Die heilkräftige Fichte wurde „Baum des Jahres 2017“
Autor: Heinz Scholz, Wissenschaftspublizist, Schopfheim D
Die Fichte (Picea abies), auch Gemeine oder Europäische Fichte und wegen der roten Rinde auch Rottanne genannt, wurde von der Dr. Silvius Wodarz Stiftung zum „Baum des Jahres 2017“ gekürt. Warum gerade die Fichte? Sie ist der Brotbaum der deutschen Forstwirtschaft, sie ist aber auch der Inbegriff naturferner Monokulturen. „Man kann zur Fichte stehen wie man will – dennoch haben wir ihr einiges zu verdanken“, sagte Wodarz.
Bei der Vorstellung des „Baum des Jahres “ wurde auch eine Baumkönigin gewählt. Baumkönigin 2017 wurde Anne Bente Schnoor. Ihr Leitspruch:
"Tut alles, um die Klimaveränderung zu stoppen - Pflanzt auch Fichten, damit diese auch in Zukunft für die nächste Generation einen Platz in unseren Wäldern haben wird.”
Die schnellwüchsigen Fichten können die stolze Höhe von 40 Metern erreichen. Mit 26 % der Waldfläche ist die Fichte am stärksten in den meisten deutschen Bundesländern vertreten, gefolgt von der Kiefer (22,9 %), der Buche (15,8 %) und der Eiche (10,6 %). Die im Schwarzwald so hochgelobte Tanne ist oft die Fichte. Diese erkennt der Laie an den hängenden Zapfen. Bei der Tanne stehen die Zapfen aufrecht.
Die Fichte ist vielseitig verwendbar, so für die Herstellung von Papier, Möbel und Kochlöffeln. Sie wird auch gerne für Bauholz verwendet. Auch das Deckenholz der Stradivari-Geigen aus dem 17./18. Jahrhundert wurde aus Fichtenholz mit besonders engen Jahresringen gefertigt.
Rita Lorenzetti-Hess sandte mir freundlicherweise ein aus Fichten-Holzstaub gefertigtes Papier zu. Das Schöpfen besorgte ihr Mann Primo. „Dies ist einfach ein Seitensprung aus dem eigentlichen Schreinerberuf von Primo hinaus… In unserer Familie ist Papierschöpfen immer wieder ein Thema, das spielerisch angegangen wird“, schrieb mir Rita.
Umweltbelastungen setzen der Fichte zu
90 % der Holzerträge kommen laut Naturschutzbund Deutschland e. V. aus dem Verkauf von Fichten. „In jüngster Zeit geht durch den Umbau in stabile Mischwälder der Anteil der Fichte etwas zurück“, wie der Naturschutzbund berichtet.
Das Ungleichgewicht der Ernährung infolge der Stickstoffbelastungen und der Klimawandel setzen der Fichte zu. Sie leiden besonders durch die anhaltende sommerliche Trockenheit. Auch die hohen Windgeschwindigkeiten sind nicht gut für die Fichte. Geschwächte Bäume werden vom Borkenkäfer und von der Fichten-Rotfäule geschädigt.
Walter Hess wies in einem Blog vom 29.04.2011 („Boswil AG: Alternativenergie Torf, Weiher und feuchter Wald“) auf eine andere Gefahr für die Fichte hin. Er schrieb: „Wie ich an den Schnittstellen bei einem aufgeschichteten Berg von Stämmen, die bisher nicht verkauft werden konnten, gesehen habe, grassiert hier erwartungsgemäss die Fichten-Rotfäule, wie immer, wenn Fichten mit dauernassen Füssen herumstehen müssen. Ich habe in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts oft gegen die von der ETH damals propagierte Verbreitung von Fichten, diese Milchkühe der Forstwirtschaft, an ungeeigneten Standorten angeschrieben.
Die schnellwüchsigen Fichten versprechen schnelle Erträge, falls sie nicht schon im Stehen faulen. Die Wassergräben sind im Boswiler Wald noch heute zu sehen und wären wohl längst überwachsen, würden sie nicht unterhalten. Ich würde sie auffüllen, das Feuchtgebiet akzeptieren.“
Heilkräftige Fichte
Extrakte von Koniferensprossen* (Fichte, Tanne, Kiefer) kommen hauptsächlich zur Linderung bei Erkältungskrankheiten, Husten, Heiserkeit zur Anwendung. Der Handel bietet dazu einige Präparate an, wie Bronchial-Sirup, Hustenbonbons u. a. an. Das Fichtennadelöl und Salben, Cremes und Flüssigzubereitungen auf der Basis von Fichte werden als Einreibemittel bei Ischias, Rheuma und Nervenschmerzen gebraucht. Das Öl wird auch zur Inhalation und für ein Vollbad verwendet.
Gut wirksam sind auch Spitzwegerichsirup und Tannenhonig oder Sirup mit Fichtensprossen bei Husten und Bronchialkatarrh. Alfred Vogel bemerkte in seinem Buch „Der kleine Doktor“, dass die Mittel mit Honig zusammen stärker wirken.
Besonders der Waldhonig enthält nicht nur Invertzucker (Gemisch aus Trauben- und Fruchtzucker), Aromastoffe, Vitamine und Enzyme, sondern auch antibiotisch wirksame Stoffe. Die „liebliche Speise der Götter“, wie Homer den Honig pries, ist vielseitig anwendbar. Er lindert Husten, heilt Wunden, wirkt bei Lippenherpes, ist ein Energiespender und dient zusammen mit Milch oder Tee als Schlummertrunk.
Baumheilkundliche Anwendung: Wer unruhig, nervös und angespannt ist, sollte zu einer Fichte oder Tanne gehen. Er wird dann ruhig und ausgeglichen. Sie reinigen aber auch die Atemwege und stärken die Lungen. René A. Strassmann betont, dass der alleinige Aufenthalt bei diesen Bäumen einen durchblutungsfördernden und nervenstärkenden Effekt bewirkt.
Mediziner haben herausgefunden, dass sich schon bei einem Spaziergang im Wald positive Wirkungen einstellen. So senken Wälder den Blutdruck und Puls, beruhigen und reduzieren Stresshormone. Darüber berichte ich in einem gesonderten Blog.
Inhaltsstoffe der Koniferensprossen sind Vitamin C, Provitamin A, Bornylacetat, Pinen, Limonen, Linalool, Cymol. Hauptbestandteil des Fichtennadelöls sind Bornylacetat und Borneol. Weitere Bestandteile sind Terpenkohlenwasserstoffe und Flavonoide.
Die Stoffe wirken durchblutungsfördernd, entzündungshemmend, schleimlösend, auswurffördernd, schweisstreibend, belebend und keimwidrig.
* „Sprossen“ ist die offizielle Bezeichnung laut Arzneibuch.
Herstellung eines Likörs
Wanderkamerad Karl Heinz Schütt von Schopfheim brachte zu unseren Wanderungen schon einige Male einen selbst zubereiteten Fichtensprossenlikör zur Verkostung mit. Alle waren begeistert vom Geschmack. Er stellt den Likör so her:
Zutaten: Mindestens 500 g Fichtensprossen, 500 g Ursüsse, 0,7 Liter Obstler oder Korn.
Zubereitung: In einem 5 Liter Glas werden schichtweise die Fichtensprossenen und die Ursüsse eingefüllt und einen Teil des Obstlers (durch die Zugabe von Alkohol wird eine eventuelle Schimmelbildung verhindert).
Nach mindestens 4 Wochen wird der sich gebildete Extrakt (Saft) abgegossen und mit dem restlichen Obstler gemischt. Der Likör wird dann in dunklen Flaschen abgefüllt.
Karl Heinz hat einmal einem heiseren Sänger den Likör zum Probieren gegeben. Die Heiserkeit war darauf verschwunden. Eine gute Wirkung bei Husten wurde ihm auch von Verwandten attestiert.
Tannen- oder Fichtensirup
Zubereitung: Die Maisprossen von Tannen oder Fichten eine Stunde aufkochen und durch ein Sieb geben. Den Extrakt mit der gleichen Menge Zucker oder Ursüsse versetzen, zu Sirup kochen und in Gläser abfüllen. Dieser Sirup hilft bei Katarrhen und Husten.
Hausmittel bei Husten: Etwa 10 g frische Fichtensprossen (Ernte im Mai) gibt man zu 150 g Honig. Nach 14 Tagen wird diese Mischung in den Hustentee zum Süssen gegeben. Die Wirkung des Tees wird dadurch verstärkt.
Teebereitung: 1 Teelöffel frische Fichtensprossen oder Fichtennadeln werden mit einer Tasse kochendem Wasser übergossen. Nach 10 Minuten abseihen, mehrmals täglich eine Tasse trinken. Der Tee hilft bei Husten.
Ein Rezept für die Herstellung eines Fichtennadel-Franzbranntweins finden Sie unter:
www.heilkraeuter.de/rezepte/fichtennadel-franzbranntwein.htm
Gibt es Nebenwirkungen?
Bei Anwendung des Fichtennadelöls können Hautreizungen auftreten. Wer an Bronchialasthma oder Keuchhusten leidet, muss auf die Anwendung von Fichten-Präparaten verzichten. Säuglinge und Kleinkinder dürfen mit Fichtenextrakten oder dem Öl nicht behandelt werden. Es könnten Krämpfe im Kehlkopfbereich auftreten. Nicht anwenden bei Bluthochdruck, Herzschwäche, entzündlichen Hauterkrankungen und Fieber.
Hinweis: Wer die Organisation Baum des Jahres (www.baum-des-jahres.de) unterstützen möchte, kann spenden oder im Shop diverse Artikel erwerben.
Internet
www.baum-des-jahres.de
www.nabu.de
www.gea.de
www.br.de/mediathek (kurzes Video über die Fichte)
www.netdoktor.de
Literatur
Arvay, Clemens G.: „Der Heilungscode der Natur“, Riemann Verlag, München 2016.
Dominguez, Judith: „Sprechstunde bei Dr. Wald“, „Gesundheits-Nachrichten“, November 2016.
Oesterle, Daniela: „Fichte“, www.netdoktor.de
Scholz, Heinz; Hiepe, Frank: „Arnika und Frauenwohl“, Ipa Verlag, Vaihingen 2013,
Vogel, Alfred: „Der kleine Doktor“, Verlag A. Vogel, Teufen.
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