Textatelier
BLOG vom: 13.02.2015

Neue Studien 1: Manneskraftstärkung, tödliche Langeweile

Autor: Heinz Scholz, Wissenschaftspublizist, Schopfheim D
 
Fast tagtäglich werden wir mit kuriosen und amüsanten Studienergebnissen konfrontiert. So wurde kürzlich berichtet, dass Frauen mit einem voluminösen Hintern mehr Kinder gebären als magere Typen. Nach der Lektüre fragte ich mich, ob die aufgepolsterten künstlichen Pobacken, die jetzt besonders bei US-Prominenten „in“ sind, auch für eine Fruchtbarkeit verantwortlich sind. Wahrscheinlich nicht, denn hier haben Schönheitschirurgen der Natur nachgeholfen. Was dabei herauskommt, ist manchmal fürchterlich.
 
In einer britischen Studie, die in Biology Letters publiziert wurde, ist zu lesen, dass das Verhältnis der Länge von Zeige- und Ringfinger aussagt, wer treu und wer untreu ist. Je länger der Ringfinger im Vergleich zum Zeigefinger, der neige zur Polygamie. Die Wissenschaftler waren jedoch selbst skeptisch. Sie fügten bei, die Ergebnisse sollte man mit Vorsicht interpretieren, weil auch noch anderer Faktoren wie das soziale Umfeld eine Rolle spielen. Warum also eine solche blödsinnige Studie?
 
Und noch eine Studie, die man glauben oder nicht glauben kann:
 
Stärkung der Manneskraft
Die „Basler Zeitung“ berichtete am 01.11.2013 über eine Studie der Harvard University mit der Schlagzeile „Obst und Gemüse stärken die Manneskraft“. In der Studie wurde publik, dass Tomaten, Möhren, Salat und auch Obst für den Mann sehr gut seien (das wussten wir schon lange). In der Fachzeitschrift „Fertility and Sterility“ konnte man lesen, dass es einen Zusammenhang zwischen der Menge an bestimmten Carotinoiden und der Spermienqualität gebe. Die Studie wurde an 189 Männern durchgeführt. Ein besonders hoher Konsum der Carotinoide Beta-Carotin und Lutein war mit einer grösseren Spermienbeweglichkeit verbunden.
 
Ganz amüsant fand ich dann die Kommentare in der erwähnten Zeitung. Hier eine kleine Auswahl:
 
Chris M.: „Das wissen die Hasen schon lange … schön, sind wir auch schon so intelligent.“
 
Richard M.: „Fazit: Wer gesund lebt und sich gesund ernährt, hat bessere Spermien. Heureka, was für eine Erkenntnis, quasi revolutionär.“
 
Jolanda E.: „Meine Güte! Hoffentlich essen jetzt nicht alle Männer nur noch Grünzeugs. – Ich habe nämlich Aktien von Pfizer.“
 
Christian B. erwähnte in einer Leserzuschrift, er verdanke seine Manneskraft den Proteinen, sprich „Fleisch“!
 
Häufig positive Ergebnisse
Häufig hängen positive Studienergebnisse von Sponsoren ab. Wenn die Pharmaindustrie klinische Studien finanziert, kommen diese auffallend häufig zu positiven Ergebnissen. Auch werden Studien mit positiven Ergebnissen schneller in Fachzeitschriften publiziert.
 
Ben Goldacre hat in seinem Buch „Die Pharma-Lüge – Wie Arzneimittelkonzerne Ärzte irreführen und Patienten schaden“ die falschen Versprechungen der Pharmaindustrie entlarvt. Aber das ist jetzt nicht Thema dieses Blogs.
 
Auch bei den Studien über Ernährung gibt es immer wieder Verwirrungen mit seltsamen Ergebnissen. So wurde jahrelang postuliert, Dicke würden nicht so alt werden wie Dünne. Dann kam die Kehrtwendung. Nun sollen Dicke wieder länger leben. Am 23.10.2014 berichtete 3sat: „Leichtes Übergewicht kann ein Vorteil sein“ und „,Dünn ist gut, dick ist schlecht' ist keine pauschal zutreffende Formel.“
 
Über diverse Ernährungsstudien verfasste ich einen Blog am 29.01.2008: Ernährungsstudien-Wahn: Verwirrung bei den Verbrauchern.
 
Es gibt jedoch auch seriöse Studien, die ich hier näher beleuchte. Einen sehr guten Überblick gibt die Carstens-Stiftung (www.carstens-stiftung.de) – Fördergemeinschaft Natur und Medizin, die auch Einschätzungen der Studienergebnisse präsentiert.
 
Wer sich langweilt, stirbt früher
Annie Britton und Martin Shipley vom University College London haben einen Zusammenhang zwischen Langeweile und einem frühzeitigen Tod festgestellt. Oft zeigten solche Menschen ein gesundheitsschädliches Verhalten wie erhöhten Alkoholkonsum und Rauchen. Bei den gelangweilten Personen wurde eine 2.5 Mal so hohe Wahrscheinlichkeit, im frühen Alter an einer Herzkrankheit zu sterben, ermittelt.
 
„Der Zustand von Langeweile steht mit hoher Sicherheit stellvertretend für andere Risikofaktoren“, erklärten die Wissenschaftler in der Zeitschrift „International Journal of Epidemiology“.
 
Andere Forscher wie Christopher Cannon von der Harvard University sehen das genauso. Wer sich chronisch langweilt (etwas Langeweile von Zeit zu Zeit ist normal), dem fehlt die Motivation, sich gesund zu ernähren, eine körperliche Bewegung durchzuführen und auf einen herzschonenden Lebensstil zu achten.
 
Sandi Mann, University of Central Lancashire, bemerkte: „Leute, die sich langweilen, neigen auch dazu, mehr zu essen und zu trinken, und wahrscheinlich essen sie nicht Karotten und Selleriesticks.“
 
Dann noch eine Studie: Wer eine feine Nase hat – also Gerüche gut erkennen kann –, der lebt länger. Die Forscher bemerkten, dass eine schlechte Riechfähigkeit als ein Marker für einen allgemein schlechten Gesundheitszustand sein könnte (publiziert in der Fachzeitschrift „PLOS One“).
 
Schwarzkümmel gut für Gelenke
In meinem Blog vom 30.08.2014 (Recherchen 15: Vertreibt Schwarzkümmelöl die Zecken?) beschrieb ich schon eine der interessantesten Wirkungen des Öls.
 
Die innerliche und äusserliche Anwendung des Öls hat sich auch bewährt bei Pollen- und Stauballergie, Akne, Neurodermitis, Asthma, Ekzemen, Gelenkschmerzen, Hautpilz, Fussschweiss, Husten, Infektanfälligkeit, Konzentrationsschwäche, Magen- und Darmbeschwerden, vegetativer Erschöpfung und bei Wunden und Menstruationsbeschwerden.
 
Nun gibt es ein vielversprechendes Studienergebnis für Arthritispatienten. In der Vergangenheit wurde schon auf die günstige Wirkung des Schwarzkümmelöls bei Entzündungen hingewiesen.
 
Forscher der Universität Kairo führten kürzlich eine placebokontrollierte Studie durch. Zunächst erhielten die weiblichen Patienten mit rheumatoider Arthritis einen Monat lang 2 Kapseln täglich ohne Wirkstoff. Anschliessend bekamen die Patientinnen je 2 Kapseln täglich mit Schwarzkümmelöl. Die mit Schwarzkümmelöl behandelten Patientinnen hatten weniger geschwollene bzw. druckschmerzhafte Gelenke und eine verringerte Morgensteifigkeit.
 
Wie die Carstens-Stiftung bemerkte, können die Schwarzkümmelöl-Kapseln die herkömmliche Medikation nicht ganz ersetzen. Sie ist jedoch als begleitende Massnahme zur Linderung der Beschwerden empfehlenswert. In der Studie erhielten die Patienten weiterhin ihre Basistherapeutika. Was sehr wichtig ist: Man konnte auf die Einnahme von Kortison verzichten. Die Patientinnen mussten 6 Monate vor Studienbeginn Kortison absetzen. Die Studie wird als vertrauenswürdig angesehen.
 
Die Carstens-Stiftung verweist auch bei Überdosierung des Öls auf mögliche Nebenwirkungen wie Magen-Darm-Störungen, Lebertoxizität und Kontaktallergien.
 
Exzessiv-Jogging und Rumsitzen
Nun wissen wir es genau. Exzessives Jogging ist genauso gefährlich wie das Rumsitzen. Leute, die nur „Fingergymnastik“ auf dem heimischen Sofa oder vor dem Computer machen, leben gefährlich, genauso wie die „verrückten“ exzessiven Sportler. So starben in der Vergangenheit schon etliche Marathonläufer oder Radfahrer an einem Herzinfarkt. In einem Fall starb vor einigen Jahren ein noch nicht ganz 60 Jahre alter Beamter von Lörrach beim abendlichen Joggen. Im anderen Fall fuhr ein Pensionär mit seinem Fahrrad den Feldberg hinauf. Er schaffte es nicht; er wurde von einem Herzinfarkt gebremst. Oft sind es ungeübte „Sportler“, die einen falschen Ehrgeiz entwickeln.
 
Beim Joggen oder anderen sportlichen Aktivitäten kommt es auf das richtige Mass an. Laut einer dänischen Studie ist das Joggen für die Gesundheit optimal, wenn man 1 bis 1.5 Stunden pro Woche, verteilt auf nicht mehr als 3 Laufeinheiten, läuft. Die Jogger sollten auch kein allzu hohes Tempo einschlagen.
 
Die Forscher nahmen auch die Sterblichkeit unter die Lupe. Sie sammelten über einen Zeitraum von 12 Jahren die Daten von 1098 Joggern und 413 unsportlichen Nichtjoggern. Alle Teilnehmer waren zu Beginn der Studie gesund. Die niedrigste Sterblichkeitsrate verzeichneten die „leichten“ Jogger. Wie unter www.focus.de nachzulesen war, registrierte man in der Langzeitstudie insgesamt 28 Todesfälle unter den Joggern und 128 unter den Nicht-Joggern. Die Sterblichkeitsrate unter den „exzessiven“ Joggern war fast so hoch wie bei den Nicht-Joggern.
 
„Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass sehr anstrengendes Jogging über Jahrzehnte hinweg Gesundheitsrisiken mit sich bringen könnte, insbesondere für das Herz-Kreislauf-System“, erläuterte der Forscher Peter Schnohr vom Frederiksberg-Hospital in Kopenhagen. Er brachte auch zum Ausdruck, dass intensives Joggen überflüssig sei.
 
In einer anderen (texanischen) Studie wurde ein tägliches Laufen zwischen 5 und 10 Minuten empfohlen. Das wäre genauso gesund wie ein intensives Jogging-Pensum von 3 Stunden pro Woche. Auch Wanderer wurden beruhigt: „Wer nicht laufen will, sondern lieber zu Fuss geht, kann dadurch ebenfalls seine Gesundheit fördern. Statt 5 Minuten Laufen werden dann 15 Minuten forsches Wandern pro Tag empfohlen.“ (Studie mit 55 000 Erwachsenen, publiziert im „Journal oft he American College of Cardiology“).
 
Fortsetzung folgt (Studien mit Heilmitteln aus der Natur).
 
 
Internet
 
Literatur
Busse, Wolfgang; Scholz, Heinz: „Das ABC der Vitalstoffe“, Haut Verlag, Heidelberg 2001.
Goldacre, Ben: „Die Pharma-Lüge – Wie Arzneimittelkonzerne Ärzte irreführen und Patienten schaden“, Kiepenheuer & Witsch Verlag, Köln 2013.
 
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