Die Sommerfrische in London und anderswo
Autor: Emil Baschnonga, Aphoristiker und Schriftsteller, London
Ein Tag warm – ein Tag kalt und nass. Jeder Sonnenstrahl ist willkommen. Auf Wetterberichte bin ich nicht angewiesen. Ich weiss aus welcher Richtung der Wind bläst. Nach vierwöchigem Unterbruch knattert mein Rasenmäher. Ich tauge nicht als Gärtner und beschränke meine Kräfte auf die Pflege der Kräuter und Salate, alle griffbereit neben einander in Töpfen untergebracht. Sehr dicht gesät, zupfe ich die Salatblätter, die immer wieder nachwachsen. Das erspart mir viel Zeit. Im Nu ist meine frische Kräutermischung in der Küche einsatzbereit.
Ich bin während der Sommerfrische ein Faulenzer, bis mich ein Gedanke zwickt und ich auf- und hochspringe in meine Schreibbude. Nach dem Abendessen und einigen Gläsern Rotwein, lese ich Lily meinen Tagestext, simultan übersetzt, vor und erheische ihr Lob. Sie ist froh, dass ich schreibe. Sie kann dann ungestört nach Lust und Laune ihre Obliegenheiten besorgen, worunter auch die administrativen Belange, die sie viel besser erledigt als ich es könnte.
Vor etlichen Jahren genoss ich die Sommerfrische als Strohwitwer. Lily und unsere Söhne bereisten den Iran, ihr Mutterland, kreuz und quer (siehe 16.08.2011: Allein daheim: Aus dem Tagebuch eines Strohwitwers).
Ich bin froh, dass wir viele Ferien in der Schweiz und in anderen Ländern geniessen konnten. Meine Reiselust ist vorderhand gestillt. Vom heutigen Massentourismus will ich nichts wissen und meide ihn geflissentlich. Es gibt mehr als genug Sehenswürdigkeiten in und rund um London. Der Herbst ist dazu am besten geeignet. Inzwischen finden die Promenadenkonzerte in der Royal Albert Hall statt. Somit ist für Abwechslung gesorgt.
Viele Nachbarn sind gegenwärtig auf Kreuzfahrten. Sie werden sie gewiss geniessen, und ich wünsche ihnen viel Vergnügen. Mir wären sie eine Qual, die ich hier nicht begründen will. Auch Ferien am Meeresstrand reizen mich nicht.
Nach einer halben Stunde verlasse ich gelangweilt den Strand und zerstreue mich in den schmucken Städtchen im Umfeld. Dort gibt es viel zu sehen und zu erleben!
Der Sommer ist auch dazu geschaffen, sich mit Freunden und Bekannten zu treffen. Am liebsten heisse ich sie bei uns zuhause zum Imbiss willkommen. Gleich über der Strasse breitet sich der Wimbledon Common aus und wartet den Spaziergängern auf, oft von ihren Hunden begleitet. In der Orangerie des Hotels im Canizaro Park geniessen wir hin und wieder den “High Tea”. Neben der Orangerie hat es eine riesige Voliere. Das Gefieder zirpt ohne Unterlass zum Gaudium der Kinder. Gerade jetzt erinnere ich mich, dass es Zeit ist, im Common die Brombeeren zu pflücken. Morgen werde ich feststellen, ob sie reif genug geworden sind.
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