Textatelier
BLOG vom: 22.12.2011

Öffnen von Nüssen: Knackiger knacken grosse Nussknacker

Autor: Heinz Scholz, Wissenschaftspublizist, Schopfheim D
 
Als ich kürzlich jede Menge Walnüsse (Baumnüsse) von Walter Hess bekam, überlegte ich, wie die harten Nüsse am besten geknackt werden könnten. Zunächst benutzte ich den üblichen Hebel-Nussknacker, der in ähnlicher Form vermutlich schon von Aristoteles erfunden wurde. Dieses zangenartige Werkzeug hat jedoch einige Nachteile. Da gibt es Nüsse, die sehr widerspenstig sind, das heisst, sie lassen sich nur mit grossem Druck knacken. Ein weiterer Nachteil dieses Geräts ist, dass oft die Einzelteile der Nussschale im Raum herumfliegen und man die herumliegenden Splitter einsammeln muss. Wenn ich so eine Nuss nicht gleich aufbekomme, dann probiere ich, ob man sie quer oder längs der Naht positionieren muss, um sie besser aufzuknacken. Wenn ich so verfahre, geht mir jede Nuss, jedoch mit kräftigem Druck, auf. Schwierig wird es für unsere 5 1/2-jährige Enkelin Melina, die dann versucht, die Nüsse zu zertrümmern. Es gelingt ihr nicht immer. Bei Erfolglosigkeit des Drückens muss dann der Opa als Vorbrecher fungieren. Sie freut sich dann immer wieder, wenn es ihr gelingt, die vorgeknackten Nussschalen ganz aufzubrechen.
 
Wanderfreund Ewald empfahl mir ein ganz anderes Gerät, nämlich den Fackelmann (5,99 Euro). Leihweise durfte ich ihn einmal ausprobieren. Man legt die Nuss in den nach unten verengten Behälter und knackt dann die Nuss mit Hilfe von 2 Hebeln. Die Nüsse lassen sich mit geringem Druck knacken. Die Kerne bleiben unversehrt und die Schalenteile fliegen nicht herum. Ohne Mühe konnte sogar meine Enkelin die Nüsse knacken. Mit Hilfe so eines Nussknackers kann man sogar Sekt- und Flaschenverschlüsse öffnen.
 
Anwender beurteilten dieses Gerät unter www.amazon.de entweder als „preiswert und gut“ oder weniger gut. Bei einem Anwender brachen die Scharniere.
 
Aber es gibt noch einen Drosselmeyer zu kaufen (36,90 Euro). Das schwedische Modell, das ähnlich aufgebaut ist, wie der Fackelmann (aber nur mit einem Hebel versehen ist) wird so angekündigt: „So ist es erstmals möglich, Nüsse entspannt auf dem Sofa zu knacken und zu essen.“ Auch hier bleibt der Nusskern ganz und es bilden sich keine Krümel. Es fehlt natürlich nicht der Hinweis, dass man alle Sorten von Nüssen, mit Ausnahme von Kokosnüssen, knacken kann.
 
Bei diesem kindersicheren und altersgerechten Gerät, soll der Kraftaufwand laut Hersteller um bis zu 80 % reduziert sein. Endlich das passende Gerät, aber vielleicht etwas zu teuer. Auch hier gibt es Anwender, die nicht ganz zufrieden waren (z. B. Deformierung bei sehr harten Nüssen).
 
Neugierig, wie ich bin, wollte ich von unserem Baumnussfreund Walter Hess wissen, wie er Nüsse, die er reichlich von seinen 2 Nussbäumen im Garten erntet, knackt. Hier seine Antwort: „Wir haben einen metallenen Nussknacker, der wie eine Zange aussieht, vorne aber eine sich konisch nach unten verjüngende Öffnung und inwendig rundum Rillen hat, so dass jede Nussgrösse, selbst kleine Haselnüsse, damit geknackt werden kann. Durch die Hebelwirkung der beiden Griffe, die zusammengepresst werden, geht das Knacken leicht, das heisst kraftsparend.“ Das Gerät enstpricht offenbar jenem von Ewald.
 
Auf der Suche nach dem idealen Gerät
Aber es gibt noch ein billiges Gerät aus dem Baumarkt oder der Heimwerkstatt, wie wir sehen werden. „Endlich wurde der ideale Nussknacker gefunden.“  Dies vermeldete euphorisch am 10.12.2011 die „Badische Zeitung“ (BZ). Nach langen Recherchen wurde das Gerät aufgefunden. Da hätte man schon früher drauf kommen können. Vorteile: Das Gerät bricht nicht auseinander; man kann sogar Kokosnüsse aufbrechen. Das Wundergerät besteht aus einem Holzstiel und einem Metallstück, das fest im Holz verankert ist. Wichtig ist, dass man die Nüsse in einer Rille rollsicher auf einem Brett platziert, und schon kann man draufhauen. Sie haben es sicherlich schon erraten, um welches Gerät es sich hier handelt: Es ist ein ganz gewöhnlicher Hammer. 2 Dutzend Nüsse kann man dann innert 60 Sekunden öffnen. „Wir sind von diesem hammermässigen Instrument derart begeistert, dass wir an dieser Stelle wagen möchten, ihm eine grosse Karriere als Werkzeug zu prophezeien,“, wie ein Redakteur (scho) der BZ zukunftsblickend bemerkte.
 
Wer die Nüsse so knackt, der muss natürlich etwas Krach in Kauf nehmen. Aber man kann die Nüsse mit einem schalldämpfenden Tuch bedecken, und dann draufschlagen. Als ich diese Geschichte meiner Enkelin erzählte, wollte sie schon einen Hammer holen. Ich riet ihr ab, weil sich ein Kind leicht auf die Finger hauen kann.
 
Leser Volker E. aus Lenzkirch schrieb in einem Leserbrief vom 17.12.2011, endlich habe die BZ diesen Nussknacker aus der Grauzone hervorgehoben. Er benutze dieses Gerät schon seit 70 Jahren mit zufriedenstellendem Erfolg. Dann bemerkte er ironisch, er wollte das Gerät beim Deutschen Patentamt anmelden. „Dies wurde jedoch mit der Begründung abgelehnt, dass der Mensch und sogar Affen seit hunderttausenden von Jahren solche Geräte benutzen.“ So ein Pech.
 
Nun, ich habe das Gerät ausprobiert. Man bringt die Nuss leicht entzwei, aber sie zerbröselt unweigerlich. Man muss dann die zerkleinerten Kerne herausklauben. Obwohl ich ein Tuch zwischen Brett und Nuss platzierte, hörte man den Hammerschlag unweigerlich. Nichts für zarte Ohren und empfindliche Nachbarn. Da ziehe ich das Gerät von Ewald vor.
 
Nussknacker mit „Biss“
Wer jetzt noch ganz auf die Schnelle einen dekorativen Nussknacker aus Holz verschenken möchte (also keinen Hammer), der sollte sich für einen aus dem Erzgebirge entscheiden. Die ersten Nussknacker wurden im 18. Jahrhundert bereits in Südtirol und Bayern gefertigt. Der 1. dekorative Nussknacker mit „Biss“ (mittels Hebeltechnik wird die Nuss im „Mund“ geknackt) entstand im Erzgebirge bereits 1865. Es waren arbeitslose Bergarbeiter, die ihr Hobby zum Beruf machten. Sie fingen an, Nussknacker zu drechseln (später folgten Räuchermännchen, Spieldosen, Schwibbögen und viele andere Produkte). Die Nussknacker sind heute begehrte Sammelobjekte. So soll ein in den USA lebender Liebhaber in seiner Sammlung mehrere Tausend Exemplare haben. Insgesamt gibt es 700 verschiedene Modelle von 10 bis 100 cm Grösse. Neben klassischen sind auch moderne Nussknacker im Handel. Schier unglaublich: Ein 35 cm grosser Nussknacker kann aus bis zu 60 Einzelbestandteilen bestehen und wird in etwa 130 Arbeitsgängen hergestellt. Sie können viele Modelle mittels Suchmaschine unter den Begriffen „Nussknacker Erzgebirge“ auffinden.
 
Übrigens befindet sich der grösste Nussknacker aus Holz in Osnabrück. Er ragt 6,20 m in die Höhe und wird jährlich auf dem Weihnachtsmarkt dem staunenden Publikum präsentiert. Da kommen die US-Amerikaner nicht ganz mit. In New York gab es schon 2005 neben der grossen Weihnachtsillumination und einem riesigen Weihnachtsbaum auch einen 5 m hohen Nussknacker.
 
Der Nussknacker hat einen Ehrenplatz in etlichen Gedichten, Geschichten („Nussknacker und Mäusekönig“ von E. T. A. Hoffmann) und Ballett („Der Nussknacker“, Ballett in 2 Akten von Pjotr Iljitsch Tschaikowski) bekommen.
 
Wenn uns das Nüsseknacken zu langweilig wird, dann können wir die Nussknacker-Suite oder eine Geschichte per Hörbuch ertönen lassen.
 
Der Nussknacker
König Nussknacker, so heiss ich.
Harte Nüsse, die zerbeiss ich.
Süsse Kerne schluck ich fleissig;
Doch die Schalen, ei, die schmeiss ich
lieber andern hin,
weil ich König bin.
Aber seid nicht bang!
Zwar mein Bart ist lang,
und mein Kopf ist dick
und gar wild mein Blick;
Doch was tut denn das?
Tu keinem Menschen was,
bin im Herzensgrund,
trotz dem grossen Mund,
ganz ein guter Jung,
lieb Veränderung,
amüsier mich gern
wie die grossen Herrn.
Arbeit wird mir schwer
und dann mag ich sehr
frommen Kindersinn,
weil
ich König bin.
 
Heinrich Hoffmann (1809−1894, Verfasser des „Struwwelpeters“) 
Der Nussknacker
Nussknacker, du machst ein grimmig Gesicht-
Ich aber, ich fürchte vor dir mich nicht:
Ich weiss, du meinst es gut mit mir,
Drum bring ich meine Nüsse dir.
Ich weiss, du bist ein Meister im Knacken:
Du kannst mit deinen dicken Backen
Gar hübsch die harten Nüsse packen
Und weisst sie vortrefflich aufzuknacken:
Nussknacker, drum bitt ich dich, bitt ich dich,
Hast bessere Zähn als ich, Zähn als ich.
O knacke nur, knacke nur immerzu!
Ich will dir zu Ehren
Die Kerne verzehren.
O knacke nur, knack knack knack! immerzu!
Ei, welch ein braver Kerl bist du! 
August Heinrich Hoffmann von Fallersleben (1798−1874; schrieb u. a. die deutsche Nationalhymne und viele populäre Kinderlieder).
 
Zungenbrecher zum Verhaspeln
Kleine Nussknacker knacken knackig. Knackiger knacken grosse Nussknacker. 
 
Internet
www.amazon.de (Stichwort: „Nussknacker“)
 
Hinweis auf weitere Blogs mit Erwähnung von Nussknackern
 
Hinweis auf einen Glanzpunkte-Artikel
Von Gottfried Duttweiler bis zu Graf Zeppelin“ (Nussknacker in Form eines Zeppelins)
 
Hinweis auf weitere Blogs von Scholz Heinz
Auf Pilzpirsch: Essbare von giftigen Pilzen erkennen
Ein bärenstarkes Museum in Gersbach
Barfuss über die Alpen
Foto-Blog: Auf geht`s zur Hohen Möhr
Foto-Blog: Vom Kleinen Rhein zum Altrhein
Fotoblog über den Schönauer Philosophenweg
Rote Bete (Rande), eines der gesündesten Gemüse
Hermann-Löns-Grab im Wacholderhain
Lüneburger Heide: Salzsau und Heidschnucken
Kutschenmuseum in Wiechs ist ein Schmuckstück
Canna verleihen einen Hauch karibisches Flair
Artenreiche Streuobstwiesen stark gefährdet
Liebe zu den Kräutern in die Wiege gelegt
Eine Hütte mit Fleischsuppe im Namen
Rätsel um die Russenbänke in Präg gelöst