Textatelier
BLOG vom: 12.07.2010

US-Ölpest: Es darf gebohrt, aber nicht fotografiert werden

 
Autor: Walter Hess, Publizist, Biberstein AG/CH (Textatelier.com)
 
Egal, was man in den USA bei Wahlen an Präsidenten-Material in die Pipeline schiebt, es kommt immer George W. Bush heraus, aber niemals ein Change. Das rührt daher, dass das System USA von den immer gleichen Mächten aus der Hochfinanz im Verband mit den Führern der globalisierten Wirtschaft aus dem Hinterhalt nach rein neoliberalen Grundsätzen beeinflusst und gesteuert wird. Heerscharen von Lobbyisten sind mit ihren Bestechungsgeldern unterwegs, und auch die Richter sind ein bestimmender Teil des durch und durch korrupten Systems. Von Demokratie keine Spur.
 
So hat sich beispielsweise Barack Obama, der gegenwärtige US-Präsident, angesichts der gigantischen Ölpest im Golf von Mexiko für einen auf 6 Monate befristeten Stopp für weitere neue Tiefseebohrungen – 33 an der Zahl – ausgesprochen, eine sich angesichts der in den USA üblichen Liederlichkeiten im Umgang mit der Natur wohl geradezu aufdrängende Massnahme. 3000 Ölplattformen vor der Küste können ohnehin unbehelligt weiterbohren. Die grösste Ölverschwender-Nation der Erde, die mit Kriegen ihren Energiehunger stillen will, hat sich als unfähig erwiesen, die Löcher in der Meerestiefe zu stopfen. Und am 08.07.2010 hat ein Berufungsgericht (der U.S. 5th Circuit Court of Appeals in New Orleans) den befristeten Bohrstopp gleich wieder aufgehoben. Dies geschah mit der äusserst fadenscheinigen Begründung, es sei nicht erwiesen, dass Tiefseebohrungen „die Gefahr eines nicht-reparierbaren Schadens“ im Golf von Mexiko heraufbeschwören. Was dort seit inzwischen über 80 Tagen (seit dem 22.04.2010) abläuft bzw. ins Meerwasser einläuft, wurde also glatt übersehen.
 
Wie es zu dieser zusätzlichen schmierigen Geschichte kommen konnte, hat die Bürgerrechtsorganisation Alliance for Justice aufgedeckt: Die Berufungsrichter haben laut dieser Organisation „enge Verbindungen zur Ölindustrie“. Die Richter setzten sich bei der Erledigung von Privataufträgen in den letzten Jahren für die Interessen der Gas- und Ölindustrie ein. Wahrscheinlich gibt es kein Land auf dieser Erde, in dem die Korruption derartige Ausmasse erreicht hat wie den USA. Das wurde ja bei Obamas Wahlkampf offensichtlich, als er alle Spendenbremsen lockerte und so viele Dollars wie möglich entgegennahm, ob es ihn nun korrumpierte oder nicht. Die Spenden in der Höhe um 100 000 oder 200 000 Euro der L’Oréal-Erbin Liliane Bettencourt, die dem französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy in diesen Tagen zu schaffen machen und sein Ansehen auf ein Rekordtief drückten, sind Erdnüsschen im Vergleich zu den Kokosnüssen, die in den USA an der Tagesordnung sind und nicht einmal versteckt werden müssen. Nötigenfalls werden einfach die Obergrenzen erhöht, und die korrupte Welt ist in schönster Ordnung.
 
Was sich innerhalb der USA abspielt, geht uns nichts an. Wir haben unter anderem auch zu akzeptieren, dass in jenem Land der unbegrenzten Freiheiten und Dummheiten jetzt Fotos über die Auswirkungen der Ölkatastrophe verboten sind. Die Obama-Regierung hat den Ölkatastrophen-Journalismus untersagt, und die entsprechenden Berichte sind denn auch prompt aus den Mainstreammedien verschwunden. Haben Sie’s bemerkt? Selbst übers Bilderverbot wurde nur durch ein paar Aussenseitermedien berichtet. Das Verbot hat, weil es aus den USA kommt, schon beinahe biblische Dimensionen: Du sollst dir kein Gottesbild machen und keine Darstellung von irgendetwas am Himmel droben, auf der Erde unten oder im Wasser unter der Erde“ (4. Gebot). Was für ein medialer Aufschrei ergäbe sich wohl, wenn sich das unchristliche China so viel Zensur erlauben würde?
 
Wir leben in einer Welt der verzerrten Wahrnehmungen. Die sich summierenden permanenten Katastrophen kleiner alltäglicher, grosser oder grösster Natur, die Lebensräume zerstören und das Klima aus den Bahnen werfen, führen nicht zu Protestmärschen. Was für mediales Protestgeheul ergäbe sich, wenn sich die Kernenergie solch unerhörte Nachlässigkeiten gestatten würde?
 
Wer im Golf von Mexiko zum Beispiel einen ölverschmierten, sterbenden Wasservogel oder tote Fische fotografieren und der Öffentlichkeit durch ein Medium zeigen will, muss mit einer Strafe von 40 000 USD rechnen, wenn er von der Küstenwache bei seinem aufklärerischen Tun erwischt wird. Man erinnert sich dabei an ähnliche Bestimmungen der US-Regierung, in Bezug auf die Särge mit US-Soldaten, die aus Kriegsgebieten in die Heimat zurückbefördert werden.
 
Fotografiert werden darf nur, was der Verherrlichung der USA dient, was den Interessen der Mächtigen entspricht, die verhindern, dass ihr Ruf durch Berichte über Schlampereien bei Bewilligungen und über Unfähigkeiten bei der Katastrophenbewältigung beschädigt wird.
 
Neben der Ölpest gibt es in den USA die Bestechungs- und Zensurpest. Würde sich dies allein auf die landesinternen Verhältnisse beziehen, ginge das alles noch an. Doch die USA, die als global aktiver Saubermann auftreten, Bussen kassieren, ganze Nationen erpressen und ununterbrochen für kriegsähnliche Zustände sorgen, mischen sich überall ein, verfolgen knallhart nicht nur die Landesinteressen, sondern auch die Interessen der Warlords, die in diesem Land das Sagen haben.
 
Das Furchtbare daran: Die globalisierte Welt fällt immer wieder darauf herein und lässt sich alles, aber auch gar alles, bieten.
 
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