Textatelier
BLOG vom: 18.11.2014

Wenn ein edler Admiral im Spätherbst eine Blume aufsucht

Autor: Heinz Scholz, Wissenschaftspublizist, Schopfheim D
 
 
Keine Angst, ich befasse mich hier nicht mit dem militärischen Dienstgrad der Marine, sondern mit einem Schmetterling. Sie werden sich fragen, warum der Blogger sich gerade jetzt dieses Thema aussuchte. Es ist doch schon Spätherbst, und zu dieser Jahreszeit fliegen wohl keine mehr herum. Falsch gedacht!
 
Am 08.11.2014 flog ein Prachtexemplar eines Admirals auf eine Balkonblume (Kapkörbchen) und saugte mit seinem langen, schmalen Rüssel Nektar. Dies geschah, als ich auf dem sonnenbeschienenen Balkon bei 20 °C in einem Liegestuhl relaxte. Dann holte ich gleich die Kamera, um diesen Schmetterling abzulichten. Das gelang mir. Ich wunderte mich nur, dass der Admiral nicht wegflog, sondern ganz ruhig weitersog.
 
Ein Foto sandte ich an die „Badische Zeitung“, das am 11.11.2014 unter der Rubrik „So gesehen“ publiziert wurde. Die Bildunterschrift lautete: „Ein Admiral-Schmetterling liess sich am Samstag auf der Sonnenseite eines Balkons in Schopfheim D blicken. Das hat BZ-Leser Heinz Scholz genutzt, um diese schöne Aufnahme zu machen.“
 
Ein Edelfalter mit weissen Flecken
Nun wollte ich etwas mehr über diesen Schmetterling wissen. Ich erfuhr, dass der Admiral (Vanessa atalanta) zur Familie der Edelfalter (Nymphalidae) gehört. Mein Exemplar besass dunkelbraune Vorderflügeloberseiten, auf denen eine breite orange Binde verlief. Die Vorderflügel waren schwarz gefärbt und trugen an den Spitzen 12 weisse Flecken. Die Hinterflügel waren dunkelbraun gefärbt und trugen eine breite orange Binde. Auch sah ich am Ende der Flügel eine weisse Linie, die durch dunkelbraune Punkte unterbrochen wurde. Man kann also die Art leicht erkennen.
 
Der Admiral begnügt sich nicht nur mit Blüten, sondern er nascht auch gern an faulenden Birnen, Zwetschgen oder Äpfeln. Fallobst bedeutet eine leckere Mahlzeit für diese Edelfalter. Hoffentlich bekommen die Falter keinen Schwips, wenn sie den Alkohol von den gärenden Früchten aufsaugen!
 
Es gibt Populationen, die an das regionale Klima angepasst sind. Mitteleuropäische Populationen fliegen bis Südskandinavien und im Herbst wieder zurück, um dort zu überwintern. Überwinterungsgebiete liegen in Südwestdeutschland und Ostfrankreich.
 
Eier werden oft an der Unterseite von Brennnesselblättern abgelegt. Die Raupen sind dankbar, denn sie ernähren sich von der Grossen Brennnessel. Sie leben meistens in Blatt-Tüten und verpuppen sich auch dort.
 
Die Admirale fliegen von Juni oder Juli bis Oktober, bei milder Witterung manchmal auch im Winter. Leider ertragen die Falter den Frost nicht. Sie sterben oft schon beim ersten Frost ab. Da hatten der Admiral und ich wirklich Glück, dass noch kein Frost eingekehrt war. Weitere Falter sah ich bei einem Rundgang durch Schopfheim-Eichen nicht mehr.
 
Eine Frau aus Schopfheim-Fahrnau sah auch einen Admiral-Schmetterling. Die Abbildung wurde im Schopfheimer Teil der „Badischen Zeitung“ publiziert.
 
Schmetterlinge sind rar geworden
Noch einige Gedanken zu den Schmetterlingen. Sie haben es nicht leicht, für sie leckere Blumen zu finden. Auf der einen Seite verschwinden viele Bauerngärten, und auf der anderen Seite gibt es immer mehr Einheitsbepflanzungen und Betonflächen. Die meisten Wiesen zeigen ein Einheitsgrün. Nur selten finden wir noch Blütenpflanzen, die früher auf Äcker und Wiesen uns so erfreuten. Ich denke da an den Klatschmohn und an die Kornblume.
 
Emil Baschnonga wies schon am 19.07.2008 auf einen Blog („Wenn alte Esel Schmetterlingen Pflanzen vorenthalten“) auf diese Misere hin und erwähnte, dass auch in England die Schmetterlinge rar werden. „Dem Schmetterling fehlen in der vereinheitlichten Welt die Sommerwiesen und die Moore. In seiner Einfalt zerstört der Mensch die Natur. Wilhelm Busch hat in seinem Schmetterlingsgedicht den wunden Punkt so getroffen“: 
Sie war ein Blümlein hübsch und fein,
Hell aufgeblüht im Sonnenschein.
Er war ein junger Schmetterling,
Der selig an der Blume hing.
Oft kam ein Bienlein mit Gebrumm
Und nascht und säuselt da herum.
Oft kroch ein Käfer kribbelkrab
Am hübschen Blümlein auf und ab.
Ach Gott, wie das dem Schmetterling
So schmerzlich durch die Seele ging.
Doch was am meisten ihn entsetzt,
Das Allerschlimmste kam zuletzt
Ein alter Esel frass die ganze
Von ihm so heiss geliebte Pflanze. 
Über 60 % der Falter stehen laut NABU (Naturschutzbund Deutschland e. V.) auf der Roten Liste. Viele Arten sind schon stark dezimiert. Wir können jedoch eine Menge tun, um die Schmetterlinge zu schützen und sie mit ausreichender Nahrung zu versorgen.
 
Nur so gibt es reichliche Nahrung
Der NABU gab die folgenden sehr guten Empfehlungen bekannt:
− Legen Sie in ihrem Garten Staudenrabatte, ein Kräuterbeet oder eine Hecke mit Wildsträuchern an. Pflanzen Sie heimische Wildpflanzen wie Kartäusernelke, Taubenskabiose, Johanniskraut, Wilder Majoran u. a. an. Eine besonders ergiebige Nektarquelle ist der Sommerflieder.
– Denken Sie daran, dass sich die Blütenpracht vom Frühjahr bis zum Herbst erstrecken sollte.
– Beachten Sie auch an die nachtaktiven Schmetterlinge (80 % der Falter sind nachtaktiv) und bringen sie Pflanzen in den Garten, die in der Nacht noch blühen wie z. B. Geissblatt, Nachtkerze, Nachtlichtnelke oder das Nickende Leimkraut.
– Auch sollte man an die Raupen denken. Die Raupe ist wählerisch, sie verträgt die Blätter exotischer Pflanzen nicht, sie futtert gerne an einheimischen Pflanzen (Wilden Möhren, Petersilie, Brennnesseln, Disteln und anderen Beikräutern). Fast jede Art hat ihre Lieblingspflanze.
– Halten Sie Überwinterungsplätze bereit (Reisighaufen, Haufen mit Falllaub, Geräteschuppen).
 
Es gibt unter den Schmetterlingen auch einen Überlebungskünstler. Es ist der Zitronenfalter, der sogar minus 20 °C übersteht. Er überlebt deshalb, weil er ein Frostschutzmittel in seinem Blut hat.
 
„Sie darben und sterben aus“, meinte Emil pessimistisch. Das wird hoffentlich nie eintreten. Wir wollen uns möglichst lange Zeit an den schönen Tierchen erfreuen. Aber dafür müssen wir etwas tun.
 
Ein weiteres Insekt, das sich mir im November zeigte, werde ich in einem gesonderten Blog vorstellen.
 
Internet
 
Literatur
Dierl, Wolfgang: „BLV Naturführer Insekten“, BLV Verlagsgesellschaft, München 1978.
Reichholf-Riehm, Helgard: „Schmetterlinge“ (Steinbachs Naturführer), Mosaik Verlag, München 1983.
 
 
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