Textatelier
BLOG vom: 28.10.2010

Reaktionen auf Blogs (98): Unterwegs zum Arzneimittelfrass

Präsentator der Leserpost: Walter Hess, Publizist, Biberstein/AG CH (Textatelier.com)
 
Worüber darf man diskutieren? Klar: über alles.
 
Offenbar ist das in der westlichen Gesellschaft aber nicht mehr möglich: Diesbezüglich sei an Thilo Sarrazin und sein Buch „Deutschland schafft sich ab“ erinnert (Blogs vom 02.09.2010: Thilo Sarrazins Sinn für tabuisierte und verdrängte Themen und vom 09.10.2010: Fall Thilo Sarrazin – der eigentliche Skandal und Parallelen). Zur erstgenannten Arbeit schrieb uns Katharina Huber Cuénod (E-Mail: catharina.eleisa@gmail.com): 
 
Ich (Schweizerin) bin total Ihrer Meinung, die Sie in diesem Artikel zum Ausdruck bringen. Zwar habe ich das Sarrazin-Buch nicht gelesen und weiss nicht, ob ich es tun werde ‒ Zeitmangel. Aber da ich mich eh schon viel mit Geschichte und Politik und allem, was an diesen Knochen hängt, beschäftige, war es mir sofort klar, dass Herr Sarrazin die Wahrheit sagt. Wieso? Nur schon anhand der Reaktionen der geifernden Journalisten- und Politikermeute. Was die produzieren, sollte als Sondermüll klassifiziert und nur noch mit Schutzanzug bearbeitet werden, egal welcher Couleur die Urheber sind. Unterm Strich sind, ausser einigen kleinen Blättchen ohne Werbung, weltweit sowieso alle von der gleichen Bande kontrolliert, die immer alle Seiten finanzieren, damit das Volk meint, in einer Demokratie zu leben. Haha! Und dies gilt natürlich für alle Medien und alle Politiker.
 
Ich war übrigens einmal, in grauen Vorzeiten (so kommt es mir vor, wenn ich meine damaligen Arbeitsgeräte im Museum sehe) Schriftsetzerin und Korrektorin. Und ich leide wegen der Trennprogramme, resp. deren Nichtexistenz. Aber das ist natürlich auch Teil der Intrige gegen unsere Zivilisation. Man will mit aller Macht die Sprachen kaputt machen. Vor einigen Jahren schon ist mir klar geworden, dass es keinen Aspekt unseres Lebens mehr gibt, wo sie nicht schon begonnen haben, ihn zu versauen.
 
Alles Gute!
K. Huber
 
Degeneration und Dekadenz
In ähnlich markigen Worten äusserte sich Dr. Johann Georg Schnitzer, der die beiden Sarrazin-Blogs freundlicherweise auf seiner erfolgreichen Webseite www.dr-schnitzer.de verlinkte und in seinem Rundbrief vom 11.10.2010 dazu schrieb:
 
„Ausserdem sind im Schweizer ,Textatelier.com’, einer grossen Blog-Site, 2 Blogs zu den aktuellen politischen Vorgängen in Deutschland erschienen. Es ist interessant, wie in dem einen Blog ein aufrechter Eidgenosse diese beobachtet, und nicht minder aufschlussreich, dass mit dem 2.Blog ein deutscher Wissenschaftsjournalist aus Berlin ein Schweizer Forum nutzt (nutzen muss?), um zu diesen Vorgängen in Deutschland offen Stellung zu nehmen.“
 
Zum Fall Sarrazin hielt Dr. Schnitzer mit Bezug auf seinen Rundbrief („D-Abschaffung, Furor teutonicus, Welternährung, Diabetesalarm, Wissen und Denken“) fest:
 
Lieber Herr Hess,
danke, dass Sie mit gleich 2 Äxten in die gleiche Kerbe hauen ‒ oder mit gleich 2 Hämmern auf das heisse Eisen schlagen. Dieses muss geschmiedet werden, so lange es noch glüht ‒ um dann, noch heiss, den seichten, scheinheiligen, verlogenen, vielfach korrupten Politikern unter ihren Allerwertesten geschoben zu werden. Das haben diese sich wirklich verdient!
 
Ihre beiden Blogs passen dazu wie die sprichwörtliche Faust aufs Auge.
 
Man sollte meinen, dass sich unsere „ehrenwerte Politikergesellschaft" in Deutschland für die Offenlegung ihres schändlichen Benehmens aus der Schweiz schämen müsste. Aber schon Wilhelm Busch hat festgestellt: „Ist der Ruf erst ruiniert, lebt sich's gänzlich ungeniert."
 
Nur ist das Volk jetzt aufgewacht und schaut ihnen ab sofort besser auf die Finger, wenn nötig schlägt es ihnen auch auf diese. Und das ist nicht nur gut so, sondern inzwischen für das Volk überlebensnotwendig geworden.
 
Das Absinken der durchschnittlichen Intelligenz ist leider ein in den westlichen Gesellschaften typisches Symptom der allgemeinen Degeneration und Dekadenz. Es wird nicht nur durch die grössere Kinderzahl und schnellere Generationenfolge der weniger intelligenten Bevölkerungsschichten bewirkt, sondern zusätzlich durch die falsche Ernährung besonders der Frauen in den Monaten vor und während der Schwangerschaft, was zu einer nur unvollkommenen Entwicklung des Embryos auch in Bezug auf das Gehirn führt. So „fehlt teilweise ein Esslöffel voll Gehirnsubstanz am Frontalhirn", wie es ein Hirnforscher ausdrückte. Das Frontalhirn ist der Sitz z. B. von Verantwortungs- und Mitgefühl - welches vielfach Kriminellen abgeht, sonst würden sie ja ihre Taten nicht begehen. Die Fähigkeit des Verantwortungs- und Mitgefühls geht aber auch vielen Politikern ab. Da das Fehlen dieser Eigenschaften ein Vorteil beim Vorankommen auf der Karriereleiter ist, findet nach oben hin eine Anreicherung solcher Charaktere statt. Mit diesen hat sich vor allem Andrew M. Lobaczewski in seiner Ponerologie (= Die Wissenschaft vom Bösen) befasst. Man findet Ausführliches dazu im Internet.
 
Mit herzlichen Grüssen
Dr. Johann Georg Schnitzer
 
Pharmazeutische Lebensmittel
Das Blog Nestlé gründet ein Health-Science-Institut. Was soll das?“ vom 08.10.2010, verfasst von der pharmakritischen Schriftstellerin Lislott Pfaff, ging nicht spurlos an unserer Leserschaft vorbei. Martin Eitel, Wissenschaftspublizist aus Berlin (E-Mail: m.eitel@gmx.net) lieferte dazu bemerkenswerte Ergänzungen:
 
Die Abgrenzung von apothekenpflichtigen und gegebenenfalls rezeptpflichtigen Arzneimitteln einerseits und Nahrungsmitteln andererseits wirft gerade bei Produkten, die beide Definitionskriterien erfüllen, Fragen auf, und im EU-Recht gibt es die Tendenz, im Zweifel dann von einem Arzneimittel auszugehen mit allen Rechtsfolgen, die sich aus dieser Qualifikation ergeben.
 
Klar ist auch, dass Nestlé mit der geplanten Produktion von medizinischen Nahrungsmitteln den Platzhirschen aus der Pharma-Industrie in die Quere kommen wird. Schon jetzt leidet die Pharma-Industrie darunter, dass kaum noch innovative Entwicklungen in der Pipeline sind. Dies ist ein wichtiger Grund für die zahlreichen Unternehmensübernahmen der letzten Jahre, durch die die grossen Pharma-Unternehmen Konkurrenten und kleinere Biotech-Unternehmen mit innovativen Produktideen hinzugekauft haben, damit sie bei Auslauf des Patentschutzes ihrer Blockbuster-Erzeugnisse nicht völlig im Regen stehen. Dieses negative Marktumfeld erklärt auch die kriminellen Machenschaften der grossen Pharma-Unternehmen wie Pfizer und Eli Lilly mit der aggressiven Off-Label-Vermarktung ihrer Produkte, die im Jahr 2009 Strafzahlungen von 2,3 Milliarden bzw. 1,4 Milliarden US-Dollar in den USA zur Folge hatten.
 
Die relativ hohen Hürden für die Zulassung von Arzneimitteln, wobei auch ein gewisser Wirksamkeitsnachweis zu erbringen ist, ist ja bekanntlich nach Einschätzung mancher Analysten auch der Grund dafür, dass sich die Pharma-Industrie vermehrt auf die Entwicklung und Vermarktung von sogenannten Impfstoffen konzentriert. Wie im Zusammenhang mit der Schweinegrippe dargelegt wurde, sind die Anforderungen an sogenannte Impfstoffe nicht so hoch wie an gewöhnliche Arzneimittel. Bei Impfstoffen muss nicht nachgewiesen werden, dass diese tatsächlich vor der Krankheit schützen, gegen die sie verkauft werden, sondern es muss nur die Produktion von Antikörpern nachgewiesen werden, von denen die moderne Medizin glaubt, dass sie schützen.
 
Das Motiv für die neue Ausrichtung im Bereich medizinische Nahrungsmittel ist vermutlich die Gier nach mehr Gewinn. Die FAZ und andere haben die Gewinne im Pharma-Bereich auf 20 bis 40 % beziffert. Das ist deutlich mehr als im Bereich der Produktion herkömmlicher Nahrungsmittel, und bei neu in den Markt gebrachten Nahrungsmitteln setzt sich zudem nur ein kleiner Teil längerfristig durch.
 
Vor diesem Hintergrund ist die Entscheidung von Nestlé für den Bereich medizinische Nahrungsmittel ‒ seien es nun frei verkäufliche oder rezeptpflichtige ‒ durchaus nachvollziehbar, auch wenn manche Misserfolge der Pharma-Industrie zeigen, dass verschiedene als erfolgsversprechend eingeschätzte Substanzen die anfänglichen Erwartungen nicht erfüllen und nicht zu einem teuer verkäuflichen patentgeschützten Produkt führen, sondern zu einem teuren Flop.
 
Soweit das Schreiben von Martin Eitel. Die Blog-Autorin Lislott Pfaff hatte mit Bezugnahme auf einem Artikel in der „Aargauer Zeitung“ (AZ) vom 28.09.2010 erwähnt,
 
„dass die Health Science Company in Lausanne Grundlagenforschung im Bereich von Herz-Kreislauf-Beschwerden, Alzheimer, Diabetes sowie im Bereich von Metabolismus und Zellalterung betreiben wird. Wozu denn solche professionelle medizinische Forschung, wenn nicht im Hinblick auf die Entwicklung von Pharmaprodukten? Wohl kaum, um lediglich Nahrungsmittel ,mit einem gesundheitlichen Mehrwert’ (wie es z. B. bei Bio-Produkten der Fall ist) auf dem Markt zu lancieren. Der Konzern wage sich in branchenfremdes Terrain vor, schreibt die AZ,denn die Produkte sollen rezeptpflichtig über Ärzte, Apotheken und Spitäler abgegeben werden. Das ist bestimmt nicht nur eine Vermutung, sondern knallharte Realität.“
 
Martin Eitel seinerseits fand diese Feststellungen bestätigt:
 
Tatsächlich wurde berichtet, der Nestlé-Konzern wolle die Nahrung auch rezeptpflichtig über Ärzte, Apotheken und Spitäler abgeben. Unter Bezugnahme auf die Aargauer Zeitung ist dann in der Tat auch im Grenchner Tagblatt vom 28.09.2010 der Artikel „Die Tiefkühlpizza auf Rezept“ abgedruckt.
 
Weitere Nachforschungen haben ergeben, dass sich die überwiegende Zahl der Medien offenbar auf den Inhalt der Nestlé-Pressemitteilung zu beschränken scheint und über Vertriebswege und Rezeptpflicht keine Aussagen trifft:
 
Ausser der Aargauer Zeitung und dem Grenchner Tagblatt gab es 3 leicht auffindbare Quellen, die sich zum Vertriebsweg und zur Rezeptpflicht / Zulassung der Produkte äusserten.
 
Die Frankfurter Allgemeine (FAZ.net) bezieht sich auf ein Gespräch mit dem Nestlé-Verwaltungsratspräsidenten Peter Brabeck, Nestlé könne sich alle möglichen Formen pharmabasierter Nahrungsmittel vorstellen. Je nach Produkt sollen in späteren Jahren alle möglichen Vertriebskanäle, von Supermärkten bis zu Ärzten, genutzt werden. Allerdings liege das Hauptgewicht wohl bei Ärzten und Krankenhäusern. Daher glaubt Brabeck, der einst als Vorstandsvorsitzender mit dem Kauf des Novartis-Unternehmens die Grundlage für die neue Sparte gelegt hatte, dass sehr viele der geplanten Produkte eine behördliche Zulassung benötigten.
 
 Bei „20 Minuten Online“ heisst es: Angesprochen darauf, wie die neuartigen Nahrungsmittel künftig verkauft werden sollen, gibt sich Luis Cantarell, designierter Präsident und CEO der Nestlé Health Science AG, offen: Einige könnten durchaus in Apotheken auf Rezept verkauft werden, aber den freien Verkauf sehe er ebenso als Möglichkeit.
 
Bei RP Online heisst es dazu: Konkrete Produkte stellten die Schweizer noch nicht in Aussicht; Nestlé denkt aber laut einer namentlich nicht benannten Sprecherin sowohl an Nahrungsmittel, die frei in Drogerien und Supermärkten erhältlich sind wie „Carnation Breakfast"-Frühstücksflocken, aber auch an verschreibungspflichtige Produkte, die über Apotheken und Krankenhäuser vertrieben werden.
 
Die noch wenig konkreten Vorstellungen gehen also offenbar von frei verkäuflichen bis zu rezeptpflichtigen Produkten, wobei sich Cantarell einige verschreibungspflichtige Produkte und sonst frei verkäufliche Produkte vorstellt, während Brabeck von sehr vielen zulassungspflichtigen Produkten ausgeht.
 
Im Ergebnis sind natürlich weder die Pillen, Säfte und Spritzen der Pharma-Mafia die Lösung, noch solche neuartigen Kreationen von Nestlé u. a., seien es nun frei verkäufliche oder verschreibungspflichtige Nahrungsmittel. Die einzig richtige Lösung sind natürlich möglichst naturnahe Lebensmittel ohne Zusatzstoffe.
 
Liebe Grüsse in die Schweiz
Martin Eitel
 
Pharma als reine Wirtschaftsunternehmen
Peter Rindlisbacher (E-Mail: rindlisba8@bluewin.ch) bezog sich auf dieReaktionen auf Blogs (16): Ärzte, die nicht heilen wollen“ vom 09.08.2005 und übermittelte uns dazu diesen Kommentar:
 
Den folgenden Text (nebst anderen Fakten) habe ich meiner Krankenkasse (Visana), dem Berner Verwaltungsgericht und dem Bundesgericht in Luzern bekanntgemacht:
 
„Heute hat die Wirtschaft der Pharmakologie allerdings ein ganz anderes Niveau erreicht. Heute wird nicht einmal mehr vor der Öffentlichkeit verborgen, dass die Pharmaindustrien reine Wirtschaftsunternehmen sind. Unter dem Titel: ,Gesundheitssystem: In der Fortschrittsfalle’ veröffentlichte Klaus Dörner im Deutschen Ärzteblatt 99, Ausgabe 38 vom 20.09.2002, Seite A-2462 (B-2104/C-1970) diesen Text:
 
,Der Wettbewerb zwingt zur Erschliessung neuer Märkte. Das Ziel muss die Umwandlung aller Gesunden in Kranke sein, also in Menschen, die sich möglichst lebenslang sowohl therapeutisch, rehabilitativ und präventiv manipulierungsbedürftig halten, um überleben zu können. Das gelingt im Bereich der körperlichen Erkrankungen schon recht gut, im Bereich der psychischen Störungen aber noch besser, zumal es keinen Mangel an Theorien gibt, nach denen fast alle Menschen nicht gesund sind. Fragwürdig ist die analoge Übertragung des Krankheitsbegriffs vom Körperlichen auf das Psychische.’
 
Diesen Text entnahm ich dem Buch ,Alles über die Grippe, die Influenza und die Impfungen’ aus dem klein-klein-verlag in Langenargen. Der Originalartikel steht aber heute noch im Internet:
 
Die Reaktion darauf war null. Ein Gesundheitssystem und eine Justiz die vorsätzliche Körperverletzung schützt?
 
Freundliche Grüsse
Rindlisbacher Peter
 
Stuttgart 21 und die Demokratie
Im Blog Stuttgart 21: Wenn Entscheidungsträger das Volk überfahren vom 11.10.2010 habe ich die Vermutung geäussert, dass der Volksaufstand gegen den an sich zweckmässigen Bahnhofumbau (Durchlauf- statt Kopfbahnhof) aus mangelnden Möglichkeiten zur Mitwirkung der Bevölkerung hervorgegangen sein könnte. Dazu schrieb Martin Eitel, der die deutschen Verhältnisse zweifellos detaillierter als ich kennt, erläuternd und ergänzend:
 
Das Projekt Stuttgart 21 ist zweifelsohne, rechtlich und verfassungsrechtlich betrachtet, korrekt beschlossen worden. Und wenn man ein Luftbild des Stuttgarter Hauptbahnhofes mit den vielen Abstellgleisen sieht (140 Kilometer Gleise auf 82 Hektar Grund), ist ein Umbau sicher naheliegend, gerade in einer Stadt, die auf allen Seiten von Hängen umgeben ist, welche einer Ausdehnung enge Grenzen setzen. Vor diesem Hintergrund ist ein unterirdischer Bahnhof sicher für die Stadtentwicklung insgesamt positiv. Dieser Gesichtspunkt ist natürlich ein deutliches Argument für das Projekt.
 
Eine rechtskräftige Baugenehmigung gibt in einem Rechtsstaat dem Inhaber ein Recht zum Bauen. Eine rechtmässig erteilte Baugenehmigung kann zu recht nur unter ganz bestimmten engen Voraussetzungen wieder aus dem Verkehr gezogen werden. Den positiven Chancen für die Stadtentwicklung stehen gewisse Befürchtungen der Bevölkerung entgegen.
 
Wie der Ausstieg aus dem Atomausstieg zeigt, sind selbst tief greifende Entscheidungen nicht grundsätzlich unumkehrbar, wenn es für Grosskonzerne vorteilhaft ist. Gleiches muss dann natürlich auch für Stuttgart 21 gelten, das ja kein reines Bahnprojekt ist, sondern ein Stadtentwicklungsprojekt. Da die Deutsche Bahn AG keine börsennotierte Aktiengesellschaft ist, sondern sich nach dem gescheiterten Börsengang noch immer im 100-prozentigen Besitz des Bundes befindet, kann der Alleinaktionär auch die Entscheidung treffen, den Umbau des oberirdischen Kopfbahnhofes in einen unterirdischen Durchgangsbahnhof abzuändern.
 
Aufgrund des im Personenverkehr – Regional- und Fernverkehr ‒ weitgehend realisierten Wendezugbetriebs (Schweiz: Pendelzüge) entfallen in Kopfbahnhöfen in der Regel Rangierarbeiten, die die Vorhaltung von Rangiergleisen und -personal erfordern, so dass ein erheblicher Teil der Vorurteile gegen Kopfbahnhöfe überholt sein dürfte.
 
Wie beim aufgegebenen Projekt Transrapid in München (http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,543688,00.html)
werden aufgrund zahlreicher negativer Erfahrungen mit realisierten öffentlichen Grossprojekten sicher zu recht erhebliche Kostensteigerungen befürchtet, wie z. B. auch die Elbphilharmonie in Hamburg jüngst wieder nachhaltig gezeigt hat (http://www.stern.de/kultur/kunst/streit-um-elbphilharmonie-hamburg-verklagt-hochtief-1556605.html). Bei leeren öffentlichen Kassen wird das zu recht als ein Problem angesehen. Das hätte man aber durch eine entsprechende Vertragsgestaltung lösen können.
 
Darüber hinaus ist erst spät öffentlich bekannt geworden, dass die Neubaustrecke von Stuttgart nach Ulm wegen der projektierten Steigung offenbar nicht für die derzeit verwendeten Güterzüge tauglich ist. Sie hat Streckenabschnitte, die mit bis zu 3,1 % Steigung steiler sind als die Geislinger Steige auf der bestehenden Strecke (2,25 %), so dass sie im Ergebnis nur von wenigen Zügen genutzt werden kann. Die der Planung zugrunde gelegten leichten schnellen Güterzüge gibt es nicht, und ob und wann es sie geben wird, ist nicht absehbar.
 
Schliesslich befürchten Bewohner von Stuttgart aufgrund der geologischen Verhältnisse eventuell bei den Bauarbeiten im Stuttgarter Untergrund ähnliche Probleme wie in Staufen (vgl. http://www.badische-zeitung.de/staufen/staufener-risse-erde-hebt-sich-langsamer--24339389.html), wo Erdwärme-Bohrungen zahlreiche teure Schäden an der Bausubstanz ergeben haben. Diese Befürchtungen haben ihre Grundlage offenbar darin, dass der Engelberg-Tunnel im Bereich der Autobahn A 81 bei Stuttgart eine Dauerbaustelle ist, nachdem auch dort aufquellendes Gestein immer wieder zu Schäden führt. Auch der Einsturz des Stadtarchivs in Köln bei dem dortigen U-Bahn-Bau (http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2010-02/koeln-u-bahn-pfusch) ist sicher ein Grund für die Antipathie gegen die geplanten umfangreichen Wühlarbeiten im Stuttgarter Untergrund.
 
Zur Klarstellung sei darauf hingewiesen, dass hier das Projekt, das durchaus positive Aspekte aufweist, nicht in Frage gestellt werden soll. Gerade wenn man den umweltschädlichen Luftverkehr und den ebenfalls zumindest zurzeit noch umweltschädlichen Individualverkehr mit benzinbetriebenen Fahrzeugen verringern will, kommt man an einem sinnvollen Ausbau der Schieneninfrastruktur nicht vorbei. Tatsache ist aber, dass es den Befürwortern des Projekts nicht gelungen ist, die Bedenken nachhaltig zu entkräften und die durchaus erkennbaren Vorteile überzeugend darzustellen. Darüber hinaus erscheint auch die Beteiligung der betroffenen Bürger bei derartigen Projekten verbesserungswürdig, wenngleich sicher so weit reichende direkte Beteiligungsmöglichkeiten wie in der Schweiz schon wegen der höheren Einwohnerzahl wenig praktikabel und realistisch sind.
 
Das kirchliche Sonderarbeitsrecht in Deutschland
Im Blog Priester, Swami, Kirchen: Haben Sie katholisch geheiratet vom 20.10.2010 hat Heinz Scholz eine kuriose Geschichte erzählt: Dem Kirchenmusiker Bernhard Schütz wurde die Stelle wegen Ehebruchs gekündigt. Die rechtlichen Aspekte, die auf solche Fälle zutreffen, hat Martin Eitel aufgezeichnet:
 
Zur Klarstellung sollte darauf hingewiesen werden, dass von diesem kirchlichen Sonderarbeitsrecht nur die Mitarbeiter im Dienst der Kirchen und der kirchlichen Einrichtungen (z. B. Krankenhäuser, Schulen, Kindergärten, etc.) betroffen sind und nicht etwa alle Arbeitnehmer, deren Arbeitgeber irgendwie christlich orientiert ist. Hintergrund sind in Deutschland die in das Grundgesetz übernommenen Kirchenrechtsartikel der Weimarer Reichsverfassung (Art. 140 GG, 136 ff. WRV) sowie die Rechte der Kirchen aus Art. 9 (Religionsfreiheit) i. V. m. Art 11 EMRK (Vereinigungsfreiheit).
 
Eine kurze Darstellung der beiden im September 2010 vom Gerichtshof in Strasbourg entschiedenen Fälle zum kirchlichen Arbeitsrecht in Deutschland und eine kurze juristische Bewertung sind zu finden bei Legal Tribune Online (Fundstellen am Ende dieses Texts).
 
Nach den beiden Urteilen des Gerichtshofs sind jeweils die Rechte der Kirche auf Achtung ihrer Konventionen und die der Arbeitnehmer auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens gegeneinander abzuwägen, wobei die jeweiligen Umstände des konkreten Falles wie z. B. auch die Beschäftigungschancen zu berücksichtigen sind. In der Regel kommt dabei nach der deutschen Rechtsprechung eine ganz wesentliche Bedeutung der Frage zu, welche Nähe der Mitarbeiter zum kirchlichen Auftrag hat, ob er also beispielsweise nur als Gärtner oder in der Erziehung und Ausbildung tätig ist und damit auch für die Vermittlung der kirchlichen Lehren zuständig ist: Je ausgeprägter die Nähe des Mitarbeiters zum kirchlichen Missionierungsauftrag, desto höher sind auch die Anforderungen an die Einhaltung der kirchlichen Regeln durch den Mitarbeiter. Im Ergebnis hat der Gerichtshof in Strasbourg damit das kirchliche Sonderarbeitsrecht in Deutschland im Grundsatz als mit der Europäischen Menschenrechtskonvention vereinbar angesehen, jedoch letztlich eine stärkere Differenzierung durch die Gerichte angemahnt.
 
 
 
Wie giftig ist der Parasol?
Wir freuen uns immer, wenn auch die älteren Blog, die ja im Internet aufgeschaltet bleiben, Beachtung finden, so Heinz Scholz’ Arbeit „Am Belchen-Fuss: Parasolpilze und Grosse Schirmlinge vom 23.08.2005. Kurt Meier (E-Mail: norasitz@web.de) äusserte sich dazu wie folgt:
 
Leider wird der Parasol immer wieder über den grünen Klee gelobt, obwohl dieser Pilz in rohem Zustand giftig ist. Wer diesen Pilz also brät, sollte sich im klaren sein, dass nicht durchgebackene Teile, z. B. wegen ungleicher Dicke, was besonders beim noch geschlossenen Pilz der Fall sein kann, zu Magen-Darm-Beschwerden führen kann ‒ mit einem pfeffer- bis gallenartigen Geschmack im Rachenraum.
 
Autor Heinz Scholz bat seinen Wanderfreund und Pilzkenner Toni Fitting um eine Stellungnahme:
 
Hallo Heinz,
roh genossen sind sie in der Tat leicht giftig, aber wer isst sie schon roh! Die Gefahr, dass man die Pilze nicht ganz durchbrät, ist meines Erachtens ausserordentlich gering. Ich sammle und esse sie schon über 50 Jahren, ein hervorragender Speisepilz!
 
Beste Grüsse
Toni
 
Zickenkrieg
Manfred Hesse (E-Mail: mhesse@hispeed.ch) griff nach der Lektüre des Blogs „Departementsrochade im CH-Bundesrat: Verstummter Jubel“ vom 28.09.2010 in die Tasten:
 
Hallo Herr Hess,
das mit dem Zickenkrieg hat mir gefallen.
 
Anbei noch etwas Relevantes zum neuen Bundesrat: Fehlen nur noch die Täscheli (Täschchen) mit ihren versteckten oder vergessenen Tiefen. Ein unendliches Thema...
 
Beste Grüsse
Manfred Hesse
 
Unsere digitale Tasche, in welcher die Zuschriften verstaut sind, ist zwar noch nicht leer. Wir werden im nächsten Reaktionen-Blog daraus schöpfen. Wir freuen uns über die vielfältige Post – kritische, ergänzende und auch lobende Zuschriften sind bei uns jederzeit willkommen. Wir bedanken uns für die grosse Aufmerksamkeit, die unserem Schaffen zuteil wird, und die befruchtende Mitwirkung unserer Leserschaft.
 
 
Hinweis auf die bisher erschienenen „Reaktionen auf Blogs“
05.10.2010: Reaktionen auf Blogs (97): Von Medikamenten und Werbung
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