Textatelier
BLOG vom: 18.12.2013

Rund um Grellingen: Wappenfels, Karstlehrpfad und Höhlen

Autor: Heinz Scholz, Wissenschaftspublizist, Schopfheim D
 
Beinahe wären wir zu Höhlenforschern geworden: Am 05.12.2013 war auf Vorschlag unseres Wanderführers, Toni von Lörrach, eine Wanderung durch einen Teil des Chaltbrunnentals (Kaltbrunnentals) bei Grellingen BL vorgesehen. Vor vielen Jahren hatten wir das wildromantische Tal schon einmal durchquert. Besonders in Erinnerung blieben mir der Wappenfelsen und die Höhlen in diesem Tal. Diesmal waren wir besser ausgerüstet. 2 Mitwanderer hatten auf Vorschlag von mir Taschenlampen dabei, um in die Höhlen hineinzuleuchten. Doch da drin war es etwas glitschig.
 
Grellingen (1781 Einwohner, 2012), das zum Kanton Basel-Landschaft und zum Bezirk Laufen gehört, hat eine wechselhafte Geschichte hinter sich. Nach den Römern kamen die Alemannen; dann gehörte der Ort während 800 Jahren zum Fürstbistum Basel. Im 30-jährigen Krieg wurde der Ort von deutschen, französischen und schwedischen Soldaten heimgesucht. 1793 erfolgte der Anschluss an Frankreich. Soldaten aus dieser Gegend mussten unter Kaiser Napoleon I. am russischen Feldzug teilnehmen. 1815 wurde Grellingen wieder schweizerisches Gebiet.
 
Wir parkierten um 14.30 Uhr beim Bahnhof Grellingen. Dann folgten wir (6 Wanderfreunde) dem Wegweiser „Chessiloch“, überquerten den beschrankten Bahnübergang, gingen parallel zur Bahnlinie und erreichten die Wappenfelsanlage im Gebiet „Chessiloch“. Während des Ersten Weltkriegs haben hier 60 verschiedene Einheiten ihren Wachdienst absolviert. Hier sind an den Felswänden und Felsvorsprüngen 60 verschiedene Wappen, symbolische Figuren, landschaftliche Darstellungen von Bern, Luzern, Kloster St. Gallen und auch Bilder von der schweizerischen Mythologie (Wilhelm Tell, Helvetia, Wachsoldat) zu sehen. Dieser Wappenfelsen ist eine Attraktion, die man auch vom fahrenden Zug aus sieht. Auf der Felsenspitze wehte eine Schweizerfahne. Viele der Wappen und die Fahne zeigen ein aufrechtes, freistehendes weisses griechisches Kreuz auf rotem Grund.
 
Vor dem Wappenfelsen sind bewegliche Wappensteine zu sehen. Diese wurden 1918 in das Depot des Historischen Museums Bern gebracht und 1934 an Ort und Stelle wieder aufgestellt.
 
Der Wappenfelsen ist ein geschütztes Kulturdenkmal des Kantons Basel-Landschaft. Jährlich findet zur Erinnerung an den Wachdienst in beiden Weltkriegen jährlich ein „Chessilochschiessen“ statt.
 
Neben dem Wappenfelsen ist unterhalb eines Felsvorsprunges ein Weg, der dann über eine Treppe hinter das Denkmal führt. Etwas abseits ist noch eine kleine Höhle zu sehen. Diese wird als Rastplatz genutzt.
 
Der Platz vor dem Wappenfelsen ist sehr sauber gehalten und die Besucher werden aufgefordert, ihren Abfall in spezielle Behälter zu werfen. Ich entdeckte keinen Papierfetzen oder anderen Abfall auf diesem Areal. Das Kulturdenkmal ist den auf Sauberkeit erpichten Schweizern „heilig“.
 
Nach einem kurzen Aufenthalt ging es weiter in Richtung Chaltbrunnental. Kurz vorher erreicht man die Mündung des Ibachs in die Birs. Dann sahen wir schon die 1. Tafel des Karstlehrpfades*. Weitere Schautafeln mit Texten und Bildern folgten später.
 
Der Karstlehrpfad, der nach 10-jähriger Vorbereitungszeit am 22.06.2013 eröffnet wurde, führt den natürlichen Gegebenheiten folgend von Zwingen nach Grellingen. Werner Janz aus Basel ist ein Kenner des Lehrpfads. Er schrieb mir in einer E-Mail vom 13.12.2013 dies: „Die Zusammenhänge im Karst sind in dieser Richtung verständlicher zu erleben. Die Brislachallmet zu Beginn ist ein wenig bekanntes Wandergebiet mit Höhlen, Quellen, Dolinen und zeigt der Schwinde des Schällbachs wunderbar die wichtigsten Karstphänomene.“
 
Da wir unsere Autos in Grellingen abgestellt hatten, war es uns nur möglich, in umgekehrter Richtung durch das Kaltbrunnental zu wandern.
 
Auf der 1. Tafel erfuhren wir Näheres zu den Höhlen. Diese waren wichtige Siedlungsstätten unserer Vorfahren in der letzten Eiszeit. In den Höhlen wurden zahlreiche Tierknochen, Steinwerkzeuge zur Fell- und Geweihbearbeitung, Teile von Jagdwaffen, Nähnadeln, Schmuckstücke aus Tierzähnen aufgefunden. Die Höhlenbewohner ernährten sich von essbaren Pflanzen, Wildhühnern, Hasen, Wildpferden und Rentieren.
 
Hirschzungen und Heidenküche
Es ging dann auf laub- und steinbedeckten Wegen ansteigend dem Tal entlang, an engen Schluchten, kleinen Brücken, an kleinen Wasserfällen und an einer Versturzquelle (heute ein 500 m langes Höhlensystem) vorbei. Die Steine im Bach waren moosbedeckt. Was mir auffiel, waren die zahlreichen Hirschzungen, die hier auf schattigen und feuchten Kalkfelsen besonders gedeihen. Dieser geschützte und schöne Farn hat zungenförmige oder pfeilförmige Blätter, deren Rand etwas gewellt ist.
 
Dann kamen wir an der Köhlerhöhle und der Heidenküche vorbei. Die Heidenküche wurde 1883 entdeckt und näher untersucht. Man fand Geweihgeräte und Steinwerkzeuge. Die Heidenhöhle gehört zu den ersten in der Schweiz entdeckten altsteinzeitlichen Fundstätten.
 
Bernd und ich wollten unbedingt das Innere der Heidenküche erkunden. Wir stiegen auf einem rutschigen Weg hinauf und erreichten die Höhle schon nach kurzer Zeit.
 
Ich zückte meine Taschenlampe und leuchtete hinein. Nach etwa 5 Metern verjüngte sich der Eingang. Als nicht geschulte „Höhlenforscher“ wollten wir diese nicht weiter erkunden. Man hätte auf allen Vieren hindurch kriechen müssen. Ausserdem war der Höhlenweg rutschig.
 
Während wir die Höhle erkundeten, waren unsere anderen Wanderfreunde schon über alle Berge. Aber nach kurzer Zeit holten wir diese wieder ein.
 
Am Ende des Karstlehrpfads kamen wir zum Wegweiser „Ibach“. Dort geht es rechter Hand Richtung Brislach oder Breitenbach. Wir hielten uns links und marschierten in einem gemässigten Tempo nach Himmelried. Toni wollte eine Abkürzung zurück nach Grellingen nehmen. Die Abkürzung entlang des Baches fanden wir jedoch nicht. Möglicherweise waren die Wege durch einen Sturm verwüstet worden. Deshalb gingen wir frohen Mutes nach Himmelried. Dort befragten wir 2 Einheimische nach dem Weg. Wir sollten durch Himmelried über Eiken (Weiler mit 2 Bauernhäusern) laufen. Das war uns zu weit, da wir bald das Einsetzen der Dämmerung erwarteten. Wir nahmen deshalb den Rückweg durch das Kaltbrunnental. Bergab ging es flott voran. Wir beeilten uns, da sich die Dämmerung schon bemerkbar machte.
 
Ein Bauwerk, das mir beim Einstieg ins Chaltbrunnental nicht auffiel, sah ich dann auf dem Rückweg. Es handelte sich um die imposante Eisenbahnbrücke über die Birs. Diese wurde vom Erbauer des Eiffelturms, Gustave Eiffel, erbaut.
 
Nachdem wir wieder den Wappenfelsen erreicht hatten, ging es nochmals 25 Minuten auf dem Fussweg entlang der Bahnlinie nach Grellingen. Auf dem Weg dorthin war es schon dunkel. Einige Lichter von Grellingen, die zu uns herüberschienen, beleuchteten unseren Weg spärlich. Keiner kam ins Stolpern. Wir erreichten den Bahnhof um 17.30 Uhr.
 
Es war eine interessante 3-stündige Tour durch eine ungewöhnliche Schlucht mit vielen Höhepunkten. Besonders gefielen mir die Karstphänomene und die einzigartige Wappenfelsanlage.
 
Bei einer Wanderung im nächsten Jahr werden wir das Chaltbrunnental ganz durchschreiten und nach Meilingen gehen (Wanderzeit: 2,5 bis 3 Stunden). Von dort können wir dann den Postbus zurück nach Grellingen nehmen.
 
Anmerkung: *Unterhalten wird der Karstlehrpfad vom „Trägerverein Karstlehrpfad Kaltbrunnental – Brislachallmet“.
Der gesamte Lehrpfad ist für eine separate, 3- bis 4-stündige Wanderung geeignet. Nur etwa die Hälfte des Wegs befindet sich im Kaltbrunnental.
 
 
Internet
www.speleo.ch (Schweizerische Gesellschaft für Höhlenforschung)
 
 
Hinweis auf Wander-Blogs von Heinz Scholz
09.05.2005: Erdmannshöhle: Tropfsteine für Basler und Soldaten
Hinweis auf weitere Blogs von Scholz Heinz
Auf Pilzpirsch: Essbare von giftigen Pilzen erkennen
Ein bärenstarkes Museum in Gersbach
Barfuss über die Alpen
Foto-Blog: Auf geht`s zur Hohen Möhr
Foto-Blog: Vom Kleinen Rhein zum Altrhein
Fotoblog über den Schönauer Philosophenweg
Rote Bete (Rande), eines der gesündesten Gemüse
Hermann-Löns-Grab im Wacholderhain
Lüneburger Heide: Salzsau und Heidschnucken
Kutschenmuseum in Wiechs ist ein Schmuckstück
Canna verleihen einen Hauch karibisches Flair
Artenreiche Streuobstwiesen stark gefährdet
Liebe zu den Kräutern in die Wiege gelegt
Eine Hütte mit Fleischsuppe im Namen
Rätsel um die Russenbänke in Präg gelöst