BLOG vom: 12.10.2010
Luzerner Klimaweg 2: Besinnungsgrundlagen für Wanderer
Autor: Walter Hess, Publizist, Biberstein AG/CH (Textatelier.com)
Um all das Besinnliche, das auf den Wanderer einströmt, in einem verkraftbaren Rahmen zu halten, teilte ich den Luzerner Klimaweg in 2 Etappen auf: Die erste Etappe führte mich am 13.08.2010 von Obergütsch (Stadt Luzern) nach Obernau (Kriens LU), und so hatte ich noch die Strecke Obernau–Eigenthal (Eigental, Gemeinde Schwarzenberg) zu erkunden, was ich am 02.10.2010, beim Auftakt zum goldenen Herbst, erledigte.
In Obernau (554 m ü. M.) wählte ich diesmal nicht die Klimawegstrecke am Blatterberg-Ostteil und hinaus aufs Holderchäppeli, sondern ich folgte zuerst den normalen, gelben Wanderwegweisern in Richtung „Eigental“, die eine Wanderdauer von 2 Stunden und 10 Minuten voraussagen. So geriet ich in eine angenehme, stark gegliederte, subalpine Molasselandschaft, die vor allem während der 2. Zwischeneiszeit gestaltet wurde und sich gemäss dem alljährlichen Ritual gerade wieder gelb einzufärben begann, möglicherweise von den Wanderwegweisern inspiriert. Die Ebene zwischen Horw, Luzern und Kriens, auf die man während des Aufstiegs hinunterschauen kann, wurde vom Engelberggletscher ausgefräst und dann von einem Vierwaldstätterseearm überschwemmt. Ungestüme Bäche zogen ihre Furchen ins Gelände, insbesondere der Krienbach; Wände aus quer liegenden Baumstämmen bremsen die Wasserwildheit heute auf ein einigermassen amtlich toleriertes Mass.
Kelten und Römer hatten, wie auf einer Informationstafel zur Geschichte von Kriens in Obernau zu lesen ist, an diesem wildwüchsigen Gebiet kein Interesse; erst die weniger zimperlichen Alemannen liessen sich in dieser Gegend nieder. Und immer mehr Menschen taten es ihnen gleich. Die Gemeinde Kriens, zu der Obernau gehört, ist mit ihren 25 000 Einwohnern heute die drittgrösste Gemeinde des Kantons Luzern und zählt sogar zu den 25 grössten Schweizer Städten, hält sich aber gewissermassen im Schatten von Luzern, diesem Auffanglager für Weltreisende.
Der Wanderweg ins Eigental, auf den sich kein Japaner und kein Russe verirrt, führt, leicht ansteigend, ins Gebiet Rodel (639 Höhenmeter), das man nach etwa 25 Minuten erreicht. Auf den Wegweisern variiert die Schreibweise zwischen Eigenthal und Eigental; ich will der H-losen Version der Landeskarte der Schweiz 1:25 000 folgen.
In kurzer Distanz nach dem Rodel erreicht man, am Ende des Schächenwalds und unterhalb des Schiessstands Stalden, die gedeckte Holzbrücke von 1791 über dem Ränggbach (Renggbach, ein Zufluss der Kleinen Emme), die so genannte Hergiswaldbrücke (635 m ü. M.). Sie gehört zur Strassenverbindung Obernau–Eigental und verlangt von einem Postautochauffeur Millimeterarbeit. Die Brücke mit der Spannweite von 32 m, die 1991 saniert wurde, ist angeblich nicht mehr genügend belastbar, und es war geplant, sie demnächst durch einen Übergang in Holz-Beton-Verbundbauweise zu ersetzen, ohne dass das historische Bauwerk mit dem später angefügten seitlichen Fusshängersteg abgebaut worden wäre. Doch Ende November 2009 wies der Einwohnerrat Kriens den 3,9-Mio.-CHF-Kredit in einer finanz-trübseligen Stimmung zurück. Das Projekt war beerdigt. Für meine persönliche Ansprüche genügt die alte Holzbrücke, selbst was deren Tragkraft anbelangt.
Über den Rosenkranzweg zum Licht
Gestaunt habe ich, dass die Zeitangabe nach Eigental mit 1 Std. 45 Minuten hier wieder länger geworden ist: 1 Std. 50 Min. Ob hier die Zeit rückwärts verläuft? Oder lief ich zurück? Oder hatte ich gar einen Eingang in die Ewigkeit erwischt, in der die Zeit nichts mehr zu sagen hat und beliebig durcheinander geraten kann?
Kurz nach der Brücke verlässt der Wanderweg die Fahrstrasse, um im Prügelweg (Trittliweg) aufzugehen, der zur frühbarocken Wallfahrtskirche Hergiswald führt. Mit den Prügeln sind etwa armdicke Rundhölzer gemeint, die eine Art Treppe mit schrägen Stufen bilden, dem Geländeverlauf angepasst. Diese schräge Flachtreppe ist recht bequem zu begehen. Nur ihre Gleichförmigkeit macht einem etwas zu schaffen. Trost findet man nicht nur in Bibelzitaten, sondern in meinem Fall insbesondere darin, dass am seligen Treppenende das Restaurant Hergiswald wartet, das jeweils an Montagen und Dienstagen geschlossen ist. Aber es war ja Samstag.
Der Rosenkranzweg Hergiswald, wie die Treppe jetzt heisst, ist seit 2009 rund um die Uhr offen; es sei ein „Aufstieg zum Licht“ über 810 Stufen, verkündet ein rechteckiges Betonmonument beim Einstieg, auf dem auch noch steht:
„1489
Bruder Johann Wagner
begeht diesen Weg
und begründet den Wallfahrtsort
in seiner Klause.
1620–1661
Durch Pater Ludwig von Wyl
entsteht das aussergewöhnliche Werk
der heutigen Wallfahrtskirche.“
Der Aufstieg auf den „Sacro Monte“, den heiligen Berg, ist über 1 km lang und von 20 abstrakten Kapellen in der Gestalt von über 2 m hohen Stelen aus rostrotem Beton begleitet, die der Obwalndner Künstler Kurt Sigrist schuf. In jede Stele ist ein Freskobild von Franz Wanner eingelassen, das einen Bezug zum Rosenkranz hat. Die Anlage kostete rund 300 000 CHF. Rosenkränze aber wären in einschlägigen Kiosken, die es hier nicht gibt, günstiger zu haben. Ich verzichtete auf das Räsonieren, auf das Mantra des Gebet-Wiederholens nach dem immer gleich Ablauf. Mit genügte die Einförmigkeit des Treppensteigens.
Mit der Aufforderung „Die Aufgabe annehmen“ wird man zum Einstieg in den himmelwärts führenden Weg motiviert; alles sei gegeben, liest man eine Stele später. Und eine weitere Station spricht vom Erfahren der Herrlichkeit; sprachliches Gestalten stösst in solchen Sphären an seine Grenzen. Ich wollte da nicht widersprechen, denn in Gottes freier Natur stellen sich religiöse Gefühle wohl eher als zwischen Kirchenmauern ein, die von vergoldetem, marktschreierischem Prunk verdeckt sind, weil doch alles „dem Himmel geöffnet“ ist, wie ich am Rosenkranzweg sinngemäss erfahren habe.
Der Weg aus den mit dunkler Schlacke hinterfüllten Prügeln und den geschmackvollen Stelen in der einfachen, vom Rechteck dominierten Form hat mich beeindruckt. Obschon man dafür etwa eine halbe Stunde braucht, wird der Aufstieg nicht zum Martyrium, um in der einschlägigen Sprache zu bleiben, nicht zum schweren Leiden. In dieser Welt der Besinnung tauchen hier, am Nordfuss der nordalpinen Pilatuskette, immer wieder schöne Natur- und Landschaftsbilder auf. Darin finde ich Trost.
Die Erlösung tritt ein, sobald man unversehens das blitz-blanke Kirchlein Hergiswald mit seinen schwungvollen Rundungen des Vierungsturms und den Dachreitern sowie den Rundbogenfenstern und dem steilen Schopfwalmdach inmitten von hohen Tannen vor sich sieht und somit auf fast 800 Höhenmeter aufgestiegen ist. Es ist ein weiterer Lohn für die Mühsal des Aufstiegs, die ich mir dann auch noch mit einen offenen Eichhof-Bier im nahen Restaurant zusätzlich abgegolten habe. Schliesslich lebt der Mensch nicht von ständig repetierten Rosenkranzgebeten, Prügelwegen und Kapellen allein.
Die Kapellen-Geschichte
Die Wallfahrtskirche Unserer Lieben Frau in Hergiswald geht auf eine erste Kapelle von 1501/04 zurück, weil der Kartäuser Hans Wagner zu jener Zeit das Kloster Ittingen (Thurgau) verliess. Die dortigen Bauarbeiten störten ihn, und er wollte in der Wildnis der Innerschweizer Bergwelt ein beschauliches Leben führen. Er hauste zuerst in einer Höhle unterhalb der heutigen Kirche. Gönner aus der Stadt Luzern liessen für ihn ein einfaches Andachtshäuschen bauen, und es entwickelte sich ein Wallfahrtstourismus. Ich schliesse daraus messerscharf, dass es mit der Einsamkeit aus war.
In den folgenden Jahren wurde die Kapelle ständig erweitert, und das momentane Ende ist die heutige Wallfahrtskirche, zu der auch eine Kaplanei und ein Kurhaus gehörten, eine Symbiose zwischen einem marianischen Gnadenort und einem Luftkurort. Um die Jahrhundertwende 19/20 war Hergiswald weitgehend vergessen. Immerhin wurde die Kirche 1912 und 1935 durch Sanierungsarbeiten vor dem Zerfall bewahrt. Seit 1995/96 sind der Förderverein Hergiswald und die Stiftung Pro Hergiswald offensichtlich mit Herzblut dabei, dem Wallfahrtsort zu neuem Pulsieren zu verhelfen, hier religiöse Feiern und Konzerte zu organisieren. Ich begegnete 2 Damen, die statt Flügeln gut verpackte, grosse Streichinstrumente auf dem Rücken trugen und mir freundlich zulächelten.
Im überladenen Kircheninneren mit dem Hochaltar, den Seitenkapellen und der vorspringenden, hölzernen Orgelempore wanderte meine Aufmerksamkeit schnurstracks hinauf zum Bilderhimmel. Die Holzdecke wurde von Kaspar Meglinger (1595 bis nach 1667) mit 300 verschiedenen Marien-Symbolen verziert. Die Kreuzform von Grundriss und Decke, das Nebeneinander von Malerei und Skulpturen offenbaren eine Redundanz, die man hier weiss Gott nicht erwarten würde. Es gelang mir, die Rückenpartie eines lebensgrossen Engels anzuschauen. Und ich fand hier die Bestätigung dafür, was ich schon immer vermutet hatte: Das sind keine flugtauglichen Zutaten. Die Flügel sind einfach mit schmalen Ausstülpungen in den Rücken gesteckt und würden bei der ersten Bewegung abfallen. Die Engelproduzenten hätten sich in der Vogelwelt umschauen sollen, die ausschliesslich funktionierende Flügel kennt.
Das Kircheninnere könnte den aufmerksamen Betrachter stundenlang hinhalten. Dieter Bitterli brauchte im einschlägigen Schweizerischen Kunstführer über 60 Seiten, um diese ganze Herrlichkeit sachkundig zu beschreiben. Ich entnahm seinem Werk einige wenige Angaben, will im Übrigen mit ihm aber nicht in Konkurrenz treten.
Als ich mich satt gesehen hatte, meldete sich in tieferen, aber nicht weniger kulturell anspruchsvollen Regionen meines eigenen, flügellosen Körpers ein Anflug von Hunger, während nebenan das Wirtshaus Hergiswald auf mich wartete. Ich nahm in der Gartenwirtschaft Platz, bestellte mein Bier und dazu ein Pfifferlingssüppchen, oder, wie wir in der Schweiz sagen, eine Eierschwämmchensuppe. Eine nette, junge, hübsche, langbeinige Serviererin brachte mir das Gewünschte binnen weniger Minuten. Die Suppe war mit Grünzeug auf Schlagrahm dekoriert und schmackhaft. Merkwürdigerweise verflüchtigten sich beim Löffeln meine Gedanken zur Werbefigur Knorrli, die am Radio am gleichen Morgen kritisch analysiert wurde. Die zentrale Frage: Enthält dieser heute vom niederländisch-britischen Unilever-Foodsolutions-Konzern angestellte, 1948 vom Tessiner Maler und Grafiker Hans Tomamichel geschaffene Berggeist mit der roten Zipfelmütze genügend einheimische Zutaten, um noch den verschärften Vorschriften mit Bezug auf die Marke Schweiz als Schweizer zu gelten? Das wird in den nächsten Monaten zu klären sein.
Ich fand Ablenkung bei den kräftigen Rosmarin-Büschen, die aus einem kupfernen Waschhafen neben dem Restaurant-Eingang herauswuchsen, schräg unter dem Küchenfenster, aus dem Dampf entwich. Der Rosmarin kam aus dem zentralen und westlichen Mittelmeerraum zu uns, und so schicken wir halt als Gegengeschäft den würzfreudigen Knorrli in alle Welt hinaus.
Im Wald unter dem Holderechäppeli
Ich fragte das Servierfräulein noch, ob es auch schon nach Eigental gewandert sei. Die Antwort war ein etwas unbestimmtes Ja-Wort. Und dieselbe Antwort löste ich mit der Frage aus, ob es schön gewesen sei. Dermassen motiviert, gestärkt und durstlos glücklich nahm ich die folgende Etappe unter die Wanderschuhe, die genügend Profil hatten, was sich als nützlich erwies, wie die geneigten Leser gleich mit Erleichterung zur Kenntnis nehmen werden. Da ich den ordentlichen Klimaweg ja ohnehin verlassen hatte, um die Hergiswald-Waldlichtung mit ihrem Wallfahrtsbestand zu erleben, konnte ich es mir leisten, den Eigergraben überwindend, den Weg tief hinein in den Fischerwald einzuschlagen, also in nordwestlicher Richtung. Auf meiner Landeskarte 1:25 000 (Blatt 1150, „Luzern“) ist solch ein Weg mit einer ständig unterbrochenen Linie eingezeichnet, die für einen Weg 5. Klasse steht, also so etwas wie ein Saumweg. Zudem zeigte ein Wanderwegweiser an der hinteren Wand einer Scheune nahe bei der Hergiswald-Wirtschaft genau in diese Richtung. Ich wanderte frohgemut los; mein nächstes Ziel war das Holderchäppeli.
Der Wald war, wie durchforstete Wälder eben sind, und mein Strässchen hatte das schwere Gerät, mit dem man den Bäumen heute an die Rinde geht, gewiss ertragen. Es schien aber kaum genutzt zu sein, war teilweise überwachsen. Dann folgte eine bergauf verlaufende Strecke, die für schmale Allradfahrzeuge ein gefundenes Fressen gewesen wäre. Und schliesslich folgte ein Fussweg, der kaum noch als solcher zu erkennen war. Er war überwachsen. Ich half mit etwas Fantasie nach. Vor allem stellten sich mir Kohl-Kratzdisteln (Cirsium oleraceum) in den Weg, die beim langen Warten auf mein Erscheinen verblüht waren. Sie gelten als Nässezeiger; doch brauchte ich sie als solche nicht, war doch mein schmales Weglein zu einem kleinen Rinnsal geworden, woraus sich meine Begeisterung für Profilsohlen erklärt.
Kein Wanderweg-Markierer hatte es gewagt, mit seinem Farbkübel plus Pinsel in diese Waldeinsamkeit einzutauchen. Von Markierungen war nichts auszumachen, und als ich weiter vorn einen gelben Klecks ausmachte, erwies dieser als halluzinöse Fata Morgana. Ein verirrter Sonnenstrahl traf auf ein gelbes Ahornblatt. Über verschiedene Wasserrinnen, die den Weg – oder sagen wir: die Passagemöglichkeit – durchschnitten, arbeitete ich mich bis zum Punkt 880 vor – an den Abgrund zum Fischerebach, jenseits des Lehnhofs. Aber das wollte ich mir trotz meiner 74 Jahre denn doch nicht antun, entschloss mich zur Spitzkehre, wanderte auf einen nun wieder akzeptableren und schliesslich gar komfortablen, leicht aufwärts führenden Waldweg bis zum Punkt 900: zur Einmündung in die asphaltierte Strasse. Ich folgte dem Asphaltband etwa 500 m und hatte das Holderchäppeli erreicht – ein Buswartehäuschen neben einem grossen Parklatz an schöner Aussichtslage.
Ich erinnerte mich mit meinem von frischer Luft durchwirkten Hirn an Adam Riese: Von Obernau nach Eigental waren es nach Wanderwegweiser-Berechnung 130 Minuten. Dann 25 Minuten bis zum Rodel, verbleibend: 105 Minuten. Rodel-Hergiswaldbrücke: 10 Minuten (meine Schätzung). Es verbleiben 95 Minuten. Rosenkranz-Aufstieg bis zur Wallfahrtskirche: 30 Minuten. Es verbleiben 65 Minuten. Hergiswald‒Holderchäppeli; ich brauchte 30 Minuten, die Distanz wäre wohl aber in 15 Minuten zu überwinden. Der Rest: 50 Minuten. Der Wegweiser von hier aus vermeldete 60 Minuten bis Eigental. Das lag im Streubereich, aber mir kam es vor, als sei ich eine Ewigkeit unterwegs, und ich würde Eigental nie erreichen. Ich redete mir gut zu, ja nicht schlapp zu machen und nahm das Strässchen in Angriff und sollte gleich feststellen, dass ich nach all den Rosenkranz-Windungen endlich auf den Klimaweg zurückgefunden hatte, der ja eigentlich mein Thema war.
Zurück auf dem Klimaweg
Als ich so richtig heissgelaufen war, erreichte ich die Klimaweg-Tafel 21 („Warm haben“) , dem Beginn der 3. Klimaweg-Etappe unter dem Motto: „Was können wir tun angesichts des Klimawandels?“. Zuerst geht es ums Energiesparen, Isolieren und die Solarenergienutzung. Eine Holzbeige mit ausgefüllten Fugen zwischen den Scheitern und einem Fenster gibt Abdichtungsimpulse. Die nächste Station (22), zeigt, dass weniger mehr sein kann: „Weniger Konsum führt zu intensiverem Genuss. Weniger Mobilität schafft Raum“ ‒ das Weniger vermittelt ein anderes Lebensgefühl, eine andere Zeiterfahrung, intensivere Sinneserlebnisse.
Die Aussicht weitete sich über Luzern zum weissen Alpenkranz. Ich schlenderte auf dem „Weg um Kriens“, der den Klimaweg überlagert, über die Schilt-Alp (1030 Höhenmeter) und Cräigütsch (1081 m) und dann steil bergan dem Weiler Eigental entgegen. Auf der Höhe endet der Klimaweg mit einem Spielplatz mit Schaukeln, unter anderem mit dem Rat von Joseph Beuys: „Werde ein Freund von Freiheit und Unsicherheit, freue Dich auf Träume.“ Die Schaukeln schienen stabil zu sein; doch liess ich mich, Beuys hin oder her, nicht auf die Äste hinaus.
Durch einen Wald erfolgte der Abstieg nach Eigental, dem locker überbauten Talabschluss vor der Alpenrandkette, wo sich der Bach Rümlig eingetieft hat und viele handwerklich schöne Holzhäuser stehen oder gerade entstehen. Die Landschaftskammer wird im Süden von den steilen Felswänden der Pilatuskette (Mittaggüpfi, Rot Dossen, Widderfeld, Tomlishorn, Oberhaupt/Klimsenhorn) eingerahmt. Eine mildere Fortsetzung bilden im Osten die Molassezüge des Höchbergs und der Würzenegg. Innen wird das Tal von den Kalknagelfluhrippen von Ochs, Studberg und Regenflüeli gezeichnet, unten durch den deutlich ausgeprägten und steilen Endmoränenwall Spittelegg – Meienstoss abgeschlossen (Quelle: „Eigenthal“ von Richard Martin). In diesem Talkessel sind die Niederschlagsmengen (jährliches Mittel: 1749 mm) wegen Stau- und Gewitterregen überdurchschnittlich hoch. Doch es blieb trocken.
Im Talboden wartete ich auf das Postauto, das mich ab 16.05 auf der schmalen, Ende des 19. Jahrhunderts angelegten, mir jetzt teilweise bekannten Strasse durch den „Herrgottswald“, wie er früher wegen der Eremitenklausen genannt wurde, nach Obernau zurückbrachte. Das Dreiklanghorn wiederholte die Tonfolge aus der Ouverture zu Rossinis „Wilhelm Tell“ gebetsmühlenartig vor jeder unübersichtlichen Kurve – offenbar war der Chauffeur kein Freund der Unsicherheit, was ich ihm gern nachsah.
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