Frank Hiepe – Apotheker und Heilkräuterexperte
Autor: Heinz Scholz, Wissenschaftspublizist, Schopfheim D
Der aus einer Apothekerfamilie stammende Frank Hiepe, kam schon öfters in meinen Blogs als Heilpflanzenexperte zu Wort. Als Co-Autor meines Buches „Arnika und Frauenwohl“ war er für mich ein wertvoller Ratgeber. Kennengelernt habe ich den Experten bei einer Kräuterführung in Schopfheim-Gersbach, später auch in Bürchau, Schopfheim-Wiechs und im Botanischen Garten in Brüglingen.
Von Kräuterfreunden wurden wir angeregt das Wissenswerte über die Pflanzen schriftlich festzuhalten. So verfassten wir das erste gemeinsame Taschenbuch „Arnika und Tausendguldenkraut“, das sich als ein beliebtes handliches Nachschlagewerk bei Exkursionen entpuppte. 2002 erschien die Erstauflage von „Arnika und Frauenwohl“. Wegen der grossen Nachfrage legten wir 2013 eine überarbeitete und aktualisierte Neuauflage vor. Zahlreiche Vorträge, die wir gemeinsam hielten, waren weitere Projekte. Höhepunkte waren gemeinsame Radio-Interviews und 1996 der SDR/SWF-Fernsehfilm „Wandern um den Fallerhof“ mit den Hauptdarstellerinnen der „Fallers“ Ursula Cantieni und Anne von Linstow.
Durch Frank Hiepe habe ich unglaublich viel über Heilpflanzen erfahren. Sein grosses Wissen kommt mir noch heute zugute. Bei meinen Publikationen (Blogs und bei Publikationen in diversen Zeitschriften) ist er mir immer ein guter Ratgeber.
In diesem Blog werde ich den interessanten Lebenslauf von Frank Hiepe vorstellen. Zunächst folgt ein Blick zurück, da diese Episode einen entscheidenden Schub für Hiepe bedeutete.
Heilmittel von Hurst und Hiepe
Hiepes Grossvater, Dr. Eduard Hiepe (1870−1947), entwickelte auf Veranlassung des in Häg im Wiesental wirkenden Landpfarrers Josef Hurst (1885−1931) in den 1920er-Jahren ein wirksames Heilmittel für die Textilarbeiter. In der damaligen Zeit fanden in der aufblühenden Textilindustrie viele Menschen ihr Einkommen. Oft litten die Arbeiter auf Grund eigeatmeter Baumwollflusen unter Reizungen, Husten und Bronchitis. Damals waren Arbeitsschutzbestimmungen noch weitgehend unbekannt. Heilmittel und Ärzte gab es nur wenige. Pfarrer Hurst erinnerte sich an ein Rezept für einen Bronchialsirup, das von seinem berühmten Amtsbruder Sebastian Kneipp stammte. Er veränderte das Rezept und versah es mit speziellen Schwarzwälder Zutaten wie maigrünen Tannenspitzen und Tannenhonig. Für die technisch-pharmazeutische Seite der Sirup-Herstellung sah sich der Pfarrer nach einem Fachmann um und fand ihn im damaligen Zeller Stadtapotheker Eduard Hiepe. Dieser wusste, wie vorzugehen ist, damit alle Inhaltsstoffe gleichmässig verteilt sind und das Endprodukt auch haltbar ist. Die eigentliche Herstellung aber erfolgte über Jahre hinweg im Pfarrhaus Häg. „Pfarrer Hurst`s Tannenbalsam“, später umbenannt in „Tannenblut“, war weithin bekannt und beliebt. „Tannenblut“ wurde später von der Firma Anton Hübner, die im Ehrenkirchener Ortsteil Kirchhofen ansässig ist, produziert.
Ich kann mir gut vorstellen, dass dieser Sirup für die hustenden und schwer arbeitenden Menschen der damaligen Zeit eine Wohltat war. Bei Erkältungen und Schnupfen profitiert auch der moderne Mensch von heute von den Tannenblut-Zubereitungen (Sirup, Balsam, Nasensalbe, Bad, Halspastillen, Kräutertees und Bonbons).
Nun wieder zu Frank Hiepe: Er studierte 6 Semester Pharmazie in Freiburg. Vor dem Studium absolvierte er ein 2jähriges Praktikum in der Schnetztor-Apotheke in Konstanz. Dabei lernte er auf Exkursionen Heilpflanzen kennen. Er legte ein Herbarium mit 100 Heilpflanzen an. Dieses kann heute noch eingesehen werden.
Kontrollleiter bei Hübner und OPHAS
Ab 1967 war er 36 Jahre bei der Firma Hübner Kontroll- und Entwicklungsleiter. Er war verantwortlich für die gleich bleibende Qualität der pflanzlichen Arzneimittel und zahlreichen diätetischen Lebensmittel und Körperpflegesorten. Ein wichtiges Anliegen war ihm auch die Weiterentwicklung der „Tannenblut“-Zubereitungen. Er war auch an der Entwicklung vieler Produkte, wie die Silicea-Serie, Weissdorn, Eisen-Vital, Mariendistel-Tonikum, Sanddorn massgeblich beteiligt. Auch führte er Anwender- und klinische Studien mit Silicea durch. Es folgten Vorträge in der Schweiz, in Österreich, Tschechien, Frankreich, Italien, Ungarn, Ukraine und Taiwan.
1974 gründete Hiepe die Wiesental-Apotheke in Zell. Der sehr rührige Apotheker war dann noch 20 Jahre Kontroll- und Entwicklungsleiter bei der OPHAS GmbH. Er hatte dort die schwierige Aufgabe, die Produkte Spitzwegerich-Honig und PANASULVIN-Salbe als Arzneimittel beim BfArM anzumelden. Viele Jahre bis heute war er als teilzeitbeschäftige „Sachkundige Person“ (QP AMG) bei ZELLAEROSOL tätig.
Der vielseitig beschäftigte Hiepe war auch noch anderweitig tätig. Er ist Mitglied in 14 Vereinen. 3 Vereine hat er mitgegründet. Vorträge und Exkursionen führt er sehr erfolgreich seit 40 Jahren durch. Seine Lieblingsthemen sind Heilpflanzen, Biblische Pflanzen und SILICEA. Für die „Badische Zeitung“ hat er 64 Blogs über Heilpflanzen verfasst, die im Internet unter „Achtung Pflanze!“ veröffentlich sind. 3 Jahre schrieb er für das „Weck-Landjournal“ 2-seitige Artikel über Pflanzen. Auf die Frage, was er für die Zukunft plant antwortete er kurz und bündig: „Für die Zukunft nehme ich mir vor, etwas kürzer zu treten.“
Positive Effekte
Neugierig, wie ich bin, stellte ich Frank Hiepe einige Fragen, Ich wollte von ihm wissen, was er mit den Exkursionen und Vorträgen bewirkt, wie er sich motiviert und welche originellen Erlebnisse er hatte.
Er antwortete spontan: „Mir selbst macht es Freude, Pflanzen in der Natur zu entdecken. Diese Freude möchte ich gerne weitergeben und informiere deshalb vom Kindergartenalter bis zum Seniorenkreis die Interessenten über den reichen Schatz an natürlicher Arznei. Meine Heilpflanzenkenntnisse hatten auch einen positiven Effekt für meine Apotheke, da viele Kunden von auswärts kamen, um sich beraten zu lassen. Sehr oft habe ich dann eine individuelle Teerezeptur entwickelt.“
Originelle Erlebnisse
An einige originelle Begebenheiten erinnert er sich noch genau.
Die von der Schopfheim VHS angekündigte Exkursion in Schopfheim-Gersbach, fiel beinahe buchstäblich ins Wasser. Wegen Regens erschien nur eine Frau. Sie war so enttäuscht, dass Hiepe die Führung nicht durchführen wollte. Er entschied sich jedoch für die Exkursion mit ihr. Die Interessentin war sehr dankbar.
Anlässlich eines Interviews im Südwestfunk warnte Hiepe vor einer Verwechslungsgefahr von Bärlauch mit der Herbstzeitlose. Er erzählte von einem Vergiftungsfall: Eine Frau sammelte eine Portion Bärlauchblätter, die einige Blätter der giftigen Herbstzeitlose enthielt. Sie kochte damit ihrem Gatten ein feines Süppchen. Der Mann überlebte dieses Mahl nicht. Frank Hiepe erklärte auch, wie man Bärlauchblätter leicht von anderen unterscheiden kann: Bärlauchblätter riechen und schmecken knoblauchartig. Die Blätter sind ausserdem gestielt. Herbstzeitlosenblätter sind ungestielt und riechen nicht. „Die meisten Verwechslungen finden mit Maiglöckchen statt“, bemerkte Hiepe. Oft ist es so, dass unmittelbar neben Bärlauch auch Maiglöckchen in den Gärten wachsen.
Eine schalkhafte Kundin, die das Interview aufmerksam verfolgt hatte, kam am nächsten Tag in die Apotheke von Frank Hiepe und sagte: „Herzlichen Dank für Ihren guten Tipp.“ Der Apotheker glaubte zunächst, sie bedanke sich für den Ratschlag, wie man die Bärlauchblätter von giftigen Blättern unterscheide. Aber die Kundin spielte auf etwas ganz anderes an: „Nun weiss ich, wie man jemanden auf elegante Weise um die Ecke bringen kann.“
Anmerkung: Siehe meinen Blog vom 20.04.2005: („Bärlauch – Genuss statt via Herbstzeitlose ins Gras beissen“).
Während unseres Vortrages in Bad Krotzingen über Heilpflanzen hörten wir die folgende Geschichte: Vor vielen Jahren gab es in der Nähe der Herzklinik ein Taubensterben. Die toten Tauben hatten, wie eine Untersuchung ergab, grössere Mengen eines Fingerhutwirkstoffs (Digitalisglykosid) in ihren Geweben. Die Mediziner rätselten, warum das so war. Schliesslich kam man dem Rätsel auf die Spur. Die Tauben hatten die weggeworfenen Tabletten der Herzpatienten aufgepickt und verspeist. Die Digitalisglykoside sind nämlich stark herzwirksam und dürfen nicht überdosiert werden. Für die zarten Taubenkörper war die Dosis jedoch tödlich.
Während des Vortrages in Bad Krotzingen berichteten wir auch über die Wirkung der Nachtkerze. Da überraschte eine Zuhörerin die Referenten mit einer Frage: „Wissen Sie, dass wir die Nachtkerze auch Kurschatten nennen? Ich weiss jedoch nicht, was dies bedeutet.“ Kommentar eines Zuhörers: „Die Bedeutung ist doch klar. Die Nachtkerze erblüht am Abend – und dies kann man auch von unsren Kurschatten behaupten.“
Internet
www.badische-zeitung.de („Vorsicht Pflanze!“)
www.huebner-naturarzneimittel.de
www.kloster-ofteringen.de (Klosterladen OPHAS)
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