BLOG vom: 31.05.2014
Temperaturunterschiede zwischen Kontinenten und Viren
Autor: Richard Gerd Bernardy, Dozent für Deutsch als Fremdsprache, Viersen/Westdeutschland
Gestern Morgen wurde ich um 5 Uhr wach und dachte daran, dass ich genau vor einer Woche, zeitversetzt um die gleiche Zeit, mir am Strand nördlich von Colombo (Hauptstadt von Sri Lanka) den Fischmarkt angeschaut, mit den Fischern ein Schwätzchen gehalten und die vielen verschiedenen Fänge fotografiert habe. Es waren mir völlig unbekannte Fischarten in leuchtenden Farben darunter, aber am schönsten waren die 2 Rochen, die am Stand zum Verkauf auflagen.
Es ist erst 7 Tage her, aber diese Woche habe ich die meiste Zeit hustend, auch fiebrig, mit Schnupfen, Kopf- und Brustschmerzen und weiteren Beeinträchtigungen, wie sie eine schwere Erkältung so mit sich bringen, herumgelegen.
Dabei ist hier oben an der Ostsee das Wetter momentan herrlich. Die Sonne scheint wie in Sri Lanka, nur die Temperatur liegt etwa 20 Grad unter den dortigen 35 Grad Celsius.
Es begann etwa 2 Tage vor dem Rückflug an jenem Freitagabend, dass mich die Klimaanlagen und Deckenventilatoren zum häufigen Niesen brachten. Im Flugzeug war das Gebläse auf 15 Grad C eingestellt, ich fror jämmerlich. Irgendwann beschwerten sich weitere Gäste, und es wurde besser. Aber auch im Flughafen Abu Dhabi beim Zwischenaufenthalt war es kalt. So wie zu Hause, am frühen Morgen war es wenig über10 Grad C, ein gewaltiger Unterschied zu 12 Stunden vorher.
So nahm das Verhängnis seinen Lauf. Absagen konnte ich das Versprechen an meine Gattin nicht, direkt am übernächsten Tag nach meiner Rückkunft zu den Kindern und Enkelkindern an die Ostsee zu fahren. Schliesslich hatte sie es 3 Wochen ohne mich ausgehalten; hier im Norden gab es die Woche rund um den Feiertag Ferien und der Schwiegersohn hatte Geburtstag.
War es wegen der Erkältung, dass der Jetlag, den ich durch den Zeitunterschied von 3 1/2 Stunden bekam und den ich bisher in einem Tag mühelos bewältigt hatte, diesmal einige Tage dauerte?
Die Anreise war langwierig, diesiges Wetter, ein langer, unfallbedingter Stau. Meine Frau fuhr die längste Strecke.
An unserem ersten Ankunftstag gab es stürmisches Wetter. Der Wind drückte die Ostseefluten über den ganzen Strand hinweg in Richtung Strasse, nur noch ein kleiner Rand, auf dem eilig die Strandkörbe gestapelt wurden, blieb übrig. Der aufgewirbelte Sand stach im Gesicht.
So wie am Meer, so stellte ich es mir vor, war es auch in meinem Innern. Ein ganzes Heer von Viren formierte sich und startete einen Angriff auf meine körpereigenen Abwehrzellen. Einige Verluste führten zum Rückzug und zu einer zeitweiligen Beruhigung. Doch nicht viel später erfolgte ein neuer Angriff, und ich hustete und prustete wieder. Der Kopf brummte wegen der verstopften Nebenhöhlen aller Art; ich fieberte leicht, und die Brust schmerzte.
In der Nacht bekämpfte mein Abwehrsystem den Virenangriff mit einem massiven Schweissausbruch. Die Wäsche am Leib konnte man danach ebenso auswringen wie die Bettwäsche. Doch auch diese massive Verteidigungsschlacht war nicht erfolgreich; am nächsten Morgen fühlte ich mich noch schwächer.
Die Hustenattacken drückten auf meine Brust und hinterliessen leichte Schmerzen. Ich wusste, dass es keine wirklich hilfreiche Medizin gegen eine Virusinfektion gibt; aber ein Kurzbesuch beim Arzt brachte dann doch die beruhigende Erkenntnis, dass die Lunge noch nicht ernsthaft in Mitleidenschaft gezogen worden war. Von einem Hinweis auf eine Entzündung war jedenfalls kein Ton im Stethoskop zu hören. Der Arzt meinte nur, ich müsse Geduld haben, es daure eben.
Und wie recht er hatte! Morgens stehe ich wie gerädert auf. Alles tut weh. Ich kann kaum sitzen, stehen und liegen. Die Papiertaschentücher gehen schnell zur Neige.
Natürlich habe ich ein wenig Bedenken, dass ich die beiden Enkelkinder im Alter von 3 und 5 anstecken könnte. Aber was sollte ich machen? Ich hoffe darauf, dass die rauen Lüfte hier im Norden und an der See ihre Abwehrkräfte bereits gut mobilisiert haben.
Das Wochenende hat begonnen, und die Fahrt nach Hause steht bevor. Ich verspüre während des Tags einen leichten Sieg meines Abwehrsystems. Aber am Abend wird die Armee der Viren wieder einen grösseren Angriff starten. Vielleicht sind sie doch schon so geschwächt, dass der Genesungsprozess fortschreiten kann. Schliesslich hat sich die Ostsee ja auch wieder zurückgezogen, und viele Kurzurlauber verbringen ihre Spaziergänge am jetzt wieder breiten Strand.
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