Textatelier
BLOG vom: 03.09.2012

Rohmilch-Seminar: Wie ein Heilmittel zur Bedrohung wurde

Autor: Walter Hess, Publizist, Biberstein AG/CH (Textatelier.com)
 
Wie war es möglich, dass aus dem Heilmittel Rohmilch ein Produkt wurde, vor dessen Konsum gewarnt werden muss, das für den Direktkonsum nicht mehr empfohlen werden kann und zuerst durch eine Erhitzung, die dem Naturprodukt schweren Schaden zufügt, konsumtauglich gemacht werden muss? Die Milch ist ein Beispiel für das, was wir Fortschritt nennen.
 
Am Rohmilch-Seminar am Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL) in Frick AG vom 29.08.2012 wurde die Rohmilch ab Kuh aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet: Aus rein schad-bakterieller Sicht, als Lebensmittel im grösseren Zusammenhang und hinsichtlich des Kampfs, in den USA an Rohmilch heranzukommen, ohne eingesperrt zu werden. Für die angelsächsischen Länder gebe es nicht schlimmeres als Keime, wurde von verschiedener Seite zutreffend gesagt, ein Hinweis auf den grassierenden Bildungsmangel in Ländern, der keine umfassende Sichtweise mehr erlaubt. In der Fachwelt tauchte das Wort „Rohmilchverbrecher" auf.
 
Keime begleiten uns in allen Lebenslagen; doch der Sterilitätswahn beschwört eine gesundheitlich bedenkliche Mangelsituation herauf. Die Immunsysteme machen schlapp. Die US-Bevölkerung sei sehr krank, berichtete die Referentin Judith Mudrak (siehe unten), die als Schweizerin seit 37 Jahren in den Staaten lebt; bereits jedes 8. Kind müsse dort dauerhaft medikamentös versorgt werden.
 
Solches kommt mir vor wie die „Kassensturz“-Sendung des Schweizer Fernsehens DRS vom 21.08.2012, in der mehrstellige Keimzahlen aus der Nationalwurst Cervelat herumgeboten und mit dubiosen Grenzwerten verglichen wurden, ohne dass sich jemand die Mühe nahm, das tatsächliche Schadenpotenzial im Zusammenhang kommentierend einzuschätzen. Der sympathische Moderator Ueli Schmezer würde gescheiter Kinderlieder komponieren und singen; das kann er besser. Er wollte wohl das Listerien- und Ravioli-Desaster, welche diese Sendung einst ausgelöst hatte, variieren, für etwas mehr Quote sorgen. Der Erfolg war mässig.
 
Ich habe seinerzeit, beim Ausbruch der Listerien-Manie, noch die letzten Vacherin-Mont d’Or-Angebote aus Rohmilch gekauft und genüsslich verzehrt, dies im Wissen, dass es so etwas nicht mehr geben werde. Notabene: Ich lebe noch. Mehrere Menschen seien an der Listeriose gestorben, jubelte man uns Ende der 1980er-Jahre unter, und wir hatten das zu glauben. Wahrscheinlich litten die Betroffenen an einer durch Impfungen und Sterilisierungsmassnahmen herbeigeführten Immunschwäche, waren also ohnehin sterbenskrank, was nicht zu erfahren war. Von der Listerienzucht in Silagen als unerwünschte Beigabe wurde ebenfalls nicht gesprochen.
 
Die Rohmilch-Lage in der Schweiz
Bei der vorauseilenden Unterwürfigkeit der Schweiz für alles, was das arrogante Amerika diktiert, grenzt es schon an ein Wunder, dass Rohmilch in unserem Land mit seiner ausgedehnten Kuhkultur und den überfliessenden Milchseen überhaupt noch verkauft werden darf. Ernst Jakob von der Forschungsanstalt Agroscope Liebefeld-Posieux ALP Haras sagte, abgesehen von der Herstellung der traditionellen Schweizer Hartkäse spiele Rohmilch als Rohstoff für die Herstellung von Milchprodukten allerdings nur noch eine marginale Rolle. Der überwiegende Teil der Milch werde heute zu Beginn der Verarbeitung einer Hitzebehandlung unterzogen, was mit der längeren Haltbarkeit der Produkte und der Lebensmittelsicherheit begründet wird. Dass dabei die besten gesundheitlichen Eigenschaften der Milch den Hitzetod sterben, blieb vorerst unerwähnt. Glück haben aber der Hart- und Extrahartkäse, denn während deren Reifung werden die im Rohstoff Rohmilch möglicherweise vorhanden gewesenen Krankheitserreger ohne Hitzebehandlung „mit einer grossen Sicherheit inaktiviert“ (Jakob).
 
Rohmilch darf in der Schweiz tatsächlich noch verkauft werden; doch sie gilt laut Ernst Jakob lebensmittelrechtlich als „nicht als genussfertig“ und kann nur mit dem Hinweis angeboten werden, dass sie vor dem Konsum auf mindestens 70 °C zu erhitzen sei. Den ehemaligen Begriff „Vorzugsmilch“ kennt die Schweiz (im Unterschied zu Deutschland) nicht mehr. Der Name galt für Milchen, die aufgrund besonderer Hygienemassnahmen bei der Produktion und einer intensiveren Überwachung der Tiergesundheit und der Milchqualität als direkt konsumtauglich galt. Damit ist jetzt Schluss.
 
Milchprodukte aus Rohmilch (Milch, die nicht über 40 °C erhitzt wurde) müssen nach Gesetz zwingend als solche deklariert werden – quasi ein Warnhinweis. Kenner und Geniesser aber schätzen Rohmilchprodukte besonders, erwarten davon einen höheren Genusswert, was in der Regel zutrifft. Zuständig sind hier die Artikel 47 und 49 der Schweizerischen Hygieneverordnung (HyV) des EDI vom 23.11.2005 (siehe Anhang).
 
Die Bakterienwelt in der Milch
Ohne Zweifel ist Milch ein hervorragender Nährboden für Heerscharen von Bakterien, die nützlich und/oder schädlich sein können. Referent Jakob wandte sich den pathogenen (krankmachenden) Keimen zu, als da sind
 
-- Listeria monocytogenes,
-- Salmonellen (selten),
-- Staphylococcus aureus (immer vorhanden, eine Frage der Gesamtmenge),
-- MRSA,
-- Campylobacter spp., (Darmbewohner bei Vögeln),
-- E. coli (verotoxinbildende Stämme, VTEC), gehören zur Darmflora,
-- Yersinia enterocolitica (Zusammenhang mit Gelenkentzündungen, Arthritis).
 
Der Referent fasste zusammen: „Tatsächlich lässt sich weltweit eine lange Liste von Gruppenerkrankungen zusammentragen, die durch den Konsum von Rohmilch verursacht wurden. Durch Massnahmen, wie sie bei der Produktion von Vorzugsmilch in Deutschland zum Einsatz kommen, lässt sich zwar die Kontamination der Milch mit Krankheitserregern verringern, die Prävalenzdaten aus Deutschland zeigen aber, dass auch der Konsum von Vorzugsmilch mit einem Infektionsrisiko verbunden ist. Dies gilt insbesondere für Kinder unter 7 Jahren, schwangere Frauen, Alte sowie Personen mit einem geschwächten Immunsystem.“
 
Der Einfluss der Produktionsart
Nach dieser bakteriologischen Betrachtungsweise sprach ich in der Diskussion den Umstand an, dass die intensivierte Milchproduktion beziehungsweise die ständige Erhöhung der Leistung der Milchkühe von etwa 4000 Jahreslitern in den 1950er-Jahren auf gelegentlich 10 000 Liter und mehr nicht nur die Nutztiere, sondern auch die Milch in Mitleidenschaft gezogen habe, indem die Mastitis = Euterentzündungen (und damit die Staphylokokken-Belastung der Milch) erwiesenermassen dramatisch zugenommen haben. Pro Kuh und Jahr wird allein für deren Behandlung mit Tierarztkosten von 350 CHF gerechnet. Die Anfälligkeit für Euterentzündungen ergibt sich nicht nur aus der Euterüberlastung, sondern auch aus der Immunsystemschwächung bei Hochleistungstieren. Die überzüchteten, bedauernswerten Kühe mit Rieseneutern können sich nicht einmal mehr artgemäss bewegen. Zudem ist auch das Silofutter eine Keimbrutstätte sondergleichen. Hochleistungskühe kommen nicht mehr mit Gras ab Wiese oder Heu aus, sondern benötigen Kraftfutter und sind wegen dieser artwidrigen Ernährung häufiger krank, bei verminderter Lebensdauer.
 
Ernst Jakob, wischte in seiner Antwort zuerst einmal den Hinweis auf das Silofutter unter das Rednerpult; das sei jetzt kein Thema, sagte er. Und was die Euterentzündungen anbelange, komme es in erster Linie auf die Melktechnik an. Auf die von mir angesprochene Euter-Überlastung als solche mochte er nicht eingehen.
 
Die Schutzfunktionen der Rohmilch
Die positiven Seiten einer vernünftig erzeugten Rohmilch und die Schäden durch die Hitzebehandlungen der Milch stellte Prof. Dr. Ton Baars, Wissenschaftler für Milchqualität und Tierwohlbefinden an der FiBL, dar. „Unsere Forschung in Kooperation mit einem Allergiearzt zeigt, dass Kinder mit atopischen (= allergischen) Erkrankungen, die keine Milch vertragen, oftmals Vorzugsmilch im Vergleich zu einer Handelsmilch (pasteurisiert, homogenisiert, konventionell) gut vertragen. Die für die Verträglichkeitstests verwendete Milch stammte von einem biologisch-dynamischen Betrieb mit einer extensiven Weidehaltung im Sommer und einer ausschliesslichen Heufütterung im Winter. Als Erklärung für die bessere Verträglichkeit dieser Milch kommt neben der Fettqualität der Faktor Naturbelassenheit (roh, keine Homogenisierung) in Frage.“ Baars fügte bei, Asthma und Allergien hätten in den westlichen Ländern seit 1960 ständig zugenommen – „wenn es uns wirtschaftlich gut geht, entstehen mehr solche Erkrankungen.“
 
Ton Baars war es denn auch, der darauf hinwies, dass die Rohmilch ehemals als Heilmittel angesehen wurde. Und er fuhr fort: „Frühe Fütterungs- und Ernährungsstudien weisen auf Unterschiede in der ernährungsphysiologischen Wirkung von roher und erhitzter Milch hin. Diese Ergebnisse sind heute wenig angesehen oder teilweise aus der Diskussion verschwunden. Neueste Studien geben jedoch ebenfalls Hinweise darauf, dass Rohmilch eine präventive Wirkung gegen Asthma und atopische Erkrankungen haben kann. Dies wurde unter anderem bei Hofkindern (auf dem Bauernhof aufgewachsenen Kindern), welche die betriebseigene Rohmilch im 1. Lebensjahr zu sich genommen haben, festgestellt, zeigte sich aber auch bei Nicht-Bauernhof-Kindern, die Rohmilch konsumierten. Je mehr Rohmilch getrunken wurde, desto wirksamer der Schutz.“ Das bedeutet, dass die Rohmilch die Gesundheit verbessern kann.
 
Allerdings ist unklar, ob eine solche Schutzwirkung aus jeder Rohmilchherkunft verwirklicht werden kann. Laut Ton Baars hat dies möglicherweise generell mit der Naturbelassenheit des Milcheiweisses oder aber mit dem normalen Keimgehalt der Rohmilch zu tun: „In zukünftigen Studien muss gezielt nachgewiesen werden, welche Merkmale der Milch und welche Schritte in der Verarbeitung (Kühlung, Lagerung, Pasteurisierung und Homogenisierung) für eine Verminderung der Verträglichkeit verantwortlich sind. Zudem gilt es zu klären, inwieweit auch Haltung, Fütterung und Leistung von Kühen einen Einfluss haben könnten.“
 
Diese Bemerkung nahm ich mit Interesse auf, war sie doch eine indirekte Bestätigung meines Hinweises, dass ins Astronomische gehende Milchleistungssteigerungen ihre negativen Auswirkungen haben müssen. Belege dafür liegen denn auch seit Jahren vor; in meiner publizistischen Laufbahn habe ich das Thema schon vor Jahrzehnten mehrmals behandelt.
 
Die „Hygiene-Hypothek“
Das Immunsystem brauche Keime, wenn es gestärkt werden soll, betonte der Wissenschaftler – mit einem Seitenhieb auf die „Hygiene-Hypothek“. Man sollte beim Konsum seiner Ansicht nach deshalb mehr in Richtung rohe oder roh fermentierte Milch gehen. Bauernhof-Kinder haben weniger Asthma, wenn sie Rohmilch tranken (aber nicht weniger Ekzeme). Doch sollte die Milch naturgemäss produziert worden sein, da gerade die bioaktive Fettsäuren (wie c9t11-CLA) mit der Fütterungsart zu tun haben. Es sind etwa 400 verschiedene Fettsäuren, aus denen sich der Gesamtfettgehalt der Milch zusammensetzt.
 
Baars warf einen Blick auf die Ernährung der Naturvölker, die Rohes und Fermentiertes vorziehen; die Eskimos bevorzugen Fett gegenüber dem Fleisch. Tiere, denen nur Abgekochtes verfüttert worden war, konnten sich nach 2 bis 3 Jahren nicht mehr fortpflanzen. Zum Beispiel Antioxidantien gehen bereits bei der Pasteurisierung kaputt.
 
Baars zeigte sich nicht als Rohmilch-Propagandist, sondern er wies in seinem Referat auf die Janusköpfigkeit, auf den Zwiespalt des Kuhmilchkonsums des Menschen hin: Der Mensch ist eine Ausnahme unter den erwachsenen Säugetieren, die noch Milch trinken. Eigentlich brauchen Erwachsene keine Milch. Und er rief in Erinnerung, dass ein Teil der Menschheit überhaupt keine Kuhmilch vertragen kann. Man spricht dann von einer Lactase-Persistenz (Milchzucker-Unverträglichkeit), wie sie vor allem von Asiaten und teils auch von Afrikanern bekannt ist. Die Betroffenen leiden unter Magenknurren, Blähungen, Aufstossen und Übelkeit.
 
Die Kuhmilch ist, wie man weiss, eigentlich für die Kälber bestimmt. Kühe gaben ursprünglich ihre Milch nur her, wenn das Kalb beim Melken in der Nähe war, bis dann das „Free milking“, sozusagen das Kalb-freie Melken, erzwungen wurde. Das Trinken von Kuhmilch durch Menschen ist zweifellos eine Möglichkeit, zoonotische Krankheiten wie Infektionen zu übertragen. Man sollte also differenzieren statt generalisieren, Vor- und Nachteile abwägen.
 
Ja, allein auf die Vorteile einer extrem langen Haltbarkeit zu setzen, wie dies bei der hocherhitzten ESL-Milch (Extended Shelf Life Milk = langes Leben im Regal) und der H-Milch der Fall ist, hat verhängnisvolle Auswirkungen. Das Schwergewicht wäre stattdessen auf eine verantwortungsbewusste und hygienische Produktion zu legen und die Milch möglichst wenig zu verunstalten.
 
Amerikanische Zustände
Die im amerikanischen Bundesstaat New Jersey (in Southhampton) lebende Judith Mudrak wäre nicht mehr am Leben, wenn sie ihre Ernährung nicht früh genug auf Rohmilch umgestellt hätte, sagte sie. Es sei ohnehin schwierig und immer schwieriger, sich in den USA gesund zu ernähren, stellte die gertenschlanke Referentin fest. In vielen US-Bundesstaaten wie Illinois, in Kanada und Australien ist der Verkauf von Rohmilch verboten (oft wird sie, als „Bademilch“ getarnt, verkauft ...), und wo Rohmilch noch erhältlich ist, wird ein bis viermal höherer Preis für sie verlangt. Die US-Gesundheitsbehörde FDA (Food and Drug Administration) vergleicht das Rohmilchtrinken mit dem Russischen Roulette ... Das Land wolle selbst Märkte, auf denen Landwirtschaftsprodukte angeboten werden, verhindern, weil vieles davon der offiziellen Kontrolle entzogen ist, sagte Frau Mudrak-Wasem. Sie betonte die inakzeptable Rolle der FDA, die dem Volk kein Recht auf unbehandelte Lebensmittel zugestehen will, und diese Behörde sei der Meinung, „dass es kein Recht auf Gesundheit gibt, ausser wenn die FDA eine Bewilligung dazu erteilt.“ Und die Margarineindustrie sponserte den Slogan „Milch kann töten".
 
Somit muss in den USA, unserem schrecklichen Vorbild, mit allen Tricks versucht werden, an gesunde Rohmilch heranzukommen, zumal viele Menschen krank sind und das herrschende System endlich zu hinterfragen beginnen. Aus dieser Situation heraus ist ein Untergrundnetzwerk entstanden: Rohmilchtrinker werden Mitglied einer Bauernkooperative, indem sie eine Milchkuh erwerben oder Rohmilch kaufen, die absichtlich falsch als Tierfutter deklariert ist.
 
Im „Amish Country“, also bei den Amischen, eine täuferisch-protestantische Bewegung, die dem Fortschrittsglauben nicht huldigt, ist Rohmilch noch am ehesten zu haben. Aber die nach alter Tradition tätigen Bauern werden behördlich verfolgt; manchmal werden ihnen die Tiere und ihre ganze Habe bei Polizeieinsätzen weggenommen; Tiere werden, auch wenn sie keine Krankheitszeichen hatten, vergast, die Habe entsorgt. Ein Bauer schrieb in seiner Verzweiflung das Buch „Everything I want to do is illegal“ – was auch immer er tun wolle, es sei illegal. Gefragt sind in den USA dafür Tierfabriken (auch die Schweizer Landwirtschaftspolitik erschwert den Kleinbauern zunehmend das Leben). Die bedauernswerten Tiere kommen nie ins Freie, sehen nie Gras.
 
Die Aktivistin der Rohmilchbewegung in den USA, Judith Mudrak, hat am 05.07.2012 im Textatelier.com unter Reaktionen auf Blogs (122): Milchen der unfrommen Denkart ausführlich über die haarsträubenden Zustände in den USA berichtet.
 
Degustation
In die Tagung, die von Alfred Schädeli vom FiBL-Hof geleitet wurde, war eine Blinddegustation von 4 Milcharten einbezogen. Die beiden Rohmilchen habe ich als vollmundig und schmackhaft empfunden; sie stammten vom FiBL-Hof und hatten die unübertreffliche Demeter-Qualität mit Bezug zu den Kühen Colina und Linda. Eine Pastmilch (Molkerei Biedermann, Coop Naturaplan mit Knospe) fiel kaum ab. Die UHT-Konserve (Emmi Luzern, Coop Naturaplan mit Knospe) machte einen vergleichsweise etwas flachen Eindruck; einen Fremdgeschmack fand ich nicht heraus.
 
Aber eben: Es geht sicher auch um den unübertrefflichen Wohlgeschmack einer Frischmilch – für Milchtrinker steht der Gesundheitswert im Vordergrund. Diesbezüglich haben Wissenschaft, Behörden und die politisch geförderte Industrielandwirtschaft eine katastrophale Rolle gespielt.
 
Das Wissen über die Keime und den Umgang mit diesen ist in den Kinderschuhen stecken geblieben. Nicht nur in den USA, beim „Kassensturz“ usw., hat die Fachkunde mit den modernen Analysenmethoden nicht Schritt gehalten. Das Volk wird irregeführt, verschaukelt, flüchtet zu Sterilkost und wird immer kränker. Gerade deplatzierte Schutzmassnahmen richten einen enormen Schaden an. Die Krankenkassenprämien steigen. Und man weiss einfach nur das Eine nicht: Warum eigentlich?
 
ANHANG
Mediale Skandalisierungen
Zu den im Bericht erwähnten zoonotischen Krankheiten gehört neben Campylobacter auch EHEC. Das Kürzel bezieht sich auf die Enterohämorrhagische Escherichia coli. Dabei handelt es sich und krankheitsauslösende Stämme des altehrwürdigen Darmbakteriums Escherichia coli (E. coli), das nach dessen Entdecker des Theodor Escherich benannt ist. Solche für den Laien unfassbaren Kleinstlebewesen eignen sich selbstredend ganz ausgezeichnet für mediale Angstmachereien. Im neuen Buch „Die Mechanismen der Skandalisierung“ von Hans Mathias Kepplinger, Olzog Verlag, München 2012, wird die EHEC-Dramatisierung wie folgt beschrieben (Seite 47): „Als die ersten Hinweise auf EHEC-Erkrankungen vorlagen, am 23. Mai 2011, veröffentlichte das Blatt (Rhein Main Presse) die noch relativ nüchterne, aber schon alarmierende Kurzmeldung: ,Lebensgefährlicher Darmkeim entdeckt’. Danach ging es Schlag auf Schlag. Am 25. Mai titelte es: ,EHEC – die ersten Toten’. Am 26. Mai lautete die Überschrift auf Seite 1 bereits: ,Immer mehr schwere EHEC-Fälle’. Am 28. Mai machte das Blatt mit der Schlagzeile auf: ,EHEC breitet sich rasant aus’. In der Unterzeile war zu lesen, dass es ,jetzt schon 6 Tote gab’. Im Zeitraum von 6 Berichtstagen sterben in Deutschland nicht 6, sondern durchschnittlich 250 bis 500 Menschen an Infektionen, die sie sich in Krankenhäusern zugezogen haben. Davon war in den erwähnten Artikeln aber nichts zu lesen.“
 
Den Kraftfuttereinsatz überdenken
Bei meinem erneuten Besuch im FiBL lag die Zeitschrift bioaktuell“ 4/12 auf, vom FiBL und Bio Suisse herausgegeben. Darin ist eine bemerkenswerte Arbeit zur Milchvieh-Fütterung aufgrund einer neuen Forschungsarbeit abgedruckt: „,Feed no Food’ – Den Kraftfuttereinsatz überdenken“. Darin wird bestätigt, dass der Einsatz von Kraftfutter „in der Milch- und Fleischproduktion enorme Leistungssteigerungen“ ermöglich hat: „So hat in der Schweiz seit 1990 die Milchleistung pro Kuh um 38 Prozent zugenommen – im gleichen Zeitraum hat sich aber auch der Kraftfuttereinsatz pro Kuh und Jahr mehr als verdoppelt.“ Knospe-Biobetriebe aber dürfen seit 2004 bei Wiederkäuern maximal 10 Prozent Kraftfutter einsetzen.
 
Die Untersuchungen ergaben, dass der Kraftfuttereinsatz beim Milchvieh häufig überschätzt wird. Die Faustregel, wonach pro 1 kg Kraftfutter 2 kg Milch mehr gemolken werden können, wurde in Frage gestellt.
 
Auszug aus der Schweizerischen Hygieneverordnung
Artikel 47: „Wird Rohmilch vorverpackt direkt an Konsumentinnen und Konsumenten abgegeben, so muss sie mechanisch gereinigt werden.“
 
Artikel 49: Milch gilt nur dann als genussfertig, wenn sie einer ausreichenden Behandlung unterzogen worden ist.
 
Als ausreichend gelten: eine Erhitzung auf mindestens 72 °C während 15 Sekunden oder Temperatur-Zeit-Relationen mit gleicher Wirkung, die zu einem negativen Phosphatase- und einem positiven Peroxidasetest führen (Pasteurisation), oder Erhitzung auf eine Temperatur zwischen 85 und 135 °C, die zusätzlich zu einem negativen Peroxidasetest führt (Hochpasteurisation); zur Bestimmung der Aktivität der Phosphathase ist die ISO/DIN-Norm 11816-135 als Referenzverfahren heranzuziehen;
 
(...) Ultrahocherhitzung (oder) Sterilisation (...), sofern die Produkte nach einer Inkubation in verschlossenen Packungen bei 30 °C für 15 Tage oder bei 55 °C für 7 Tage oder nach Anwendung einer anderen Methode, die zeigt, dass eine geeignete Hitzebehandlung durchgeführt wurde, mikrobiologisch stabil sind;
 
andere Behandlungen, die zu einer mindestens gleichwertigen Haltbarkeit und Hygienisierung (...) führen.
 
Milch darf vor der Ultrahocherhitzung oder Sterilisation einer einmaligen Pasteurisation unterzogen werden.
 
(...) In Betrieben, in welchen Milchprodukte aus Rohmilch hergestellt werden, muss mit geeigneten Verfahren sichergestellt sein, dass die Lebensmittelsicherheit jederzeit gewährleistet ist.
 
Praktisch dieselben Bestimmungen gelten für Rahm. 
 
Hinweis auf die Hygieneverordnung im Wortlaut
 
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