksverschaukelung in Form einer als Live-Pressekonferenz bezeichneten Seifenoper zur besten Sendezeit wurde von CNN und MSNBC schon Stunden vorher mit einer Sekundenuhr angekündigt, als stehe der Verkaufsbeginn eines neuen Harry-Potter-Romans im Buchhandel unmittelbar bevor.
Dabei hiess die Botschaft des präsidialen Auftritts nur dies: Die Privaten haben sich in den USA in den vergangenen Jahrzehnten mit staatlichem Segen masslos verschuldet und so die marode Wirtschaft in Gang gehalten. Dann kam die Katastrophe. Jetzt verschuldet sich der Staat seinerseits noch um Grössenordnungen massloser, ja gigantisch, ebenfalls um die marode Wirtschaft in Gang zu halten und um Banken, die komplett versagt haben, in ihrer Agonie zu halten und vor dem Hinschied zu bewahren. Und all das soll besser sein als nichts zu tun und als alles den bisher viel beschworenen Selbstregulierungskräften zu überlassen
Richtung Staatskapitalismus
Das Schöne ist, dass die katastrophalen Folgen der Globalisierung jetzt deutlich zutage treten und dieses Hirngespinst endlich die letzten Bewunderer vertreibt. Der Staatskapitalismus nach Marx- und Obama-Muster ist allerdings alles andere als ein erstrebenswerter Ersatz: Lohnarbeit in der Produktion, Profitmaximierung in Kombination mit Staatseigentum und -einfluss an den Schlüsselindustrien. Das gab es ja schon und war im Westen verpönt.
Imperialistische Länder wie der Extremfall USA sind auf jeden Fall staatskapitalistisch, wie man schon bei Nikolai Iwanowitsch Bucharin (1888‒1939) (ohne US-Bezug) nachlesen kann. Der Russe sah voraus, dass der Kapitalismus staatskapitalistische Formen annehmen kann, ohne seine ausbeuterische Eigenschaft zu verlieren – wie die heutigen Zustände zeigen und die Zukunft noch lehren dürfte, wird sich diese sogar noch deutlicher akzentuieren (siehe Datenbeschaffung bei Banken, Klageindustrie, masslose Steuern).
Zur Internationalisierung (Globalisierung) und Nationalisierung des Kapitals führte Bucharin in seinem vor über 90 Jahren geschriebenen Werk „Imperialismus und Weltwirtschaft“ in weiser Voraussicht aus, es entstehe ein Weltmarkt mit Weltpreisen, mit Weltangebot und Weltnachfrage. Die gesellschaftliche Arbeitsteilung finde zunehmend nicht mehr nur innerhalb eines Nationalstaats statt, sondern immer mehr auf internationaler Ebene. Künftig bilde sich zunehmend eine Differenz zwischen fortschrittlichen Industriestaaten und rückschrittlichen Agrarstaaten heraus. Die kapitalistischen Widersprüche, die innerhalb der Nationalstaaten existierten, verschwänden nicht einfach, sie würden aber auf einer grösseren, internationalen Ebene reproduziert. Dieses habe zur Folge, dass kapitalistische Krisen von nun an auf Weltebene entstünden.
Gleichzeitig zur Internationalisierung laufe ein weiterer Prozess der Nationalisierung ab. Die Tendenz der Konzentration und Zentralisation des Kapitals und die Organisierung des Kapitals durch die Verschmelzung von Industriekapital und Bankkapital zu einem Finanzkapital „erzeugen eine ausserordentlich starke Tendenz zur Umwandlung der gesamten nationalen Wirtschaft in eine gewaltige kombinierte Unternehmung unter der Leitung der Finanzmagnaten und des kapitalistischen Staats“.
Mit seiner Begeisterung für die staatliche Beteiligung an Not leidenden Banken und Konzernen erweist sich Obama eindeutig als der führende Staatskapitalist, eine Wiederauferstehung dessen, was hinter dem Eisernen Vorhang kürzlich gescheitert ist. Und die in die Obamania geratene so genannte Freie Welt folgt dem Vorbild USA einmal mehr, wiederum ohne sich kritische Gedanken zu machen. Der Change findet also tatsächlich statt.
Wer wird uns diesmal vor dem Kommunismus befreien, gegen den die USA noch in den 1960ern in Vietnam einen scheusslichen, gemeinen und deplatzierten Krieg führten? Vielleicht China, Indien, Russland und die Erdölstaaten.
*
Inzwischen tun wir gut daran, die Signale zu hören und vorsorglich die Sozialistische Internationale einzuüben, mindestens die 2. Strophe davon:
„Es rettet uns kein höh'res Wesen,kein Gott, kein Kaiser noch Tribun,(…und Obama schon gar nicht.)Uns aus dem Elend zu erlösen,können wir nur selber tun!Leeres Wort: des Armen Rechte,Leeres Wort: des Reichen Pflicht!Unmündig nennt man uns und Knechte,duldet die Schmach nun länger nicht!“
Muss man Sozialist sein, um diesen Text gut zu finden? Unter den heutigen Umständen sicher nicht mehr.
Hinweis auf das Buch von Nikolai Iwanowitsch Bucharin
Das Buch „Imperialismus und Weltwrtschaft" von Nikolai Iwanowitsch Bucharin kann gelesen werden unter http://www.marxists.org/deutsch/archiv/bucharin/1917/imperial/index.htm
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20.01.2009: Oba-Manie: Einweihung von Barack Hussein Obama
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