BLOG vom: 29.03.2009
Dank den Töchtern immer noch an der Zukunft interessiert
Autorin: Rita Lorenzetti, Zürich-Altstetten
In letzter Zeit spielt in meiner Familie die Vergangenheit eine grosse Rolle. Alte Freunde aus der Jugend wollen uns wieder treffen, auch Familienangehörige melden sich. Sind einmal die Jahre nach 70 überschritten, setzt das abschiedliche Denken ein. Da heisst es dann beim Adiösagen: „Kommt bald wieder, nicht erst zur Beerdigung!“
Eine ganz eindrückliche Schau zurück bot letzte Woche eine Veranstaltung der Zürcher Altstadtkirchen Grossmünster, Fraumünster, St. Peter und Liebfrauen. Im Pfarreizentrum an der Weinbergstrasse 36 wurde der Film „Das war die Landi (CH-Landesausstellung) 1939“ gezeigt. Mein Jahrgang. Doch bei der Ausstellungseröffnung war ich noch nicht auf der Welt. Es dauerte noch 6 Wochen, bis ich hier ankam. Die Eltern haben viel erzählt von dieser bewegenden Schau, einzigartig damals mit dem Schifflibach, der roten Schwebebahn, dem Landi-Dörfli und seinem gemütvollen Charme. Auch die Lieder jener Zeit hörten wir im Elternhaus immer mit einem Hinweis auf das damalige bewegende Ereignis.
Während des Films sog ich die Ausstrahlung der Menschen von damals in mich auf. Ich sah gesunde, bodenständige, aufrechte und lebensfrohe Menschen. Originale. Und es begeisterten mich ihre schönen, nach Mass geschneiderten Sonntagskleider und Trachten. Vermutlich gab es damals noch nicht viel Konfektion. Und Primo liess sich vor allem von der Architektur begeistern.
Diese Veranstaltung wurde ergänzt durch einen Zeitzeugen (Felix Landolt), der als Bub und „Landikoch“ die Ausstellung erlebte. Er zeigte Schulhefte mit Rezepten für seine Auftritte, aber auch Zeichnungen im Zusammenhang mit der Schweiz, die sich da feierte. Abschliessend berichtete Urs Baur, Leiter Fachbereich für praktische Denkmalpflege, Amt Städtebau Zürich, über die damaligen Architekten, die der Landi oder Zürich als Stadt ihr Gesicht gegeben haben. Und ich weiss jetzt besser, was mich geprägt hat. Die Erstlingseindrücke vermittelten eine Art Norm, an der sich mein Unbewusstes orientiert.
Über Google sind verschiedene Beiträge zur Landesausstellung 1939 abrufbar. Der 70. Jahrestag der Landi-Eröffnung steht für den 6. Mai 2009 bevor. Die Medien werden an diesem Tag mit Sicherheit ausführlich darüber berichten.
Und ich kann jetzt überleiten zur Gegenwart und Zukunft.
Wenn ich auf mein eigenes Leben zurückschaue, sehe ich wohl die Etappen und erinnere mich an wichtige Entscheidungen. Aber niemals kann ich alle Einzelheiten, wie die Welt auf mich einwirkte, an mir schliff, meine Talente ansprach und mich herausforderte, zurückrufen.
Nun kann ich über Letizias persönlichen Blog http://machetwas.blogspot.com verfolgen, wie die täglichen Eindrücke Spuren hinterlassen, wie sie in ihrem Fall verarbeitet werden, wie Ideen aufgefangen und zu etwas Eigenem gestaltet werden. Das Internet ist ihre Plattform, der Ort, wo Neugierde gestillt und Gefundenes für andere aufbereitet weitergegeben wird. Sie will und wird dranbleiben, auch wenn sie wieder eine feste Anstellung angenommen hat. Kommunikation und Austausch entsprechen ihren Anlagen. Im Moment hält sie sich mit Freelance-Aufträgen über Wasser. Und schwimmt einem noch unbekannten Ziel zu.
Ja, es ist meine Tochter, deren Blog ich täglich lese. Ich kenne sie und schaue sie und ihre sprudelnde Quelle doch immer auch so an, als ob ich nicht wüsste, wer sie sei. Ich lasse mich überraschen, erkenne Einflüsse aus ihrem Elternhaus, aber mehr noch ihre eigene, unverwechselbare Originalität.
Ihre Quelle sprudelt. Ihre mit Fotos gestalteten Blogs erfrischen mich. Blicke zurück sind plötzlich nicht mehr so wichtig.
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