Nonnenmattweiher: Vierbeinige „Nonnen“ und Torfinsel
Autor: Heinz Scholz, Wissenschaftspublizist, Schopfheim D
Am wohl letzten schönen Spätsommertag (14.09.2016) entschlossen wir uns spontan wieder einmal eine Wanderung rund um den Nonnenmattweiher (915 m ü. M.) zu machen. Mit von der Partie war Wanderfreund Claus von Wehr. Die anderen Teilnehmer unserer privaten Wandergruppe waren in Urlaub oder anderweitig beschäftigt.
In diesem Blog wird auch geklärt, was Nonnen mit der Namensnennung des Weihers bzw. Sees zu tun haben.
Es ist immer wieder ein Erlebnis, den am Fusse des 1224 m hohen Köhlgartens gelegene kleine See zu bewundern. Der 325 m lange, 200 m breite und bis zu 7 m tiefe See befindet sich in einem Gletscherkar (Kar = nischenförmige Hohlform an ehemals vergletscherten Gebirgshängen). Dieser wurde vor 20 000 Jahren durch einen Gletscher am steilen Nordhang des Köhlgartens im Felsgestein ausgeschliffen.
Der Nonnenmattweiher, der in der Nähe von Heubronn (Gemeinde Neuenweg) liegt, hat eine besondere Attraktion zu bieten: Eine grosse schwimmende Torfinsel. Diese bildete sich aus Zweigen, Wurzeln, Pflanzen, Laub und Fichtennadeln. Auf ihr wachsen Moose, Schilf, geschützte und seltene Pflanzen. Auf diesem schwimmenden Areal sind u.a. der fleischfressende rundblättrige Sonnentau, der Moorbärlapp, die Moosbeere und das Wollgras zu Hause. Am nahegelegenen Weiherfelsen fühlen sich Alpenpflanzen besonders wohl.
Nicht nur die Torfinsel steht unter Naturschutz, sondern auch der Weiherfelsen mit dem Weiherwald und die Wacholderweiden des Dürsberges.
Die Torfinsel darf nicht betreten werden. Weiter hinten befindet sich eine Badezone, die mit schwimmenden Baumstämmen vom übrigen See abgegrenzt ist.
Eines Tages brach der Damm
Der See wurde laut Kurt Ückert um die Mitte des 18. Jahrhunderts aufgestaut und diente als Wasserlieferant für etliche Mühlen. Am 01.03.1922 kam es zu einer Dammbruchkatastrophe. Die Flutwelle richtete Verwüstungen im Kleinen Wiesental an. „Eine trübe Wasserflut wälzte sich durch die ganze Bürchauer Talsohle. Baumstämme wurden mitgeschleppt und Brücken weggerissen oder beschädigt. Einzelne Bauernhäuser standen im Wasser“, wie Kurt Ückert in seiner Geschichte über den See schrieb. Zum Glück gab es keine Menschenopfer und kein Vieh kam zu Tode. 1932 wurde der Damm wieder aufgebaut und 1975 der Nonnenmattweiher und die Staumauer für 59 000 D-Mark saniert.
Vierbeinige „Nonnen“
Die Heimatforscherin Paula Hollenweger hat eine sagenhafe Geschichte niedergeschrieben. Es ist die Sage von Mönchen aus dem Mönchskloster im Dorf Marzell und Nonnen aus dem Nonnenkloster, das sich anstelle des Sees befand. Aber lassen wir sie zu Wort kommen: „Die Mönche besuchten oft heimlich die Nonnen, obwohl das ihre Oberen nicht gern sahen. Darum schlugen die Mönche ihren Pferden die Hufe verkehrt herum auf, damit man an ihrer Spur nicht sah, dass sie hingeritten waren. Doch in einer Nacht versank das Nonnenkloster zur Strafe, und an dem Platz, an dem es gestanden hatte, ist heute der Nonnenmattweiher. Aus seiner Tiefe hörte man noch manchmal in mondhellen Nächten die Hähne krähen und die Klosterglocke aus dem Wasser herauf wimmern.“
Die Bezeichnung „Nonnen“ entstand so: Neuenweger und Heubronner Bauern trieben ihre Kühe früher zur Mast auf die Matten beim See. Dieses Mastvieh habe man „Nonnen“ oder „Nunnen“ genannt.
Als wir in der Nähe der Fischerhütte zum See schritten, sahen wir keine zweibeinige Nonnen, sondern vierbeinige, die auf einer Matte am See grasten. 2 Kühe überwanden sogar wiederkäuend einen steilen Anstieg und verschwanden dann auf eine weiter oben liegende Matte. Wir waren über die Kletterkünste der Kühe überrascht.
Auf zum Weiherfelsen
Nach diesen interessanten Abschweifungen wollen wir uns wieder auf die geplante Wanderung konzentrieren. Spontan entschlossen wir uns nicht auf die einfache Umrundung des Sees einzulassen, sondern den Weiherfelsen zu besteigen. Der 1050 m hoch gelegene Felsen ist auf 2 Wegen zu erreichen, auf den 2,2 km kürzeren Weg und auf bequemen 3,5 km langen Waldwegen. Wir entschieden uns für den kürzeren Wanderweg, der uns zunächst oberhalb der Badebucht vorbei auf eine Anhöhe führte. Dann ging es auf schmalen und steinigen Pfaden (fast alpin) aufwärts. Wir mussten einige umgestürzte Bäume und kleine nackte Felsen, in denen Einkerbungen waren, überklettern. Überall waren Farne zu sehen. Rechts von den Wegen ging es steil aufwärts und links des Pfades steil abwärts. Ich dachte mir noch, hier dürfe kein Betrunkener entlang laufen. Ein Herumschwanken oder in die Luft gucken, waren nicht angebracht.
Nach etwa 45 Minuten erreichten wir vom See aus gerechnet, den Weiherfelsen. Wir waren von der imposanten Sicht überwältigt. Unten grüsste das dunkelblaue Auge des Nonnenmattweihers mit seiner Badebucht und Torfinsel herauf. In der Ferne erblickten wir den Belchen und das Belchenhaus. Rechts von unsrem Aussichtspunkt wuchs eine riesige Fichte aus der Tiefe über den Weiherfelsen hinaus. Ich schätzte den Riesen auf 40 m Höhe. Bei der Abschätzung der Baumgrösse ging ich fast an den ungesicherten Rand des Felsens und blickte in die Tiefe.
Beim Blick in die Tiefe fiel mir die Ausdünnung des Baum- und Strauchbestandes rund um den See auf. Vor 2004 war das Areal um den See noch stark bewachsen. 2004 folgten Baumfällaktionen und eine Verbreiterung des Fussweges. Hier gab es viel Diskussion über Naturschutz und Tourismus.
Wir wanderten dann den bequemen Weg zurück. Wir erblickten immer wieder Weidenröschen und das Springkraut. Das Springkraut ist mit seinen violetten Blüten eine Augenweide, leider ist die Pflanze ein Neophyt, der vielerorts bekämpft wird.
In der Fischerhütte erholten wir uns von den Strapazen und labten uns an köstlichen Speisen (es gibt hier geräucherte Forelle oder geräucherten Saibling und andere Spezialitäten).
Wie ist der Nonnenmattweiher zu erreichen?
Basel – Lörrach – Schopfheim – Kleines Wiesental (Langenau, Wieslet, Tegernau, Bürchau, Neuenweg). Von Neuenweg Richtung Heubronn (L131) und in Vorderheubronn links Richtung Nonnenmattweiher fahren. Vom Parkplatz aus sind es nur wenige hundert Meter zur Fischerhütte und zum See.
Weitere Wanderwege führen von Neuenweg über die Kaskaden-Wasserfälle zum See und vom Haldenhof über Hinterheubron und Vorderheubronn zum Nonnenmattweiher.
Anmerkung: Das sehr schöne gestaltete Buch „Nonnenmattweiher“ von Wolfgang Scholz, Schopfheim-Wiechs, ist mit prächtigen Abbildungen ausgestattet. Es ist leider vergriffen. Über „Amazon“ können noch wenige antiquarische Exemplare bestellt werden.
Internet
www.fischerhuette-nonnenmattweiher.de
www.nsg-nonnenmattweiher.de
www.seen.de/nonnenmattweiher
www.kleines-wiesental.eu
www.fewo-suedterrasse.de/See-Schwarzwald-Nonnenmattweiher.html
de.wikipedia.org/wiki/Nonnenmattweiher
Literatur
Drexlin, Alfred: „Der Nonnenmattweiher bei Heubronn“, „Der Schwarzwald“, H.4, 1978.
Kohlhepp, D; Vorwerk, H.-F.: „Hotzenwald, Wiesental, Hochrhein“, Rombach Verlag, Freiburg 1988.
Scholz, Heinz: „Naturdenkmäler im Südschwarzwald“, „Natürlich“ 5/1992.
Scholz, Wolfgang: „Der Nonnenmattweiher“, Relikt aus der Eiszeit, Verlag Uehlin, Schopfheim 1991. Mit einem Vorwort vom ehemaligen Landrat des Landkreises Lörrach Alois Rübsamen.
Ückert, Kurt: „Der Nonnenmattweiher“ (zur Geschichte eines kleinen Sees), Verlag Uehlin, Schopfheim 1989.
*
* *
Hinweis auf weitere Blogs von Scholz Heinz
Im Nebel auf dem Spürnasenpfad in Todtmoos
Schloss Beuggen und seine Baumveteranen
Blutreizker, Steinpilz und ein Riesenpilz
Foto-Blog: Pilze, Tollkirsche und ein Mäuschen
Blütenpracht: Inkalilie, Sonnenbraut, Akanthus
Weidbuchen sind bizarre Schönheiten
Kurioses und Witziges von der Fussball-EM
Faszination von Fotos bei Regen
Maiglöckchen: Wunderschön, aber giftig für Mensch und Tier
Auf Pilzpirsch: Essbare von giftigen Pilzen erkennen
Ein bärenstarkes Museum in Gersbach
Barfuss über die Alpen
Foto-Blog: Auf geht`s zur Hohen Möhr
Foto-Blog: Vom Kleinen Rhein zum Altrhein