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BLOG vom: 01.11.2015

An der Mosel (2): Hinkelstein und „Spitzhäuschen“

Autor: Heinz Scholz, Wissenschaftspublizist, Schopfheim D

 

Am 2. Tag unserer Unternehmung war es mit dem herrlichen Wetter vorbei. Dicke Wolken zogen auf, die Temperatur sank auf 7 °C. Hart gesotten, wie wir manchmal sind, wagten wir die geplante „Riesling-Wanderung“ rund um Trittenheim anzugehen. Wir fuhren am 13.10.2015 von Kröv, unserem Domizil, an der Mosel entlang nach Trittenheim.

Trittenheim (1077 Einwohner) ist eine Gemeinde an der Mittelmosel im Landkreis Trier-Saarburg in Rheinland-Pfalz. Die Gemeinde ist ein staatlich anerkannter Fremdenverkehrsort. Trittenheim hat interessante Besonderheiten zu bieten, die später genannt werden. Der Ort liegt an einem flachen Hang einer Landzunge (Gleithang), die durch eine enge Moselschleife gebildet wird.

Begeisterung machte sich bei mir breit, als ich über diesen Weinort schon vorher im Dumont-Reise-Taschenbuch „Mosel“ das Folgende las:

„Urteilen Sie auf der Zimmethöhe selbst, vom Restaurant oder besser vom nahen Parkplatz aus, was das fast magisch Besondere dieses Orts ausmacht, weshalb diese eine Moselschleife die berühmteste des an Schleifen doch so reichen Flusses ist!“

 

Blick auf die Moselschleife, Trittenheim und Leiwen.

Blick von der Zimmethöhe auf die Moselschleife, Trittenheim und Leiwen. Foto: Otmar Britz
 

Begeistert war ich auch von einem Bild, das die ganze Landschaft in ihrer Schönheit meinen Augen darbot.

Ursprünglich plante Wanderführer Toni zuerst auf dem Rieslingpfad über den Hinkelstein, dann über die Brücke bei Neumagen-Drohn auf die andere Moselseite zu gehen und sodann über die Zimmethöhe zurück und die Brücke nach Trittenheim zu nehmen. Nach dem Hinweis einer freundlichen Dame in der Touristinfo wurde uns geraten, wegen des schlechten Wetters auf die längere Strecke zur Zimmethöhe zu verzichten und auf eine Alternativroute auszuweichen (R 9). Das taten wir dann auch.

 

Origineller Hinweis auf den Weinort Trittenheim

Origineller Hinweis auf den Weinort Trittenheim
 

Auf zum Hinkelstein
Toni besorgte sich eine Wanderkarte bei der Touristinformation in der Moselweinstrasse 55 in Trittenheim. Dann ging es los. Wir wanderten in Richtung Laurentiuskapelle und dann zum Hinkelstein.
Die erwähnte Kapelle, die am Rande von Weinbergen liegt, wurde erstmals urkundlich im Jahr 1569 erwähnt. Die vorbildliche Renovierung erfolgte 1997 bis 1999. Von hier oben blickten wir auf Trittenheim hinunter. Dann ging es steil an Weinlagen vorbei zu einem weiteren Aussichtspunkt, später frequentierten wir eine kleinere Kapelle. Nach einer kleinen Rast wanderten wir weiter bis zum Hinkelstein.

 

Hinkelstein (6 Wanderer studieren Info-Tafel)

Hinkelstein (6 Wanderer studieren Info-Tafel)
 

Der Hinkelstein ist ein etwa 3500 Jahre alter Menhir (keltisch: Langstein) aus der Megalithkultur. Er ist in der Region bekannt unter dem Namen „Eselstratt“. Der Menhir ähnelt einer breiten Figur mit kleinem Kopf. Auf dem Foto sind ein Gesicht und eine Vertiefung zu sehen. Eine Legende berichtet von einer christlichen Jungfrau, die sich vor einem heidnischen Ritter mit ihrem Esel durch einen heftigen Sprung ins Tal rettete. Zurückgeblieben ist der Hufabdruck des Esels. Der Ritter hat sich beim Anblick des Wunders zum Christentum bekehrt.
Der Stein ist 155 cm hoch, 110 cm breit und 40 cm dick. Er lag jahrelang flach am Boden. Er wurde im Zuge der Flurbereinigung 1971 bis 1973 aufgerichtet.

Wir nahmen am Hinkelstein noch eine Wegstärkung in Form eines Schnapses ein. Dann hatten wir noch Zeit ins Tal auf Trittenheim zu blicken. Es war dunstig, dicke dunkle Wolken zogen auf.
Dann wanderten wir weiter. Bald wurden wir von einem Regenschauer überrascht. Wir packten unsere Schirme aus den Rucksäcken und stapften mutig weiter und gingen auf einem anderen Weg zurück nach Trittenheim. Unweit des Ortes besichtigten wir noch den Judenfriedhof. Wie ich in Erfahrung bringen konnte, erwarb die Jüdische Gemeinde Ende des 19. Jahrhunderts ein Grundstück, das als Friedhof genutzt wurde. 1938 fand dort die letzte Bestattung statt. 19 Grabsteine sind erhalten, jedoch zeigen viele die Spuren von Zerstörungen durch die Nationalsozialisten.

 

Der schlafende Winzer

Der schlafende Winzer
 

Nun liess der Regen wieder nach. So konnten wir trockenen Fusses durch Trittenheim laufen. Vor einem Wohnhaus erblickten wir eine männliche Figur, die zufrieden auf einer Bank dahinschlummerte. Es handelte sich wohl um einen lebensecht wirkenden Puppen-Winzer, der nach getaner Arbeit in Morpheus Armen versunken war. Ein Wanderfreund meinte noch, er hätte eine Ähnlichkeit mit einem anderen Wanderkollegen.
In einem kleinen Park sahen wir ein aus vielen kleinen Weinflaschen fabrizierte überdimensionale Weinflasche mit der Aufschrift: „Trittenheim – Tradition und Zukunft, zum Erlebnis werden.“ Dahinter entdeckte ich noch ein grosses Weinfass, das mit einem kleinen Dach versehen war (s. Foto).

Die Touristinformation sandte mir noch ein schönes Panoramabild von Otmar Britz für diesen Blog zu. Somit können wir uns einen Blick von der Zimmethöhe auf die Moselschleife und auf Trittenheim und Leiwen, der uns wegen Regen verwehrt wurde, zu Hause gönnen. Es ist ein Superbild (s. Bild am Anfang).
Für die Infos und Fotobereitstellung bedanke ich mich sehr herzlich bei der Touristinformation Trittenheim.

 

“Spitzhäuschen” in  Bernkastel

“Spitzhäuschen” in Bernkastel
 

Auf nach Bernkastel-Kues
Nach dieser Regenwanderung fuhren wir zu einer Besichtigung von Bernkastel-Kues. Zum Glück konnten wir ohne Regenschirm herumlaufen und die Stadt in Augenschein nehmen.
Besonders auffällig ist die pittoreske Altstadt auf Bernkastler Seite. In meinen Augen ein Schmuckstück. Auf dem mittelalterlichen Marktplatz erblickten wir ein Ensemble aus Giebelfachwerkhäusern aus dem 17. Jahrhundert. Aber nicht nur das, bei einen Rundgang sahen wir Gründerzeitvillen mit Bruchsteinmauern, den Doctorbrunnen, die Kurfürstliche Kellnerei, den St. Michaelsbrunnen, das Rathaus mit einer Spätrenaissance-Fassade von 1608, die Kirche zum Heiligen Geist, Stöcks Apotheke (prachtvolles Bürgerhaus von 1660 mit geschnitzten Eckständern) und das Spitzhäuschen. Beim 1583 erbauten Spitzhäuschen („Weinstube Spitzhäuschen“) befindet sich unter einem Schwebegiebel ein 2 m breiter Unterbau (s. Foto). Das Fachwerkhaus machte jedoch einen stabilen Eindruck. Wie der frühere Stadtführer Helmut Theis berichtete, können 58 Leute in der Weinstube „sitzen und schunkeln, ohne dass es mitschunkelt“.

Auffällig ist auch die abgerundete Form des ehemaligen Finanzamtes (heute ein Privathaus).
Am Marktplatz entdeckten wir an einem Denkmal mit der Aufschrift „Hochgerichtliche Strafe“ 2 Handfesseln, die an einer Kette befestigt waren. Hier wurden straffällige Leute früher an den Pranger gestellt. „Kanu“-Heinz probierte eine Handfessel aus. Zum Glück konnte er sich schnell befreien.

Finde die Wahrheit im Wein
An manchen Häusern in Bernkastel waren Sprüche über den Wein aufgemalt. Hier einige Kostproben:
„Beim Wein ist es wie in der Politik. Man merkt erst hinterher, welche Flaschen man gewählt hat.“

„Wein muss sein wie ein Mann: leidenschaftlich, faszinierend und gut lagerfähig.“

„Wer die Wahrheit im Wein finden will, darf die Suche nicht schon beim ersten Glas aufgeben!“

„Küss beizeiten schöne Mädchen. Trink beizeiten guten Wein. Bald zerreisst Dein Lebensfädchen und ein andrer küsst die Mädchen, und ein andrer trinkt den Wein.“

 

Anmerkung: Im nächsten Teil berichte ich über Trier.

 

Internet
www.trittenheim.de
www.hermeswein.de
www.bischoeflicheweingueter.de
www.bernkastel.de
www.bernkasstel-kues.de


Hinweise auf Blogs über Wanderwochen

Hinweis auf Blogs über eine Wanderwoche an der Mosel
27.10.2015: An der Mosel (1): Kröv, Riesling, Schiefer und Cochem

Hinweis auf Blogs über das Elbsandsteingebirge
15.07.2014: Elbsandsteingebirge 5: Labyrinth, Pfaffenstein, Barbarine 15.07.2014: Elbsandsteingebirge 4: Dresden u. der schönste Milchladen
13.07.2014: Elbsandsteingebirge 3: Balkon Europas, Schwedenlöcher
06.07.2014: Elbsandsteingebirge 2: Die Festung, die nie erobert wurde
03.07.2014: Elbsandsteingebirge 1: Klammen, Prebischtor, bizarre Felsen

Hinweis auf Blogs über die Bayernreise
11.11.2013: Unterwegs in Bayern (6): Ein imposantes Freilichtmuseum
19.10.2013: Unterwegs in Bayern (5): Das Oktoberfest hautnah erlebt
17.10.2013: Unterwegs in Bayern (4): Zugspitze, Absturz einer Chinesin
13.10.2013: Unterwegs in Bayern (3): Staffelsee, Ettal & Löffelschlagen
09.10.2013: Unterwegs in Bayern (2): Bad im heilsamen Moorschlamm
04.10.2013: Unterwegs in Bayern (1): Isny, Wieskirche, Bad Kohlgrub

Hinweis auf eine weitere Wanderwoche
28.07.2012: Südtirol 5: Enzianschnaps, Grantn-Marmelade, Heilkräuter
19.07.2012: Südtirol 4: Folterkammer, Geisterstube und Bruneck-Tour
19.07.2012: Südtirol 3: Harpfen, Messner Hütte, Pferdefant von Brixen
16.07.2012: Südtirol 2: Dolomitenseen-Perle, Terence Hill als Förster
13.07.2012: Südtirol 1: Weltberühmte Drei Zinnen in den Dolomiten

 

 


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