BLOG vom: 25.11.2009
Obama-Stilbruch 24: Gute Miene zum bösen Landminen-Spiel
Autor: Walter Hess, Biberstein AG (Textatelier.com)
„Wahrhaftigkeit und Politik wohnen selten unter einem Dach“, habe ich gerade im Zitate-Newsletter (www.zitate.de) gelesen. Marie Antoinette (1755‒1793), Königin von Frankreich als Frau von Ludwig XVI., soll das erkannt haben. Ihre Feststellung ist aktueller denn je. Und Barack Obama lieferte, kaum hatte ich das Zitat gelesen, den Beweis dafür. Er war in den Vorwahl-Monaten in die Rolle eines Friedensengels geschlüpft, die er inzwischen definitiv aufgegeben hat: Der Friedensnobelpreisträger lehnt die Unterzeichnung der internationalen Konvention zum Verbot der Landminen aus dem Jahr 1997 ab und bestätigt damit die rücksichtslose Politik seines Vorgängers George W. Bush. Weltweit breitete sich ein Entsetzen aus, selbst in den US-hörigen Medien. So verspielt Obama sein Vertrauen portionenweise, aber er gewährleistet immerhin Kontinuität: Die Amerikaner waren schon immer ein gewalttätiges Volk, das auch vor unschuldigen, an Kriegen unbeteiligten Personen (wie Kindern und anderen Zivilpersonen) nicht halt macht. Vor allem Kinder sind die Opfer der herumliegenden, heimtückischen Minen, eine unsichtbare tödliche Gefahr, die das Leben in den verseuchten Gebieten verunmöglicht.
Die Konvention (Convention on the Prohibition of the Use, Stockpiling, Production and Transfer of Anti-Personnel Mines and on their Destruction) trat am 1. März 1999 in Kraft. Sie verbietet den Einsatz, die Herstellung, die Lagerung und den Handel von Landminen. Der Vertrag ist von mehr als 150 Staaten unterzeichnet worden, darunter auch von der Schweiz. Die Vereinigten Staaten sind das einzige Nato-Mitglied, das dem Abkommen bisher nicht beigetreten ist.
Nach Angaben des deutschen Aktionsbündnisses Landmine.de sind in mehr als 80 Ländern der Welt Menschen noch von Minen und Streumunition im Boden bedroht. Eines der am meisten mit Landminen verseuchten Länder ist Kolumbien. Weltweit müssen rund 500 000 Minen-Opfer mit schweren Behinderungen versorgt werden.
Die US-Regierung, heisst es in rabulistischer Art aus Washington, sei zum Schluss gekommen, „weder den nationalen Verteidigungsanforderungen noch den Sicherheitsverpflichtungen gegenüber unseren Freunden und Verbündeten genügen zu können, wenn wir diese Konvention unterzeichnen“. Wenn die Sicherheit des Westens an den Landminen hängt, ist das ein überdeutliches Schwächezeichen. Reichen denn die Cluster- und Splitterbomben mit den radioaktiven Sprengköpfen (Depleted Uranisum = DU, abgereichertes Uran, das bei der Waffenproduktion anfällt) nicht aus, mit denen alles Leben niedergemäht werden kann? Deren Blindgänger fordern in Ländern wie Afghanistan und Kambodscha heute noch mehr Opfer als Landminen (Quelle: Deutsches Auswärtiges Amt). Sind die humanitären Katastrophen, welche die USA mit ihren Kriegen in der ganzen Welt unter dem Titel „Friedensmissionen“ anzetteln, noch nicht gross genug? Macht und Gewalt sind bewährte Mittel zur Beeinflussung und Beherrschung der Gesellschaft, national und international, solange sie von grossen Bevölkerungsschichten mitgetragen werden. Die US-Politik baut nach wie vor darauf, immer auf Bombengeschäfte bedacht.
Nichts von Obamas Heilsversprechen ist bisher wahr geworden; er kuscht sogar vor der Atommacht Israel, die seine Nachbarn weiter einsperrt, aushungert und bestiehlt; der kriminelle Siedlungsbau geht weiter. Und wie war das mit der Guantánamo-Schliessung? Und mit dem wirtschaftlichen und sozialen Wandel? Die Welt wird nach wie vor ausgenommen, auch über den Dollarzerfall, mit dem sich das marode Land USA wenigstens seiner Auslandschulden systematisch elegant entledigen kann.
Obama wusste schon vor seiner Wahl, dass die USA und die Welt von den Machtkonglomeraten aus der Umgebung der Wallstreet regiert wird und es das Geld ist, das sich in Washington Einfluss zu sichern weiss. Er musste es wissen und wusste es auch, wie schon seine ersten Personalentscheide lehrten. Er kannte dieses Amerika aus Chicagoer Sicht, wo die mafiosen Zustände besonders ausgeprägt sind. Seine Schaumschlägerei, um ins „höchste Amt“ gewählt zu werden, war dementsprechend unverantwortlich. Dafür büsst er nun. Er fällt von der denkbar grössten politischen Höhe in den in den Morast des politischen Alltags, und sein Aufschlagen ist umso empfindlicher. Der Glückstaumel verkehrt sich ins pure Gegenteil.
Die Signale, die Obama mit seiner Kriegspolitik aussendet, sind verheerend. Denn auch Russland, China und Indien haben der Antiminen-Konvention bisher nicht zugestimmt. Sie können sich jetzt bestätigt und in bester Gesellschaft fühlen.
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