Textatelier
BLOG vom: 03.07.2009

„Wohl bekomm's!“: Hefe-Weissbier senkt Herzinfarkt-Risiko

Autor: Heinz Scholz, Wissenschaftspublizist, Schopfheim D
 
„Bier ist eine göttliche Medizin gegen die Krankheit!“
(Paracelsus)
*
„An gutem Bier ist mehr gelegen, als an medizinischen Goldessenzen, Herzpulvern und derlei sieben Sachen.“
(Stadtarzt von Leipzig, 1725)
*
„ Biertrinken ist ein gutes Essen.“
(Immanuel Kant)
*
„Das Bier ist als Ersatz des Wassers zu benutzen in Gegenden, die kein gutes Wasser haben, oder für Menschen, die einen schwachen Magen, Neigung zu Hartleibigkeit (Verstopfung) oder einen erschöpften, nahrungslosen Körper haben.“
(Christoph Wilhelm Hufeland)
*
 
Biertrinker können aufatmen (aber nur jene, die massvoll trinken): Laut einer Studie, die unter www.welt.de am 22.06.2009 publiziert wurde, können Bierkonsumenten ihr Herzinfarktrisiko senken, wenn sie besonders Hefeweizen (Hefe-Weissbier) konsumieren. Warum dem so ist, wurde jetzt geklärt: Es sind die B-Vitamine B12, B6 und Folsäure (B9), die das Homocystein im Blut zu senken vermögen. Diese Aminosäure entsteht laufend im Körper, und ohne die Arbeit der B-Vitamine würde das Homocystein nicht abgebaut werden. Ein Mangel an Folsäure, Vitamin B6 und Vitamin B12 ist häufig der Grund für erhöhte Werte an Homocystein.
 
Hohe Homocysteinwerte sind mitverantwortlich für arteriosklerotische Gefässschäden, die unabhängig von einem erhöhten Cholesterinspiegel auftreten. Durch die Einnahme der erwähnten Vitamine wird der Homocystein-Spiegel gesenkt.
 
Besonders Folsäure ist wirksam
Warum gerade Hefe-Weissbier? Nun, in diesem Bier ist besonders viel Bierhefe, welche die genannten Vitamine enthält. Forscher der Universität Bonn fanden nun heraus, dass Männer, insbesondere Raucher, einen B-Vitaminmangel aufweisen.
 
Das genannte Bier enthält reichlich Folsäure, und gerade dieses B-Vitamin hat den stärksten Effekt (42-prozentige Absenkung des Risikos bei Folsäure, 15-prozentige Absenkung bei Vitamin B12, 4,5-prozentige Absenkung bei Vitamin B6). Wurden alle 3 Vitamine zugeführt, war eine 50%ige Absenkung des Homocysteinwertes in Versuchen zu beobachten.
 
Dazu noch eine Studie von Dr. J. Sellhub. Er untersuchte den Vitaminblutspiegel beziehungsweise die Vitaminaufnahme von 1160 Erwachsenen. Bei den Menschen, die unter einem Folsäuremangel litten, war der Homocysteinspiegel besonders hoch. Gerade Folsäure ist ein Vitamin, das nicht immer ausreichend zugeführt wird. Die durchschnittliche Tageskost eines Deutschen enthält, wie Dr. Helmut Heseker berichtete, nur 195 Mikrogramm Gesamtfolat. Die empfohlene Zufuhr von Nahrungsfolat beträgt jedoch beim Jugendlichen und Erwachsenen 400 Mikrogramm/Tag. Fachleute der Ernährungsgesellschaften von Deutschland, von Österreich und der Schweiz betonten, dass durch die regelmässige Aufnahme dieser Menge eine maximale Senkung des Homocysteinspiegels erreicht wird.
 
Die häufigsten Ursachen der Minderversorgung von Folsäure sind ein geringer Gemüsekonsum, lange Warmhaltezeiten für Essen (Folsäure ist wärmeempfindlich!), Mangel- und Fehlernährung, Alkoholismus sowie Magen- und Darmerkrankungen. Folsäurereich sind Weizenkeime, Weizenkleie, Sojabohnen, Gemüsearten wie Tomaten, Kohl, Spinat und Hülsenfrüchte, ausserdem Bierhefe, Nüsse, Leber, Eier und Käse.
 
Es ist erschreckend, dass bald jeder Dritte über 40 Jahren unter einer beginnenden Arteriosklerose leidet. Auslöser können nicht nur ein Folsäuremangel, sondern auch eine genetische Veranlagung, ein Bluthochdruck, hoher Cholesterinspiegel und Diabetes sein. In vielen Studien wurde Homocystein als eigenständiger Risikofaktor der Gefässverkalkung (Arteriosklerose) identifiziert.
 
Darüber hinaus haben auch die antioxidativen Stoffe im Bier (z. B. die Hopfensubstanz Xanthohumol) eine positive Wirkung. Diese eliminieren giftige Sauerstoffradikale. Dadurch wird eine Zellalterung und gefässschädigende Fettoxidation verhindert. Der Zellschutz soll ohne Alkohol nicht funktionieren, was ich jedoch bezweifle.
 
Italienische Forscher vom Nationalen Ernährungsinstitut in Rom fanden heraus, dass bei Versuchspersonen die alkoholfreies Bier bzw. eine 4,5-prozentige Bier-Alkohollösung erhielten, der Effekt nur bei der zuletzt genannten Version eintrat.
 
Wie viele Vitamine sind im Hefe-Weissbier?
Nun, als neugieriger Blogger wollte ich wissen, welche Stoffe im Weizenbier vorhanden sind. Da ich u. a. das Erdinger Hefe-Weissbier oder nach Wanderungen auch die alkoholfreie Sorte sehr gerne trinke, wollte ich einmal wissen, wie viel Vitamine im Hefe-Weissbier und in der alkoholfreien Version vorhanden sind.
 
Josef Ernst von der Privatbrauerei Erdinger gab mir bereitwillig Auskunft. Dabei gab es eine Überraschung: das alkoholfreie Hefe-Weissbier enthielt 4-mal mehr Folsäure und 3-mal mehr Vitamin B12 als das normale Hefe-Weissbier. Das machte mich stutzig. Die Italiener vom besagten Ernährungsinstitut hatten wohl eine alkoholfreie Version mit geringeren Inhaltsstoffen parat.
 
Hier die Vitamine in den Erdinger Bieren:
Erdinger Weissbier (ca. 5,2 Vol.-% Alkohol) mit feiner Hefe: B1 0,16 mg/l, B2 0,38 mg/l, Niacin 7,4 mg/l, Panthotensäure 1,8 mg/l, B6 0,35 mg/l, Folsäure 50 Mikrogramm/l, B12 0,04 Mikgrogramm/l.
 
Erdinger Hefe-Weissbier alkoholfrei (deutlich unter 0,5 Vol.-% Alkohol): B1 0,29 mg/l, B2 0,25 mg/l, Niacin 5,3 mg/l, Pantothensäure 0,46 mg/l, B6 0,45 mg/l, Folsäure 200 Mikrogramm/l, B12 1,3 Mikrogramm/l.
 
Darüber hinaus enthalten Biere noch Mineralstoffe (Magnesium, Kalium, Kalzium) und einige wichtige Spurenelemente (u. a. Kupfer, Mangan).
 
Kommentare von Lesern
Nachdem der erwähnte Artikel in der Online-Ausgabe der „Welt“ ins Netz ging, wurden etliche Kommentare zum Thema publiziert. „Wolfhaben“ wunderte sich, dass ein solcher Artikel noch nicht von der Bundesdrogenbeauftragen zensiert worden ist. Ein Leser betonte, er habe in den letzten 30 Jahren alles richtig gemacht und werde sich den Artikel ausdrucken und einrahmen.
 
L. U. war dieser Meinung: „Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie bitte ihren Wirt oder Thekennachbarn. Bei Aldi gibt es B-Vitamine als Pülverchen. Das schmeckt und hat vermutlich weniger Nebenwirkungen. Ausserdem darf man damit auch am Strassenverkehr teilnehmen. Bei der beliebten Hausapotheke, ein Hefeweizen für das Homocystein, ein Glas Rotwein für die Adern, ein Schnäpschen für die Verdauung und eine Flasche Sekt für die gute Laune könnte es nämlich auf die Dauer Probleme geben vor lauter physischer und psychischer Gesundheit.“
 
Zum Schluss bleibt mir noch folgender Hinweis: Des Deutschen liebste Droge sollte nur massvoll (also nicht eine Mass voll, wie der Bayer sagt) konsumiert werden. Ein Zuviel kann einen gegenteiligen Effekt haben. Zu viel Alkohol führt laut www.stern.de zu einer Leberverfettung, verursacht Verkehrsunfälle und zerrüttet Biografien. Trinken ist also riskant. Auch hier gilt der Spruch: „Nur die Dosis macht das Gift.“
 
Es gibt aber auch eine Alternative, die wir in einem nächsten Blog vorstellen werden. Es ist die Bierhefe.
 
Für Bierfreunde folgt ein weiteres Blog mit Bier-Anekdoten.
 
Internet
www.welt.de/wissenschaft/medizin/ („Bier und Vitamine gegen den Herzinfarkt“).
www.menshealth.de („Mit Hefe-Weizen gegen Vitamin-B-Mangel?“).
www.ernaehrung.de/lebensmittel („Hefe-Weizenbier obergärig“, Inhaltsstoffe).
www.bier-lexikon.lauftext.de/inhaltsstoffe.htm (Inhaltsstoffe Vollbier, Kalorientabelle).
www.stern.de/wissenschaft/ernaehrung (Alkohol: „Nur die Dosis macht das Gift“; Infos über Xanthohumol; auch mit der Suchmaschine Google unter dem Stichwort „Xanthohumol“ zu finden).
 
Literatur
Wolfgang Busse, Heinz Scholz: „Das ABC der Vitalstoffe“ (220 Antworten auf Ihre wichtigsten Fragen), Haug Verlag, Heidelberg 2001 (vergriffen).
Heinz Scholz: „Vitamine – Ihre grosse Bedeutung für den menschlichen Organismus“, Kneipp Verlag, Bad Wörishofen 1988 (vergriffen).
Aljoscha Schwarz, Ronald Schweppe: „Die Bier-Apotheke“, vgs Verlagsgesellschaft, Köln 1998.
Ernährungsgesellschaften: „Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr“, Umschau Braus GmbH, Frankfurt am Main 2000.
 
Hinweis auf weitere Blogs über Bier
Hinweis auf weitere Blogs von Scholz Heinz
Auf Pilzpirsch: Essbare von giftigen Pilzen erkennen
Ein bärenstarkes Museum in Gersbach
Barfuss über die Alpen
Foto-Blog: Auf geht`s zur Hohen Möhr
Foto-Blog: Vom Kleinen Rhein zum Altrhein
Fotoblog über den Schönauer Philosophenweg
Rote Bete (Rande), eines der gesündesten Gemüse
Hermann-Löns-Grab im Wacholderhain
Lüneburger Heide: Salzsau und Heidschnucken
Kutschenmuseum in Wiechs ist ein Schmuckstück
Canna verleihen einen Hauch karibisches Flair
Artenreiche Streuobstwiesen stark gefährdet
Liebe zu den Kräutern in die Wiege gelegt
Eine Hütte mit Fleischsuppe im Namen
Rätsel um die Russenbänke in Präg gelöst