BLOG vom: 06.12.2011
Bomben-Stimmung in Koblenz D und die Geschichte dahinter
Autor: Walter Hess, Publizist, Biberstein AG/CH (Textatelier.com)
Dank Niedrigwasser kann man manchmal in die Tiefe gehen: Im deutschen Koblenz, vor dem Stadtteil Pfaffendorf, wurde im austrocknenden Rheinbett am 20.11.2011 eine fast 1,8 Tonnen schwere Luftmine mit Stahlmantel aus dem 2. Weltkrieg ausgemacht, verniedlichend „Trumm“ genannt, so etwas wie ein Endstück, ein Trümmer. Der Medienmainstream berichtete zuerst nichtssagend von einer „alliierten Bombe“, was eigentlich logisch war, denn man konnte sie mit dem besten Willen nicht den Deutschen in die Schuhe schieben. Es handelt sich in Tat und Wahrheit um eine der grössten, mit hochexplosivem Sprengstoff gefüllten Luftminen mit ihren Aufschlagszündern, welche die Briten im 2. Weltkrieg abwarfen (HC 4000). Mit ihnen können Gebäude in einem Umfeld von bis zu 1 km zerstört oder beschädigt werden. Nicht weniger als 130 davon liess der britische Luftmarschall Arthur Harris („Bomber-Harris“) am 06.11.1944 zusammen mit 153 392 Stabbrandbomben, 456 Flammstrahlbomben und 23 Sprengbomben vorwiegend auf Wohnbereiche von Koblenz werfen, nachdem die Stadt bereits früher von den Amerikanern zerbombt worden war. Dann galt es für die Medienkonsumenten noch zu enträtseln, woher denn die „125 Kilo schwere Fliegerbombe und ein Tarnnebelfass aus Weltkriegs-Zeiten“ (ZDF-online) stammen könnten, die über 66 Jahre lang das Rheinwasser ertrugen. Bei soviel Geheimnistuerei ging man nicht fehl in der Annahme, dass die Fliegerbombe US-amerikanischer Herkunft war, versäumt diese Kriegsnation doch keine Bombardierungsmöglichkeit.
Im Hinblick auf die Entschärfung dieser Blindgänger mussten in Koblenz 45 000 Personen die Umgebung verlassen, auch die Patienten aus 2 Spitälern und Gefängnisinsassen. Der gesamte Verkehr musste eingestellt werden. Man sprach von der grössten Evakuierung seit dem 2. Weltkrieg. Die Entschärfung der Bomben ist am Sonntagnachmittag, 04.12.2011, gelungen, eine delikate Aufgabe. Die Bomben wurden von 350 mit Sand gefüllten Big-Bags und 4500 landesüblichen Sandsäcken behelfsmässig abgeschirmt; die Beseitigung der Zünder war ein gefährlicher Akt. Wenn das jemand kann, dann sind es Deutsche mit ihrer technischen Begabung.
Spiegel-online berichtete über die permanente Bombenstimmung in Deutschland, notgedrungen auf der Grundlage von Schätzungen: „Über 5500 Bomben (...) tauchen jedes Jahr in Deutschland auf und müssen entschärft werden. Sie landen in Fischernetzen, werden bei Strassenbauarbeiten von Baggern nach oben geholt oder von Bauern versehentlich aus dem Acker. Wir wohnen und leben auf geschätzt noch über 100 000 explosiven Altlasten, die allesamt das Zeug haben, Katastrophen zu verursachen. Besonders betroffen sind die einst besonders stark bombardierten Gebiete ‒ das Ruhrgebiet, Köln, Hamburg, Berlin, aber auch kleinere Städte wie Wesel oder Koblenz.“
Die Bombenerfahrungen der Schweiz
Ja, der Bombenterror der Alliierten mit massgeblicher Beteiligung der US Air Force war grenzenlos; er dauerte selbst dann noch an, als die strategischen Ziele bereits aufgebraucht waren und dann Wohngebiete zu „Kommandozentren“ umgelogen wurden, auf dass sie niedergemäht werden konnten (so am 16.03.1945 in Würzburg, um nur ein Beispiel unter vielen zu nennen).
Wir Schweizer hatten ebenfalls unter dem Bombenterror zu leiden, wenn auch in verhältnismässig geringem Aufwand: Am 01.04.1944 wurde Schaffhausen von den Amerikanern bombardiert, wobei 49 Menschen getötet wurden und etwa 270 zum Teil schwer verletzt wurden. Am 22.02.1945 waren Stein am Rhein SH, Rafz ZH und Vals GR an der Reihe, bei denen 18 Unschuldige ausgelöscht wurden. Und dann waren am 04.03.1945 auch noch Zürich (5 Tote, 10 Verletzte) und Basel (Bahnareal) auf dem Programm der US-Luftwaffe – in Basel gab es wie durch ein Wunder keine Opfer.
Die Angriffe wurden in der üblichen Lügenmanier der Amerikaner als „Irrflüge“ und „Verwechslungen“ heruntergespielt. Wie kannte man zum Beispiel bei klarem Wetter Basel mit Freiburg i. Br. verwechseln? Entweder logen die Amerikaner oder sie waren strohdumm. Die Bombenabwerfer von Basel, Staffelkapitän Leutnant William Sincock und Navigator Theodore Baldies, die pro forma angeklagt wurden, sprach ein US-Militärgericht selbstverständlich frei. Als Gerichtspräsident amtete der spätere Hollywood-Filmstar James Stewart („Guter Junge“, „Der Mann, der zu viel wusste“), der als Operationsoffizier selber an Feindflügen teilgenommen hatte. Bei den Bombardierungen ging es zweifellos um Strafaktionen wegen der Beziehungen von Schweizer Banken und Rüstungsindustrie zu Nazi-Deutschland.
Wahrscheinlich täte man in der Schweiz gut daran, den gegenwärtig diskutierten Kauf von 22 schwedischen Kampfjets („Gripen“ von Saab) zur Landesverteidigung auch unter solchen Vorgaben zu überdenken. Die Linke versucht mit allen Mitteln, diesen Kauf zu torpedieren; denn die Armeeschwächung oder -abschaffung würde auch die Schweiz hilflos machen und ihren Übergang in einen Staatenverbund beschleunigen – das seit langen von sozialdemokratischer Seite angestrebte Ziel. Zum Glück gibt es noch weitsichtige Leute wie den Armeechef André Blattmann und Verteidigungsminister Ueli Maurer, welche die Unsicherheit der gegenwärtigen Lage für die reiche Schweiz richtig einschätzen.
England wollte den Krieg
Die Bomben-Entschärfung in Koblenz D hat mich auch zu anderen Gedankengängen verleitet: England wäre nicht in den 2. Weltkrieg verwickelt worden, wenn es dies nicht ausdrücklich gewollt hätte. In diesem Zusammenhang sei bloss an den Flug von Rudolf Hess (1894‒1987) in einer kleinen Messerschmitt-Maschine („Me 110“) am 10.05.1941 erinnert, der in England bzw. Schottland Friedensverhandlungen führen wollte. Ob er dies aus eigenem Antrieb oder auf Geheiss von Adolf Hitler tat, bleibt umstritten. Wahrscheinlich erschien ihm ein Zweifrontenkrieg (gegen Russland auf der einen und gegen England auf der anderen Seite) als aussichtslos.
Die Engländer wollten keine Friedensverhandlungen, verunmöglichten Hess die nächtliche Landung, bis ihm der Treibstoff ausging, die Maschine in Trudeln kam und er sich mit dem Fallschirm retten musste. Der Friedensbotschafter wurde festgenommen und inhaftiert. Winston Churchill versenkte Hess im Tower von London und liess ihn dann nach Mytchett in Isolationshaft verlegen. In den Nürnberger Prozessen nach Kriegsende wurde er von Internationalen Militärgerichtshof zu lebenslanger Haft verurteilt und 1947 ins Militärgefängnis der Alliierten in Berlin-Spandau verlegt. Nach 46 Jahren Haft zeigten sich die Sowjets 1987 unter Michail Gorbatschow bereit, den 93-Jährigen vereinsamten Gefangenen aus dem Gefängnis zu entlassen.
Ausgerechnet dann starb er – genau damals, als es keinen Grund für einen Selbstmord mehr gab. Die offizielle Version lautete: Suizid. Damit wurde verhindert, dass Rudolf Hess die Geheimnisse um seine Friedensmission lüften konnte, was für die Briten wahrscheinlich äusserst peinlich gewesen wäre. Riesige Verwüstungen hätten verhindert werden können. Im Film „Geheimakte Hess“ (2004) vertreten der Historiker Olaf Rose und der Medienwissenschaftler Michael Friedrich Vogt die Ansicht, Hess sei vom britischen Geheimdienst erdrosselt worden.
*
Die letzten 100 Geschichtsjahre hätten manch eine Revision verdient; doch wird alles unternommen, um die etablierten Gebäude aus Lügen, Verdrehungen und Faktenunterschlagungen am Einsturz zu hindern. Spektakuläre Anlässe wie die Entschärfung der britischen Riesenbombe in Koblenz müssten doch zum Anlass genommen werden, die Geschichte, wie sie uns auf dem offiziellen Präsentierteller angeboten wird, kritisch zu hinterfragen und zu revidieren. Über Lügen als Voraussetzungen zum Auslösen von Kriegen haben wir in den letzten Jahren ja ausreichend Erfahrungen gemacht. Und die Zeit ist längst gekommen, um daraus Konsequenzen zu ziehen.
Inzwischen regnet es wieder. Altlasten werden überdeckt.
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