Textatelier
BLOG vom: 21.01.2014

Vergewaltigungen in Indien: Wie wir manipuliert werden

Autor: Richard Gerd Bernardy, Dozent für Deutsch als Fremdsprache, Viersen/Westdeutschland
 
Und wieder einmal: Die Zeitungen schreiben ganze Seiten über eine Vergewaltigung in Indien. Natürlich wird vor Reisen gewarnt, vor allem von allein reisenden jungen Frauen. Wieder wird von den Unterschieden zwischen der Dorfbevölkerung und den Städten geschrieben. Und es wird angemerkt, dass indische Männer und Frauen dagegen protestieren, eine rasche Verurteilung verlangen, ein Umdenken im Rollenverständnis.
 
Alles richtig: Gegen Gewalt aller Art soll vorgegangen werden. Aber es scheint, dass es das Phänomen der Vergewaltigung nur oder vor allem in Indien gäbe. Warum lesen wir in unseren Zeitungen nichts über die sich so puritanisch verhaltende USA?
 
Im Internet kann man schnell fündig werden: „Rape more common than smoking in the US“ schreibt Stefanie Kovalchik auf der Website; die sich „Significancemagazine“ nennt. Eine bemerkenswerte Bezeichnung!
 
Sie beruft sich dabei auf eine Studie des „Center for Disease Control and Prevention“ aus dem Jahre 2010. Bei über 90 % der total rund 1.4 Mio Vergewaltigungen, also bei 1.27 Millionen Frauen in einem Jahr, waren Männer aus dem Bekanntenkreis oder die Partner die Täter.
 
Noch einmal: Warum ist das kein Thema für unsere Zeitungen und sonstigen Medien in Deutschland? Weil sich die USA ein sogenanntes „zivilisiertes Land“ nennt? Weil Gewalt im familiären Umkreis weniger spektakulär ist? Weil es die Öffentlichkeit nichts angeht, was unter Partnern geschieht? Gehen wir einmal davon aus, bleiben aber immer noch über 100 000 Fälle sexueller Gewalt von Fremden. Und das soll kein Thema für die Medien sein?
 
Sollen mit diesen Berichten aus Indien die Touristen abgehalten werden? Sollten sie lieber in die USA gehen, von dort „hört“ man ja nichts dergleichen?
 
Möglich ist es. Aber sicher ist: unsere Medien, die sich doch so frei und unabhängig nennen, sind, nicht nur in dieser Hinsicht, gesteuert. Wo kommen die Informationen her, die sie „verarbeiten“?
 
Nachrichtenagenturen stellen Inhalte für alle Medien her, heisst es bei Wikipedia. Die Tageszeitungen usw. nutzen sie für die Informationsbeschaffung.
 
„Agenturen sind sogenannte Gatekeeper. Sie entscheiden darüber, welche Nachrichten relevant sind, um bearbeitet und weitergeleitet zu werden, welche Ereignisse mitteilenswert sind und welche nicht oder zu welchen Ereignissen es nötig ist, Korrespondenten oder Reporter zu schicken. Sie treffen eine Vorauswahl. Redakteure schreiben die Nachrichten; oft werden auch freie Journalisten gegen Honorar beauftragt.“
 
Seltsam, über die Macht der Nachrichtenagenturen bei der Beeinflussung der Bevölkerung, bis hin zur Festigung von Vorurteilen und Falschbeurteilungen, steht nirgendwo etwas, auch wenn Wikipedia behauptet, sie seien „traditionell“ so „objektiv“ wie möglich.
 
Was erfahre ich über die dpa, die führende Nachrichtenagentur in Deutschland? „Seit Anfang 2013 arbeitet dpa intensiv mit der Nachrichtenagentur Associated Press aus den USA zusammen und vermarktet AP-Dienste im deutschsprachigen Raum.“
 
Die dpa und die anderen Nachrichtendienste weisen es natürlich weit von sich, sollte man sie der manipulativen Beeinflussung der Bevölkerung bezichtigen.
 
Auf der Website www.carta.info schreibt 2012 der Journalist Michalis Pantelouris einen langen Artikel darüber, mit der Überschrift: „Lehnt dpa die Realität eigentlich ab, oder hält sie sie nur nicht für notwendig?“
 
Als Kind wurde mir gesagt: „Was du Schwarz auf Weiss besitzt, kannst du getrost nach Hause tragen!“ Heutzutage wäre eine solche Aussage eine verbale Kindesmisshandlung, vor allem, wenn die Erziehungspersonen ihre Kinder auf den Weg zu einem selbstständig denkenden Erwachsenen führen wollen!
 
Das gilt ebenso für unsere Tagesschau und sonstigen Nachrichtenmagazine. Ich habe oft den Eindruck, die unwichtigen Meldungen, die dort lang und breit getreten werden, sollen die Menschen davon abhalten, sich darüber zu informieren, was wirklich läuft!
 
Das Internet bietet auch alternative, investigative Informationen. Es gilt aber, auch diese abzuwägen. „Für wahr halten“ kann man heutzutage kaum noch etwas!
 
 
Quellen
 
 
Hinweis auf weitere Blogs zum Thema Medien
 
Hinweis auf weitere Indien-Berichte von Richard Gerd Bernardy
24.03.2012: Im Urwald der indischen Region Coorg: Naturverbundenheit
Hinweis auf weitere Blogs von Scholz Heinz
Auf Pilzpirsch: Essbare von giftigen Pilzen erkennen
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Foto-Blog: Auf geht`s zur Hohen Möhr
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