BLOG vom: 06.01.2014
Zurück zur Schreibmaschine, um Datenfischern zu entgehen
Autor: Walter Hess, Publizist, Biberstein AG/CH (Textatelier.com)
In der Landschaft stehen unzählige Grossantennenanlagen herum: Linearstrahler, Flächenstrahler, Aperturstrahler, Reflektorantennen, Gruppenantennen mit Kreuzdipol für den Satellitenempfang, Peilantennen für die Flugsicherung, Parabolantennen, Fernsehschüsseln an Häusern usf. Wer nicht gerade zufällig einen Antennentechnik-Studienabschluss hinter sich gebracht hat, kann beim Anblick der bizarren Gebilde, die offensichtlich keine Höhenangst verspüren, nur vermuten, was für edlen Zwecken sie dienen: der Totalvernetzung der Gesellschaft. Und ich staune immer wieder, dass es in diesem Meer von elektromagnetischen Wellen, das uns längst überflutet hat, noch heute Menschen gibt, die all das überlebt haben. Ich gehöre zu diesen.
Wie in jedem Meer, so sind auch hier fleissige Fischer am Werk, die nicht zwischen Edelfischen und Fischunkraut (Fischerlatein) unterscheiden, sondern alles kopieren und extrahieren, in der Hoffnung, auf Verwertbares, am liebsten auf Delikatessen, zu stossen. Das wird durch leistungsfähige Sortiermaschinen erleichtert, die schneller noch als der Blitz arbeiten, ohne aber die übrigen positiven Aspekte eines Blitzableiters aufzuweisen.
Vor allem sind es die Geheimdienste wie die weltberühmte, besonders angelfreudige National Security Agency. So nennt sich die Nationale Sicherheitsbehörde der USA, der grosse Verunsicherung auslösende Auslandsgeheimdienst jenes Landes, das die Herrschaft über Land, Wasser, Luft und Elektrosmog für seine Zwecke ausübt bzw. verübt.
Wie man spätestens seit Edward Snowdens Enthüllungen weiss, wird flächendeckend gefischt, geschnüffelt, ausgewertet und die Menschheit kriminalisiert, mit Ausnahme jener Auserwählten, die nach US-Beurteilung Gutes tun und dieser von Gott persönlich auserwählten Nation dienen. Briefe, Geldtransaktionen (Bargeldzahlungen, die nicht kontrollierbar sind, werden bald verboten sein), Einkäufe, Übermittlungen von Tönen und visuelle Botschaften (Fotos, Filme) usf. werden überwacht, eingesehen, als Kopien gespeichert, umfassende Spionageaktionen, die den historischen James Bond alt aussehen lassen. Alles, was in digitalisierter Fassung irgendwo herumgeistert, wird nutzbringend auf der einen und schadenstiftend auf der anderen Seite eingesetzt. Im Prinzip gab es das auch schon – Gerd Bernardy schrieb mir kürzlich dazu: „Die Deutsche Demokratische Republik DDR und ihr Staatssicherheitsdienst waren auch so ein daten- und informationssammlungswütiges Gebilde. Es hat ihr nichts genützt! Vielleicht ist deren Untergang ja sogar ein gutes Zeichen und ein Lichtblick auf die letzten Züge, in denen sich die USA momentan befinden ...“. So dass die grössten Geister sich allmählich Gedanken machen müssen, ob es nicht Mittel und Wege gebe, sich aus diesem digitalen Gefängnis zu befreien.
So liest man unter
dass es laut Gerüchten Wladimir Putins Absicht sei, wieder auf die normale, gute alte Schreibmaschine zurückzugreifen. Auch Focus-online hatte schon am 11.07.2013 als Schlagzeile gemeldet: „Russischer Geheimdienst setzt auf deutsche Schreibmaschinen”. Der russische Staatsschutz soll 20 neue Exemplare und die dazu gehörenden Farbbänder bestellt haben. Vor allem geht es in Moskau um die Archivierung heikler Dokumente (laut „Iswestija”). Wichtig sei für die Sicherheitsdienste, las man, dass jeder Schreibmaschinen-Typ eine eigene „Signatur“ habe – anders als etwa in Serienproduktion hergestellte Drucker. So könne jedes Dokument einer Marke zugeordnet werden. Laut Bestellanforderung müssen die Maschinen eine Tastatur mit englischen und kyrillischen Buchstaben haben und nicht weniger als 13 Zeichen in der Sekunde schaffen, das Herstellungsdatum darf nicht vor 2012 liegen.
Sicher, das ist nur eine behelfsmässige und im Vergleich zu den digitaltechnischen Errungenschaften schwerfällige Lösung, geboren aus der Einsicht, dass die geschwätzigen Computer nicht in der Lage sind, etwas für sich zu behalten, wie die alten Waschweiber, denen alles herausrutschte, was herausrutschen konnte, bei denen das Mundwerk schneller als das Gehirn operierte.
Natürlich hat auch die Flucht zurück zur Schreibmaschine ihre Tücken, wie man aus alten Kriminalromanen weiss: Die Farbbänder verraten, was mit der Maschine zu Papier gebracht wurde, wobei es für Aussenagierende eher schwierig ist, ihrer habhaft zu werden. Und schliesslich kann man Schreibmaschinen auch abhören: ihr Klappern verrät, was auf ihnen geschrieben wurde, da jeder Buchstabe auch beim Anschlagen des Typenrads einen leicht unterschiedlichen Ton von sich gibt. Wahrscheinlich braucht man für die genaue Identifikation einen Computer ...
Ein Bekannter und Textatelier.com-Nutzer machte sich angesichts der neuen russischen Massnahmen einige Gedanken über die Vorteile des Schreibmaschinengebrauchs und versah mich zum Jahreswechsel 2013/14 mit folgenden Ideen für die Rubrik „Zu tun“:
-- Briefadressen Deiner Leserschaft sammeln, vielleicht durch einen Wettbewerb oder so.
-- Sicherstellen, dass das Bibersteiner Postbüro geöffnet bleibt, also nicht wegrationalisiert wird. Vielleicht durch finanzielle Unterstützung des Textateliers und seiner Leserschaft. (Textatelier.com-Anmerkung: Die Postbüroersatzstelle wird seit längerer Zeit durch das zuverlässige Personal der Gemeindekanzlei Biberstein geführt und dürfte dementsprechend erhalten bleiben.)
-- Hermes und IBM Schreibmaschinen jetzt kaufen, bevor die Preise explodieren. Vielleicht sogar als Investition – die Profite könnten dem Postbüro zugewiesen werden.
So weit die Tips. Mir missfällt die umfassende Datenschnüfflerei durch die unberechenbaren Amerikaner auch. Sehr. Doch was wir unter www.textatelier.com ins Netz stellen, ist für die Öffentlichkeit bestimmt; wir Blogger verbreiten darin Botschaften, von denen wir hoffen, dass sie möglichst überall gelesen werden ... Das gilt auch für diese Arbeit, mit der ich anregen will, dass sich die Leute Gedanken über ihr kommunikatives Verhalten machen, sich abzeichnende Entwicklungen zur Bedrohung der persönlichen Freiheiten erkennen, kritisch begleiten und sich mit ihren Möglichkeiten dagegenstemmen.
Interessant: Laut der Statistik unseres Textatelier.com-Providers Cyon hatten wir im Dezember 2013 insgesamt 23 432 Zugriffe aus den USA. Ich begrüsse es sehr, wenn die Amerikaner, die es nötig haben, auf etwas andere, vernünftigere Gedanken kommen ...
Hier aber geht es um die Wiedergeburt der Schreibmaschine ... fast ein Rückfall in die Steinzeit. Dieser ist immer noch sympathischer, als in die Steinzeit zurückgebombt zu werden, weil wir wegen der Spitzeldienste des Spitzellands in Ungnade gefallen sind.
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