Textatelier
BLOG vom: 13.08.2009

Freiheit: Das Hinübersterben in einen unbekannten Zustand

Autor: Walter Hess, Publizist, Biberstein CH (Textatelier.com)
 
„Man muss sich beeilen, wenn man noch etwas sehen will. Alles verschwindet.“
Paul Cézanne
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Der grösste kriminelle Akt der Welt spielt sich im Moment ab: Den Menschen wird die Freiheit gestohlen, scheibchenweise und systematisch. Dieses Verbrechen ist nicht auf ein einzelnes Land oder einzelne Personen beschränkt, sondern es spielt sich wegen der Globalisierung überall auf dem Erdball ab. Das ist ja gerade der Fluch der Globalisierung: Die Gleichschaltung reisst alles und jedes nach unten – hin zur untersten Ebene (und nicht etwa zu einer durchschnittlichen Mittellinie). Wenn alle in ein und demselben Boot sitzen und dieses ein Leck hat, gehen alle unter. Individuelle Besonderheiten und Freiheiten dürfen ohnehin nicht toleriert werden; sie stören die übergeordneten Grundsätze. So einfach und erschreckend ist das Prinzip Globalisierung.
 
Der globale Polizeistaat
Dieser Tage habe ich das Buch „Der globale Polizeistaat“ (Untertitel: „Terrorangst, Sicherheitswahn und das Ende unserer Freiheiten“) von Thomas Darnstädt (Deutsche Verlags-Anstalt, München 2009) gelesen. Darin wird zusammenfassend aufgelistet, was wegen dem von den USA erklärten „Krieg gegen den Terror“ alles vorgekehrt worden ist, um einen Weltpolizeistaat aufzubauen, dessen Kommandozentrale selbstverständlich in Washington bzw. New York ist.
 
Der Trick ist bekannt und bewährt: Das zivile Recht wurde und wird zunehmend durch ein Kriegsrecht ersetzt (Vorwände dazu gibt es immer). Dass die negativen Auswirkungen des Terrorismus wesentlich bescheidener als jene des Anti-Terror-Kriegs sind, wird hingenommen; die Nebenwirkungen sind erwünscht. Der Überwachungsstaat wird ja angestrebt. Diese Feststellungen stammen nicht vom „Spiegel“-Redakteur Darnstädt (1949); sie ergeben sich so aber aus der Lektüre seines 346 Seiten starken Werks.
 
Auf der Buch-Rückseite ist die Lage moderat wie folgt beschrieben: „Aus Angst vor dem Terrorismus setzt die Politik die Grundlagen des freiheitlichen Verfassungsstaates aufs Spiel. Der Kampf gegen den Terror führt Polizei, Militär und Geheimdienste immer öfter ins rechtliche Niemandsland. Völker- und Staatsrechtler, die westliche Regierungen beraten, arbeiten am Modell eines globalen Polizeistaates, in dem die Bürgerrechte bei Bedarf eingeschränkt und für sogenannte Risikobürger Internierungslager eingerichtet werden könnten.“
 
Aus den täglichen Medienmeldungen, so verharmlosend es die eingebundenen Agenturen und Schreiber auch darstellen, können wir, wenn unser Geist auch nur ein wenig geschärft und im kritischen Denken geübt ist, erkennen, wie um das Fussvolk von Tag zu Tag ein Zwangskorsett fester und fester geschnürt wird. Es wird für Geschäfte – und mögen diese noch so dubios und volksschädigend sein – gefügig gemacht. So werden selbst harmlose Grippeerkrankungen wie die Schweinegrippe zum Anlass genommen, um Massenimpfungen, die wahrscheinlich Zwangsimpfungen sein werden, vorzubereiten; das sind dann schon Angriffe auf die körperliche Unversehrtheit. Aber selbst davor schreckt die herrschende Klasse, der man im Kommunismus Nomenklatura sagte, nicht zurück.
 
Bemerkenswert am Ausbau des globalen Polizeistaats ist der Umstand, dass nicht auf tatsächliche, sondern auf bloss mögliche, erfundene Gefahren abgestellt wird. Man fantasiert darüber, was kommen könnte, dramatisiert, als ob die Hirngespinste Tatsache wären, bereitet sich darauf vor, kämpft mit gewaltigem Getöse und Aufwand zulasten des Volks gegen Illusionen an.
 
„Es kostet Mühe, ernst zu bleiben, wenn man erfährt, was Washingtons Sicherheitsexperten im globalen Krieg gegen den Terrorismus alles so anstellen. Aber sie meinen es bitter ernst“, schreibt Darnstädt – mit Bezug auf die Terroristenjagd, die an Computerspiele aus der Billigschublade (Sortiment „Ramsch“) erinnern. Nichts ist blöd genug, um dem unfassbaren Bösen auf die Spur zu kommen, und das färbt auf alle unterwürfigen Nachahmerstaaten ab.
 
Die Globalisierung ist zur neuen globalen Religion geworden. Das Volk hat zu glauben – und „Glauben heisst nichts wissen“ (Darnstädt). Die Unfreiheit wird durch Volksbelustigungen und eine Überbetonung des Spitzensportgeschehens überspielt; die Unfreiheit soll ja nicht so sehr auffallen und gar angenehme Gefühle auslösen.
 
Hilfsmittel Hysterie und Angst
Jedes an sich belanglose Ereignis wird heute zur Weltbedrohung aufgeblasen. Kriminelle Akte Einzelner oder kleiner Gruppen und ansteckende Krankheiten (die so neu auch wieder nicht sind), die sich bei den intensiven internationalen Vernetzungen zwar schneller als früher ausbreiten, werden als Material für den Aufbau des Überwachungsstaats dankbar benützt, nach dem Muster der übertriebenen und lästigen Kontrollen der Flugpassagiere. Folglich hat sich akzentuiert verwirklicht, was Immanuel Kant bereits vorausgesehen hat: Der potenzielle Täter, sein potenzielles Opfer und die „Obrigkeit“ befinden sich in einem „gemeinschaftlich gesetzlichen Zustande“, im „Ewigen Frieden“, auch wenn es über die Details unterschiedliche Auffassungen gibt. Die US-Politik hat seit dem 11.09.2001 den Terror, den sie eigentlich bekämpfen wollte, gefördert – das ist anerkannt, auch von einigen unangepassten, intelligenten Amerikanern; aber der Aushebelung der Freiheitsrechte und der weltweiten Überwachung hat die mit Hysterie betriebene Terrorförderung sehr gedient.
 
Ein probates Mittel ist ferner die Angstmacherei durch Behörden und die eingebundenen, unkritischen Medien als willfährige Sprachrohre. Vor wenigen Wochen hat das diesbezüglich besonders talentierte schweizerische Bundesamt für Gesundheit (BAG) alarmierende Prophetien zur Ausbreitung der Schweinegrippe in die Medienwelt gesetzt: Es rechnet „schweizweit mit bis zu 2 Millionen Schweinegrippe-Fällen“ im kommenden Herbst und Winter 2009, also während der landesüblichen Grippezeit. Woher die Grundlagen für diese „Berechnungen“ stammen, weiss man nicht. Die Spitäler, von denen die meisten ohnehin überflüssig wären und die zu viel Geld verschlingen, rüsten zusätzlich auf, bauen Intensivpflegestationen aus, und das Geschäft mit den Impfungen wird schon noch zum Blühen kommen, obschon sich Tamiflu-Resistenzen längst abzeichnen. Man würde gescheiter Angst vor solchen Impfungen verbreiten. Was hiermit geschehen sei.
 
Für die amtlichen Angstmacher ist es natürlich ein gefundenes Fressen, wenn Fussballstars wie der englische Nationalspieler Micah Richards, Verteidiger bei Manchester City, und dazu auch noch 4 Spieler des französischen Erstligisten Monaco sich mit dem H1N1-Virus infizieren. Das garantierte Publizität, ist aber bereits wieder Schnee von gestern.
 
Finanzfluss-Kontrolle
Der fundamentalste Freiheitsentzug spielt sich im Moment beim Ausbau der Kontrolle der Finanzströme ab. Die nach wie vor intakten Steuerparadiese ausserhalb der USA und Grossbritannien, die selbstredend über Sonderrechte verfügen, müssen abgeschafft werden. Kundendaten werden aus den Banken mit allen Erpressermethoden herausgequetscht. Die unter einer dubiosen Leitung stehende OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) liess sich dazu instrumentalisieren, über graue und schwarze Listen neues „Recht“ herbeizuerpressen. Die Schweizer CVP-Bundesrätin und Ober-Globalisiererin, CVP-Bundesrätin Doris Leuthard, ist Vizepräsidentin des OECD-Ministerrats. Sie verfasste eine Pro-forma-Rüge an die Organisation, zu deren Führungscrew sie gehört ..., nachdem Generalsekretär Angel Gurría, mit dem sich Leuthard häufig ausgetauscht hatte, auch die Schweiz auf eine solche Liste „Schädlicher Steueroasen“ setzte.
 
Unter dem Motto „Und bist du nicht willig, so brauch ich Gewalt“, die vor allem eine wirtschaftliche Gewalt ist, wurden bisher schon unbotmässige Staaten in den Ruin getrieben, wenn es der CIA nicht gelungen war, über angezettelte Volksaufstände eine US-hörige Regierung zu installieren. Nach dem gleichen Muster werden nun auch US-Vasallenstaaten in die Knie gezwungen, wenn sie sich in einem Teilbereich internationalen Befehlen widersetzen. Besonders einfach ist das Spiel, wenn sie es mit harmoniesüchtigen nationalen Vertretern wie dem freundlichen CH-Bundesrat Hans-Rudolf Merz (FDP) zu tun haben, dessen Verbrauch an Knieschonern besonders gross sein dürfte.
 
Die Kontrolle der Finanzströme ist ein tief greifender Eingriff in persönliche und wirtschaftliche, handelspolitische Sphären. So wächst unter dem abgewirtschafteten Titel „Kapitalismus“ ein Kontrollsystem heran, das noch ausgedehnter als im ehemaligen Kommunismus ist. Nomenklatura-ähnliche Strukturen hebeln die Rechtsstaatlichkeit und damit auch demokratische Prinzipien aus. Jeder Kapitalverkehr ausserhalb des US-kontrollierten Bereichs wird bald einmal als verdächtig behandelt und mit entsprechenden Überwachungsmassnahmen garniert. Wahrscheinlich wird man den eigenen Banktresor bald einmal nur noch im Beisein eines international approbierten Finanzkontrolleurs öffnen können, eine Ergänzung des „automatischen Informationsaustauschs“, wie ihn die US-Werkzeuge OECD und die EU bereits propagieren.
 
Der freie Kapitalmarkt wird systematisch abgeschafft, ein dramatischer Vorgang, der aber von der Öffentlichkeit wegen medialer Ablenkung und Hinwendung zum Seichten praktisch nicht wahrgenommen werden kann. Auch weil der Abbau von industriellen Überkapazitäten aus der Euphoriezeit durch Steuergeldzuschüsse an staatstragende Institutionen noch etwas hinausgeschoben wird, gerät man zunehmend in eine Planwirtschaft und den Protektionismus wie Barack Obamas „Buy American“-Klausel (Amerikaner sollen Amerikanisches kaufen). In der freien Marktwirtschaft war der Protektionismus bisher verpönt und wurde streng geahndet. Solche Aspekte werden durch exzessive, absatzfördernde Berichterstattungen wie etwa über den Tod des zwielichtigen Pop-Gottes Michael Jackson überlagert, um ein Extrembeispiel zu nennen, das viel über den Zustand unserer aus naheliegenden Gründen serbelnden Mitläufermedien aussagt.
 
Zillionen-Blase
Ich möchte nicht Untergangsstimmung verbreiten, doch die Thematik gebietet es, dass darauf hingewiesen wird, dass die ganz grosse Blase, die mit den Billionen- oder Zillionen-Schulden (die Nullen-Reihen werden immer länger) schon da ist, bei ihrem Platzen dieses gesamte System (und vor allem das in Staatsanleihen investierte Geld) vernichten wird. Das könnte an sich, was das System anbelangt, durchaus erwünscht sein; doch die wirtschaftlichen Folgen werden für die werktätigen und in Sippenhaft genommenen Völker katastrophal ausfallen. Wenn schon die aus verantwortungsloser Liederlichkeit geborenen US-Hypo- und Kreditkartenschulden das ganze Wirtschaftssystem in den Grundfesten zu erschüttern vermochten, um wie viel dramatischer wird das Erdbeben sein, wenn der Kampf der Regierungen gegen diese gegenwärtige Krise durch noch unendlich viel mehr geliehenes Geld auffliegt?! Das Schuldenmachen war in den USA der Treibstoff der Wirtschaft – und genau so soll es nun auch weiterhin sein. Der Unterschied besteht einfach darin, dass das Geld aus dem Volk neuerdings indirekt (über den Staat) zur Wirtschaft gelangt.
 
Die gegenwärtige Krise, deren momentane Verlangsamung bereits als Erholung missverstanden wird, scheint wirklich alles zu rechtfertigen; da werden sämtliche Schleusen geöffnet – und zwar wiederum nach US-Vorgaben auf Pump. Es geht allein in den OECD-Staaten um 10 bis 12 Billionen USD, die dem Volk entzogen werden. Und Obama, Impresario der gigantischsten Schuldenorgie überhaupt, schnürt ein 2. Konjunkturpaket, ohne inflationäre Folgen zu bedenken. Zentralbanken kaufen Staatsanleihen, der Staat leiht sich Geld bei sich selber, bananenrepublikanische Zustände, wobei uns die echten Bananenrepubliken allmählich immer mehr Bewunderung abnötigen.
 
Die westlichen Industriestaaten, eine Wertegemeinschaft von Egoisten, müssen aus dem Volk immer mehr Geld herauspressen, und für Bildung und ähnliche wichtige soziale Belange steht bald nichts mehr zur Verfügung. In der Schweiz stottern wir sogar über die dramatisch steigenden obligatorischen Krankenkassenprämien die US-Subprimefolgen ab; viele Verwalter der Krankenkassen-Reserven haben sich ebenso wie auch Pensionskassen hereinfallend verspekuliert.
 
Das geradezu Belustigende ist dabei, auf welche Weise im Moment gerade der Subprime-Kollaps aufgearbeitet wird – man habe sich halt getäuscht und täuschen lassen, lautet der Tenor auf der Ebene des Weinerlichen. Und man habe daraus gelernt ...
 
Von Lehren habe ich allerdings überhaupt nichts gespürt. Der Medienmainstream, der in der Euphorie der immerwährenden US-Verherrlichung und des Angenehmen verharrt, übersieht zusammen mit den meisten Finanzfachleuten schon wieder die rabenschwarzen Wolken, die am westlichen Horizont aufziehen. Die grossen Politkoryphäen wie der Popstar und Motivationstrainer Obama und der französische Sonnenkönig Nicolas Sarkozy sorgen bei absackender Glaubwürdigkeit weiterhin für Zuversicht und gute Unterhaltung
 
An Unterhaltungssendungen besteht keinerlei Mangel, aber an Gedanken über die eigene Nasenspitze hinaus – und zunehmend vor allem daran, was aus unserer Freiheit wurde. Wer in Freiheit leben durfte, hatte schon immer von der Tugend vorgegebene Grenzen zu beachten. Eine schrankenlose Freiheit gibt es nicht, kann es nicht geben – aber es dürfte auch keine Abschaffungen von Freiheiten geben, nur weil es aggressiven, in ihrem Macht- und Geldstreben unersättlichen US-Machthabern aus Finanz und Politik so gefällt.
 
Der Kapitalismus ist gescheitert
Eines empfiehlt sich allen Menschen, wo immer sie auch hausen mögen, dringend: Nicht schon wieder auf die Schönredner hereinfallen, bitte! Und man nehme zur Kenntnis, was Fredmund F. Malik von der Universität St. Gallen, einer der wenigen klaren, weitsichtigen Denker, in einem Interview mit dem deutschen „Handelsblatt“ am 13.07.2009 ausführte: „Der Kapitalismus ist genauso gescheitert wie der Sozialismus. Diese Krise ist das Symptom eines fundamentalen Wandels, es sind die Geburtswehen für eine neue Welt. So etwas hat in der Geschichte möglicherweise noch nie stattgefunden. Die Lösungen werden nicht aus der Ökonomie, auch nicht von den Regierungen kommen. Die Menschen werden lernen, sich gegenseitig zu helfen. Ich denke, wir werden eine neue Menschlichkeit erleben. Das neue Kapital ist Wissen, während Geld an Bedeutung verlieren wird. Der krasse Egoismus der letzten Jahre wird sozial geächtet sein. Menschen Sinn zu ermöglichen, ist wichtiger.“
 
Und damit würde der Philosoph Peter Sloterdijk Recht bekommen: „Ein ganzer Weltzustand stirbt in etwas Unbekanntes hinüber.“ Es kann nur besser werden.
 
Literatur zum Thema
Hess, Walter: Kontrapunkte zur Einheitswelt. Wie man sich vor der Globalisierung retten kann“, Verlag Textatelier.com, CH-5023 Biberstein 2005. ISBN 3-9523015-0-7.
 
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