BLOG vom: 14.04.2011
Frühjahrskräuter (1): Im Wald duftet's wieder nach Bärlauch
Autor: Heinz Scholz, Wissenschaftspublizist, Schopfheim D
„Der Bärlauch ist eine der stärksten und gewaltigsten Medizinen in des Herrgotts Apotheke. Wohl kein Kraut der Erde ist so wirksam zur Reinigung von Magen, Gedärmen und Blut.“
(Kräuterpfarrer Johann Künzle, 1857‒1945)
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„Blähungsbeschwerden im Darm mit Brennen im Unterleib und starkem Harndrang bei Blasenreizung können mit Bärlauch hervorragend bekämpft werden (…). Am allerbesten wirkt Bärlauch gegen die Verhärtung der Arterien, so dass dieses Pflänzchen allen alten Leutchen zum Lebensverlängerer, wenn nicht sogar zum Retter aus der Not werden kann.“
(Alfred Vogel, „Der kleine Doktor“).
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In unseren Wäldern und schattigen Auen duftet es zur Zeit verführerisch nach Bärlauch. Immer mehr Menschen sind ganz verrückt nach dem gesunden „Wildknoblauch“ oder „Waldknoblauch“, wie der Bärlauch (Allium ursinum) auch genannt wird. Die Liebhaber der nach Knoblauch duftenden Pflanze sammeln die Blätter selbst, zaubern leckere Gerichte oder lassen sich in Wirtschaften von Bärlauch-Gerichten verwöhnen. Manche stellen sogar einen Bärlauchwein oder Bärlauchschnaps her.
Der Bärlauch wurde lange Zeit vernachlässigt. So findet man in älteren Kräuterbüchern keine oder nur vereinzelt Hinweise auf Anwendungen. Heute aber ist es so, dass der Bärlauch dem Basilikum in Sachen Beliebtheit den Rang abgelaufen hat. Leider gibt es den Bärlauch nur kurze Zeit, während Basilikum das ganze Jahr zur Verfügung steht. Im Winter wird Basilikum in Töpfen gezogen angeboten.
Als kürzlich ein Nachbar Karin, der Frau meines Wanderfreundes Ewald Greiner, Bärlauchblätter brachte und sie eine wohlschmeckende Bärlauch-Suppe bereitete, kamen wir auf die Idee, an einem Tag selbst einmal in einem Wald am Rande des Dinkelbergs herumzustrolchen, um Bärlauch zu sammeln. Am 06.04.2011 war es so weit. Wir fuhren nach Maulburg (Kreis Lörrach D, unweit von Schopfheim entfernt) und suchten dort ein uns bekanntes Bärlauchareal auf. Wir stapften einem schmalen, vom Regen der Vortage aufgeweichten Weg entlang und erreichten einen etwas steileren Abhang in einem Wäldchen. Dort bot sich uns ein schöner Anblick: ein grüner Bärlauchteppich im Buchenwald. Der Bärlauch wuchs dort so üppig, dass wir in kurzer Zeit unsere Körbe mit den grasgrünen lanzettförmigen Blättern füllen konnten. Das Areal war noch von anderen Sammlern verschont geblieben. Wir entdeckten keine Trampelspuren oder kahle Stellen im Bärlauchareal. Vereinzelt lagen angefaulte Baumstämme zwischen den Bärlauchpflanzen. Spuren von Wildschweinen oder Füchsen sahen wir nicht. Ihnen war wohl der Hang zu steil oder sie mieden die Knoblauchfahnen, die vom Bärlauch ausgingen.
Das fiel mir auf: Auf den Bärlauchblättern entdeckten wir keine Frassspuren. Die grünen Blätter waren auch nicht von einem Schadpilz befallen. Der Geruch schreckt wohl unbeliebte „Gäste“ der Pflanze ab. Die Üppigkeit zeugt von einer unglaublichen Potenz.
Wie ich hörte, haben Liebhaber des Bärlauchs sogar einige Pflanzen in ihrem Garten gezogen. Sie gedeihen dort bei Vorliegen eines idealen Bodens sehr üppig.
Verwechslungen kommen vor
Aufgepasst beim Sammeln! Unkundige verwechseln zuweilen die Blätter des Bärlauchs mit den Blättern der hochgiftigen Herbstzeitlose. Die Gefahr besteht deshalb, weil die Blätter der Herbstzeitlose manchmal zusammen mit den Bärlauchblättern im Frühjahr herauswachsen. Verwechslungen kommen auch mit dem giftigen Maiglöckchen vor. Auf diese Gefahr haben wir – Frank Hiepe und ich – in unseren gemeinsamen Vorträgen und im Heilpflanzenbuch „Arnika und Frauenwohl“ hingewiesen.
Bei unserer Wanderung entdeckten wir Herbstzeitlosenblätter nicht im Bärlauchfeld, sondern am Waldrand auf Wiesen. Die Blätter der Herbstzeitlose sind schmaler, etwas dunkler grün gefärbt und spriessen oft in Büscheln aus der Erde. Die Herbstzeitlosenblätter und diejenigen des Maiglöckchens riechen nicht nach Knoblauch. Kürzlich las ich, dass man sich nicht auf den Geruch verlassen soll. Vielleicht hatte der Journalist, der diese Behauptung in die Welt gesetzt hat, kein gutes Näschen gehabt. Wer den Knoblauchgeruch nicht so gut wahrnimmt, kann ja ein Teil des Blattes mit den Fingern verreiben. Dann wird der Geruch stärker wahrgenommen.
Wichtig ist auch, dass der Sammler richtig sieht. In der Vergangenheit kamen gerade bei älteren Menschen solche Verwechslungen vor.
Also aufgepasst, ihr fleissigen Bärlauchsammler! Schaut genau hin und sammelt die richtigen Blätter. Denn sonst könnte das eure letzte Mahlzeit sein.
Nun, wir haben aufgepasst und am Abend beruhigt das von Karin bereitete Pesto genüsslich probiert. Wir haben die Verkostung überlebt. Sie bereitete das Pesto mit Bärlauchblättern, Parmesan, Olivenöl und Pinienkernen zu. Sie verwendete keinen Pürierstab oder Mixer, sondern einen Fleischwolf. Man kann Pesto auch mit Basilikum zubereiten.
Bärlauchpesto
Zutaten: 500 g frischen Bärlauch, 100 g Parmesan, 50‒70 g Pinienkerne, 250 ml Olivenöl extra vergine, Pfeffer und Salz (Meer- oder Kräutersalz).
Zubereitung: Blätter grob schneiden, Parmesan, Pinienkerne (Kerne ohne Fett leicht hellbraun anrösten), Olivenöl und Gewürze hinzufügen, mit dem Mixstab bei niedriger Geschwindigkeit mischen oder durch den Fleischwolf drehen. Mischung in saubere Gläser abfüllen. Wenn das Pesto länger aufbewahrt werden solle, dann ab in den Gefrierschrank. Das Aroma und das Grün bleiben dann lange erhalten.
Rezepte finden Sie in meinem Blog vom 20.03.2008: „Bärlauch frisch vom Wald in die frühlingshafte Haute Cuisine“und in der Online-Ausgabe der „Badischen Zeitung“ unter der Rubrik „Achtung Pflanze!“
Gipsgrube und Anlage „Knickebein 12“
Nachdem wir den Korb mit Bärlauchblättern gefüllt hatten, schlug ich vor, doch noch einige Besonderheiten in der Nähe in Augenschein zu nehmen.
In der Nähe unseres Bärlauchhangs befindet sich ein Stolleneingang (Stollenmundloch) der ehemaligen Gipsgrube von Bartlin Grether aus Maulburg. Bis 1903 wurde hier Gips bergmännisch, d. h. unter Tage, abgebaut. Der Zugang und der Eingangsbereich zum Stollen wurden 2004 durch eine Arbeitsgruppe des „Geschichts- und Kulturvereins e. V. Maulburg“ sehr schön angelegt. Der Zugangsbereich zum Stollen beträgt laut Plan 110 m.
Gips wurde übrigens an vielen Stellen des Dinkelbergs abgebaut. Er diente als Bau- und Ackergips.
Wer sich für den Bergbau und die Geologie des Dinkelbergs interessiert, findet unter der folgenden Adresse Hinweise und Fotos: www.geologie-des-dinkelbergs.de/bergbau.html
Auf einer Anhöhe im Gewann „Auf Dachsig“ befindet sich eine ehemalige Funk-Leitstrahlanlage. Diese wurde in den Jahren 1939‒1940 von der deutschen Luftnachrichtentruppe erbaut. Der 100 m im Durchmesser messende Betonkreis mit einer Laufrinne in der Mitte ist noch gut zu sehen. Ebenfalls die 3 Fundamente der ehemaligen Mannschafts- und Gerätebaracken. Die Eisenkonstruktion der Sendeanlage war 30 Meter hoch. Auf dem Betonkreis konnte diese in die gewünschte Leitstrahlrichtung gedreht werden.
Auf einer Info-Tafel neben einer Sitzbank, die von 2 mächtigen Weidbuchen umrahmt ist, konnte ich folgende Infos über die Anlage lesen (Text von Günter Wassmer): „Die Funk- und Leitstrahlanlage vom Typ ,Knickebein 12’, die hier im Einsatz war, ist gebaut worden, um mit Hilfe des sogenannten Leitstrahls die deutschen Bomber ins damals feindliche Ziel (z. B. Frankreich) zu steuern. Zur genauen Steuerung der Flugzeuge waren 2 solcher Anlagen nötig.“ Die imposante und weithin sichtbare Anlage war 1944/45 auch Ziel einiger Bombenangriffe. Ein Blindgänger traf den Kreis. 1948 wurde die Anlage von einem französischen Sprengkommando zerstört. Der kreisrunde Betonsockel ist heute von Sträuchern und kleinen Bäumen umwachsen.
Nach diesem Ausflug in die Vergangenheit brachten wir die Körbe mit dem nach Knoblauch riechenden Bärlauch heil nach Hause. Karin wartete schon sehnsüchtig auf diese Köstlichkeit aus dem Wald. Sie machte sich sofort daran, ein Pesto zuzubereiten.
Internet
Literatur
Künzle, Johann: „Das grosse Kräuterheilbuch“, Verlag Otto Walter, Olten 1945.
Scholz, Heinz; Hiepe, Frank: „Arnika und Frauenwohl“, Ipa-Verlag, Vaihingen 2002.
Vogel, Alfred: „Der kleine Doktor“, Verlag A. Vogel, Teufen, 68. Auflage.
Vonarburg, Bruno: „Energetisierte Heilpflanzen“, AT Verlag, Aarau 2010.
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