Textatelier
BLOG vom: 30.04.2013

Fahrradunfall: Wie ich über die Motorhaube geflogen bin

Autor: Heinz Scholz, Wissenschaftspublizist, Schopfheim D
 
Der Montag, 15.04.2013, war ein schöner Frühlingstag. Es wurden Tagestemperaturen um 25 °C erwartet. Den meteorologischen Verlockungen konnte ich nicht widerstehen, schwang mich auf mein Fahrrad und fuhr stadteinwärts, um Post- und Bankgeschäfte zu erledigen. Frohen Mutes sauste ich an eine Kreuzung, wartete, und liess den Querverkehr auf der vorfahrtsberechtigten Querstrasse durch. Von weitem sah ich auf der gegenüberliegenden, nicht vorfahrtsberechtigten Strasse ein Auto mit angeschaltetem, nach links zeigendem Blinklicht stehen. In der Vergangenheit hatte ich immer wieder Linksabbieger gesehen, die den geradeaus Fahrenden die Vorfahrt gewährten. An diesem Tag war alles anders. Ich fuhr los, war kaum auf der Hauptstrasse – und schon krachte es. Ein Autofahrer fuhr mich mit seinem Vehikel über den Haufen. Den Polizeibericht in der „Badischen Zeitung“ las ich 2 Tage später:
 
„Am Montagvormittag kam es in Schopfheim an der Kreuzung Feldbergstrasse/Himmelreichstrasse zu einem Unfall. Kurz vor 10 Uhr war ein Mann mit seinem Pkw auf der Feldbergstrasse unterwegs. Als er an der Kreuzung zur Himmelreichstrasse nach links abbog, übersah er laut Polizeibericht einen stadteinwärts fahrenden Radfahrer. Es kam zum Zusammenstoss, durch den der Radfahrer auf die Motorhaube geschleudert wurde und von dort auf die Fahrbahn stürzte. Dadurch hat sich der Radfahrer erheblich verletzt. Der alarmierte Notarzt versorgte den Verletzten, der ins Krankenhaus musste. Der Autofahrer war sichtlich geschockt, sonst aber unverletzt geblieben. An den Fahrzeugen war Sachschaden entstanden.“
 
Alles ging sehr schnell. Ich bekam gar nicht mit, dass ich die Motorhaube touchiert hatte. Ich verspürte nur einen leichten Aufschlag mit dem Kopf auf der Fahrbahn. Dann rappelte ich mich hoch und humpelte auf eine Treppe vor einem Gasthaus zu und setzte mich dort hin. Der Unfallverursacher rief die Polizei, den Krankenwagen und den Notarzt, die nach einiger Zeit eintrafen. Mir wurde schwarz vor Augen, wie man so sagt. Ich erholte mich schnell. Eine junge Polizistin machte Aufnahmen von meinen Schürfwunden am linken Arm, am linken Bein und am Kopf, dann humpelte ich in den Krankenwagen und legte mich auf eine Trage. Der Notarzt legte eine Infusion an, prüfte den Blutdruck, dann fuhren wir ins Städtische Krankenhaus in Lörrach. Unterweges unterhielt ich mich mit einem Pfleger, der neben der Trage sass. Ich wollte von ihm erfahren, wann die meisten Transporte durchgeführt werden. Er antwortete, dass sich gerade an Wochenenden die Unfälle häufen. Insbesondere verunglückte Motorradfahrer und Personen, die in eine Schlägerei verwickelt waren, werden dann ins Krankenhaus transportiert.
 
Im Städtischen Krankenhaus Lörrach wurde ich von Kopf bis Fuss von einer freundlichen österreichischen Ärztin untersucht. Anschliessend wurde ich von einem Pfleger in den Röntgenraum geschoben. Dort wurden ein Knie, die Beckenregion und die Lunge durchleuchtet, um eventuelle Brüche bzw. Risse festzustellen. Zum Glück wurde kein Bruch ermittelt. Ich war sehr erleichtert. Bei einem Beckenbruch hätte ich wohl einige Wochen in einer Gipsschale verbringen müssen. Ein weiteres Glück war, dass mein Hinterkopf nur eine Schürfwunde aufwies und das Gehirn nicht erschüttert wurde. Am nächsten Tag juckte es mich wieder in den Fingern; ich bediente die Tastatur meines Computers beim Versuch, ein Blog zu schreiben.
 
„Haben Sie Schwindelgefühle?“, fragte die Ärztin nach den Untersuchungen. Dies verneinte ich, und nach Rücksprache mit einem Internisten konnte mich meine Tochter abholen und nach Hause fahren. Bevor ich entlassen worden war, lag mir noch die Frage an die Ärztin auf dem Herzen, wie lange meine Behinderung dauere. „Mit 3 Wochen müssen sie schon rechnen“, sagte sie.
 
Nach 3 Tagen war eine Vorstellung beim Hausarzt vorgesehen. Dieser dokumentierte alles, um eventuelle Folgeschäden abzusichern. Dann ermahnte er mich, als er hörte, dass ich keinen Fahrradhelm getragen hatte, mit folgenden Worten: „Tragen Sie in Zukunft einen Helm, auch bei kleinen Fahrten in die Stadt. Dort passieren nämlich die meisten Fahrradunfälle.“
 
Bei uns in Deutschland wird zurzeit die Fahrradhelmpflicht diskutiert. Fachleute meinen, dadurch würde man die Unfälle nicht vermeiden, jedoch die tödlichen.
 
Ich wollte herausfinden, wie viele Fahrradunfälle es in Deutschland in der Vergangenheit gab. Der ADAC (www.adac.de) hat dazu genaue Zahlen: 2011 verunglückten 76 655 Fahrradfahrer. Es gab 61 820 Leichtverletzte, 14 436 Schwerverletzte und 399 Getötete. Die Verteilung der tödlich verunglückten Fahrradfahrer 2011 nach Altersgruppen: 50- bis 60-Jährige: 67, 60- bis 70-Jährige 45 und über 70-Jährige: 187. Es sind also hauptsächlich die Älteren betroffen. Das gab mir doch zu denken. Paula bemerkte, ich solle doch in Zukunft in die Stadt laufen oder das Auto benutzen. Auf jeden Fall werde ich demnächst auf meinem Weg in die Stadt das Begehen einer längeren Strecke üben.
 
Inzwischen humple ich noch herum. Aber jeden Tag wird es etwas besser. Einige Tage nach dem Unfall bemerkte ich einen grossen Bluterguss in der Nähe des Steissbeins. Ich behandle den Bluterguss mit einem biologischen Heilmittel (Traumeel-S Salbe).
 
Die Anteilnahme von Bekannten und Freunden war sehr gross. Sie wünschten mir gute Besserung. Ein guter Freund meinte sogar, er sei froh, dass ich herumhumple. Er wollte damit seine Erleichterung darüber zum Ausdruck bringen, dass bei mir nichts gebrochen war. Sogar der Unfallverursacher besuchte mich und erkundigte sich nach meinem Befinden. Er war ja nach dem Unfall ebenfalls geschockt gewesen. Wie er mir berichtete, blickte er vor dem Anfahren nach links und rechts, aber nicht geradeaus. Er habe mich nicht gesehen.
 
Der Unfallverursacher war erleichtert, dass ich keine schlimmeren Verletzungen davongetragen hatte. Seine Versicherung muss natürlich den Schaden am Fahrrad in Höhe von 78 Euro bezahlen.
 
Immer wieder sehe ich in Schopfheim ältere Radfahrer, die ohne Helm unterwegs sind, oft beim Abbiegen kein Handzeichen geben oder wackelig mit ihrem Velo herumfahren. Sie sind sich nicht bewusst, dass damit Unfälle provoziert werden. Immer wieder höre ich von solchen Zeitgenossen: „Mir kann nichts  passieren, ich passe auf!“ Schon Sophokles sagte: „Frei von Unglück ist niemand.“
 
Ich habe dies erfahren müssen.
 
Internet
 
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