Genuss in Schwarz: Da konnten wir nicht widerstehen
Autor: Heinz Scholz, Wissenschaftspublizist, Schopfheim D
Bei unserer Wanderung am 20.07.2017 im Südlichen Markgräflerland (nahe Binzen in Richtung Läufelberg bei Fischingen) kamen wir – Bernd, Claus, Toni und ich − an vielen Brombeersträuchern vorbei. Die blauschwarzen, glänzenden Beeren faszinierten uns und luden zum Naschen ein. Die meist süssen Früchtchen löschten unseren Durst.
Beim Beerenpflücken musste man vorsichtig zu Werke gehen, um das dornige Gestrüpp zu überwinden. Meistens befanden sich die schönsten und dunkelsten Beeren in höheren Regionen. Für die „Riesen“ unter den Wanderfreunden war dies kein Problem. „Heute wird kaum noch gepflückt“, sagte ein Wanderfreund. Das stimmt leider. Viel Obst, seien es Kirschen, Pflaumen, Äpfel, die nicht in Plantagen auf Niedrigbäumen heranwachsen, gehen kaputt. In meiner Jungendzeit wurden wir zum Beerenpflücken abkommandiert. Auch sammelten wir intaktes Fallobst. Es kam dann beim Beerensammeln natürlich vor, dass wir durch die Dornen kleine Verletzungen davontrugen. Wir nahmen kleine Kratzer in Kauf, zumal wir uns dann an den herrlich schmeckenden Beeren trösten konnten.
Aber es blieb nicht bei der Brombeernascherei. Auf unserem Wanderweg labten wir uns an Kirschen und Zwetschgen. An kleineren Zwetschgenbäumen bogen sich die Zweige auf Grund der Überfülle nach unten.
Erstaunliche Wirkungen
Unwiderstehlich wurden Kranke, Neugierige und Lustlose vom Brombeerstrauch angezogen. Waren sie doch überzeugt, das Rosengewächs würde von Krankheiten befreien, den Zukünftigen im Traum erkennen lassen und das „Liebesfeuer“ entfachen. Aber nicht nur im Volksglauben war die Brombeere bedeutungsvoll, sondern auch in der Heilkunde. Die Anwendungen sind heute noch aktuell. So helfen die Beeren bei Verdauungsschwäche, Appetitmangel und bringen einen trägen Darm auf Trab. „Da bekommt ihr keine Verstopfung“, brachte ich meinen Wanderfreunden zu Gehör als sie mit dem Naschen der Beeren gar nicht mehr aufhören wollten.
Der leicht angewärmte Brombeersaft, schluckweise getrunken, soll Heiserkeit beseitigen.
Der Tee aus Brombeerblättern wirkt anders als die Beeren. Er stoppt den Durchfall, wirkt bei Darmentzündungen, Blinddarmreizung, Zahnfleisch- und Mandelentzündung.
Die heilkräftigen Blätter sind reich an Gerbstoffen, Flavonoiden und Pflanzensäuren. Die Beeren enthalten Fruchtsäuren (Apfelsäure, Zitronensäure, Isozitronensäure), Pektin, Mineralstoffe (z. B. Kalium 190 mg/100g), Karotin, Vitamin C (17 mg/100g), Pflanzenfarbstoffe (Anthozyane), Frucht- und Traubenzucker.
Die Stoffe in den Blättern wirken stopfend, entzündungshemmend, zusammenziehend, harn- und schweisstreibend, schwach bakterienhemmend und wundreinigend.
Teemischung für einen Haustee: Brombeerblätter (30 Teile), Himbeerblätter (30 Teile), Hagebutte (15 Teile), Melissenblätter (10 Teile) und Hibiscusblüten (15 Teile).
Teebereitung: 2 gehäufte Teelöffel oder einen gestrichenen Esslöffel voll mit 150 ml kochendem Wasser übergiessen, abseihen, ungesüsst oder mit Honig gesüsst, mehrere Tassen am Tag trinken.
Von Gräfinnen und Kühen
Kräuterpfarrer Johannes Künzle (1857-1945) führt in seinem grossen Kräuterbuch eine amüsante Episode über eine Gräfin auf, die im Appenzellerland kurte. „Brombeerblätter wirken ausgezeichnet bei Kühen und Gräfinnen“, schrieb die Adelige in ihr Tagebuch.
Wie kam es dazu? Nun, die feine Dame litt unter heftigem Durchfall. Kein Mittel wollte so recht anschlagen, die Zartbesaitete wurde im Gegenteil immer schwächer. Auch ihr Arzt wusste keinen Rat. In ihrer Not beauftragte die Gräfin ihre Zofe, sich nach einem Hausrezept umzusehen. Und siehe da, sie erfuhr von einer Bäuerin ein probates Mittel. Die Bäuerin meinte, wenn Brombeerblättertee bei Kühen mit denselben Beschwerden hilft, warum nicht auch bei einer Gräfin. Die Gräfin trank von nun an fleissig diesen Tee und es dauerte nicht lange, bis sie von ihren Beschwerden geheilt wurde.
Freier sehen
Neugierige irische Mädchen, die endlich wissen wollten, wie ihr Zukünftiger aussehen würde, praktizierten folgenden Brauch: Sie krochen am Vorabend von Allerheiligen dreimal durch einen Brombeerbogen, schnitten einen kleinen Zweig ab und legten diesen unters Kissen. Während des Traumes sah sie dann den künftigen Freier.
Anfachung des „Liebesfeuers“
In der „Deutschen botanischen Monatsschrift“ (10,1892), berichtete Holuby über eine missglückte Anwendung eines Brauches in Ungarn. Um das „Liebesfeuer“ des Mannes anzufachen, versteckte die frustrierte Ehefrau Schösslingsstücke des Brombeerstrauches im Bett des Gemahls. Sie platzierte das Zaubermittel so ungeschickt, dass der Mann sich gehörig zerkratzte. Die Zauberei hatte die gegenteilige Wirkung; Er wurde nicht liebenstoll, sondern gehörig sauer, wurde handgreiflich und verbot sich für allemal solche Zauberei.
Und hier präsentiere ich ein leckeres Rezept, das mir Carine Buhmann übermittelt hat. Da kann man nur gutes Gelingen und guten Appetit wünschen. Das Rezept ist auch für andere Beeren geeignet. Die Brombeeren sind auch eine gute Zutat für Müesli, Fruchtsalate, Quarkspeisen und Crêpes.
Beeren-Wähe
Zutaten
Für ein rundes Backblech mit 28 cm Durchmesser
Quark-Mürbeteig:
200 g Halbweiss- oder Ruchmehl (oder je zur Hälfte gemischt)
1/2 TL Meersalz
60 g kalte Butter
150 g Magerquark
Guss:
2 Eier
200 g Rahmquark
2-3 EL Akazienhonig
1 Päckchen Bourbon-Vanillezucker
3 EL geriebene Mandeln oder feine Haferflocken
500 g frische Brombeeren oder Himbeeren (oder je zur Hälfte gemischt)
Zubereitung
- Mehl und Salz in einer Schüssel mischen. Kalte Butter in kleine Stückchen schneiden und zusammen mit dem Mehl zwischen den Händen krümelig reiben. Quark beigeben, rasch zu einem Teig zusammenfügen (nicht kneten). In Klarsichtfolie verpackt mindestens 30 Minuten kühl stellen.
- Den Teig ausrollen und in das eingefettete Blech legen. Den Teigboden mit einer Gabel mehrmals einstechen. Mandeln oder Haferflocken auf den Teigboden streuen und mit den Beeren belegen.
- Eier, Quark, Honig und Vanillezucker mit dem Schneebesen gut verrühren und über die Beeren giessen.
- Die Beerenwähe in der unteren Hälfte des Backofens bei 200°C rund 35 Minuten backen.
Dieses Rezept stammt aus: Wähen-Backstube, Carine Buhmann, FONA Verlag, CHF 14.90, bestellbar bei der Autorin: www.carinebuhmann.ch
Direkte Link zum Wähen-Backbuch:
http://www.carinebuhmann.ch/j3/index.php/buecher/17-waehen-backstube
Literatur
Buhmann, Carine: „Brombeeren – ein köstlicher Beerentraum“, „Natürlich“ Nr.5/1995.
Krummenacher, Esther: „Brombeeren lieben waldähnliche Verhältnisse“, „Natürlich“ Nr. 5/1995. Hier einen Tipp für den Anbau im Garten: Garantie für eine reiche Ernte: Sonne und dichte Mulchschicht aus organischem Material.
Scholz, Heinz: „Brombeeren gegen Entzündungen und Durchfall“, „Natürlich“ Nr.5/1995.
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