BLOG vom: 28.01.2015
Feierabend machen, bevor man müde ist: geadelte Arbeit
Autor: Walter Hess, Publizist (Textatelier.com), Biberstein AG/CH
Arbeit macht das Leben süss,
macht es nie zur Last.
Der nur hat Bekümmernis,
der die Arbeit hasst.
Kräfte gab uns die Natur
zu Beruf und Pflicht.
Faule Müssiggänger nur
gähnen, leben nicht.
Im Volksliedgut ist der Stellenwert der Arbeit seit Jahrhunderten erfasst. Man sah damals darin keinen krankmachenden Faktor, ausgenommen bei jenen modernen Lehrern, welche das Burnout (Ausgebranntsein) kultivieren. Und Frauen in Chefetagen sollen anfälliger für Depressionen sein, will die Universität Texas in Austin (http://www.utexas.edu/) soeben herausgefunden haben. Wer das glauben möchte, soll es tun. Die Medienmeldungen über die Schädlichkeit der Arbeit überschlagen sich in diesem neoliberalen Zeitalter, in dem Leiden erfunden, mit einem eingängigen Namen versehen und gewinnoptimierend behandelt werden. Geschäft ist Geschäft. Die Wiener Zeitung „Die Presse“ legte am 24.11.2014 noch einen drauf: „Gelenkprobleme, Depressionen und Stress belasten die Arbeitnehmer in Österreich, so das Ergebnis einer Statistik-Austria-Erhebung. Männer leiden häufiger körperlich, Frauen psychisch.“
In den letzten Wochen hatte ich mehrere Kontakte mit Handwerkern wie Monteuren, Baufachleuten, einem Autopannenhelfer und so weiter, fleissige Leute, die das Arbeiten bisher unbeschadet überstanden haben. Sie alle zeigten sich über die Aufträge glücklich, strengten sich an und sagten, das diene der Erhaltung ihres Arbeitsplatzes.
Die Mechanisierung, Automatisierung und Digitalisierung haben viele Arbeitsplätze hinweggerafft, so dass die menschliche Arbeitskraft zunehmend weniger gefragt ist. Weil die Arbeit allmählich zur Rarität wird, ist ihr Stellenwert im Zunehmen begriffen. Die Drohung mit Arbeitsplatzverlusten, Arbeitsplatzabbaumassnahen sind zu politischen und insbesondere wirtschaftspolitischen Schreckgespenstern geworden. Jedermann schätzt es, einen Arbeitsplatz zu haben, für seine Familie und sich selber ein Auskommen zu finden und nicht in der Sozialhilfeindustrie, eine Wachstumsbranche übrigens, ein armseliges Dasein fristen zu müssen. Natürlich gibt es wegen der sich verknappenden Arbeit bedauerliche Fälle, die allen Anstrengungen zum Trotze keine andere Lösung mehr sehen. Die Automatisierung fordert ihre Opfer.
Gewisse Marktmechanismen spielen auch auf dem Arbeitsmarkt: Sind die Arbeitskräfte in einer Überzahl vorhanden, sinken ihr Wert und damit der Preis, was sich auf der Lohnabrechnung niederschlägt. Solche Vorgänge sind für Gewerkschaften (ebenfalls eine gewinnorientierte Wachstumsbranche) ein gefundenes Fressen, um sich zu profilieren, die Arbeitskräfte allenfalls zu Arbeitsniederlegungen zu zwingen und die Unternehmen zu schwächen, eine Variante der weltpolitisch beliebten Sanktionspolitik, mit der man unangepasste Nationalstaaten und damit ihre Bevölkerungen schädigen und über diesen Weg eine Staatsmacht in die Knie zwingen will.
Sicher haben die Arbeitskräfte berechtigte Interessen, für die sie sich einsetzen dürfen und sollen, am Besten durch Verhandlungen firmenintern, auf der Suche nach allseits befriedigenden Lösungen. Die Einmischungen von aussenstehenden Gewerkschaften als professionelle Unzufriedenheits- und Unruhestifter bewirkt in der Regel das Gegenteil der vorgegebenen Ziele. Ihre Profilierungssucht reicht bis zum Kampf gegen die Sonntagsarbeit, die in vielen Branchen (Landwirtschaft, Tourismus, Medien, Krankheits- und Betreuungswesen etc.) unvermeidlich ist. Unternehmen im internationalen Konkurrenzumfeld, bestehend aus Billiglohnländern, werden zu weiteren Rationalisierungen (Wegrationalisierungen von Arbeitsplätzen) oder/und zu einer Produktionsverlagerung ins Ausland gezwungen, wo die Arbeit billiger und die Arbeitsbereitschaft gross ist.
Die Rolle der Gewerkschaften wird zur Kalamität, wenn sie oberflächlich, rücksichtslos agieren und nicht auf die speziellen Verhältnisse eines Unternehmens eingehen. Sie schaden ihrer eigenen Klientele. Zahllose Firmen reduzieren die Angestelltenzahl, wo immer es nur geht, auch um das Gestürm mit den Gewerkschaften minimieren zu können, das oft mit grossem Getöse medial verbreitet wird und damit geschäftsschädigend wirkt. Dass die Arbeiter noch für den Lohn der wohlbestallten, grossmauligen Gewerkschaftsfunktionäre aufkommen können, ist ein Aberwitz. Und ebenso verstehe ich nicht, dass Gewerkschaften in der öffentlichen Diskussion wie staatstragende Institutionen behandelt und ernst genommen werden, selbst wenn sie an den berechtigten Bedürfnissen der Arbeiterschaft vorbei politisieren.
Die Arbeiterschaft wird so zum Spielball, der wie auf einem Fussballplatz von 2 Mannschaften in die jeweils gewünschte Richtung gekickt wird, hin und her; die Gewerkschafter übernehmen die Rolle der Unruhe stiftenden Hooligans. Und wenn es gelingt, die Arbeitskräfte vom Spiel- beziehungsweise Arbeitsplatz zu vertreiben, blüht der Aktienkurs; der Unternehmenswert vergrössert sich, um die Tragödien komplett zu machen.
Entsprechende Ereignisse folgen sich Schlag auf Schlag:
„Die Grossbank UBS will in den kommenden 2Jahren 4000 IT-Jobs in Billiglohn-Länder verschieben. Betroffen sind vor allem externe Unternehmen.“
„Der Agrochemiekonzern Syngenta hat das Massnahmenpaket geschnürt, mit dem er im Vertrieb, in der Forschung und in der Administration bereits im Jahr 2015 die Kosten um 265 Millionen Dollar senken will. Im Rahmen der Massnahmen sollen 1800 Stellen abgebaut oder verlagert werden. Davon betroffen sind auch rund 500 operative Funktionen in Basel, wovon etwa 2/3 ins Ausland verlagert werden.“
„Die ,Neue Zürcher Zeitung’ und die ,NZZ am Sonntag’ werden künftig im Druckzentrum der Tamedia gedruckt. Damit reagiert NZZ angeblich auf den Wandel in der Medienbranche.“ Und so weiter.
Tägliches Futter für Medienkonsumenten, und damit es so weitergehen kann, unternehmen die Links-Politiker alles, um die Globalisierung durch Unterordnung der Schweiz unter die zentralistische, bürokratische Brüsseler EU-Herrschaft mit der Speerspitze Angela Merkel unter US-Kommando und -Oberaufsicht voranzutreiben, ob das Volk will oder nicht. Unsere Schweizer Besonderheit einer funktionierenden halbdirekten Demokratie scheint nichts mehr zu gelten. Genau wie die Bundesrätinnen Doris Leuthard und Eveline Widmer-Schlumpf die Milliarden verschlingende, landschaftszerstörende Energiewende erfunden und an der demokratischen Einflussnahme und bei Missachtung nationaler Interessen vorbei durchgeboxt haben, um sich die persönliche Wiederwahl zu sichern, erhoffen sich die europhilen Politiker ein besonders lukratives, mit Spesen vergoldetes Pöstchen innerhalb der EU.
Die Schere öffnet sich nicht nur zwischen Arm und Reich, sondern auch zwischen Politkern und Volk, dessen Existenz zunehmend erschwert wird; es wird der Hilfsbedürftigkeit entgegen getrieben, in die Sozialindustrie, wo es wiederum vom Linkstrend eingeklammert wird. Das süsse Leben auf der Grundlage von befriedigenden Arbeiten wird in dieser fehlgeleiteten Welt verhindert. Das süsse Nichtstun zerstört Menschen, die sich unnütz vorkommen, ihr Selbstwertgefühl verlieren.
Im Song „Lemon Tree“ (Zitronenbaum) der deutschen Band Fools Garden werden das Herumhängen und Herumfahren verherrlicht
I'm sitting here in a boring roomit's just another rainy afternoon.I'm wasting my time I got nothing to do.I'm hanging around I'm waiting for youBut nothing ever happens ‒ and I wonderI'm driving around in my car.I'm driving too fast.I'm driving too far.I'd like to change my point of viewI feel so lonely I'm waiting for you.But nothing ever happens ‒ and I wonder.
Und in den USA blüht die Hangin’ Around Lyric (Edgar Winter, US-Volksmusiker) für Zeit-Totschläger. Das Mobile spielt immer wieder
Just hangin' round
Just hangin' round
Just hangin' round.
In Amerika lebende Halbwüchsige schrieben mir in einem Neujahrabrief einmal, ihre Lieblingsbeschäftigung sei das Hanging Around.
Ein Trauerspiel. Friedrich Hebbel hat seine Tragödie um „Agnes Bernauer“ mit folgender, inhaltlich konträrer Weisheit angereichert: „Wir wollen von heute an immer eine Stunde früher anfangen! Niemand weiss, ob er nicht Feierabend machen muss, ehe er müde ist.“
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http://www.textatelier.com/index.php?id=3&link=145
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