Textatelier
BLOG vom: 30.11.2014

Millionäre beliebt, Einwanderer toleriert, Gold bleibt, wo es ist

Autor: Walter Hess, Publizist (Textatelier.com), Biberstein AG/CH
 
 
Abstimmungssonntage haben in der Schweiz immer einen Krimicharakter; die Spannung kann gegen das Ende kürzer oder länger sein. Diesmal war sie kurz. Schon eine halbe Stunde nach den Urnenschliessungen am Sonntagmittag, 30.11.2014, um 12 Uhr, standen die doch recht differenzierten Resultate aufgrund von Hochrechnungen fest.
 
-- Ecopop: 74.1 Prozent Nein.
-- Pauschalbesteuerung: 59.2 Prozent Nein.
-- Goldinitiative: 77.3 Prozent Nein.
 
Stimmbeteiligung: 49.9 Prozent.
 
Die reichen Ausländer, welche die Schweiz als sicheren und angenehmen Wohnsitz auserwählt haben, können sich weiterhin von einer Pauschalbesteuerung verwöhnen lassen, falls sie in einem Kanton wohnen, der an der Pauschalsteuer festhält (der Föderalismus = kantonale Eigenständigkeit blieb erhalten). Millionäre und Milliardäre werden also nicht ins Ausland vertrieben, wie es eine linke Neidkultur gern gehabt hätte. Darunter sind viele Mäzene beziehungsweise Millionäre, die in der Schweiz viel Geld ausgeben und für Betreuungsaufgaben Arbeitsplätze schaffen. Unia-Sprecher Nico Lutz (Gewerkschaftsführer) gab bei SRF1 zu, dass die Schweiz von diesem System profitiert. Offenbar hat der Schweiz-Ausverkäufer eher das Wohl des Auslands im Auge, eine in der nationalen Politik häufige Erscheinung, selbst auf höchster Ebene.
 
Abgelehnt wurde auch die Volksinitiative „Stopp der Überbevölkerung – zur Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen“. Sie wollte das Wachstum der ständigen Wohnbevölkerung in der Schweiz infolge der Zuwanderung auf 0.2 Prozent oder rund 17 000 Personen begrenzen (starres Kontingent) und wurde als zu rigoros empfunden. Ich selber habe dieser Initiative zugestimmt, um den in Masseneinwanderungsfragen lethargischen Bundesrat aufzurütteln, und sei es auch nur durch eine Erhöhung des Ja-Stimmen-Anteils. Damit habe ich die Welt einmal mehr nicht verändert. Es war eine Enttäuschung, dass wie alle anderen Parteien selbst die Schweizerische Volkspartei (SVP) nicht nur keine Schützenhilfe gab, sondern noch eine Bremswirkung entfaltete, obschon die Tendenz der Initiative ganz auf ihrer Linie war. Der Politologe Claude Longchamp sprach von einer „Demobilisierung auf der rechten Seite“. Die Annahme wäre ein Akt der Selbstbestimmung gewesen; nun will man sich wieder der Europäischen Union (EU) ausliefern, die sich mit zunehmender Deutlichkeit in der Schweizer Politik etabliert. Zugleich gilt es aber, die bereits am 09.02.2014 angenommene Masseneinwanderungsinitiative mit aller Konsequenz umzusetzen.
 
Viele Länder wälzen Fragen um Zuwanderung und Überfremdung (Kultur- und Individualitätsverluste), und die Schweiz hätte in Bezug auf Massnahmen zur Wachstumsbegrenzung mit Grundsätzen, die nicht gegen die Ethik verstossen, eine Vorreiterrolle übernehmen können. Überhaupt stiessen alle 3 Initiativen im Ausland auf ein grosses Interesse.
 
Die überdeutliche Ablehnung der Volksinitiative „Rettet unser Schweizer Gold (Goldinitiative)“, schon fast ein Verdikt, bedauere ich ebenfalls sehr; alle grossen Parteien waren gegen den Vorstoss. Ich bin kein bedingungsloser Anhänger der Schweizerischen Nationalbank (SNB), erachte sie ebenso wenig als unfehlbar wie einen Papst; sie hat beispielsweise tonnenweise Gold zu historischen Tiefstpreisen verkauft und dadurch Milliarden vernichtet, und Philipp Hildebrand lag vor allem das eigene Konto bzw. jenes seiner Frau nahe.. Die SNB-Politik ist mir allzu sehr auf die US- und EU-Interessen ausgerichtet; dennoch erfreut sie sich beim Volk eines grossen Vertrauens. Sie soll ausserhalb politischer Ringkämpfe stehen. Die Initiative hätte auch den unbegrenzten, verhängnisvollen Euro-Ankauf im astronomischen Bereich und damit die volle Anbindung des Schweizer Frankens an den schwächlichen Euro beendet. Es hat nicht sollen sein. Die Wirtschaft freut’s.
 
Kommentar von einem meiner Twitter-Follower:
Gute Nacht, Schweizerland!
Einfalt ist unheilbar & hält meist bis zum zweitletzten Atemzug.
Beim Letzten ist es zu spät.
 
Alle 3 Initiativen sind auch am Ständemehr gescheitert; eine Mehrheit der Kantone müsste zustimmen. Initiativen haben es aus solchen Gründen schwer, angenommen zu werden. Die ersten Resultate liefert immer der Aargau, der seinem Ruf als Bildungskanton immer wieder Ehre macht, diesmal in organisatorischen und mathematischen Belangen. Zudem gilt er als „Kanton der Mitte“ und widerspiegelt ungefähr den CH-Durchschnitt, wenn er sich nicht durch besondere Leistungen davon abhebt.
 
Ich bin begeisterter Anhänger unserer (Halb-)Demokratie genug, um Volksentscheide bedingungslos zu akzeptieren. Das Volk hat entschieden. Basta. Ob sich der Entscheid als richtig oder falsch herausstellen mag, man hat ihn bedingungslos zu akzeptieren. Ich habe mich dazu aufgerafft, wie schon oft.
 
Die SRF-Abstimmungsberichte sind die führende und aktuellste Begleitung der eintreffenden Resultate. Wenn die Fakten unumstösslich vorliegen, dürfen die TV-Moderatoren und -Korrespondenten plötzlich kritische Hinweise, die bisher irgendwo in den unergründlichen Tiefen des Mainstreams untergegangen waren, ans Licht zerren, weil diese im Nachhinein keinen Schaden mehr anrichten können.
 
Kantonale Abstimmungen
Im Kanton Solothurn sind Elektroheizungen künftig verboten. Die Stimmberechtigten genehmigten eine Teilrevision des Energiegesetzes mit einem Ja-Stimmen-Anteil von 51.65 Prozent. Der Entscheid ist unverständlich. Beim energiewende-politischen Übergang zur Flatterenergie ist es ein blühender Unsinn, Stromspeicherkapazitäten zu vernichten.
 
Die Luzerner Stadtregierung entscheidet weiterhin darüber, welche Bilder auf der Kapellbrücke aufgehängt werden. Das Stimmvolk hat die Volksinitiative „Die Bilder gehören auf die Kapellbrücke“ der Jungfreisinnigen mit einem Nein-Stimmen-Anteil von 55.2 Prozent abgelehnt.
 
Ein weiterer Entscheid der Stadtluzerner: Die Stimmberechtigen sagten Ja zum 1,73-Millionen-Franken-Kredit für die Sanierung der 2008 stillgelegten Schrägbahn zum Hotel Gütsch.
 
Im Kanton St. Gallen werden 6 Spitäler für insgesamt 930 Millionen CHF erneuert. Die Zustimmung für die Bauvorlagen bewegte sich zwischen 72.9 und 90.0 Prozent.
 
Im Kanton Graubünden übernehmen ab 2016 neu gebildete 11 Regionen öffentliche Aufgaben wie Sozialdienste, Abfallentsorgung und die Führung von Betreibungsämtern. Das Stimmvolk genehmigte das dafür nötige Gesetz mit 63 Prozent Ja-Stimmen.
 
Die Stimmbürger von Chur haben die Einführung einer Kanalgebühr zum 2. Mal abgelehnt. Die Gebühr war der grösste Posten eines Massnahmenpakets zur Sanierung des Haushalts. Insgesamt schrumpfte das dem Volk vorgelegte Entlastungspaket von 6.2 Million Franken auf 2.8 Millionen CHF.
 
Die Einwohner von Einsiedeln SZ wollen, dass auch der dem Bezirk gehörende Teil des Platzes vor dem Kloster, der Hauptplatz, saniert wird (Ja-Stimmen-Anteil: 60 Prozent). Sie haben einem Planungskredit von 270 000 Franken zugestimmt. 
*
Das Volk war fleissig, hat Sonntagsarbeit geleistet: Die Mehrheitsentscheide gelten. Quittungen folgen.
 
 
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